Fachkräftemangel & Bewerbungen aus dem Nähkästchen

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wir reden ja gerne von fachkräftemangel. nach meiner erfahrung bedeutet das runtergebrochen auf das typische unternehmen: "für das, was wir maximal bezahlen wollen, bekommen wir niemanden." no shit sherlock. dann musst du eben mehr bezahlen. wenn das wirtschaftlich nicht darstellbar ist, ist dein business-konzept offenkundig nicht überlebensfähig.
Ne, das ist halt so auch nicht richtig.
Nehmen wir den total nicht hypothetischen Fall, dass ich eine Stelle als "Junior Machine Learning Engineer" zu besetzen hatte in meinem Team. Ich hab ca. 15 Interviews geführt und ca. 80 Bewerbungen bekommen. Ende vom Lied: Ich habe lieber noch einen motivierten Werkstudenten eingestellt, der von den Fähigkeiten und vom Interesse her allen Bewerbern um die volle Stelle überlegen war.
Wie kam es?
Ich hatte ein Budget von 60k AN-Brutto für die Stelle, angepasst natürlich dann je nach Qualität des/der erfolgreichen Bewerber/in.
Die Wünsche der Bewerber gingen von kommoden 42k bis 85k. Dummerweise wussten auch die die 70, 80 und 85k zum Einstieg (!!) direkt nach der Uni wollten nicht so wirklich wo bei dem Fachgebiet hinten und vorne ist.
So sehr man sich die Story erzählt, dass es keinen Fachkräftemangel gibt und die Firmen nur nicht ordentlich bezahlen wollen, so falsch ist sie. Es ist vielmehr der Regelfall, dass man häufig mit absurden Gehaltsforderungen bei gleichzeitiger hoher Ahnungslosigkeit konfrontiert wird. Das wundert nicht wenn man mal in r/cscareerquestionseu schaut, wo sich Inder gegenseitig erzählen wie scheiße Deutschland ist und wie sehr man ein Angebot unter 90k eigentlich ausschlagen muss wenn man schon 1-2 Jahre Erfahrung hat.
Die meisten Firmen sind sehr wohl bereit ordentlich zu bezahlen, aber sie sind eben nicht bereit ihre interne Lohnstruktur vollkommen zu zerschießen nur weil sich ein paar Absolventen zu fein dazu sind für normale Gehälter zu arbeiten. Selbst eine Firma mit einer guten Marge ist nicht dazu in der Lage eine Erhöhung der Lohnkosten um 10-20% einfach mal so zu machen.

P.S.: Ich bin sehr gerne dazu bereit Juniors auszubilden, aber eben auch nur dann, wenn diese irgendwie Potential haben und nicht stattdessen sich selbst schon in der "Head of"-Rolle sehen … aber gleichzeitig überfragt sind wenn man ihnen ein paar Fragen zu Data Science basics stellt.

P.P.S.: Den Vogel abgeschossen, zusätzlich zu den Hoschis die meinten, dass 80k+ eine ganz normale Gehaltsforderung wäre, hat eine Absolventin kurz vor dem B.Sc. in Mathe … die wollte nämlich ein sattes Gehalt und erste Arbeitserfahrung, und hat gleichzeitig gesagt, dass sie nach 2 Jahren weiterziehen möchte. … Ja hm, lass mich überlegen … wir bilden Dich aus und zahlen Dir ein Top-Gehalt dafür, dass Du noch nichts kannst, und sobald Du alles kannst was Du für die Stelle brauchst, willst Du die Biege machen? Klingt wie ein mega Deal für uns.
 

parats'

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@Bootdiskette ich fühle den Post zu 100%.
Wir suchen seit bald 2 Jahren einen einigermaßen fähigen Data Engineer und bei veranschlagten 80k (max.) findet sich einfach nichts brauchbares. Mittlerweile ist uns sogar der Tech Stack der Bewerber egal, wenn man das Prinzip versteht, kommt man mit vielem zurecht.

P.s. was einem Headhunter mitunter servieren ist das Tor zur Hölle. Wer jemals über Immobilienmakler geschimpft hat, findet hier seine nächste Stufe.
 
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stimmen halt imho die vektoren nicht, auch hier erfahrungsgemäß wieder "einsteigerposition" mit excel-tapeten an nötigen skills/20 jahre erfahrung für 60k, yop, capt. hindsight, ist dann halt offenkundig keine junior-position / wettbewerb macht das interessantere angebot und das nicht nur finanziell, sondern als gesamtpaket. wer halt in dem bereich arbeitet geht wahrscheinlich eher zu einer consulting / spezialisierten entwickler-firma als zu irgend einem mittelständischen maschinenbau-firmchen mit dem duft von großraumbüro und "also bei uns hat sonst niemand mehr als 16gb ram im firmenlaptop, wieso brauchen SIE das?"-"hier wird 40h gearbeitet mit präsenzkultur und gleitzeit zwischen 7:30 und 8:15"-marathon.
 
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P.P.S.: Den Vogel abgeschossen, zusätzlich zu den Hoschis die meinten, dass 80k+ eine ganz normale Gehaltsforderung wäre, hat eine Absolventin kurz vor dem B.Sc. in Mathe … die wollte nämlich ein sattes Gehalt und erste Arbeitserfahrung, und hat gleichzeitig gesagt, dass sie nach 2 Jahren weiterziehen möchte.
Sollte wohl doch auf irgendwas mit CS/DS umschulen.
 
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@Bootdiskette ich fühle den Post zu 100%.
Wir suchen seit bald 2 Jahren einen einigermaßen fähigen Data Engineer und bei veranschlagten 80k (max.) findet sich einfach nichts brauchbares. Mittlerweile ist uns sogar der Tech Stack der Bewerber egal, wenn man das Prinzip versteht, kommt man mit vielem zurecht.

P.s. was einem Headhunter mitunter servieren ist das Tor zur Hölle. Wer jemals über Immobilienmakler geschimpft hat, findet hier seine nächste Stufe.
Yes, genau das.

