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Moranthir

GröBaZ
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Mora, woher beziehst du die Hörbücher und womit managest du deine Podcasts? Ich suche noch eine praktische Methode für das Auto. Bin viel auf Dienstreisen unterwegs und nur "USB-MP3 + DLF" halte ich auf Dauer nun doch nicht durch...

Meine Podcasts höre ich alle auf Spotify, während ich die meisten Hörbücher von Audible beziehe. Mit ein bisschen Glück findet man auch bei Spotify gute Hörbücher, wobei die Stöberfunktion dafür noch nicht besonders gut ist. In Zukunft werde ich versuchen, die kurzen Hörbücher auf Spotify zu finden und die längeren bei Audible zu hören, weil die App eben darauf ausgelegt ist.

Bin gerade dabei einige Klassiker abzuarbeiten:

Leo Tolstoi - Der Tod des Iwan Iljitsch (1886)
Der erste Klassiker eines bekannten russischen Autoren meinerseits. Es geht um das Leben, aber besonders das Sterben des Beamten Iwan Iljitsch. Die äußere Handlung ist sehr überschaubar und das gesamte Leben des Iwan Iljitsch wird schnell abgefrühstückt, um seiner Gedankenwelt beim Tod Platz zu geben. Ich habe es mir während einer Erkältung im Urlaub angehört und konnte mich sehr gut in dessen Situation und Bitterkeit hineinversetzen. Hat mir gefallen.

Hermann Hesse - Der Steppenwolf (1927)
Ein Roman, den ich mir vielleicht nicht zum richtigen Zeitpunkt in meinem Leben gegeben habe, da er fast nicht resoniert. Hesses Ablehnung für die bürgerliche Spießigkeit ist schön beschrieben und seine Ablehnung für den Krieg klingt schön durch. Kein Buch für Mackia also. Ich weiß nicht wirklich was ich vom Ende halten soll, da es mir einen Tick zu konfus/abgefahren ist. Es hat mich trotz der höheren Erwartung unterhalten. Ach ja, Hesses Alter Ego bumst gerne.

Albert Camus - Die Pest (1947)
Kurzes Buch über eine geschäftiuge, aber sterile Stadt, in der die Pest ausbricht und Menschen sterben, was recht gut zur Besetzung Frankreichs durch die Nazis passt. Ich bin mir nicht sicher, wie ich das Werk innerhalb Camus' Philosophie einordnen soll, aber der Arzt, der unermüdlich gegen den unvermeidlichen Tod kämpft, erinnert mich sehr an Sisyphos. Weiterhin zeigt er halt Möglichkeiten mit ausweglosen Situationen umzugehen. Definitiv ein cooles Büchlein.

Jean-Paul Sartre - Der Ekel (1938)
Der nächste Existentialist. Der Roman ist für mich deutlich weniger zugänglich als Camus und beschäftigt sich mehr mit der Psychologie des Protagonisten als der äußeren Handlung. Die Philosophie Sartres wird für mich Banausen nur selten direkt sichtbar. War ok, aber hat mich nicht so mitgenommen, owohl mich Existentialismus schon anspricht.

Fjodor M. Dostojewski - Schuld und Sühne (1866)
Dickes Ding und vorweg das Gute: Die Figuren, die Dostojewski erschafft, fühlen sich sehr plastisch an. Man verbringt natürlich auch eine Menge Zeit mit ihnen, aber das ist dennoch echt eine tolle Leistung. Weiterhin versteht Dostojewski es hervorragend, die Schuld und Paranoia des Protagonisten auszudrücken. Es ist schon schön zu sehen, wie Raskolnikow nicht mehr klar kommt. Weiterhin war es vielleicht das erste Buch, bei dem mich ein Mord eines Protagonisten wirklich mitgenommen hat. Axtmorde sind wohl nichts für mich.Mal gehen Passagen runter wie Butter, mal muss man sich quälen.
Allerdings stören mich schon ein paar Dinge. So sind zum Beispiel 75% der (toll Beschriebenen) Charaktere irgendwie entweder schlechte Menschen oder ätzend, bescheuert oder anderweitig nervig. Bis auf den Kommissar und Rasumichin möchte ich niemanden in meinem Umkreis haben. Maximal vielleicht noch Sofja. Ich weiß leider nicht, warum die Leute so bescheuert sind. Mögliche Erklärungen:
- Dostojewski mag halt bescheuerte Charaktere
- Es war halt die Zeit
- Russen halt
- Alles zusammen

Psychologisch definitiv interessant, das Gottzeug fand ich manchmal etwas nervig, aber jeder wie er braucht. Mein Fazit des Buches war übrigens, dass soziale Absicherungen schon eine feine Sache sind. Mit Hartz IV hätte das alles nicht sein müssen. Kein Mord, keine Zweckehe etc.

€: Ach ja, wichtigster Punkt: Die Namen sind für arische deutsche Leser ein absoluter Albtraum. Name, Patronym, Nachname für jede Figur und einige haben noch einen Kosenamen. Als ob das nicht reichen würde, heißen noch zwei Polizisten (bzw. ein Polizist und ein Untersuchungsrichter) mit Nachnamen Petrowitsch. Was. Zum. Fick. Ich will eine Auflage, in denen alle Namen germanisiert wurden.
 
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Mora, woher beziehst du die Hörbücher und womit managest du deine Podcasts? Ich suche noch eine praktische Methode für das Auto. Bin viel auf Dienstreisen unterwegs und nur "USB-MP3 + DLF" halte ich auf Dauer nun doch nicht durch...

Seit es Smartphones gibt mach ich ab 30min+ Autofahrten nichts anderes mehr als (vorwiegend) DLF podcasts vom Handy :8[:

Mein letztes abgeschlossenes echtes Buch:

Kracht - Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten
Irgendwie sehr strange aber sehr geniales Setting. Dummerweise habe ich Faserland nicht davor gelesen und muss das daher jetzt nachholen. Was mir ein bisschen gefehlt hat war der tiefere Sinn. Was blieb war das Gefühl, dass es einfach ein sehr rohes (im Sinne von plastisch) Gedankenspiel war. Wenn das Buch eins vermittelt hat, dann so eine konstante Verlorenheit, dann Hoffnungslosigkeit, dann wieder minimale Hoffnung. Aber dann wieder nicht.

Ansonsten Schundliteratur zum Einschlafen: WH40K Horus Heresy, Military SF Trash olé :deliver:
 

Benrath

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An sich ein guter Thread, wenn wir eventuell auch mehr über die Bücher diskutieren würden. Sonst treffen wir uns dann im Com:)

Anyhow, ich hab auch Sebastian Junger - Tribe gelesen. Obwohl ich die Anekdoten und die Hypothesen interessant finde, bin ich etwas überrascht über die Schlussfolgerungen. Es passt auch, dass ich gerade David Graeber - Debt gelesen habe, weil das in eine ähnliche Richtung schlägt. Mir werden kleine Stammesgesellschaften und Dörfer etwas arg verklärt. Natürlich sehe ich den Reiz den Junger beschreibt, wenn man in einem Stamm aufgenommen und akzeptiert wird, aber bei der Bevölkerungsanzahl die wir nunmal heute haben, ist das nicht mehr möglich. Ähnliches gilt für die Verklärung von gegenseitigem Anschreiben und Gefallenökonomien, das Graeber beschreibt. Das gleiche Feeling wird übrigens auch von Salafisten angeboten.

Bei Junger find ich es etwas bedenklich, wie wenig darauf eingegangen wird, dass die Stämme die Schwachen oder Nonkonformen teilweise hart rausselektiert haben, direkt und indirekt. Das passiert heute eher weniger, bzw. können die Leute nur begrenz am gesellschaftlichen Leben teilhaben, aber man lässt sie "leben". (Bischen reflektiert, dass die Diskussion über was man mit dem dumen unteren Quintil der Gesellschaft machen soll im Rententhread).

Bei Graeber fand ich vor allem die Aufklärung des Mythos der Tauschökonomie als Vorgänger von Bargeld interessant und plausibel. Muss zugeben, dass ich das wohl auch so unterrichtet hatte. Wobei für die Quintessenz der Notwendigkeit von Geld, sei es Bargeld oder eine generische Accounting-Einheit wie Getreide oder Frauen, bleibt. Es ist eher ein Schuss for den Bug von Goldbugs und anderen Bargeldfanatikern die Bargeld/Gold als den heiligen Gral ansehen, wenn doch IOUs eher der Standard in den kleinen Dorfgemeinschaften waren. Die ganze Geschichte um die perversen Folgen von Schulden auf unser Verhältnis untereinander und gegenüber anderen ist krass (Cortez oder Englische Handelsgesellschaft Beispiele).

Zusammenfassend hat er auch Recht, dass es ein Bankrottrecht für Staaten geben müsste und es nicht sein kann, dass Kredite von Annodazumal ein Land ewig lang belasten, wenn die gegenwärtige Generation dafür nichts kann und auch nie etwas davon hatte.

Lese gerade noch das neue Varoufakis Buch. Bisher ist es ganz schlüssig, auch wenn er wenig bis keine Schuld bei Griechenland sieht und er auch sonst bisher wenig Selbstreflexion über sich zu zeigen scheint.
 
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[fN]Leichnam

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Karl Marlantes - Matterhorn

Viel gelobter Roman über den Vietnamkrieg. Marlantes ist Veteran und heute ein erfolgreicher Unternehmer. Bin noch nicht sehr weit, aber es geht ganz gut an.
 
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Das Buch habe ich auch gelesen, fand ich richtig gut. Interessante Charaktäre, einige Stereotype die es einfach in jeder Armee der Welt gibt und insgesamt eine meiner Meinung nach realistische Schilderung des Dschungelkrieges.
 

