Ein guter Schreiber ist so nah wie möglich an dem, was er benennt. Er sagt nicht Gebäude, wenn er Haus sagen kann und nicht Haus, wenn er Hütte sagen kann. Genauso wenig würde er das kraftvolle Bild der gebärenden Mutter oder des zeugenden Vaters gegen das eines abstrakten Elters eintauschen.
Der Hang zur abstrakten Sprache ist eine Krankheit.
Ich hätte gerne mal eine Quelle für die Behauptung, die jeweils konkreteste Bezeichung sei immer die beste.
Für die folgenden Ausführungen erstmal noch die Terminologie:
Klasse - Menge von Instanzen (auch "Individuen")
oder auch Menge von Klassen
(es gibt auch eine Definition über charakteristische Eigenschaften aber die benutze ich hier nicht)
Individuum - Konkretes Etwas
Beispiel:
"Die Mona Lisa" - Individuum - bezeichnet ein Konkretes Bild
Bild - Klasse - Menge von Konkreten Bildern
Am konkretesten ist immer das Individuum, und bei zwei Klassen kann man sagen, dass Klasse A konkreter ist als Klasse B, wenn A eine echte Teilmenge von B ist (alle Elemente von A sind auch in B enthalten und A ungleich B).
Dann ist auch B abstrakter als A.
Ansonsten sind zwei Klassen nicht hinsichtlich ihrer Konkretheit vergleichbar.
Beispiel:
"Motorboot" ist konkreter als "Boot" ist konkreter als "Fahrzeug"
Wenn man also immer die größte Konkretheit haben möchte, dann verwendet man erstmal immer Individuen, außer die Klasse enthält nur genau diese Individuen.
Beispiel:
Nehmen wir mal an, ein Großteil der Bevölkerung New Yorks ist über irgendwas besorgt.
"Die Bewohner von New York sind besorgt" - abstrakter als
"John X., James P. Erna G., ... [x Millionen andere] sind besorgt"
Der zweite Satz ist zwar konkreter und enthält dabei mehr Information ist aber auch zu lang.
In diesem Fall benutzt man also eine Abstraktion, um das wesentliche was man meint zu betonen (das es irgendwas mit New York zu tun hat), um Platz zu sparen und um bestimmte Schlussfolgerungen überhaupt erst nötig zu machen, die bei Einzelbetrachtung garnicht auffallen würden.
Weiterer Fall:
Chef zum Angestellten:
"Sie sehen ja blass aus, was haben sie denn?"
Abstrakte Antwort: "Ich war über das Wochenende krank aber jetzt geht es wieder."
Konkrete Antwort" "Ich hatte einen Fall ekelhafter Schleimbatzen Fußekzem-Juckreiz-Eiter-Beulenpest"
In diesem Fall benutzt man Abstraktion, um bestimmte Information nicht weiterzugeben (Sicherheit).
Es gibt sicher noch weitere Gründe, Abstraktion oder Konkretheit zu bevorzugen aber ich denke mal es ist klar geworden, dass nicht gilt "Ein guter Schreiber ist so nah wie möglich an dem, was er benennt.", sondern dass je nach Situation eine gerade passende Abstraktionsstufe gesucht wird.
Wie ist das jetzt in dem Fall
"Zum Elternabend soll von jedem Kind die Mutter oder der Vater kommen"
vs
"Zum Elternabend soll von jedem Kind ein Elternteil kommen"
vs
"Zum Elternabend soll von jedem Kind ein Elter kommen"
Da das Wort Elter außer als Fachbegriff nicht existiert, fällt der Satz schonmal weg. Die Klasse "Elternteil" setzt sich genau aus den beiden Klassen "Mutter" und "Vater" zusammen, ist also genauso konkret, keine Information geht verloren und es werden keine unwichtigen Zusatzinformationen gegeben.
IHMO also ist Elter quatsch aber Elternteil ok :-)