Und mE ist halt die Wahrheit, dass die Basic Skills eines durchschnittlichen Data Engineers nicht so exotisch oder krass sind, dass man da nicht etwas für 60k finden könnte. Da nehme ich dann lieber einen guten Fachinformatiker als einen Akademiker-Informatiker. Der leistet dasselbe und hat durch die Arbeitserfahrung eine realistische Einschätzung seiner selbst.

stimmen halt imho die vektoren nicht, auch hier erfahrungsgemäß wieder "einsteigerposition" mit excel-tapeten an nötigen skills/20 jahre erfahrung für 60k, yop, capt. hindsight, ist dann halt offenkundig keine junior-position / wettbewerb macht das interessantere angebot und das nicht nur finanziell, sondern als gesamtpaket. wer halt in dem bereich arbeitet geht wahrscheinlich eher zu einer consulting / spezialisierten entwickler-firma als zu irgend einem mittelständischen maschinenbau-firmchen mit dem duft von großraumbüro und "also bei uns hat sonst niemand mehr als 16gb ram im firmenlaptop, wieso brauchen SIE das?"-"hier wird 40h gearbeitet mit präsenzkultur und gleitzeit zwischen 7:30 und 8:15"-marathon.
Nein. Es geht eben nicht darum, dass ich die Erwartung habe, dass ein Kandidat schon Fähigkeiten hat, die er erst im Job lernt. Es geht darum, dass ich recht banale Fragen stelle die sich auf ganz grundlegende Studieninhalte des Studiums der Kandidaten beziehen. Beispiele:
  • "Welcher Programmierstil liegt Dir mehr und warum: objektorientiert oder funktional?"
  • "Was ist Dein Lieblingsalgorithmus und warum?"
  • "Was ist Deine Lieblingsmethode im Bereich Data Science … von denen die Du bereits kennst?"
Wenn jemand mit einem Abschluss in Informatik oder Data Science oder Statistik sich auf all diese Fragen nur etwas zusammenstammelt, dann ist das eine krasse Bankrotterklärung. Und das sind dann dieselben die 70k+ erwarten. Das passt nicht zusammen.

Die Frage nach objektorientiert vs. funktional ist dermaßen grundlegend und banal … und zusätzlich sollte jeder Informatiker der sein Geld wert ist dazu zumindest eine halbe Meinung haben. Dasselbe gilt für die Frage nach dem Lieblingsalgorithmus … die zielt einfach darauf ab, ob jemand einen ihm bekannten Algorithmus beschreiben kann und auch irgendwas daran als besonders identifizieren kann.

So wie Du darauf reagierst … just no.

Es ist einfach ungerecht und unangemessen wenn Berufseinsteiger meinen, dass sie ohne relevante Fähigkeiten gleich mehr verdienen müssen als alle außer der Managementebene. Wenn man mal schaut was die durchschnittlichen Einstiegsgehälter sind, dann sind 45-60k für Informatiker die normale Range und das ist okay. Aber ich sehe nicht wie man relevant Zeit in einen durchschnittlichen Kandidaten investiert, ihm top Euros hinterherwirft und dann damit nicht einmal die Leistung eines Mitglieds der etablierten Mannschaft dafür bekommt. Es gibt Gründe warum ein Junior weniger bekommt.

Ich bin, wie gesagt, gerne bereit jemanden auszubilden, auch auf das Risiko, dass derjenige nach ein paar Jahren weiterzieht. Aber halt nicht wenn ich für ein paar Euros mehr schon einen Senior bekäme. Man steigt nicht als Senior ein wenn man nicht irgendwie ein ziemlich krasser Typ ist. Und die meisten sind eben nicht krasse Typen sondern mäßig.

Um da wieder die Kurve zum Thema zu bekommen:

Ich glaube der Deutsche jammert gerne weil er sich nicht häufig genug vergegenwärtigt wie gut er es hat. Das heißt nicht, dass man Missstände nicht benennen oder diskutieren dürfte, aber ich habe das Gefühl. Gerade auch im Vergleich zu den baltischen oder nordischen Ländern oder den Niederlanden fällt mir auf, dass man einerseits viel über First World Problems jammert, aber andererseits wirklich lösbare Probleme (auf jeder Ebene des Lebens) verkompliziert bis zum Gehtnichtmehr. Wer einmal in den Niederlanden ein Bahnticket gebucht hat und dann mit der Bahn gefahren ist … schämt sich nachher für Deutschland. Ähnliches gilt für die Digitalisierung der Verwaltung.

Zum Thema IT-Gehäter: Da ist es beides. Zum einen gibt es einen internationalen Markt, wo bspw die US-Firmen für Top-Talent viel besser bezahlen. Und es gibt auch mehr Nachfrage als Angebot, so dass auch mittelmäßig qualifizierte Absolventen mehr verlangen können.

Ich glaube übrigens schon, dass die meisten deutschen Firmen ohne Probleme die Lohnkosten in der IT um 10-20% erhöhen könnten. Ist ja nur ein Teil der Lohnkosten, und diese sind nur ein Teil der Gesamtkosten. Sinkt die Marge vielleicht um 1%. Ob das aber für alle Firmen sinnvoll ist, und sie genug Wert mit der daraus gewonnenen Innovation schöpfen können, ist weniger klar. Vermutlich ist gerade der erwirtschaftete ROI sehr unterschiedlich, je nachdem welche Firma teure Absolventen einstellt. Vielleicht ist es "Schicksal", dass der Return für den deutschen Mittelständler gering genug ist, dass er sich die 80k für den Absolvtenten nicht leisten kann -- andere Firmen aber schon.
Du sagst es: Top-Talent.
Das Problem ist ja, dass auch Leute die echt nichts können sich an den Top-Gehältern orientieren. Und das geht halt einfach nicht. Einige meiner Kandidaten hätte ich durchaus eingestellt, aber eben nicht zu diesem Kurs. Wer ein Top-Gehalt will, muss auch top sein. Wer mäßiges Mittelmaß ist, kann einfach nicht erwarten, dass er das gleiche bekommt wie jemand der einfach in jeder Dimension besser ist.

Gerade in meiner Firma ist das gesamte Produkt Software & Cloud. Wegen technischer Schulden die man aussitzen wollte muss das relativ große Dev-Team einen Haufen erneuern … während die Firma aufgrund dieser technischen Schulden (u.a.) eher mäßig profitabel ist. Da ist tatsächlich null Spielraumin der Marge, um Dev gesamt 10-20% mehr zu geben, und erst recht nicht um Juniors den goldenen Löffel in den Mund zu legen.

… gerade weil Juniors bei mir bei einem grds. ordentlichen Gehalt einen Haufen Freiheiten (inkl. 32-64 GB RAM sowie 8-Kern CPUs in meinem Team :mond: ) und Möglichkeiten zum richtig schnell richtig gut werden bekommen. Meine Leute lieben ihren Job genau deswegen:
Sie kommen von "hab keine Ahnung von der Praxis" zu "ich kenne in der Breite alles was man für end-to-end Implementierungen von ML-Projekten braucht", d.h. RDBMS (Postgres, MySQL, Oracle), NoSQL (Mongo, Graph), Airflow, RabbitMQ, Kafka, Python (pytorch, sklearn, pandas, streamlit, cython, spaCy, hf-transformers), Docker (Benutzung, build+multistage, push, prune, volumes), Kubernetes, AWS (S3, ECR, EKS, EC2, RDS), Linux (bash, ssh, termux, cron, vim), PyCharm und git (gitlab+CI/CD).
Ich denke das ist schon eine echt gute Bandbreite von Kram die man da als Junior geboten bekommt.