[fN]Leichnam

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Ja es war ganz in Ordnung. Coole Charaktere (Vancouver und Hawk), ein paar interessante Einblicke in den Alltag der Marines, ständig wird der Kaffee mit C4 aufgekocht und das ganze Rassismusding innerhalb der Marines wird auch ziemlich glaubhaft beschrieben. Es hat aber finde ich einen Knick so ab der zweiten Hälfte, letztes Drittel, wo die Qualität meiner Meinung nach etwas nachlässt. Trotzdem ein Buch, das ich in Erinnerung behalten werde.
 
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Lese gerade wieder The Moon is a Harsh Mistress von Robert Heinlein. Vor Jahren auf Empfehlung aus dem Forum schon mal gelesen, aber es ist überhaupt nichts hängen geblieben und von daher lese ich es nochmal. Ich finde es klasse, dass dieses in den 60ern geschriebene Buch sich immer noch so gut liest.
 
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Heinz Strunk - Der goldene Handschuh
Aufgrund der Verfilmung neulich mal gelesen. Kann man gut in einem Rutsch wegsnacken, stilistisch ein typischer Strunk. Sprachlich wie immer sehr einfallsreich, fand die Kontrastierung Honkas mit der "WH"-Familie clever und recht gut umgesetzt. Gegen Ende wird es etwas hektisch, allerdings fehlt auch nix. Der völlige Verfall Honkas wird drastisch präsentiert, eine gesunde Portion Ekel schwingt beim Lesen immer mit.
 

GeckoVOD

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Habe gerade Trevor Noah - Born a Crime zu Ende gehört und bin ziemlich begeistert. Mich interessieren Staaten mit krassen ethnischen Unterschieden und verschiedenen Sprachen sowieso und er hatte ein absurd krasses Leben für einen 32(?) Jährigen und trägt es vorzüglich vor. Der Hauptteil geht ca. bis zu seinem 20. Lebensjahr. Über die Daily Show kann man ja sicherlich streiten, aber Trevor hat echt spannende Geschichten zu erzählen und präsentiert gute Einsichten zum Leben und zur Gedankenwelt von unterprivilegierten Bevölkerungsgruppen. Absolute Empfehlung. Natürlich muss man sich das im Original vorgetragen reinpellen, da die Mischung aus Englisch, Xhosa, Afrikaans, Zulu (und wohl auch Sotho und Tswana) gut zum Flair beiträgt.
Absolute Empfehlung!

Nachdem ich auf mehrere relativ interessante Interviews von Noah gestoßen bin, habe ich mir das Buch auch geholt. Kann das Urteil teilen, habe wenig erwartet und wurde köstlich unterhalten und informiert. Glanzstück ist natürlich sein Vortänzer an der jüdischen Schule. Auch daneben viele Einblicke in das Ghettoleben, die südafrikanische Geschichte und seine Geisteshaltung. Seitdem sieht sich seine Show auch etwas anders an, wenn auch nicht wirklich lustiger. Super Typ und kann man wirklich ohne Abzüge empfehlen.
 

Benrath

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Ich lese momentan Sword of Truth. Bin jetzt beim 4 Buch. Es ist nicht GoT aber auch eine gute Geschichte. Ich mag die Zauberer Variante die so bisschen eher in Richtung Pratchet geht, dass sich alles wieder ausgleichen muss etc. Die Bücher hatten bisher einen guten Bogen und werden gut zu Ende geführt. Das Universum ist nicht so komplex wie bei GoT, was aber auhc sinvoller ist. Gefühlt erinnere ich mich jetzt nur an 5-7 PoV pro Buch.
 
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bin durch mit Sven Regner - Magical Mystery

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wem "Herr Lehman" gefallen hat, dem wird auch dieses werk zusagen
dazu auch gleich der filmtipp - diesen mittwoch auf arte zu sehen und dann noch für 1 woche in der mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/064364-000-A/magical-mystery-oder-die-rueckkehr-des-karl-schmidt/

 

Benrath

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Lohnt der Film? die drei kritiken auf imdb sind sehr negativ.
 
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Hjorth & Rosenfelt - die Opfer, die man bringt
Liest sich wie immer sehr gut, aber es ist imho der schlechteste Sebastian Bergmann Roman. Ich hoffe, die Autoren beenden die Reihe bevor es noch schlechter wird.
 

Moranthir

GröBaZ
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Wieder einmal Gedanken zu Büchern aufschreiben:

Ernest Hemingway - For Whom the Bell Tolls (1940)
Hatte es schon einmal angelesen, aber endlich am Stück abgearbeitet. Einer der besten Romane, die ich je gelesen habe. Sehr schlichter, aber toller Schreibstil. Zeigt schön die Schrecken des Spanischen Bürgerkriegs auf: Sowjetische Politkommissare unter den Republikanern, Vergeltung unter allen Kriegsparteien, Verrat und Lynchjustiz. Das Motiv eines verzweifelten Kampfes gegen einen überlegenen Gegner sowie die einhergehende Opferbereitschaft gemeinsam mit anderen für etwas Größeres zu sterben wird eindrücklich dargestellt. Der übertrieben männliche Protagonist und die kitschige Liebesgeschichte stören mich dabei überhaupt nicht. Hemingway war einfach ein Baller. Bestimmt konnte man sich mit ihm gut boxen und vertragen.

George Orwell - Homage to Catalonia (1938)
Sehr kurzer autobiographischer Bericht über die Zeit Orwells bei der Miliz der liberal-marxistischen, antistalinistischen Partei POUM, die gemeinsam mit den Anarchisten zu Beginn des Buchs Barcelona kontrollierten. Schöne Beschreibung wie real umgesetzter Anarchismus aussah (kann man auch gut in anderen Quellen nachlesen, imo spannendes Thema) und wie alles zu Scheiße wurde, nachdem die stalinistischen Kräfte gemeinsam mit den westlichen Großmächten das Ruder der antifaschistischen Kräfte an sich rissen, sodass er dem Land nach einer Verwundung an der Front nur knapp entkommen konnte. Orwell war auch ein einfach ein geiler Baller.

George Orwell - Animal Farm (1945)
Tolle und ziemlich bekannte Fabel, die Orwells Erfahrungen der durch stalinistische Kräfte gekaperten und versauten (haha) Revolution in Spanien (aber auch Russland) aufarbeitet. Der Mann hatte echt null Bock auf Stalin. All animals are equal, but some animals are more equal than others.

S.C. Gwynne - Empire of the Summer Moon Quanah Parker and the Rise and Fall of the Comanches, the Most Powerful Indian Tribe in American History (2011)
Das Buch behandelt den Aufstieg, Zenit und vor allem den langsamen Untergang der Komanchen, eines der mächtigsten Stämme der Prärie. Die Geschichte wird anhand von Cynthia Parker und ihres Sohnes Quanah Parker erzählt, die eine erstaunliche Rolle inmitten des Konfliktes zwischen Komanchen und vordringenden (angelsächsischen) Siedlern einnahmen. Wirklich spannend, wenn auch erschreckend viel Folter und sexuelle Gewalt darin vorkommen. In dieser langen Gewaltspirale war echt mit niemandem zu spaßen. Es ist auch interessant zu lesen, wie die Komanchen nicht einfach Spielbälle der Großmächte waren, sondern ihre Stellung in der südlichen Prärie Jahrhunderte halten konnten und erst nach wiederholte Epidemien sowie die Erfindung des Colts ihre militärische Vormacht einbüßten. Empfehlenswert.

Charles C. Mann - 1491: New Revelations of the Americas Before Columbus (2006)
Charles C. Mann trägt den aktuellen Stand der Forschung zur Lebensart und Kultur der präkolumbianen Indianer in Nord- und Südamerika vor und räumt dabei mit den traditionellen Bildern, dass es einfältige Wilde waren, die im Einklang mit unberührter Natur lebten, auf. So wird dargestellt, wie unfassbar die Domestizierung des Mais war, wie vermutet wird, dass große Teile des Amazonasregenwaldes Kulturgebiet waren und stark und geschickt viele Völker in die Natur eingriffen, um das Land an ihre Bedürfnisse anzupassen. Absolut empfehlenswert.

Charles C. Mann -1493: Uncovering the New World Columbus Created (2012)
Ähnliches Prinzip wie der Vorgänger, wobei hier die globalen Auswirkungen des Austausches von eMeschen, Krankheiten, Pflanzen, Tieren und Gütern Wiederentdeckung Amerikas behandelt werden. Es wird behandelt, wie die Unmengen an Silber, die in der "Neuen Welt" gefördert wurden Auswirkungen auf den Geldmarkt Europas, aber auch de Geldpolitik des Ming Dynastie in Chinas hatten, wie die Einführung der Kartoffel die Besiedlung höher gelegender Gebiete in China ermöglichte und das zu ökologischen Katastrophen führte, wie eingeschleppte Krankheiten wie Malaria nicht nur zur Ausrottung der indigenen Bevölkerung, sondern auch zur wirtschaftlichen Rentabilität der Sklaverei führte, um einige Beispiele zu nennen. Großartig!
 
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Charles C. Mann - 1491: New Revelations of the Americas Before Columbus (2006)
Charles C. Mann trägt den aktuellen Stand der Forschung zur Lebensart und Kultur der präkolumbianen Indianer in Nord- und Südamerika vor und räumt dabei mit den traditionellen Bildern, dass es einfältige Wilde waren, die im Einklang mit unberührter Natur lebten, auf. So wird dargestellt, wie unfassbar die Domestizierung des Mais war, wie vermutet wird, dass große Teile des Amazonasregenwaldes Kulturgebiet waren und stark und geschickt viele Völker in die Natur eingriffen, um das Land an ihre Bedürfnisse anzupassen. Absolut empfehlenswert.

