Gibt es für diese Art der Beharrlichkeit eine halbwegs vernünftige Erklärung? Ja. Anders als im hedonistischen Europa, wo Jugendliche, denen der Einlass in eine Disko verweigert wurde, wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung behandelt werden müssen, gilt in der arabisch-islamischen Kultur das Leiden als ein Wert an sich.
Das festzuhalten grenzt in Zeiten der Political Correctness an "kulturellen Rassismus", macht die Feststellung aber nicht weniger wahr. Märtyrer zu werden, sich zu opfern ist in der arabisch-islamischen Welt als Lebensziel ebenso weitverbreitet wie unter deutschen Jugendlichen der Wunsch, Eventmanager zu werden. Familien von Märtyrern genießen großes Ansehen. Der Stolz auf ihre Kinder – vor allem Söhne, aber auch immer öfter Töchter – lässt weder Trauer noch Scham aufkommen.
Dazu kommt noch etwas. Das Gefühl, für das eigene Schicksal verantwortlich oder wenigstens mitverantwortlich zu sein, ist, freundlich formuliert, extrem schwach entwickelt. Geht etwas schief, sind immer andere schuld: der Kolonialismus, der Kapitalismus, der Imperialismus, der Zionismus, der Westen an sich und die Unmoral, die er überall verbreitet. Wenn es allerdings darum geht, Klimaanlagen zu bauen oder sich den Blinddarm rausnehmen zu lassen, begibt man sich gerne in die Hände westlicher Experten, deren Lebensstil man ansonsten verachtet.