@TealC
als Ergänzung zu dem was Du sagtest: Das Problem, wie beschrieben, liegt imo daran, dass sich selbst die schlechtesten Absolventen an den Top-1%-Gehältern orientieren. Bei diesen Leuten sehe ich kaum eine Chance, dass sie irgendwo zum Einstieg so ein Gehalt realisieren können. Ich frage ja manchmal dann auch zur Auflockerung irgendeine random easy leetcode oder codewars aufgabe … da versagen sie ja genauso hart selbst wenn man pseudocode akzeptiert.

@Topic
Ich würde tatsächlich weniger schauen wie Deutschland im Vergleich aussieht, als das was wir besser machen könnten. Bei mir liegt da relativ weit vorne: Die ineffiziente und wenig digitalisierte Verwaltung (ganz unabhängig davon, dass das auch andere Länder besser können). Wir haben ein Steuersystem was einfacher und digitalisierter sein könnte, wir haben eine (an vielen Stellen) unnötig manuelle und unnötig komplexe Menge an Verwaltungsprozessen … Kommunen kochen ihr eigenes Süppchen obwohl es überregional sinnvoll wäre sich zusammenzuschließen (Beispiel Limux).
 
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So wie Du darauf reagierst … just no.

irgendwas passt da halt nicht, dann ist es eure außenwirkung oder der standort ist grütze. 80 bewerbungen, die alle nix taugen ... i don't know jack, hr filtert da nicht vorher das gröbste mal weg? irgendwann ist es halt wie autobahn mit lauter geisterfahrern.

Wegen technischer Schulden die man aussitzen wollte muss das relativ große Dev-Team einen Haufen erneuern … während die Firma aufgrund dieser technischen Schulden (u.a.) eher mäßig profitabel ist.

okay, schon mal dicke red flag.

… gerade weil Juniors bei mir bei einem grds. ordentlichen Gehalt einen Haufen Freiheiten (inkl. 32-64 GB RAM sowie 8-Kern CPUs in meinem Team :mond: ) und Möglichkeiten zum richtig schnell richtig gut werden bekommen. Meine Leute lieben ihren Job genau deswegen:

wie ich nur schon bei dem satz nen kotzkrampf bekomm. "meine jungs lieben ihren job". red flag #2.

RDBMS (Postgres, MySQL, Oracle), NoSQL (Mongo, Graph), Airflow, RabbitMQ, Kafka, Python (pytorch, sklearn, pandas, streamlit, cython, spaCy, hf-transformers), Docker (Benutzung, build+multistage, push, prune, volumes), Kubernetes, AWS (S3, ECR, EKS, EC2, RDS), Linux (bash, ssh, termux, cron, vim), PyCharm und git (gitlab+CI/CD).
Ich denke das ist schon eine echt gute Bandbreite von Kram die man da als Junior geboten bekommt.

:deliver:
 
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"Wer mäßiges Mittelmaß ist, kann einfach nicht erwarten, dass er das gleiche bekommt wie jemand der einfach in jeder Dimension besser ist."
Stimme ich dir zu.

Gleichzeitig:
  1. Vielleicht haben sie damit Erfolg, weil auch nicht alle AG supersmart sind, und der Markt günstig für solche Forderungen.
  2. Gerade in Deutschland sorgt das Mantra "gleiche Arbeit, gleicher Lohn" ja dafür, dass die Leute denken, dass man unabhängig vom Output gleich bezahlt werden sollte.
 
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Sehe das Problem auch nicht wirklich: Lass die Leute doch ihren Preis bestimmen und wenn sie damit nicht landen, their loss?

Ich persönlich kann mich damit null identifizieren, weil ich prinzipiell immer bereit wäre ein paar Abstriche beim Gehalt zu machen, wenn die Arbeitsumgebung stimmt. Das gilt besonders für den Einstieg in einen Bereich, wo ich praktisch noch wenig bis keine Erfahrung habe, aber innerhalb kurzer Zeit viel lernen kann.
Ich weiß auch aus Gesprächen, dass Newbies selbst mit guter akademischer Ausbildung und Potential für ein Projekt und die Senior Devs ein echter Klotz am Bein sein können. Darum kann ich verstehen, dass man da als AG eher konservativ denkt.
 

Benrath

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Find den Austausch an sich spannend, aber driftet dann etwas ab. Kann es gerne als "Fachkräftemangel" oder so rausteilen.
Auf beiden Seiten wäre es nett, wenn man es bisschen netter versucht.
Kann Booty verstehen, dass er seine Situation sehr gut kennt und allergisch reagiert.
Auf der anderen Seite ist das ungefilterte Feedback auch gut, um sich vielleicht mal zu hinterfragen, z.B. warum kommen noch 80 Bewerbungen bei dir an, wenn die alle nix taugen.
 
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#2 an unterhaltsames Topic, finde den Einblick von bootdisk sehr interessant und feiere wie YNC darauf abkotzt.
 
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Ich halte mich mal kurz, um nicht zu sehr abzudriften:

@YNC:
  • Ich bin nicht für die technischen Schulden verantwortlich, ich räume sie auf. Meine Erfahrung sagt mir, dass es sich um eine durchschnittliche Menge von technischen Schulden handelt.
  • Ich habe HR explizit darum gebeten mir alle ~80 Bewerbungen weiterzuleiten weil ich zuvor schon einmal die Erfahrung gemacht hatte, dass dort Bewerbungen aussortiert worden waren die ich interessant fand. Das kostet mich pro Bewerbung 2-3 Minuten, um festzustellen ob Potential da ist. Danach kamen dann ein Haufen Gespräche … die Bewerberin der ich zugesagt hatte, hat uns für eine Promotionsstelle abgesagt. Die nächste wollte weder pendeln noch umziehen und viel lieber in ihrem Heimatkaff bleiben. Beide hatten okaye Gehaltsvorstellungen. Danach kamen dann die Typen die entweder zu wenig konnten oder zuviel wollten (meistens beides).
  • Ich bin im ganzen Unternehmen auch einer von wenigen die ihre Jobanzeigen komplett selbst schreiben inklusive Vorbereitungstipps für ein Gespräch sowie einem Absatz "was ist besonders wichtig". Sämtliche Skills waren als "wäre cool wenn Du da schon etwas Erfahrung hast" formuliert.
  • Und ja, mein Team schätzt mich und den Job sehr. Ich habe bis hierhin alle von Werkstudenten in Festanstellung entwickelt. Sie haben mir trotz Angeboten für 50-70% mehr Kohle als Werkstudent im Konzern die Treue gehalten und sind nach dem Abschluss geblieben. Also ja, ich denke ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich irgendetwas richtig mache.
  • :deliver: … ich verstehe nicht was Du mir damit sagen willst. Die Tatsache, dass man als Junior die Möglichkeit bekommt mit all diesen Sachen zu arbeiten ist nicht selbstverständlich. Genügend meiner Freunde und ehemaligen Ko-Doktoranden sind Data Scientists im Konzern und machen nur boring Shit (aka Dashboards und ein paar adhoc-Analysen mit R oder Jupyter-Notebooks … ohne Zugang zu den Datenbanken). Dagegen ist das was ich mache der Himmel. (Die Auflistung war nicht "das erwarte ich von Dir" sondern "das wirst Du hier lernen.")
Entsprechend rezipiere ich Deine Kritik/Einschätzung als ziemlich vom hohen Schwanzballon aus gejudged.


@Xantos2 Mit genügend Chuzpe und ausreichend dumen Hiring Managern hat man damit leider Erfolg, ja. Und wenn der AG dum genug sind merken sie es nicht oder zu spät. Das Mantra "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ist leider Bullshit. Keine Ahnung wie deutsch das ist, aber es ist schlicht so, dass man mit Tarifbezahlung alle vergrault die dadurch ausgebremst werden, wenn man ihnen nicht mindestens entsprechende Weiterentwicklungsmöglichkeiten gibt. Mich persönlich würde das vermutlich in den Burnout treiben wenn irgendein Chiller sich auf meine Kosten einen Lenz machen würde.

@saistaed Es ist halt sehr mühsam die richtigen Leute zu finden. Ich sehe in jedem Bewerbungsprozess halt einen großen Haufen Menschen die ziemlich schräge Vorstellungen vom Verhältnis Skill & Leistung zu Geld haben. Zustimmung ansonsten … wie gesagt ich bin sehr bereit Juniors auszubilden, allein schon weil ich Spaß daran habe ihnen was beizubringen. Aber selbst ein guter braucht einiges an Anlaufzeit 🤷‍♂️

Der Klassiker bei Bewerbungen ist: "Python (Programmiersprache) Skill = 9 von 10"

Masterabsolvent mit recht ordentlichem Zeugnis
Hab ihn dann von meinem damaligen Werkstudent (prä-Bachelor) mal durch etwas Code von uns führen lassen und bin selbst in ein Meeting.
Mein Werkstudent hat sich noch Wochen später darüber bepisst wie wenig er wusste und hätte ihm "mit gutem Willen 2 von 10" gegeben.

… findet man in quasi jeder zweiten Bewerbung.
Wobei ich das noch verstehen kann, weil sich niemand gerne mit "bin eigentlich Anfänger in X" bewirbt. Das Problem hier ist, dass irgendwer mal damit angefangen hat diese "Skillbalken" in CVs zu packen, obwohl ihre Aussagekraft einfach sehr nahe null ist.

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Back to topic:

Ich trage mich selbst immer wieder mal mit dem Gedanken nochmal ins Ausland zu gehen. Schweiz oder Norwegen stünden bei mir ganz oben, gefolgt von Kanada und Finnland. Sprache, Gesellschaftsstruktur, Chancen … das sind so circa meine relevanten Faktoren.

Ich habe ganz generell das Gefühl, dass wir in Deutschland seit Beginn der Ära Merkel einfach jeden Trend konsequent verschlafen oder kaputtfrickeln. Sowohl in der Industrie als auch in der Staatsverwaltung. Dass das mit dem Internet etwas werden würde wussten wir alle spätestens nachdem wir '98 das erste Mal im Battle.Net waren … trotzdem war das Internet 2013 noch "Neuland".

Ähnlich schaffen wir es, seit ähnlich lange schon, einen Haufen notwendiger Reformen konsequent zu verschleppen oder zu verfrickeln oder halbwegs ordentliche Reformen kaputtzu-re-reformieren: Wahlrechtsreform, Rentenreform, Kfz-Steuer, Digitalisierung des öD, Bologna-Reform, Bund-Länder-Zuständigkeiten in der Bildung, Reform der Einkommensteuer, Anschaffung von Drohnen für die BW …
Mit ein wenig Nachdenken und Recherchieren könnte ich echt noch lange weitermachen.

Mir hängt persönlich die deutsche Bedenkenträgerei aka German Angst gepaart mit dem "man wird ja wohl noch…"-Fensteropatum dermaßen zum Hals raus. Ich habe das Gefühl, dass die meisten Menschen satt und selbstzufrieden sind. Da ist in der Breite wenig Lust daran neues zu schaffen und viel mehr Lust am Konsum. Man könnte auch sagen: es fühlt sich ziemlich dekadent an. Einerseits will "man" (aka "viele") die hundertprozentige Freiheit von allen Pflichten und Einschränkungen, aber andererseits will "man" die maximale Absicherung.

Sicherlich ein verständliche Kombo an Wünschen, die sich auch an vielen Punkten realisieren lässt. Allerdings wird es halt schräg wenn "man" es auch dort will wo diese beiden Ziele im Konflikt stehen.

Ich wünsche mir ein Deutschland in dem weniger Arbeits- und Lebenszeit von Menschen für automatisierbare Verwaltungsaufgaben verschwendet wird.

Drohnen sind kein Problem, aber nur wenn sie nicht bewaffnet werden können. Und eigentlich sollen sie auch sonst nichts können. Das könnte irgendwer ja am Ende ja als Provokation verstehen. Vielleicht zum Brunnenbohren umrüsten? Vielleicht sicherstellen, dass auch immer ein Pilot und ein Moralapostel an Bord sind weil Drohnen ja Hitler sind? *zufriedenaufdemSchwanzballonindenSonnenuntergangreit*
 
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Entsprechend rezipiere ich Deine Kritik/Einschätzung als ziemlich vom hohen Schwanzballon aus gejudged.
yoah, dein post trieft halt so sehr von selbstbeweihräucherung das ich mir das meeting bildlich vorstellen kann 'ich lass sie mal vom praktikanten abchecken weil ich ein wichtiges schwanzballonmeeting habe, so wichtig ist mir der vorgang'. die denken sich wahrscheinlich, wenn schon auf diesem seelenfänger mit burnout-abo und narzististischem vorgesetzten anheuern, dann wenigstens fürn ordentliches schmerzensgeld.
 