Charles C. Mann -1493: Uncovering the New World Columbus Created (2012)
Ähnliches Prinzip wie der Vorgänger, wobei hier die globalen Auswirkungen des Austausches von eMeschen, Krankheiten, Pflanzen, Tieren und Gütern Wiederentdeckung Amerikas behandelt werden. Es wird behandelt, wie die Unmengen an Silber, die in der "Neuen Welt" gefördert wurden Auswirkungen auf den Geldmarkt Europas, aber auch de Geldpolitik des Ming Dynastie in Chinas hatten, wie die Einführung der Kartoffel die Besiedlung höher gelegender Gebiete in China ermöglichte und das zu ökologischen Katastrophen führte, wie eingeschleppte Krankheiten wie Malaria nicht nur zur Ausrottung der indigenen Bevölkerung, sondern auch zur wirtschaftlichen Rentabilität der Sklaverei führte, um einige Beispiele zu nennen. Großartig!

Sehr spannend! Ich wollte diese beiden Bücher auch noch lesen, hatte jedoch Autor und Titel vergessen :D
Wie lesbar sind diese Bücher denn? Ich bin durch Mary Beards - SPQR nun sehr verwöhnt, was leicht lesbare Geschichtswissenschaften betrifft.
 

Moranthir

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Sehr spannend! Ich wollte diese beiden Bücher auch noch lesen, hatte jedoch Autor und Titel vergessen :D
Wie lesbar sind diese Bücher denn? Ich bin durch Mary Beards - SPQR nun sehr verwöhnt, was leicht lesbare Geschichtswissenschaften betrifft.
Charles Mann kam über seine Tätigkeit als Journalist zu diesen Büchern, was sich in seinem angenehmen Stil niederschlägt. Total angenehm zu lesen.

Michael Lüders - Armageddon im Orient: Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt (2018)
Wieder einmal ein Buch von Michael Lüders über die brenzligen Situation im Nahen Osten, diesmal mit Fokus auf dem Saudi-Iran(-Israel) Machtkampf. Ziemlich interessant für jeden, der sich für die Thematik interessiert.

Noam Chomsky - On Anarchism (2005 erschienen)
Nachdem ich mich mit dem spanischen Bürgerkrieg beschäftigte, wollte ich einmal mehr über Anarchismus aus deren Blickwinkel erfahren. Das Buch besteht aus verschiedenen Essays und Interviews, die aus mehreren Jahrzehnten stammen. Dementsprechend ist es auch eher ein (interessanter) Flickenteppich, als ein wohlstrukturiertes Werk über Anarchismus. Kann man sich mal geben.

William von Hippel - The Social Leap: The New Evolutionary Science of Who We Are, Where We Come from, and What Makes Us Happy (2018)
Sozial/Evolutionspsychologe beschreibt, wie Veränderungen der sozialen Interaktion es unseren entfernten Vorfahren ermöglichten, in der Savanne und später in allen möglichen Bereichen zu gedeihen und welche Auswirkungen diese noch auf unser heutiges Leben haben. Leseempfehlung!

Michael Lüders - Im Herzen Arabiens (2004)
Lüders versucht dem Leser die Geisteshaltung und Gefühle der arabischen Welt näherzubringen. Stark von Anekdoten durchetzt erinnert das Buch im Guten wie im Schlechten stark an Peter Scholl-Latour, wenn auch moderner und weniger arrogant. Manchmal ein bisschen zu apologetisch für meinen Geschmack vermittelt er aber gut, wie beschissen die politische, ökonomische und soziale Situation für den Großteil der Menschen in der arabischen Welt ist. Gibt es bei Spotify und ist recht kurz.

Renate Bergmann - Fritz Bauer: Sein Leben, sein Denken, sein Wirken (2018)
Vom Fritz Bauer Institut herausgegebene (kurze) Biographie, die nicht nur die Auschwitzprozessen, sondern auch mit seine Blick auf das überaltete Strafrecht und auf seinen Blick auf Nazi- und Nachkriegsdeutschland darstellt. Im Hörbuch sind oftmals seine Originaltöne zu hören. Er hat auch einen geilen schwäbisch angehauchten Idiolekt, dem ich lange zuhören könnte. Beeindruckender Mensch. Ich habe keine Ahnung, wie er es schaffte, in der Nachkriegszeit nicht zu verbittern. Ich habe mich viel zu spät mit ihm und den Auschwitzprozessen auseinandergesetzt.
 
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Von Gerd Kommer Souverän Investieren mit Indexfonds und ETFs und meine Finanzbildung in Schwung zu bringen. Liest sich gut, auch für Laien geeignet. Es wird viel erklärt, auch Grundlagen. Allerdings mag ich seinen teilweise reißerischen Stil nicht besonders. Seine wertenden Kommentare finde ich auch fehl am Platz.
 
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Robert Kiyosaki - Rich Dad, Poor Dad
Ich habe schon so viel über dieses Buch gehört, dass ich mir gedacht habe, dass ich es auch mal lesen muss. Jetzt nach dem Lesen kann ich sagen, dass es zum Teil ganz gut ist und vor allem die hintere Hälfte ziemlicher Mist ist. Ich hätte mal lieber vorher ein bisschen über den Typen recherchieren sollen. Teilweise sind es halt wirklich Allerweltratschläge wie "Überwinde deine Angst" und dafür habe ich das Buch nicht gekauft.
 
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Gestern von Alex Beer - Der Dunkle Bote fertig gelesen. Sie macht das Wien der Nachkriegszeit lebendig mit ihren interessanten Figuren, der passend eingeflochtenen Zeitgeschichte und der insgesamt spannenden Krimi-Geschichte. Es ist so gut, dass ich es innerhalb weniger Tage komplett durchgelesen habe. Ich freue mich schon auf das nächste Buch, welches in Nürnberg spielen soll.
 
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Dieses Wochenende von Charlotte Link die Entscheidung fertig gelesen. Es gab schon mal bessere Bücher von ihr. Sie hat es immer noch drauf, menschliche und plastische Figuren in ihren Romanen zu bauen, aber die Geschichte war diesmal etwas an den Haaren herbeigezogen und oft unglaubwürdig. Als Nächstes stehen die ersten beiden Witcher Bücher auf dem Plan, um pünktlich zur ersten season wieder up to date zu sein.
 
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MUC
Hab zum dritten mal Justine - oder vom Missgeschick der Tugend von Marquis de Sade .. "weiter" gelesen und kapitulier jetzt wieder nach ~150 Seiten.

Das Buch macht mich einfach fertig.. :rofl2: Und irgendwann wirds immer wieder zu monoton ô_Ô
 
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Edward Snowden - Permanent record

Gestern Abend gelesen, hat sich gelohnt. Ich wusste schon von den meisten Enthüllungen, aber in der Summe einfach trotzdem immer noch unfassbar. Man darf natürlich nicht vergessen, dass auch ein Snowden Informationen sehr selektiv nennt und letzten Endes mit dem Buch auch Geld verdienen will, aber darum geht es im Kern nicht. Ändern an der Lage kann man natürlich wenig, mit ein wenig mehr Bewusstsein das Internet nutzen aber schon.
 
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Fortuna 1895 Düsseldorf
Max Gladstone - Empress of forever

wilder ritt in guardian of the galaxy manier. zusammengewürfelter haufen von verschiedenen spezies müssen die welt retten. space operea mit fuß auf dem gaspedal.
 
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jo neues Jahr, neues Buch:

Andreas Gruber - Todesfrist
Ursprünglich habe ich als doppeltes Weihnachtsgeschenk in der Familie vererbt bekommen, aber es handelt sich um ein ganz spannendes Buch. Ein Mörder, der nach Struwwelpeter-Manier seine Opfer umbringt. Bin noch nicht recht weit, aber bisher taugt schon.
 
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Bill Simmons - The book of Basketball
750-Seiten-Werk eines fanatischen Basketballfans. Stilistisch typisch amerikanisch, sehr abwechslungsreich und kurzweilig geschrieben. Allerdings kein Buch für Leute, die detailreiche Hintergrundgeschichten wollen, sondern eher für Fans. Simmons hat zu allem eine Meinung und hält auch nicht hinterm Berg. Bisweilen übertreibt er es ein bisschen, bereue aber keinen Cent. Vor allem das abschließende Ranking der besten 96 Spieler aller Zeiten macht Laune zu lesen. Und das Kapitel, in dem er ausführlich begründet, warum Russell > Chamberlain gilt.
 
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Daniel Kahnemann - Schnelles Denken, langsames Denken
Faszinierendes Buch über kognitive Verzerrungen. Empfehlenswert!
 

Deleted_228929

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Frank Bösch: Die Adenauer-CDU - Gründung, Aufstieg und Krise einer Erfolgspartei 1945 - 1969

Vor ca. zwei Wochen beendet. Dieser Schinken ist die Dissertationsschrift des Autors, erschienen 2001. Würde einige wohl abschrecken sowas privat zu lesen, aber für mich war es eines der interessantesten Bücher, die ich je gelesen habe. Kann ich nur jedem politsch und/oder geschichtlich interessiertem Menschen empfehlen.

