Daher meine Frage: was ist denn dein Ansatz und vor allem dein Wunschziel? Für mich kommt es, jetzt mal platt gesagt, so rüber als ob Du das Regime nicht zu doll gängeln willst und im Grunde damit fein wäre, wenn es an der Macht bleibt, solange es den Leuten ein paar Brotkrumen hinwirft wie den Kopftuchzwang abzuschaffen. Wenn das deine Position ist, dann muss ich durchaus sagen, dass sie dem widerspricht was ich von denjenigen Iranern höre, die ich in Deutschland privat kenne. Sie alle sagen einstimmig, dass das Regime weg muss und zwar komplett. Sie wollen in einem normalen, demokratischen, westlichen Land leben. Dabei handelt es sich sowohl um Personen, die in Deutschland aufgewachsen sind, aber auch zB um zwei Freunde, die erst zum Studium als Erwachsene nach Deutschland gekommen sind und zuvor im Iran sozialisiert wurden. Sie berichten auch, dass das der absoluten Mehrheit der Menschen im Iran entsprechen würde.
nein, das ist ganz sicher nicht meine position. das regime bekämpfen oder auf kuschelkurs gehen ist interpretationssache, das werde ich weiter unten etwas ausführlicher darstellen. meine position und die der absoluten mehrheit der iraner im ausland ist klar: das bronzezeitregime muss weg. die moderne muss einzug halten. eine demokratische legitimierte führung ist das ziel und ich kenne niemanden, der hier ernsthaft widersprechen würde.
Aber vielleicht verstehe ich dich auch falsch. Du regst dich nur immer über die "Krakeler" aus der iranischen Diaspora auf - mich würde jedoch interessieren, was dein gewünschtes Endziel ist, wie es deiner Ansicht nach zu erreichen wäre und welchen Zeitrahmen du dafür für realistisch hälst.
hier kommen wir zu der viel spannenderen frage, nämlich was in der praxis zu tun ist, um das obige ziel zu erreichen. vorneweg, ich erhebe an keiner stelle einen absolutheitsanspruch. ich bin kein nostradamus und ich kann mich auch einfach irren und komplett danebenliegen. daher ist es an dieser stelle einfacher, bestimmte punkte und fragen auszuwählen und die "krakeler"-positionen einem anderen ansatz gegenüberzustellen, den ich logischerweise für vorzugswerter halte.
die iranische diaspora ist aktuell dabei, die verrückten exilkubaner rechtsaußen zu überholen. was meine ich damit? sie macht sich positionen und einstellungen zueigen, die nahezu zu 100% deckungsgleich mit trump und seiner administration sind, die ich aus verschiedensten gründen für grundfalsch halte und die außerhalb der u.s.a. so konsequent nur von israelis und einigen golfmonarchien geteilt werden. und masih alinejad ist da nur die spitze des eisberges. ganz kanada und trudeau mit eingeschlossen ist im begriff verrückt zu werden. in gb und schweden ist es katastrophal, in deutschland wird es immer schlimmer und frankreich ist von dem was ich höre noch halbwegs verschont geblieben, aber alles ohne gewähr.
- mit einer politik des "maximalen drucks" jeden schritt unternehmen, der das regime schwächt oder möglicherweise schwächen könnte. dabei spielt es keine rolle, inwieweit die zivilgesellschaft in mitleidenschaft gezogen wird, weil dem ziel der schwächung des regimes absolut alles untergeordnet wird. als besonders naheliegendes beispiel sei hier der zahlungsverkehr erwähnt, der beinahe komplett zum erliegen gekommen ist. ich schreibe beinahe zum erliegen gekommen, weil es noch einige wenige kanäle gab, die aber z.b. auch jemand wie baerbock explizit schließen möchte.
dies ist grundfalsch und ein typisches beispiel für symbolpolitik, die nicht nur die lage nicht verbessert, sondern zusätzliche probleme kreiert. denn die auslandskonten von regimetreuen und deren riesige auslandsvermögen sind ohnehin seit jahren auf eis gelegt und können nicht einfach ins land übertragen werden. gleichzeitig haben wir in der weltweiten iranischen diaspora ca. 2 millionen menschen und noch einmal deutlich mehr nichtiranischer sympathisanten, die kein geld in das land senden können. nicht einen einzigen cent. wir möchten gerade von der mittelschicht, dem rückgrat der iranischen zivilgesellschaft, dass sie sich für menschenrechte und demokratie einsetzen kann und dass sie das regime effektiv bekämpfen kann, unterstützen diese aber mit rein gar nichts außer warmen worten. im gegenteil, wir bzw. die politik des maximalen drucks hat das leben des durchschnittlichen iraners in den letzten jahren so viel schwieriger gemacht, dass es beinahe schon unmöglich ist, von diesem gebeutelten volk revolutionär hohe sprünge zu erwarten. wie sollen die menschen mit streiks das land lahmlegen, wenn sie kein geld haben?
stattdessen ist mir ein beispiel aus den u.s.a. bekannt, wo innerhalb weniger tage knapp eine halbe million dollar gespendet wurden, um mithilfe einer medienkampagne mehr aufmerksamkeit für iran in den u.s.a. zu erzeugen. könnten wir das geld doch bloß direkt nach iran schicken statt für solche quatschaktionen auf den kopf zu hauen.