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Ehm … genau so.
Vielleicht ist es auch so, dass ich den Bewerber mal mit dem Team alleine lassen wollte, damit sich auch das Team von den Bewerbern ein Bild machen kann, weil mein Team am Ende das letzte Wort darüber hat ob ein Bewerber zu uns passt oder nicht.
Und ja, da haben sowohl Werkstudenten als auch Vollzeitmitarbeiter das gleiche Stimmrecht.
 

Das Schaf

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Hab ihn dann von meinem damaligen Werkstudent (prä-Bachelor) mal durch etwas Code von uns führen lassen und bin selbst in ein Meeting.
Mein Werkstudent hat sich noch Wochen später darüber bepisst wie wenig er wusste und hätte ihm "mit gutem Willen 2 von 10" gegeben.

… findet man in quasi jeder zweiten Bewerbung.
Wobei ich das noch verstehen kann, weil sich niemand gerne mit "bin eigentlich Anfänger in X" bewirbt. Das Problem hier ist, dass irgendwer mal damit angefangen hat diese "Skillbalken" in CVs zu packen, obwohl ihre Aussagekraft einfach sehr nahe null ist.
Ist halt auch anders herum das Problem dass man bei den meisten Stellen halt direkt eine Absage bekommt wenn da nicht mindestens 5/10 im Skill steht. Aber das hatten wir ja schon :top:

Ich finde diese Angaben ja auch zum kotzen
 

parats'

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Ich verstehe ihn so, dass der Techstack die Bandbreite an Möglichkeiten ist, die verwendet wird/werden kann. Das davon alles gebraucht und benutzt werden muss steht da nicht und das wäre auch abwegig.
 

Benrath

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Ist der Stack so crazy? Ok die unterschiedlichen DBMS sind etwas extrem.
Sonst halt Python mit Docker/Kubernetes plus AWS Cloud.
GIT ist auch Standard.

Er sagt ja nicht, dass da jeder alles von können muss, sondern dass man die Möglichkeit hat.
 
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Lest doch mal richtig: Das sind nicht seine Anforderungen, sondern was es im Team schon an Skills gibt. Das hat er doch bereits klargestellt und es geht eigentlich auch aus dem Beitrag selbst klar hervor.

[Edit: War an Gustavo gerichtet.]
 
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Es gibt aber auch noch eine andere Wahrheit und die ist, dass Dein Laden einfach zu unproduktiv ist. Das mag im Wettbewerb mit verstaubten deutschen Industriebetrieben noch angehen, aber nicht im globalen Tech Wettbewerb, wenn ihr Seniors nicht mal zahlen könnt wie andere Firmen Berufseinsteiger und trotzdem schln kaum profitabel seid.

Wir reden da auch nicht von Top Gehältern, die Top 1% in USA verdienen 200k ab Bachelor.

Da spricht auch einiges für was Du so schreibst. Viel Legacy, Euer Tech Stack scheint absurd breit, selbst für ne ganze Firma, geschweige denn für ein Team. Skaliert denn Euer Geschäftsmodell überhaupt?
Das mit der Gesamtproduktivität ist zweifellos richtig. Ich habe diesen Job ja wegen des Freiraums angenommen. Mein Tätigkeitsbereich wird quasi dadurch attraktiv, dass ich aufgrund der Fehler in der Vergangenheit einen ziemlichen Blankoscheck für Tabula Rasa sowie die sprichwörtliche "grüne Wiese" habe.
Was Du etwas falsch verstanden hast: Mein AG zahlt einfach nur durchschnittlich, aber eben nicht top. Die Seniors kriegen schon ordentliches Geld. Das Problem sind die nicht ausreichend guten Juniors die teilweise direkt auf dem gleichen Level wie Seniors einsteigen wollen (70k+ halt, mein Referenzrahmen ist das was im Entgeltatlas steht).
Die 200k in den USA muss man allerdings auch etwas diskontieren, denn die entsprechen eher 130-140k in Deutschland, wenn nicht weniger. Gerade wenn man bedenkt, dass es diese Gehälter häufig nur dort gibt wo auch die Lebenshaltungskosten sehr hoch sind …

Rein aus Interesse: warum glaubst Du, dass unser Techstack absurd breit ist? Der Laden hat ~600 MA und Dev+Operations sind knapp 100 Leute, die einen Haufen Infrastruktur entwickeln und am Laufen halten. Die Oracle will jeder abschaffen, in AWS nutzen wir halt Postgres-Compatible (u.a. für Geodaten), MongoDB und MySQL jeweils da wo sie ihre jeweiligen Vorteile ausspielen können. Die GraphDB dito (mein Team). Airflow als zentrales Orchestrierungstool der Kubernetes Cluster in denen ein Großteil des Krams läuft. RabbitMQ für die verteilten Systeme bei denen Persistierung nicht notwendig ist und Kafka dort wo wir die Persistierung gut gebrauchen können. Meine Teams entwickeln unter Linux mit PyCharm oder VSCode (je nach Präferenz). Die Services werden quasi ausnahmslos als Docker/CRI-O gebaut und deployed. Git ist für jeden Entwickler ein Muss … und die ganzen Python-Libraries sind halt notwendig um irgendetwas bauen zu können.
Ich empfinde das jetzt nicht als sonderlich breit. Es kann ja auch nicht jeder im Team alles. Aber um End-2-end ML-Anwendungen entwickeln zu können ist das halt schon der Stack in dem ich mich auskennen muss. Die ganzen Sachen die näher am Frontend sind und mit denen ich weniger zu tun habe, in denen ich mich aber zumindest halbwegs auskenne habe ich da ja noch ausgespart (Vue/Nuxt, Tailwind, nodejs, NGINX, Redis).
Jetzt nichts für ungut, aber aber bei der Breite an Kram wundert es mich kein bisschen, dass deine Werkstudenten besser passen als irgendwelche Absolventen frisch von der Uni. Schon klar, dass die Dinger alle für sich nice to haves für einen Bewerber sind, aber ich habe auch leichte Zweifel, ob deine Anforderungen wirklich so realistisch sind, wie du glaubst.
Wie gesagt. Das ist der Techstack mit dem die Firma arbeitet und in dem ich mich auskenne. Die Anforderungen für die Jobs sind, egal ob Werkstudent oder Junior oder Regular, immer nur: kann mindestens etwas Python, hat Interesse an Zahlen und Textverarbeitung (NLP), hat Interesse an einer langfristigen Entwicklung im Bereich Data Science/Machine Learning. Und es hakt meistens an allem außer dem Interesse an einer tollen Karriere im Bereich Data Science. Okay, NLP finden die meisten auch interessant weil es ein Hype-Thema ist.
Ich verstehe ihn so, dass der Techstack die Bandbreite an Möglichkeiten ist, die verwendet wird/werden kann. Das davon alles gebraucht und benutzt werden muss steht da nicht und das wäre auch abwegig.
Joar. MongoDB nutze ich kaum, MySQL auch nur als Konsument weil ich auf Daten vom Webdev-Team zugreifen muss. Als Kern für meine Leute würde ich Python+libs, Docker/AWS ECR, S3, Git, Postgres und die GraphDB bezeichnen.
Ist der Stack so crazy? Ok die unterschiedlichen DBMS sind etwas extrem.
Sonst halt Python mit Docker/Kubernetes plus AWS Cloud.
GIT ist auch Standard.
Eben, das wundert mich jetzt auch. Ich weiß, dass meine Freunde im Konzern deutlich stärker auf wenige Technologien fokussiert arbeiten; allerdings hört es sich halt auch extrem langweilig an was die machen … die sind teilweise den ganzen Tag nur mit R beschäftigt wo sie ein CSV-Datenset geliefert bekommen weil sie selbst nicht an die DB dürfen. Und am Ende bauen sie mit Glück dann damit einen Datensatz der in einem Dashboard auftaucht das wieder ein anderer definiert. Klingt für mich wie die Hölle.
 
