Prinzipiell stimme ich dir da sogar zu, du übertreibst nur maßlos. Das Gehirn ist eben kein Muskel (bei deiner Aussage sind wohl ein paar Biologen und Mediziner im Grab rotiert). Wir wissen exakt, wie man einen Muskel trainieren kann. Der Zusammenhang zwischen Training und Leistung ist ganz einfach und das Training vollkommen dominant.
Das Gehirn ist deutlich komplexer. Alles was wir tun "trainiert" letztendlich das Gehirn und meistens ist der genaue Effekt unbekannt. Zudem ist dieses Training höchstwahrscheinlich nicht annähernd so dominant wie bei Muskeln, viel wichtiger ist z.B. eine gute Nahrungsmittelversorgung in der frühen Kindheit so dass sich die Nervenverbindungen frühzeitig und zahlreich bilden können. Man kann auch nicht mal eben das Gehirn trainieren, wie es bei Muskeln üblich ist. Der Grundstein, der (aus welchen Gründen auch immer, egal ob genetisch oder kulturell) in der Kindheit gelegt wird, ist permanent.
Was unser Gehirn angeht sind wir außerdem alle Leistungssportler.
Natürlich übertreibe ich und natürlich ist das Gehirn kein Muskel im klassischen Sinne, aber als Metapher funktioniert es: Aber auch hier gilt, um so öfter man es einsetzt, um so leistungsfähiger wird es und natürlich kann ich mein Gehirn ähnlich einem Muskel trainieren: Wiederhole ich bestimmte Aufgaben (Mathematik, Handbewebungen, Sprache, Gedächnis,...) regelmässig, verbessern sich die Ergebnisse in diesem Bereich nachhaltig.
Jeder hier will (hoffe ich zumindest) seinen Kopf so gut nutzen wie er kann. Wer einfach nur eine entspannte Fahrradtour mit seinen intellektuellen Fähigkeiten machen will anstatt zum Profi zu werden der wird immer dumm bleiben. Und wie du ja selbst gesagt hast: Im Spitzenbereich ist die genetische Prädisposition sehr relevant.
Mit der gleichen Begründung könntest Du auch behaupten, jeder will einen Adoniskörper und wird daher das mögliche Potential seines Körpers voll ausschöpfen: Die Wahrheit sieht eben nur leider völlig anders aus - zwischen wollen und tatsächlich erreichen liegen eben mitunter Welten, viele wissen es auch nicht besser. Das ist aber eine Erziehungssache - wer z.B. Gynasium und Studium durchlaufen hat, hat in dieser Zeit eben nicht nur Wissen angehäuft, sondern auch Methoden und Abläufe erlernt, die ihn befähigen sich auch künftig strukturiert Wissen anzueignen.
EDITH sagt: Gleiches gilt im Prinzip für Ernährung und sportliche Betätigung - wer es nie erlernt hat, gut und gesund zu kochen oder regelmässig Sport zu treiben, wird es auch als Erwachsener nur mit großer Anstrengung schaffen, diese Dinge zu lernen und in den Tagesablauf zu integrieren - viel wahrscheinlicher ist, daß er es gar nicht schafft und seinen Lebensstil wiederrum an seine Kinder vererbt. Nochmal: Es geht nicht um irgend einen Nobelpreis oder Spitzenathletik, sondern Durchschnitt: Und durchschnittlich ist eben jeder Mensch dazu befähigt, so lange er nicht chronisch krank oder ein anderweitiges körperliches Handicap durch Geburt oder Unfall besitzt, Abitur zu machen und einigermaßen sportlich leistungsfähig zu sein. Es liegt eben oft nicht am können, sondern am wollen. Was in Ordnung ist, so lange es eine bewusste Entscheidung ist - nicht jeder muß eine Sportskanone sein oder Physik studieren - aber wahrscheinlicher ist, daß die betreffende Person rumjammert, daß sie keine 5 Millionen EUR verdient, keinen super, sportlichen Körper hat und auch ansonsten eher ein Verlierer ist, weil anstrengen lohnt sich nicht, der eigene Körper gibt eben nicht mehr her, Mama war ja auch schon dick und Papa arbeitslos, dann wird es wohl an den Genen liegt. Ist klar.