In der Rückschau wirkt es ja so als sei der kometenhafte Erfolg der CDU in den 50er-Jahren quasi vorprogrammiert, aber das Buch zeigt eindrücklich, dass man hier nicht vom Ende her denken darf. Die Startphase der CDU war extrem holprig. Das fängt schon damit an, dass damals konfessionelle Gegensätze noch extrem tief und politisch bedeutsam waren. Das war mir bislang noch gar nicht bewusst. Verkürzt gesagt standen die Katholiken bei den Protestanten im Verruf, romhörig zu sein und damit die rechte patriotische Gesinnung zu missen. Zudem war der Katholik natürlich auch immer Kommunist und Bolschewist. Umgekehrt stand der Protestant für das gottlose Preußen und hatte sich bereitwillig mit den Nazis eingelassen. Suffice to say, dass sich hier - abgesehen vom letzten Punkt - politische Weltbilder aus dem Kaiserreich und der Weimarer Zeit erhalten hatten. In diesem Zusammenhang muss auch einmal darauf hingewiesen werden, dass die CDU - anders als an manch linkem Stammtisch gerne dargestellt - kein Exklusivsammelbecken für Altnazis war. Gerade der katholische Teil der CDU war Altnazis gegenüber ablehnend eingestellt und hier gab es auf kommunaler Ebene oft Satzungsklauseln, die Ex-Pgs den Zugang zu Vorstandsposten verwehrt haben. Tatsächlich sind viele namhafte Vorbelastete eher später durch Parteiübertritte zur CDU gelangt. Tatsächlich klangen diese konfessionellen Gegensätze erst im Laufe der 60er-Jahre ab, als eine jüngere Generation von CDU-Politikern (u.a. ein gewisser Helmut Kohl) in den Vorstand aufrückte, die nicht mehr während der Weimarer Zeit oder gar im Kaiserreich politisch sozialisiert worden waren.

Insofern hatte die CDU große Mühe damit, bei protestantischen Wählerschichten zu landen, bei denen sie oft im Verruf stand, einfach nur das Zentrum in neuem Gewande zu sein. Tatsächlich war die CDU in katholisch geprägten Gegenden zunächst erfolgreicher und besser organisiert, da sie oft auf Strukturen des Zentrums zurückgreifen konnte. Auch das politische Vorfeld (katholische Kirche) spielte dabei eine wichtige Rolle. Zudem hatte die CDU im Spektrum rechts der SPD eine Reihe von starken Konkurrenzparteien, die ihr die protestantischen Wähler streitig machten: neben der FDP waren das die Deutsche Partei und, etwas später, der BHE. Und es war überhaupt nicht ausgemacht, dass es der Union gelingen würde, diese Parteien zu verdrängen, im Gegenteil sprach Anfang der 50er-Jahre sehr wenig dafür. Die CDU musste da bei etlichen Landtagswahlen heftige Niederlagen einstecken. In Hessen und Niedersachsen z.B. schienen zunächst FDP bzw. DP die dominierende Kraft rechts der SPD zu werden.

Die Sammlung rechts der SPD ist Adenauer nicht zuletzt durch den Aufbau eines außerordentlich abenteuerlichen Finanzsystems gelungen. Hier wurden Fördergesellschaften gegründet, die die Aufgabe hatten, Wirtschaftsspenden einzusammeln und nach festgelegten Quoten an die Parteien zu verteilen. So hatten Wirtschaft - und CDU - auch einen Hebel um die anderen Parteien von der dummen Idee abzubringen, mit der SPD zu koalieren - was in den Ländern ja teilweise gemacht worden ist, bis es von Adenauer mehr oder weniger erfolgreich unterbunden wurde. Zudem gab die CDU ein eigenes Wirtschaftsmagazin heraus, das zu völlig überzeuerten Preisen an Unternehmen verkauft worden ist, die diese Ausgaben als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen konnten. Die bürgerlichen Partein hatten nämlich im Gegensatz zur SPD das Problem, dass ihre Mitglieder eine außerordentlich miese Zahlungsmoral hatten. Hätten die sich nur über Mitgliedsbeiträge finanziert, wäre die SPD finanziell hoffnungslos überlegen gewesen. Die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung wurde dementsprechend ebenfalls von der CDU initiiert.

Adenauer hat auch nicht davor zurück geschreckt, den rechten Konkurrenzparteien führende Mitglieder schlichtweg abzukaufen. Ich will mal erleben wie es ein zeitgenössischer Bundeskanzler (oder Ministerpräsident) schafft, mal eben fünf Minister ohne Geschäftsbereich zu ernennen, nur um hier die politische Konkurrenz mit bezahlten Posten versorgen und so neutralisieren zu können.
Geld verteilte Adenauer auch an die Wähler relativ schamlos. Im Vorfeld der Bundestagswahl 1953 wurden im Monatsrythmus Steuersenkungen und Sozialleistungen verteilt. Kombiniert mit einem technisch überlegenen Wahlkampf und etwas Schützenhilfe von den Alliierten - u.a. empfing Eisenhower Adenauer kurz vor der Wahl im Weißen Haus - konnte die CDU dann auch einen Sieg einfahren, von dem sie selbst überrascht war. Noch im März 1953 war sie in Umfragen mit 33% sogar drei Punkte hinter der SPD gelegen.

Die parteiinterne Konsolidierung gelang der CDU nicht zuletzt dadurch, dass man das vom Grundgesetz geforderte Parteiengesetz mal eben fast 20 Jahre verschleppt hat. So war man nämlich nicht in der Verlegenheit, irgendwelche festen, am Ende gar demokratisch zu besetzenden, Parteistrukturen zu schaffen und Adenauer konnte hier in informellen Zirkeln die Fäden in der Hand halten und nach Gutsherrenart Posten verteilen. Das war wichtig um vor allem die Proportionalität zwischen den Konfessionen zu wahren. Da es deutlich mehr Katholiken als Protestanten bei den Mitgliedern gab, war es diesbezüglich sicherlich von Vorteil, dass der Vorstand nicht von einem Parteitag gewählt wurde. Auch andere Interessengruppen konnten so natürlich leichter eingebunden werden, z.B. die Frauenunion. So hatte die CDU bis Ende der 60er-Jahre überhaupt keine festen Parteistrukturen. Sie wurde aus dem Kanzleramt geführt, Hans Globke war als Kanzleramtschef unter Adenauer ein faktischer CDU-Generalsekretär (ein Posten, den es freilich noch längst nicht gab). Aus heutiger Sicht vollkommen haarsträubend: Der CDU-Vorstand traf sich zu Adenauers Zeiten im Kanzleramt!

Nachtrag: In diesem Zusammenhang ist auch noch sehr interessant zu erwähnen, dass die CDU lange Zeit weniger eine föderalistische als vielmehr regionalistische Partei war. die Landesverbände der CDU spiegelten oftmals gar nicht die Bundesländer wieder. In NRW beispielsweise gab es bis 1985 den LV Rheinland und den LV Westfalen. In Niedersachsen existieren die drei LV Oldenburg, Braunschweig und Hannover bis heute weiter. Bis heute gibt es dort nur einen Dachverband, die CDU in Niedersachsen.

Trotz der Detailtiefe fand ich das Buch sehr flüssig zu lesen und fühlte mich an keiner Stelle mit der Informationsflut überfordert - was man ja durchaus befürchten könnte, bei so einem doch recht speziellen Thema. Nebenbei räumt das Buch auch - ohne es zu beabsichtigen oder gar auszusprechen - mit dem Unsinn auf, früher sei doch alles besser gewesen und Politiker noch ehrlicher usw. Im Gegenteil: Vieles, was Adenauer und die CDU sich damals herausgenommen haben, würde sich heute politisch gar nicht mehr durchsetzen lassen, manches die Staatsanwaltschaft auf den Plan rufen.
 
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Danke für diese schöne Kritik, das Buch landet auf der "Muss ich in diesem Leben noch lesen"-Liste.
 

Moranthir

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Part 1 der Hörbücher, die ich letzten Sommer, als ich Zeit hatte :mond: gehört habe (alles audible).


William Golding - Lord of the Flies (1954)
Klassiker nachgeholt. Verschiedene Gruppen von jungen Jugendlichen landen auf einer Insel und versuchen zu überleben und das Zusammenleben zu organisieren. Wenig Gutes passiert dabei.
Geiles, aber deprimierendes Buch, das soziale Dynamiken und Machtstrukturen thematisiert.

Johan Hari - Chasing the Scream: The First and Last Days of the War on Drugs (2015)
Ein Buch über die Prohibition von Drogen und des War on Drugs. Fesselnder Mix aus Einzelschicksalen, geschichtlichen Zusammenhängen und neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ich habe mich sowohl privat, als auch in meiner Lehrstuhltätigkeit mit dem Thema auseinandergesetzt und konnte auch da noch einiges Neues erfahren. Das Buch hat auf jeden Fall eine Agenda, aber ich halte es für ein geeignetes Vehikel, um auch Prohibitionsbefürwortern nahezulegen, dass man die Politik vllt. überdenken könnte.
Die Geschichte rund um Billie Holiday ist wirklich herzzerreißend.


Thomas Mann - Der Tod in Venedig (1911)
Alter, würdevoller Greis reist nach Venedig, wo eine Choleraepedemie ausbricht, er einen Jungen angeiert, bis er seine Selbstachtung verliert und stirbt an der Krankheit. Diese großen deutschen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts geben mir einfach wenig. Would not read again.

Sophie Passmann Alte weiße Männer: Ein Schlichtungsversuch (2019)
Sophie Passmann interviewt 16 einflussreiche Männer (ok, 15 und ihren Vater) auf der Suche nach Gemeinsamkeiten von "alten weißen Männern". Es geht nicht unglaublich tief, aber wer seinen Horizont erweitern möchte, kann sich das Buch mal als Einstieg in den Feminismus zu Gemüte ziehen. Ich wurde ganz gut unterhalten und fand ein paar Perspektiven und Ansätze spannend. Es ist ein nciht besonders konfrontatives Werk, das sich ein paar Spezialisten hier im Forum mal gönnen könnten.

Martin Sonneborn - Herr Sonneborn geht nach Brüssel (2019)
Sonneboorn beschreibt die Kuriositäten und Korruption im EU-Parlament durch seine Erfahrungen als Abgeordneter. Sein Humor ist ja oftmals nicht meiner, aber seine Berichte über das Gemauschel sowie die anderen verrückten fraktionslosen Abgeordneten sind unterhaltsam. Man kann von dem Dude ja halten was man will, aber er bringt das Parlament näher an die Bürger heran als die meisten seiner Kollegen.