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mindestens etwas Python, hat Interesse an Zahlen und Textverarbeitung (NLP), hat Interesse an einer langfristigen Entwicklung im Bereich Data Science/Machine Learning.

nochmal und sorry für den beef oben: aber das ist jetzt wirklich eine 0815 anforderung. ich bin allerdings 20 jahre durch diverse abteilungen und unternehmen durchgerollt, und wenn sich keine leute finden, dann idr. aus gründen™. das kannst du ja wirklich direkt von der fh abgreifen und die können das und damit nochmal der vorwurf von oben: dann habt ihr ein problem mit der außendarstellung. du arbeitest nicht zufällig bei einem ehemalig staatseigenen halb-monopolischen konzern mit, sagen wir wohlwollend, duft einer landratsamt ähnlichen veloursteppich atmosphäre aus den 70ern? beim rest sind wir ansonsten grün, 60k einstiegsgehalt für das geforderte ist mehr als gut. außer es ist in boomtown eberswalde, dann hilft auch kein geld der welt mehr.
 
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No problemo.
Es ist leider echt nicht 0815. Die Bewerber können meistens nur rudimentär coden, trotz Master von der Uni/FH, haben keinerlei Affinität zu Statistik, überschätzen sich stark (geschenkt, das ist die Lebenserfahrung) und wollen einfach nur 9-5 ez pz Karriere machen. Idealerweise 100% HO ab Tag 1. Wenn ich dann sage "HO ist kein Problem, aber bevor ich Dich 100% im HO sitzen habe möchte ich Dich und Deine Arbeitsweise zumindest mal 1-2 Monate, sagen wir 50-60% vor Ort kennenlernen" sieht man schon wie ihnen das nicht gefällt.

Ich denke nicht, dass das eine absurde und unmenschliche Anforderung ist. Meine Erfahrung sagt, dass es stark unterschiedliche Typen gibt. Die einen funktionieren im HO genauso wie on-site, die anderen chillen auf Kosten der Allgemeinheit. Manche brauchen gerade zum Start mehr Hilfe, da ist es massiv einfacher wenn man direkt danebensitzt. Manche sind unselbständig und brauchen alle 15 Minuten einen lmgtfy-Link. Das wichtigste aber: Man braucht eine funktionierende Kommunikationsebene mit einem Kollegen und sowas bildet sich remote, gerade bei Berufsanfängern, nicht von alleine.

Dazu kommt: 60k war die Obergrenze für ein Top-Match (realistisch wahrscheinlich 40-55 bei einem akzeptablen Kandidaten). Wir kamen aber nie in die Nähe davon so jemanden zu finden (exkl. die die uns abgesagt haben). Der Laden ist halt gesichtsloser Mittelstand (eher mittelsexy von den Produkten her) und ich bin nur wegen der technischen Herausforderung dabei. Da merkt man die Stärke einer funktionierenden und bekannten Marke sehr (weil man sie nicht hat). Bewerber kommen v.a. von regional oder aus Indien/Afrika. Wenn man dann mal einem Inder/Afrikaner mit okayem Lebenslauf die Chance gibt … bereut man es sofort wieder. Trotz C2-Englisch auf dem Papier war es bisher jedes Mal eine Katastrophe weil dann live nach einer kleinen (3min) bis mittelgroßen (20min) Verspätung einfach nur Gestammel und near zero Sachkenntnis rumkam … und natürlich eine Gehaltserwartung von 75k brought to you by r/cscareerquestionseu. Natürlich inkl. "do I need to come to Germany for this job?" … was soll ich sagen, es stand explizit in der Ausschreibung "Nur mit EU working permit. Presence in Germany required." :rolleyes:

Deswegen komme ich leider zu dem Schluss, dass Berufseinsteiger (also die die ich zu sehen bekomme) den Schuss nicht gehört haben und vollkommen falsche Vorstellungen und Erwartungen haben. Für 5 Tage full remote ohne Erfahrung gleich mal eine stabile Summe in den oberen 10% der Einkommen des Landes verlangen geht halt nur wenn man auch irgendetwas zu bieten hat. Unteres Mittelmaß reicht da halt nicht.

Wie gesagt, ich bin echt gerne bereit den Leuten den ganzen Shit von der Pike auf beizubringen, aber das erfordert halt Mitarbeit von beiden Seiten. So eine dreiste passiv-aggressive Anspruchshaltung wie ich sie teilweise bei gleichzeitiger völliger Abwesenheit von Kompetenzen erlebt habe, hat mich echt sprachlos zurückgelassen. Da war ich mehr als einmal davor den Leuten direkt im Gespräch mit bwde-internet-kreol direkt ans Schienbein zu kacken "OB DU BEHINDERT BIST HAB ICH DICH GEFRAGT!!!"

Bonus 1: hab das mal direkt nach einem Gespräch meiner Recruiterkollegin erzählt (ohne den bwde-Bezug obvsly). Die hat sich bepisst vor Lachen.