- die "krakeler"-fraktion teilt mit den trumpisten natürlich auch die ansicht, dass mit dem iran gar nicht erst verhandelt werden darf und dass der austritt aus dem jcpoa seinerzeit natürlich richtig und angemessen war. dies ist auf so vielen ebenen völlig bescheuert, das würde jeden rahmen hier sprengen.
ich sage nur folgendes: der iran darf niemals atomwaffen entwickeln. es liegt im interesse der weltgemeinschaft, dass der iran ständig und konsequent kontrolliert wird. wenn dies nicht möglich sein sollte, so sind militarschläge irgendwann nur folgerichtig und die einzig sinnvolle alternative. da diese militärschläge aber ein unkalkulierbares risiko mit sich ziehen und kein land der welt gewillt ist, tatsächlich mit bodentruppen in den iran einzumarschieren, sind wir es den iranern und auch der ganzen region schuldig, entsprechende anstrengungen zu unternehmen, um hier gegenzusteuern.
ich erinnere daran, dass wir selbst mit der sowjetunion zu heißesten zeiten des kalten krieges verhandlungen zu abrüstungsregimen geführt haben. die "krakeler"-fraktion zeigt hier einmal mehr, dass sie gar nicht versteht, was politik bedeutet. wir brauchen jetzt sofort wieder kontrolle über die iranischen nuklearanlagen. jetzt sofort, nicht erst morgen und schon gar nicht erst in ein paar monaten. die IAEO hat aktuell so wenig Informationen wie noch nie und kein rationaler mensch möchte sich rein auf geheimdienstliche informationen verlassen müssen, erst recht welche mit eigener agenda. wir brauchen sofort gespräche mit dem iran über kameras und transparenz.
mit der forderung nach gesprächen ist man in krakelerkreisen übrigens schon ein mullahversteher. ich mache keinen spaß, das ist die traurige wahrheit. da wird dann argumentiert, dass wir "in der derzeitigen lage" nicht mit iran verhandeln können und es stellt sich heraus, dass die "derzeitige lage" immer ist.
es zeigt auch mal wieder die shizophrenie und die inneren widersprüche dieser fraktion. einerseits wird behauptet das regime wäre extrem wackelig und könnte schon morgen in sich zusammenbrechen, andererseits wird so getan, als würde der iran niemals auf westliche forderungen eingehen, weil er bombensicher im sattel sitzt oder so? keine ahnung, ich finde da einfach keine logik.
was ich vor kurzem von einem iranforscher gehört habe war zum beispiel der vorschlag, den bereich der verifikation der iranischen anlagen einzutauschen gegen einen iranischen milliardenfond in südkorea, der zweckgebunden eingesetzt werden könnte für nicht militärische güter beispielsweise. ich stecke da nicht so sehr drin und weiß nicht, welche möglichkeiten es da rechtlich überhaupt gibt, aber es scheint vieles machbar zu sein, wenn der wille dazu auch da ist.
- revolutionsgarden auf die terrorliste. auch wieder so eine position der krakeler, die völlig sinnbefreit ist, überhaupt nichts bringt und strategisch auch noch extrem dumm ist. als terrororganisationen gelten aktuell nur nichtstaatliche akteure. das heißt nicht, dass dies für immer so sein muss, aber es öffnet zumindest tür und tor für alle möglichen missbrauchsmöglichkeiten. wenn russland plötzlich teile der ukrainischen armee als terroristen einstuft? jetzt kann man natürlich argumentieren, dass das ohnehin niemand anerkennen würde und russland sowieso macht, was es will, aber es wäre einfach ein unnötiger schritt.
mal als anhaltspunkt: der revolutionsführer selbst und sein engstes umfeld sind bereits auf allen vorstellbaren listen und von allen sanktionen betroffen, die sich anbieten. das gilt auch für massenhaft andere personen. statt also diesen einmaligen pr gag anzustreben, wäre es viel sinnvoller, konsequent und beispielsweise jeden monat wichtige mitglieder der revolutionsgarden auf die terrorliste zu setzen und so dauerhafte aufmerksamkeit zu erzeugen. auch würde man so nicht erst in gefahr laufen, es juristisch zu vermasseln.
- botschafter und diplomatie abziehen, weil mit den terroristen kann man nicht verhandeln. +1 für hirnbefreite krakelerpositionen. wie immer ist dies eine aussetzung der politk. es scheint in deren kreisen schwer zu verstehen zu sein, aber wer nicht da ist hat auch keinen einfluss. der einfluss von ausländern vor ort ist nicht null. er ist definitiv da. sie können belange von doppelstaatern wahrnehmen. sie können sich für politisch verfolgte einsetzen, deren anwaltskosten übernehmen und noch viel wichtiger, generell für aufmerksamkeit sorgen. wir haben nachweislich gesehen, dass das iranische regime vor exekutionen zurückschreckt, wenn ein fall besonders viel aufmerksamkeit erzeugt. gibt es eine 100% garantie dafür? natürlich nicht, aber jede aufmerksamkeit hilft. immer wieder die namen der inhaftierten und menschen auf den plan zu bringen, die exekutiert werden sollen. das ist etwas, was tatsächlich hilft und gerne auch von unseren politikern übernommen werden sollte, aber es geht noch viel besser mit den menschen, die direkt vor ort in dem land unterwegs sind, kontakt zu den einheimischen haben und auch die informationen sammeln können, die es für eine effektive unterstützung bedarf.
an dieser stelle mal ein seitenhieb auf die grünen, die besonders glühende anhänger dieser "alles abziehen und kontakte auf null beschränken, wir wollen nicht mit terroristen verhandeln" quatsch attitüde sind und stattdessen beweisen, dass sie gar nicht wissen, was politik oder diplomatie heißt.
ich höre jetzt einfach mal auf, es gibt viel zu viele themen, die ich anschneiden könnte. zusammengefasst bin ich der meinung, dass wir jetzt sofort verhandeln müssen über das verifikationsthema der iranischen nuklearanlagen. alles andere ist dem untergeordnet.