Yuvel Harari - 21 Lessons for the 21st Century
Das Buch thematisiert einige praktische und ethische Herausforderungen, die der technologische Fortschritt, besonders in Informations- und Biotechnologie mit sich bringt bzw. bringen könnte. Es ist manchen vielleicht zu alarmistisch, aber aufgrund der Geschwindigkeit, mit der sich die Welt verändert, kann man ja schon einmal ein bisschen vorausplanen, um später nicht von Ereignissen überrumpelt zu werden.
Insgesamt ist es ein wenig vage, aber der Schreibstil ist gut und es inspiriert zum Nachdenken. Wer ganz konkrete Handlungsempfehlungen erwartet, ist hier verkehrt. Nur meditieren sollen wir.
 

Deleted_228929

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Danke für diese schöne Kritik, das Buch landet auf der "Muss ich in diesem Leben noch lesen"-Liste.
:klatsch:


Martin Sonneborn - Herr Sonneborn geht nach Brüssel (2019)
Sonneboorn beschreibt die Kuriositäten und Korruption im EU-Parlament durch seine Erfahrungen als Abgeordneter. Sein Humor ist ja oftmals nicht meiner, aber seine Berichte über das Gemauschel sowie die anderen verrückten fraktionslosen Abgeordneten sind unterhaltsam. Man kann von dem Dude ja halten was man will, aber er bringt das Parlament näher an die Bürger heran als die meisten seiner Kollegen.
Das habe ich mir auch letztes Jahr gegeben. Hervorragendes Buch! Sonneborn ist einer der besten Politiker des Landes. Was ich besonders mag ist, dass er zwar den Finger in die Wunde legt, aber ohne direkt wieder in Anti-EU-Rhetorik und "oh seht her, wir schrecklich die da oben doch sind" zu verfallen.



Sebastian Haffner: Von Bismarck zu Hitler (1987)

Gestern beendet. Obwohl (oder gerade weil?) ich schon ein wenig Vorwissen hatte, war es sehr interessant diese nicht zu sehr ins Detail gehende Gesamtschau des Deutschen Reiches von 1871 bis 1945 zu lesen. Haffner geht dabei natürlich auch ein wenig auf die Vor- und Nachgeschichte ein. Seine Kernargumentation ist dabei, dass das Deutsche Reich eigentlich von Anfang an auf seine eigene Zerstörung hingearbeitet hat. Er fängt an, den Unterschied zwischen dem "rechten" Preußen, das letztlich die kleindeutsche Lösung angestrebt hat, und der "linken" Nationalbewegung, die ja immer die großdeutsche Lösung gewollt hat, zu skizzieren. Interessant hierbei ist natürlich, dass die Nationalbewegung, vertreten durch das Paulskirchenparlament, dabei keineswegs friedlich war. Für diese Bewegung war dann nach der Reichsgründung auch nicht schluss, sie war eben nicht saturiert, ganz im Gegensatz zu Bismarcks berühmter Formulierung und Haffner argumentiert bzw. führt aus, wie diese Nicht-Saturiertheit sich wie eine rote Linie durch die Geschichte des Reiches zieht.
 

Deleted_228929

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Frank Bösch (2019): Zeitenwende 1979

Gerade in Deutschland wird Geschichte ja meist von 1918, 1945/49 und 1989/90 her gedacht. Dabei stellt auch 1979 ein Jahr mit vielen weltpolitischen Zäsuren dar, die uns bis heute Beschäftigen. Bösch ist, wie er auch selbst schreibt, weder der erste, noch wird er der letzte sein, der ein Buch über das Jahr 1979 schreibt, aber er legt dabei den Fokus auf die (bundes)deutsche Perspektive. Ich fand das sehr interessant mal so einen historischen Querschnitt zu lesen, obwohl - oder gerade weil - natürlich die Detailtiefe nicht unendlich ist. Die zehn behandelten Themen im Einzelnen:

1. Die Revolution im Iran
Neben der amerikanischen und der französischen zählt die iranische ja zu den drei Großen Revolutionen der Geschichte, da mit ihr der Islamismus die weltpolitische Bühne betrat - wenngleich keineswegs von Anfang an ausgemacht war, dass der Iran in eine islamistischen Theologie übergehen würde. Die Menschen sind 1978 schließlich nicht auf die Straße gegangen, um die Diktatur des Schah durch eine des Klerus zu ersetzen. Die Revolution war zunächst genauso von liberalen und kommunistischen Gruppen getragen und die Islamisten haben sich erst nach der Flucht des Schah durchgesetzt. (Von Bösch nicht direkt thematisiert, aber in diesem Zusammenhang interessant zu erwähnen ist, dass das Ajatollah-Regime selbst seine innenpolitischen Gegner erst im Zuge des Angriffs durch den Irak mit der Verweis auf die externe Bedrohung ausschalten konnte.) Khomenei stieg im Pariser Exil zum regelrechten Medienstar auf und wurde von westlichen Medienvertretern teils regelrecht hofiert - geradezu erschreckend aus heutiger Sicht; wobei zu erwähnen ist, dass es natürlich auch kritische Stimmen gab. Für mich neu war, dass die bundesdeutsche Politik sowohl zu den alten, als auch zu den neuen Machthabern einen guten Draht hatte - genau wie die bundesdeutsche Wirtschaft auch nach der Revolution weiterhin gute Geschäfte im Iran gemacht hat. Letzteres war auch der Grund, warum die Bundesrepublik den amerikanischen Sanktionen nur sehr widerwillig gefolgt ist. Andererseits waren die guten Kontakte des bundesdeutschen Botschafters im Iran sehr hilfreich, um nach der Geiselnahme in der US-Botschaft die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran (an denen die BRD dann nicht beteiligt war) anzuleiern.

2. Papst Johannes Paul II. in Polen
Für mich persönlich eines der nicht ganz so interessanten Themen, da mich Religion und Kirche einfach null interessieren. Das Ereignis war alleine schon deshalb spektakulär, weil Päpste 150 Jahre lang überhaupt keine Auslandsreisen unternommen hatten, Paul IV. immerhin einige wenige. Johannes Paul II. hat damit gebrochen und sollte ja später noch den Spitznamen "Reisepapst" bekommen. Faszinierend hierbei die Parallele zu den Ereignissen im Iran: In beiden Fällen inszeniert sich ein religiöser Führer als Medienstar und Widerstandskämpfer gegen eine Diktatur und steht gleichzeitig aber quer zur bipolaren Logik des Kalten Krieges. Wobei der Papst selbstverständlich nicht so dumm war, einfach offen zur Revolution gegen die kommunistischen Machthaber aufzurufen. Er hat alleine durch seine Präsenz und seinen jovialen, unnahbaren Umgang mit den Menschen eine entsprechende Wirkung entfaltet. Der Besuch war ein gigantisches Medienspektakel und hat in Polen damit die Zivilgesellschaft gewaltig gestärkt und sie sozusagen "auf den Geschmack gebracht" was Massenveranstaltungen bzw. Massenproteste angeht. Er war damit ein wichtiger Katalysator für den Widerstand gegen die Dikatur in den 1980er Jahren und Johannes Paul II. hat diesen Widerstand ja bekanntlich unterstützt, wenngleich die Proteste weniger von der Kirche als der Arbeiterschaft ausgingen und die Kirche hier auch immer wieder zur Mäßigung aufgerufen und sich als Vermittler angeboten hat. Am Ende des Kapitels beschreibt Bösch noch kurz die - leicht zu überschätzende - Rolle der Kirchen beim Widerstand gegen die SED.

3. Die Revolution in Nicaragua
Genau wie Persien war auch Nicaragua bis 1979 von einem Diktator beherrscht, der dank seiner antikommunistischen und wirtschaftsliberalen Ausrichtung die Unterstützung der USA genoss: Anastasio Samoza Debayle hatte das Präseidentenamt von seinem Vater Anastasio Samoza García übernommen, der 1936 an die Macht gekommen war. Und genau wie in Persien wurde er von einem breiten Oppositionsbündnis unter fürhung der FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional) gestürzt, zu der auch Vertreter der Religion (hier der Befreiungstheologie) gehörten. Auch hier war anfangs nicht ausgemacht, welche Strömung sich nach der Revolution im Juli 1979 durchsetzen würde. Obwohl Nicaragua, anders als der Iran, klein und arm war und keine nennenswerten Rohstoffe besaß erregte die Revolution aufgrund der markanten Parallelen zum Umsturz im Iran große internationale Aufmerksamkeit. Weltweit entstanden haufenweise Solidaritätsgruppen. Hierbei entstand eine deutsch-deutsche Konkurrenz, wobei die Unterstützung in der BRD eher aus der Zivilgesellschaft kam, in der DDR natürlich staatlich orchestriert war. Laut Bösch ist die nicaraguanische Revolution aus vier Gründen von langfristiger Relevant: Erstens steht sie für den Einflussverlust der Großmächte im Kalten Krieg, da hier die USA - parallel zur Sowjetunion in Afghanistan - moralisches Kapital verspielten durch ihre Unterstützung von Samoza und später den Contras; zweitens spielte hier der Menschenrechtsdiskurs eine wichtige Rolle, an dem sich sowohl die sandinistische Regierung als auch die Contras messen lassen mussten; drittens zeigte sich auch hier die politische Macht der Religion, nicht nur bei der Unterstützung der Revolution sondern auch bei der späteren Kritik an der sandinistischen Regierung; viertens steht Nicaragua für eine praxisorientierte Solidarität mit der sog. Dritten Welt, da viele Revoluzzer (seien es professionelle oder Amateure), anders als in z.B. Vietnam, erstmals selbst in das betreffende Land reisten dun konkrete Projekte vorantrieben, anstatt sich auf theoretische Diskurse in der Heimat zu beschränken. Ein Beispiels für Solidarität an der "Heimatfront" ist der Konsum des "Sandino-Kaffees" in entsprechenden Kreisen in Deutschland - der aber geschmacklich nicht gerade den Nerv getroffen hat. ;)
In der großen Politik spielte Nicaragua in Westdeutschland insofern eine Rolle als dass alle Parteien ihnen politisch nahestehende Gruppierungen in Nicaragua unterstützen, insbesondere die parteinahen Stiftungen spielten da eine Rolle. Die Grünen profilierten sich als pro-FSLN-Partei, wohingegen Union und FDP (surprise, surprise) christliche und privatwirtschaftliche Bewegungen promoteten und sich hier als Hüter von Menschenrechten profilieren konnten. Letztlich musste sich die sandinistische Regierung nicht den Contras, sondern 1990 bei demokratischen Wahlen geschlagen geben.