Bonus 2:
Besondere Freude bereitete mir der Bewerber der tatsächlich seinen Abschluss von einer Uni hatte an der ich einige Profs kenne, inklusive einer bei der der Bewerber einen Schein gemacht hatte dessen Inhalt ich gut kenne, weil ich mit ihr mal die Folien durchdiskutiert hatte (gemeinsames Interesse am Fach). Da merkt man schon recht schnell wie sehr man von manchen Leuten angelogen wird bzw. wie sehr Studis übertreiben wenn man sie nach dem Statistikanteil im Studium fragt, während man selber in der Studienordnung schon nachgeschaut hat, dass es nur eine Handvoll Credits sind, und als Antwort eine absurd hohe Zahl bekommt (die ich schon vergessen habe, aber es war ungefähr um den Faktor 2-3 zu viel).
 

parats'

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Sag mal @Bootdiskette, warst du nicht mal an einer Uni, oder verwechsel ich dich gerade?
 
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Mich würde echt interessieren, in welcher Stadt wir uns hier befinden, augenscheinlich mittelgroße Uni-Stadt?
Mein eigener Masterabschluss liegt jetzt nicht wahnsinnig lange zurück, aber ich meine, dass so mancher Kommilitone damals Stellen mit teils deutlich schlechterem Profil gern angenommen hätte und da waren gute Leute bei, wenn auch teils mit langem Studium auf dem Buckel.
Auf dem Silbertablett serviert, hätte womöglich sogar ich so eine Stelle angenommen, statt zu promovieren. :ugly:

Haben sich die Zeiten so geändert? Ist Berlin ein so viel härteres Pflaster? Trügt mich meine Erinnerung bzw. schätze ich das so falsch ein?
 
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Sag mal @Bootdiskette, warst du nicht mal an einer Uni, oder verwechsel ich dich gerade?
Jo, war ich. WissZeitVG got me.
Bin allerdings letztendlich nicht ganz traurig, dass ich aus der VWL-Forschung raus bin. Ich mache jetzt seit ein paar Jahren (effektiv) irgendwas zwischen end2end-Dev (Datengewinnung/-verarbeitung/-aufbereitung into Backend bis kurz vors Frontend), Data Science, Data Engineering, Data Architecture/Systems Engineering, NLP und ML plus Kinderbetreuung (Team/Themen-Lead Data Science/Data Mining) und Projektmanagement. Ist echt interessant und meine Kellerkindvergangenheit hat mir da sehr viel gebracht, aber es ist gleichzeitig frustrierend mit wie viel dumen Menschen man täglich zu tun hat wenn man außerhalb der Uni arbeitet.
Mich würde echt interessieren, in welcher Stadt wir uns hier befinden, augenscheinlich mittelgroße Uni-Stadt?
Mein eigener Masterabschluss liegt jetzt nicht wahnsinnig lange zurück, aber ich meine, dass so mancher Kommilitone damals Stellen mit teils deutlich schlechterem Profil gern angenommen hätte und da waren gute Leute bei, wenn auch teils mit langem Studium auf dem Buckel.
Auf dem Silbertablett serviert, hätte womöglich sogar ich so eine Stelle angenommen, statt zu promovieren. :ugly:

Haben sich die Zeiten so geändert? Ist Berlin ein so viel härteres Pflaster? Trügt mich meine Erinnerung bzw. schätze ich das so falsch ein?
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Ich denke es liegt viel daran, dass den Absolventen über die Medien der Eindruck transportiert wird, dass jetzt für _jeden_ die goldenen Zeiten angebrochen sind. (Und nicht nur für die wirklich guten Absolventen, die es aber schon immer leichter hatten.)
Die Informationslage egal ob bei Reddit, FAZ, SPON, Tagesschau/ARD/ZDF/öRR differenziert nicht genug bzw. zeigt nicht genug auf, dass am Ende, unabhängig von der Marktlage, ein Job immer an ein bestimmtes Skillset gebunden ist (und ggf. eine staatl. Zulassung) aber meistens nicht an einen Abschluss. Deswegen fällt die Kommunikation mit diesen Absolventen sehr schwer, weil Erwartungen und Realität sehr weit auseinandergehen.

Ich glaube auch, dass das sehr heterogen ist. Einige der Kandidaten waren nicht doof und auch sicherlich keine bösen Menschen, sondern während des Gesprächs so gepolt, dass sie sich mit ihren Forderungen in eine Sackgasse manövriert hatten aus der sie nicht mehr rauskamen. Ich bin sehr bald dazu übergegangen denen schon zu sagen was die "normale" Marktrate ist, und dass sie, wenn sie Geld wollen, sich besser bei einem Konzern bewerben sollen.
Die kamen und kommen häufig einfach mit sehr anderen Erwartungen als ich in so ein Gespräch. Man kann es vielleicht mit "Ihr habt auf genau mich gewartet, hier bin ich!" umschreiben … und die Enttäuschung ist sichtbar wenn die Antwort dann ein nicht ganz so euphorisches "Erzähl mal Deine Meinung zu $grundlagenthema_XYZ." ist und sie zeigen müssen warum sie das Thema interessiert. (Nicht der AG … abseits der technischen Herausforderung interessiert der ja nicht einmal mich :mond: )

Zur Verteidigung der Jugend muss man sagen, dass es auch gute/nette Bewerber gibt; in dem Sinne, dass sie aus genuinem Interesse an der Sache mitmachen wollen. Leider gibt es innerhalb der Gruppe dann immer noch zu viele die einfach zu ungelenk/unerfahren im Leben sind, dass sie, obwohl sie einen BSc oder MSc haben und Mitte/Ende 20 sind, keine so rechte Vorstellung davon haben was das Feld ist auf das sie sich einlassen. Die sind einfach unvorbereitet und grün … und zwar nicht auf die "Ich weiß noch nicht was ich im Leben will"-Art, denn so war ich in dem Alter safe auch. Mehr so auf die "ich bin unselbstständig und naiv"-Art bei der sie nicht auf die Idee kommen sich im Vorhinein mal zu informieren worum es eigentlich geht … obwohl 10 Minuten Wikipedia ausreichen würde. Da frage ich mich häufig ob ich da das Problem bin weil ich einfach erwarte, dass Menschen auf dem Bildungslevel zumindest halbwegs überlegt und geplant handeln wenn es um richtungsweisende Entscheidungen im Leben geht.