4. Chinas Öffnung unter Deng Xiaoping
Im Januar 1979 war Deng Xiaping der erste Spitzenpolitker der VR China, der im Ausland zum Staatsbesuch empfangen wurde, nämlich ich den US of A. Schon Zeitgenossen haben die Geschichtsträchtigkeit dieses Ereignisses wahrgenommen und die Reise setzte auch den Startpunkt für einen regen politischen und wirtschaftlichen Austausch zwischen China und dem Westen. Bösch beschreibt hier auch kurz die - teilweise sehr blutige - Entwicklung Chinas nach dem 2. WK unter Mao. Sehr interessant zu erfahren fand ich, dass die Öffnung Chinas gegenüber dem Westen in den 70er-Jahren nicht zuletzt darauf zurückzuführen waren, dass viele KP-Führer in jungen Jahren im Ausland, auch Deutschland, gelebt und studiert hatten und entsprechende Connections (persönlicher wie geistiger Art) bestanden. Für die Bundesrepublik mit ihrer exportorientierten Wirtschaft war Chinas Öffnung ganz besonders lecker, da hier ein großer Markt winkte. Und auch als Produktionsstandort mit billigen Arbeitskräften war die VR schnell attraktiv, wie z.B. die VW-Produktion in Shanghai zeigt, die 1985 gestartet wurde. Politisch interessant ist, dass der Austausch mit China in Deutschland gerade von der CDU/CSU gefördert wurde, die hier eine Gelegenheit sah, der Ostpolitik der sozialliberalen Regierung eine eigene Fernostpolitik entgegenzusetzen. Dass in China genauso Kommunisten an der Macht saßen wie in der SU störte nicht weiter, weil dann konnte man immerhin die eigene Dialogbereitschaft mit dem Klassenfeind demonstrieren und dass man nebenbei geostrategische Eigeninteressen förderte (China und die SU waren sich seit den 60ern eher feindlich gesinnt) tat dabei nicht weg. Im Gegenzug waren SPD und FDP zunächst eher auf Distanz zu China, da man die Sowjetunion nicht vergraulen wollte.

5. Die Boat People aus Vietnam
Auch eines der für mich persönlich weniger aufregenden Kapitel. Interessant waren hierbei für mich zwei Aspekte: Erstens war es gerade die CDU/CSU, die sich - zumindest anfangs - ganz erheblich für die Aufnahme vietnamesischer Flüchtlinge stark machte - insbesondere Ernst Albrecht war hier sehr engagiert. Immerhin flohen die ja vor einer kommunistischen Diktatur, sodass man sich hier moralisch/menschenrechtlich profilieren und zugleich der Friedensbewegung Heuchelei unterstellen konnte. Tatsächlich war der besonders der ganz weit links stehende Teil der Friedensbewegung nämlich erstaunlich still, was die Boat People anging und von einigen wenigen wurden die Flüchtlinge sogar offen denunziert - genau wie von der DDR-Führung. Da flogen dann Begriffe wie "bürgerliche Müßiggänger", die sich vor dem Wiederaufbau des eigenen Landes drücken wollten, durch die Gegend. Umgekehrt hielten Konservative sich bekanntlich sehr zurück was Flüchtlinge aus rechten Militärdikaturen wie Chile oder Argentinien anging. Trotz Unterstützung durch die Union kam der Druck zur Aufnahme vietnamesischer Flüchtlinge allerdings primär aus der Zivilgesellschaft - ist allerdings Anfang der 1980er auch schnell wieder erloschen und die Cap Anamur war dann ja auch nur ein kurzweiliges Unterfangen. Der zweite sehr interesante Punkt war für mich, dass für die Vietnames - anders als für die Gastarbeiter - von Anfang an eine gezielte und energische Integrationspolitik betrieben wurde. So gab es beispielsweise von Anfang an staatlich finanzierte (!!) Deutschkurse. Vor diesem Hintergrund ist es nicht allzu erstaunlich, dass Vietnamesen heute deutlich besser integriert sind als andere Migrantengruppen.

6. Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan
Afghanistan war ja mal ein armes und trotz aller Modernisierungsversuche wenig entwickeltes - um "rückständig" zu vermeiden -, aber immerhin friedliches Land. Erst 1973 entstand eine Phase innenpolitischer Instabilität, als der König weggeputscht wurde. Der neue Machthaber Mohammed Daoud Khan konnte sich immerhin bis 1978 halten, als er selbst im Zuge eines Putsches ermordet wurde. Seinen Nachfolger Taraki hat schon im September 1979 dasselbe Schicksal ereilt und dessen Nachfolger wiederum - Hafizullah Amin - hatte dann ja im Dezember 1979 eine, ich sage mal, für ihn nicht ganz günstige Begegnung mit einer sowjetischen Spezialeinheit, im Zuge derer er wohl ungünstig über eine Handgranate gestolpert ist. ;) Als politisch und geschichtlich interessierter Mensch kennt man die Story in Gründzügen ja schon. Der Einmarsch selbst war auch innerhalb der Sowjetführung umstritten. Der Außenminister Gromyko und der altersschwache Breschnew waren eigentlich nicht überzeugt von der Aktion, haben sich aber von KGB-Chef Andropow und Verteidigungsminister Ustinow überreden lassen. Ausschlaggebend waren am Ende vier Faktoren: Erstens die Befürchtung, die Amin-Regierung könnte sich aufgrund der Instabilität im Land (seine Regierung stand islamistischen Widerstandskämpfern gegenüber) an die USA wenden; zweitens die Angst, die islamistische Widerstandsbewegung könnte auf die südlichen Sowjetrepubliken überschwappen; drittens sah man sich angesichts der gescheiterten Abrüstungsverhandlungen und des NATO-Doppelbeschlusses (der übrigens am selben Tag erfolgte wie der Beschluss zum Einmarsch in Afghanistan) nicht zur Rücksichtnahme auf den Westen genötigt; viertens haben sich die Verfechter der Interventionen komplett verkalkuliert was den politischen und moralischen Rebound. Selbst die "sozialistischen Bruderstaaten" haben allenfalls zurückhaltend reagiert, lediglich die DDR-Spitze hat sich uneingeschränkt hinter Moskau gestellt; Ceausescu hat den Einmarsch offen kritisiert. Die Sowjetunion hatte quasi die komplette restliche Welt vereint gegen sich. Trotzdem haben wirksame (lies: wirtschaftliche) Sanktionen nicht lange gehalten und gerade die Bundesrepublik Deutschland war es aufgrund ihrer wirtschaftlichen Interessen wieder mal, die sich diesbezüglich von Anfang an extrem zurückgehalten hat. Stattdessen hat man sich dann auf das Boykott der olympischen Spiele beschränkt, was das Thema immerhin medial präsent gehalten hat. Na ja, der Rest ist Geschichte und muss hier nicht weiter en detail ausgebreitet werden. Interessant und aus heutiger Sicht geradezu haarsträubend zugleich ist wie die Mudschaheddin vom Westen als liebe, nette Freiheitskämpfer romantisiert wurden, die ja nur "persönliche und religöse Freiheit" (Kohl) anstrebten. Lediglich die Grünen haben neben der Invasion durch die SU auch die Unterstützung der Mudschaheddin offen kritisiert - das ist insofern wichtig zu erwähnen als dass Teile der Friedensbewegung hier bei diesem Thema erstaunlich still waren; Afghanistan hat die nicht so wirklich interessiert.

7. Thatchers Wahl und die Gründung der Grünen
Die Wahl Thatchers wurde schon von Zeitgenossen als großer Einschnitt wahrgenommen - zunächst allerdings vor allem deshalb, weil hier erstmals eine Frau an die Regierungsspitze eines Industrielandes aufstieg und das auch noch in einem Land, in dem die Politik mehr noch als in anderen von Männerzirkeln dominiert wurde. Ähnlich wie Merkel verdankt Thatcher ihren Aufstieg an die Spitze der Tories einer Parteikrise und ähnlich wie Kohl profilierte sie sich mit ihrer Herkunft aus der Provinz und einfachen Verhältnissen (die allerdings bei genauerem Hinsehen nicht ganz so einfach waren ;)). Ihrem Spitznamen der Eisernen Lady machte sie durch ihren Führungsstil und ihr Auftreten - auch international - bekanntlich alle Ehre. Ihre erste Amtszeit war allerdings ökonomisch erstmal ein ziemliches Desaster und 1981 waren sie und ihre Partei bekanntlich krass unpopulär und die Abwahl schien quasi sicher. Aber zum Glück musste da ja die argentinische Junta durch eine kleine Landnahme im Südpazifik von Querelen im inneren Ablenken. ;) Bösch führt denn eben aus wie Thatchers Politik sich gerade im Bereich Privatisierung eher erst nach ihrer ersten Wiederwahl entwickelt hat und wie sie bis heute in UK kritisch gesehen wird. Auch der EU-Skeptizismus geht ja auf sie zurück. Interessant hierbei ist, dass beispielsweise die deutsche CDU/CSU und FDP natürlich einerseits auf Thatchers marktliberale Reformen beriefen, selbst aber unter Kohl deutlich weniger in diese Richtung gingen - gerade weil man ja auch die negativen Effekte wie die krass gestiegene Arbeitslosigkeit vermeiden wollte.
Im zweiten Teil des Kapitels führt Bösch diverse Berührungspunkte zwischen der Umweltbewegung und den Grünen einerseits und dem Neoliberalismus und der FDP andererseits auf. Beide zeichneten sich dadurch aus, dass die tiefschürfende gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen wollten und dabei stark polarisierten. Sparen fanden (und finden) beide ganz gut, die einen aus Gründen der Nachhaltigkeit, die anderen aus Gründen der Budhetsanierung. Bürgerrechte ist für beide ein wichtiges Thema. Beide rekrutieren ihre Wähler aus eher besserverdienenden Schichten mit hohen formalen Bildungsabschlüssen.

8. Die zweite Ölkrise
Während die erste Ölkrise 1973 auf den Lieferstopp arabischer Förderländer im Zuge des Yom-Kippur-Krieges zurückzuführen war (es hatte jedoch auch schon Ende der 60er-Jahre einen Anstieg der Ölpreise gegeben), waren die Ursachen 1979 etwas vielschichtiger: Erstens die Streiks und schließlich die Revolution im Iran, die ein wichtiges Förderland ausfallen liesen; zweitens suchte die OPEC ihre Macht auszuspielen und mittels einen Preisanstiegs den schwachen Dollar auszugleichen; drittens führten einige Länder wie Japan, die keine eigenen Energieträger anzubieten hatten, Panikkäufe durch. Letztlich förderte die zweite Ölkrise alle möglichen Energiesparmaßnahmen, manche mehr, manche weniger sinnvoll. Die allseits beliebte Zeitumstellung ist uns ja bis heute erhalten geblieben, obwohl ihre Nutzlosigkeit längst erwiesen ist. Zwar ist der Energieverbrauch des Industrieländer insgesamt nicht nachhaltig gesenkt worden, doch wie Bösch ausführt, haben die Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizient bei z.B. Autos und Küchengeräten sehr wohl gefruchtet - wurden aber eben durch die zunehmende Größe derselben teilweise konterkariert. Auch die bipolare Weltordnung wurde - wieder einmal - durchbrochen: Gerade die Bundesrepublik bemühte sich, ihren Energieimport zu diversifizieren und begann in großem Stil, Erdgas aus der Sowjetunion zu beziehen. Diese wiederum drosselte im Gegenzug ihre Lieferungen an die sozialistischen Bruderländer und belegte diese zugleich mit Preiserhöhungen, was beispielsweise den wirtschaftlichen Niedergang der DDR nicht unerheblich beschleunigte. Auch die Förderung regenerativer Energiequellen nahm im Zuge der zweiten Ölkrise ihren Anfang, wobei hier zunächst die USA und Dänemark führend waren - und wie wir alle wissen sollte es noch eine ganze Weile dauern, bis die EE sich durchsetzen sollten. ;) Eine aus ökologischer Sicht weniger günstige Folgeerscheinung der Ölkrise war die verstärkte Förderung von Kohle zwecks Verstromung - in NRW wurde ja noch bis Ende 2018 unter massiven Subventionen Braunkohle gefördert. Die Kernkraft war durch den im selben Jahr erfolgenden Unfall in Harrisburg politisch nicht mehr so recht vermittelbar. Zwar sanken in den 80er-Jahren die Preise wieder, u.a. weil Saudi-Arabien seine Förderung aggressiv ausweitete, aber viele der Reaktionen auf die Ölkrise haben wie beschrieben eben bis heute ihre Gültigkeit. Am Ende des Kapitels zeigt Bösch noch die interessante Parallele zu den 2000er-Jahren, als die Energiepreise ebenfalls massiv anzogen (diesmal vor allem durch den massiven Nachfrageanstieg durch China) und im Gefolge wiederum Saudi-Arabien versuchte, den Preis wieder zu drücken um sich Konkurrenz vom Hals zu halten (diesmal Frackingöl aus US of A), während zeitnah ein Atomunfall (Fukushima) die Atomenergie desavouierte.

9. Der AKW-Unfall bei Harrisburg
In Europa sind heute vor allem die Unfälle von Tschernobyl und Fukushima in Erinnerung geblieben, aber der erste große Atomunfall ereignete sich bereits 1979 im KRaftwerk Three Mile Island in den USA. Dieser führte dazu, dass der Ausbau der Atomenergie weltweit zunächst deutlich gebremst worden ist. Zwar wurden bereits begonnene Projekte zum Bau von KKW abgeschlossen, aber keine neuen gestartet. In den westlichen Ländern wurden Sicherheitsvorkehrungen kritisch geprüft und verbessert. Politisch konnten natürlich die Grünen aus der Havarie Kapital schlagen, was SPD und Union gewaltig aufgeschreckt hat. Bei der CDU/CSU war man beunruhigt, weil es gerade auch konservative Wähler waren, die sich an Anti-Atom-Protesten beteiligten. Helmut Schmidt hingegen hielt unbeirrt an seiner Pro-Atom-Position fest, was ihn innerhalb der SPD nicht gerade beliebter machte. Seine Prognosen, im Jahr 2010 würde es kein Öl mehr geben und wir würden dann alle mit batteriebetriebenen Autos rumgurken, die wir mit Atomstrom tanken oder schon "in 15 Jahren" Atommüll mit Raketen in die Sonne schießen, wirken aus heutiger Sicht etwas... na ja, sagen wir futuristisch. ;) Auch im Ostblock wurden die dortigen KKW auf ihre Sicherheit überprüft und es wurden sehr wohl z.T. erhebliche Mängel festgestellt, was aber geheim gehalten wurde. Interessanterweise gibt es eine ganze Reihe Parallelen zwischen den Unfällen von TMI und Tschernobyl - ein schönes Beispiel, dass eine offene Gesellschaft, die öffentliche Kritik zulässt, eben gegenüber einer Diktatur im Vorteil ist. Interessantes Detail: Jimmy Carter, der ja sonst als eher ungeschickt agierender Präsident in Erinnerung geblieben ist, hat nach dem Unfall in TMI ein solides Krisenmanagement gezeigt.

10. Die Fernseserie Holocaust
Zum Abschluss nochmal ein Kapitel, das mich gar nicht mal so fürchterlich interessiert hat. Die US-Produktion löste weltweit eine neue Welle der Auseinandersetzung mit dem Holocaust aus, wobei - anders als von manchem in Deutschland befürchtet - im Allgemein nichts von einer "Deutschenfeindlichkeit" zu erkennen war. Auch in der Bundesrepublik schlug die Serie entsprechend ein und führte beim NDR zu einer gewaltigen Anzahl an Rückmeldungen, von denen zwar ein nicht unerheblicher Prozentsatz ablehnend bis feindlich und offen antisemitisch war, aber die übergroße Mehrheit nahm der Serie positiv auf und reagierte extrem emotional darauf. Mit ihr wurden der breiten Öffentlichkeit auch einige historische Sachverhalte eröffnet, die so teils nicht einmal von der professionellen Geschichtswissenschaft verarbeitet worden waren. Holocaust trug auch dazu bei, dass der Bundestag die Verjährung von NS-Verbrechen endgültig aufhob, die zuvor zwei Mal lediglich verlängert worden war.
 

Deleted_228929

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Margit Reiter (2019): - Die Ehemaligen. Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ

Letzte Woche beendet. Der Untertitel ist Programm. Als "Ehemalige" werden in Österreich Nazis bezeichnet, die auch nach dem "Zusammenbruch" ihrer Ideologie treu geblieben sind - womit der Begriff paradox ist, denn sie sind dann ja gerade keine ehemaligen. Reiter zeigt detailliert die beachtlichen personellen Kontuinuitäten bzw. Schnittmengen von/zwischen NS-Funktionären und Sympathisanten und der Gründungsriege der FPÖ. Angefangen von der Gesinnungsgemeinschaft der sog. "Glasenbacher", über den 1949 gegründeten Verband der Unabhänigen (VdU), aus dem schließlich 1956 die FPÖ hervorgegangen ist. Der VdU ist letztlich daran gescheitert, dass er vielen "Ehemaligen" nicht rechts genug war - im Zuge seiner Gründung hatte es schon Debatten gegeben, ob man überhaupt eine eigene Partei gründen oder sich der ÖVP anschließen sollte. Parteigründer Herbert Kraus z.B. war nichtmal Mitglied der NSDAP. Solche "Probleme" hatte der maßgebliche Gründer und erste Vorsitzende der FPÖ, Anton Reinthaller nicht. Der war SS-Brigadeführer und im "Ehemaligen"-Mileu ein "Übervater". Sein langjähriger Nachfolger als Obmann (1958-78), Friedrich Peter, hatte als SS-Oberstumführer gedient. Peter muss man allerdings zugestehen, dass er sich im späteren Leben durchaus auch vom NS distanziert hat.

Insgesamt sehr interessant zu lesen, wenngleich ich manchmal Schwierigkeiten hatten mit all den Namen, die da so durch die Gegend gefolgen sind; auch wenn die Autorin den wichtigsten Akteuren eigene Unterkapitel widmet, um ihre Biographie kurz auszuleuchten. Man braucht sich keine Illusionen machen: Die "Freiheitlichen" waren von Anfang an eine Partei, die personell und programmatisch am äußersten rechten Rand operiert hat - das ist keine Entwicklung, die erst mit Jörg Haider (Obmann von 1986-2000) eingesetzt hätte, wenngleich die FPÖ sich zwischendurch der SPÖ insoweit angenähert hatte, dass sie diese 1970/71 kurz als Minderheitsregierung toleriert und von 1983-86 sogar mit ihr koaliert hat. Rechtsaußen war in Österreich also schon immer deutlich anschlussfähiger als in Deutschland.

Wollte eh schon länger mal etwas mehr über österreichische Geschichte und Politik lesen. Hoffentlich komme ich demnächst mal dazu.
 

Deleted_228929

Guest
Es passt auch, dass ich gerade David Graeber - Debt gelesen habe, weil das in eine ähnliche Richtung schlägt. Mir werden kleine Stammesgesellschaften und Dörfer etwas arg verklärt. Natürlich sehe ich den Reiz den Junger beschreibt, wenn man in einem Stamm aufgenommen und akzeptiert wird, aber bei der Bevölkerungsanzahl die wir nunmal heute haben, ist das nicht mehr möglich. Ähnliches gilt für die Verklärung von gegenseitigem Anschreiben und Gefallenökonomien, das Graeber beschreibt. Das gleiche Feeling wird übrigens auch von Salafisten angeboten.

Bei Junger find ich es etwas bedenklich, wie wenig darauf eingegangen wird, dass die Stämme die Schwachen oder Nonkonformen teilweise hart rausselektiert haben, direkt und indirekt. Das passiert heute eher weniger, bzw. können die Leute nur begrenz am gesellschaftlichen Leben teilhaben, aber man lässt sie "leben". (Bischen reflektiert, dass die Diskussion über was man mit dem dumen unteren Quintil der Gesellschaft machen soll im Rententhread).

Bei Graeber fand ich vor allem die Aufklärung des Mythos der Tauschökonomie als Vorgänger von Bargeld interessant und plausibel. Muss zugeben, dass ich das wohl auch so unterrichtet hatte. Wobei für die Quintessenz der Notwendigkeit von Geld, sei es Bargeld oder eine generische Accounting-Einheit wie Getreide oder Frauen, bleibt. Es ist eher ein Schuss for den Bug von Goldbugs und anderen Bargeldfanatikern die Bargeld/Gold als den heiligen Gral ansehen, wenn doch IOUs eher der Standard in den kleinen Dorfgemeinschaften waren. Die ganze Geschichte um die perversen Folgen von Schulden auf unser Verhältnis untereinander und gegenüber anderen ist krass (Cortez oder Englische Handelsgesellschaft Beispiele).
Also ich lese das Buch auch gerade und bin atm (bin bei ca. Seite 200) extrem angekotzt davon. Unendlich mäanderndes Rumgeschwafel, kommt null zum Punkt, verliert sich in Details, deren Relevanz überhaupt nicht erkennbar ist. Ich kann über weite Strecken seine ganze Argumentation gar nicht nachvollziehen, weil die Essenz des Arguments überhaupt nicht atrikuliert wird. Ich habe jetzt z.B. nicht verstanden, wie genau der Übergang von human economy zu commercial economy funktioniert, obwohl das auf 50 Seiten oder was ausgewalzt wird. Vielleicht mal ein bisschen kondensierter schreiben, dann versteht man als Leser auch was. Bin nicht sicher, ob ich das noch zu Ende lesen werde.

Letztens Jahr hatte ich von Graeber Bullshit Jobs gelesen, was ich echt gut und interessant zu lesen fand.
 

Benrath

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Also ich lese das Buch auch gerade und bin atm (bin bei ca. Seite 200) extrem angekotzt davon. Unendlich mäanderndes Rumgeschwafel, kommt null zum Punkt, verliert sich in Details, deren Relevanz überhaupt nicht erkennbar ist. Ich kann über weite Strecken seine ganze Argumentation gar nicht nachvollziehen, weil die Essenz des Arguments überhaupt nicht atrikuliert wird. Ich habe jetzt z.B. nicht verstanden, wie genau der Übergang von human economy zu commercial economy funktioniert, obwohl das auf 50 Seiten oder was ausgewalzt wird. Vielleicht mal ein bisschen kondensierter schreiben, dann versteht man als Leser auch was. Bin nicht sicher, ob ich das noch zu Ende lesen werde.

Letztens Jahr hatte ich von Graeber Bullshit Jobs gelesen, was ich echt gut und interessant zu lesen fand.

Naja ist halt ein generelles Problem diese Populärwissenschaftsbücher, das man eine Idee teilweise auf drölf Seiten auswalzen muss, damit es ein dickes Buch wird. Collapse ist z.B. genau das gleiche.

Ich glaub auch nicht, dass Graeber weiß wie der Übergang läuft, mir erscheint es aber plausibel, dass es erste IOU innerhalb der Gruppe gab und man sich irgendwann auf eine Währungseinheit der Gefallen (Getreide, Frauen, Sklaven) geeinigt hat. Münzen kamen dann wohl später als Handel wichtiger wurde und dann gings ja weider auf IOUs zurück.
 

Moranthir

GröBaZ
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11.10.2003
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Noch ein paar Nachträge seit letztem Jahr, größtenteils Romane.

Bernard Cornwell - Saxon Stories / Uhtred Saga 7-10
Der Heidenfürst (2012)
Der leere Thron (2014)
Die dunklen Krieger (2015)
Der Flammenträger (2017)

Quasi die Buchserie, auf der die Netflix-Serie "The Last Kingdom" basiert. Ich mag Cornwell und die ersten drei Bände der Saxon Stories waren echt gut (deutlich besser als die Verfilmung, wenn auch nicht so gut wie die exzellenten Warlord Chronicles).

Ich bin eigentlich nach Buch 6 (Death of Kings) ausgestiegen, da die 20. Beschreibung eines Schildwalles einfach weniger kickt und nichts Neues passierte. Die Hörbücher gibt es aber (auf Deutsch) auf Spotify und fürs Radfahren hat es gereicht. Der mittlerweile wirklich alte Uhtred schnetzelt sich noch immer durch Dänen, Norweger und ab und an auch mal Sachsen und trifft auf historische Figuren. Wäre mir das Geld nicht wert gewesen, aber als Beschallung okay.

Sind die Romane rund um Sharpe auch derart repetitiv?

R. A. Salvatore - Icewind Dale Trilogy & The Dark Elf Trilogy (1988 - 1991)

Als D&D-Mensch wollte ich mir die bekannteste Saga einmal zu Gemüte führen. Ich weiß nicht, ob es einfach unspektakulär gealtert ist oder nie besser war, aber diese absoluten Klischees hält man kaum aus. Am meisten hat mich aufgeregt, dass er immer von seinen moralischen Prinzipien spricht, nach denen er Leben will, ohne dass sie einmal dargelegt werden.

Aber ich mag Forgotten Realms und irgendwas hat mich dazu bewegt dran zu bleiben. Sechs Bücher sind dann aber auch genug.

Stephen King - The Dark Tower I-III: The Gunslinger (1982), The Drawing of the Three (1987), The Waste Lands(1991)

Die ersten Bände von Kings Lebenswerk. Ein sehr mysteriöses Setting, bei dem unsere Welt (ok, New York) mit einer postapokalyptischen Welt auf wundersame Weise verbunden sind. Stimmungsvolles Setting in einer Welt, in der wenig erklärt wird, über die ich aber gerne mehr erfahren möchte. Das zweite Buch fand ich bislang am besten. Absolute Empfehlung bisher, werde sicherlich weiterlesen.

Tim O'Brien - The Things They Carried (1990)
Der Autor verspinnt die Geschichten, die er erlebt hat mit Geschichten, die an ihn heran getragen wurden und fiktionalisiert sie zum Teil. Die Geschichten sind in sich abgeschlossen, hängen aber dennoch lose zusammen. Gut, bisweilen großartig geschrieben. Krieg klingt scheiße und auch Tim O'Brien ringt sein ganzes Leben mit diesen Erfahrungen.
Kann man sich echt gönnen.

Dan Carlin - The End is Always Near (2019)
Der Geschichtspodcaster mit der besten Stimme hat ein Buch geschrieben, das sich mit einem seiner Lieblingsthemen befasst: dem Untergang von Zivilisationen und Untergangsszenarien. Als beispiele gab es den Bronze Age Collapse, den Schwarzen Tod und das Vorbeischrammen am nuklearen Weltkrieg während der Kubakrise. Einige der Dinge wurden im exzellenten Podcast Hardcore History auch schon abgefrühstückt, von daher gab es nicht so viel Neues zu hören, aber es war gute Unterhaltung. Für Fans des Themas sicherlich interessant.
 

Deleted_228929

Guest
Naja ist halt ein generelles Problem diese Populärwissenschaftsbücher, das man eine Idee teilweise auf drölf Seiten auswalzen muss, damit es ein dickes Buch wird. Collapse ist z.B. genau das gleiche.

Ich glaub auch nicht, dass Graeber weiß wie der Übergang läuft, mir erscheint es aber plausibel, dass es erste IOU innerhalb der Gruppe gab und man sich irgendwann auf eine Währungseinheit der Gefallen (Getreide, Frauen, Sklaven) geeinigt hat. Münzen kamen dann wohl später als Handel wichtiger wurde und dann gings ja weider auf IOUs zurück.
Habe das Buch letztens beendet und den Rest in der Tat größtenteils überflogen. Urteil bleibt bestehen. Thema interessant, Umsetzung schlecht und hätte besser sein können.

Kann auch, ehrlich gesagt, nicht erkennen dass das ein generelles Problem ist.
 
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Richard H. Thaler & Cass R. Sunstein - Nudge
Ganz gutes Buch mit einigen sinnvollen Ansätzen. Geht zum Beispiel darum, wie man das amerikanische Gesundheitssystem für Verbraucher einfacher gestalten kann oder wie man die Bereitschaft für Organspenden erhöht.
 
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