Die die ich letztlich eingestellt habe und die sich bewährt haben waren aber am Ende leider alles weiße Klischee-Nerd-Boys wie es unsere Runde hier mehr oder minder auch ist. Ich habe sowohl Frauen als auch Ausländern/Migranten immer wieder Chancen gegeben (und werde es wieder tun wenn ich Potential sehe) allerdings scheiterten sie bisher immer an Skill, Auffassungsgabe oder Sprache/Kommunikation. Bei einem war es wirklich schade (alte Sowjetrepublik) … wirklich nicht dumm und auch motiviert, sprach leider nur ein mäßiges Englisch und gutes Deutsch. Das Problem war, dass selbst mit sehr viel sehr gezielter Kommunikation die Problemkerne irgendwie nie bei ihm ankamen und er letztlich immer wieder um die Aufgaben drumherum gearbeitet hat. Da ist das Problem dann irgendwo zwischen Abstraktionsverständnis und Kommunikationsfähigkeit zu suchen. War wirklich schade, aber ich habe leider nicht die Zeit für jede Werkstudentenstunde 10 Minuten meiner eigenen Zeit zu investieren.

Wie lange die Leute studiert haben und welche Noten sie haben ist mir eigentlich egal, solange sie im Gespräch einen aufgeweckten und informierten Eindruck machen. Es korreliert aber schon sehr stark mit der Note. Leider.

… allerdings deutlich nicht perfekt. Einige der größten Spastis waren auch Leute mit sehr guten Noten bzw. mit Promotion. Promotion in VWL, null Ahnung aber maximale Erwartung, dass die Welt auf sie gewartet hat. Die war dann auch überrascht, dass "ich als Data Scientist" so gut über Inhalte einer VWL-Promotion bescheid wusste. lel :rolleyes:
 
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@Bootdiskette
Das wundert mich nicht, da letztlich die Noten in MINT-Fächern imo sehr stark mit genau dem Skillset korrelieren, das du ansprichst.
Es gibt eine sehr kleine Menge Leute, die so gut sind, dass sie sich gezielte Vorbereitung fast sparen können. Die haben ne VL gehört und sind unmittelbar prüfungsbereit, weil sie den Stoff selbstverständlich durchdringen. Die kommen in die Prüfung und du merkst nach ein paar Minuten: gg, kannst die gleich mit ner 1,0 rausschicken.
Dann gibts ne viel größere Menge guter Studenten, die sich auch regelmäßig ihre 1,0 oder 1,3 abholen, wo man zwar merkt, dass die Fundamente weniger stark sind, aber die gezielte Vorbereitung sehr gut. Die sind oft relativ gut vernetzt und kommunikativ stark, können sehr effizient und zielgerichtet ihre Leistung abrufen.
Dann hast du die noch größere Menge der Leute, die sowas ähnliches versuchen, aber es nicht schaffen, weil die Vorbereitung nicht gut genug klappt.
Es tut schon etwas weh, weil man zwar nicht immer, aber oft genug merkt, dass da auch ein Mangel an Ressourcen hintersteckt. Das führt dann genau zu dem von dir benannten sozialen Bild, dass sich in den ersten beiden Gruppen tendenziell die Söhne und Töchter aus gutem (deutschen) Hause tummeln.
 

Benrath

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Habe es nun doch rausgeteilt, weil es imho zu Off Topic wurde. Wie gesagt ist ein spannendes Thema und wir können ja alle bisschen aus dem Nähkästchen plaudern.

Habe auch die Erfahrung gemacht, dass es Bewerber gibt, die sich quasi 0 spezifisch vorbereiten. Es hätten 10 Minuten Wikipedia oder einfaches anschauen der Homepage genügt. Bei der Motivation hört man auch nur 0815 Antworten. Ich erwarte nicht mal "Passion", weil ich das auch immer albern fand, aber bisschen Mühe etwas herzuleiten warum man gerne den Job haben würde kann man schon erwarten. Beste Motivation die ich gehört habe war "bin motiviert, weil ich schon seit X Monaten arbeitslos bin".

Bei der Führung der Interviews tut man sich im ÖD aber auch schwer mit den gleichen generischen HR Fragen "Ein Kollege macht nicht das, was er soll bzw. behindert Sie bei Ihrer Aufgabe" wo irgendwie konziliante Lösungsvorschläge erwartet werden, die im Fall der Fälle nix bringen, wenn der verbeamte Kollege einfach zu macht. Es wurde schon mal negative auslegt, wenn jemand sagte "Wenn alles nichts hilft, stelle ich klar, dass es nun meine Aufgabe ist". Die meisten Leute, die die Gespräche führen haben wahrscheinlich noch nie selbst die Situation gelöst und wüsste nicht was Sie machen würden.
 
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Kann eure Punkte schon nachvollziehen, aber @Bootdiskette, dein erster Post war doch bezogen auf den Fachkräftemangel, oder? Ist es wirklich so, dass das Personal (hauptsächlich) fehlt, weil die Anspruchshaltung der Bewerber zu hoch ist? Dass es solche Leute gibt glaub ich sofort, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass sie einen signifikanten Einfluss auf das Problem haben.
Ich bin ja mittlerweile im E-Technik Planungsbereich verortet und wir arbeiten da mit relativ vielen anderen Planungsbüros zusammen. Von allen hört man das gleiche, dass Personal fehlt und zwar an allen Ecken und Enden. Da liegt es nicht daran, dass zu viele Bewerbungen Mumpitz sind, es kommen einfach nicht genug rein, um den Bedarf zu decken. Wir können uns momentan aber auch vor Aufträgen kaum retten, jede Sau mit etwas Fläche will ein Windrad oder ne PV-Anlage haben.
Das gleiche höre ich von Handwerkern, die viel zu wenig Bewerbungen kriegen. Keine Ahnung, wo sich die Absolventen heutzutage alle bewerben, aber in klassischen Ingenieurs- oder Handwerksberufen scheint es nicht zu sein.
 
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Mich würd ja interessieren, wie der Bewerbungs- bzw. Einstellungsprozess bei euch überhaupt aufgezogen ist. Man hört ja immer wieder, wie da gerade in kleineren Unternehmen immernoch viel rumgestümpert wird, obwohl bekannt ist, dass manch gern verwendete Metrik kaum aussagekräftig ist. ÖD bildet da meinem Eindruck nach auch keine Ausnahme - warum Einstellungsprozesse da teils nicht stärker zentralisiert werden, ist mir schleierhaft.
 

parats'

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Bei uns übernimmt das die HR-Abteilung des Konzerns. Die schaltet Anzeigen und beauftragt Headhunter mit entsprechenden Profilen. Bei @Bootdiskette scheint es viele Bewerbungen zu geben, dass ist bei uns und unserem Bereich nicht so. Pro Quartal dürften es 3-4 sein und davon schauen wir uns alle genauer an.
Allerdings muss ich sagen, dass unserer Hauptsuchbereich das Einzugsgebiet FFM ist. Entsprechend unattraktiv ist der Speckgürtel (sowohl Gehalt als auch Umgebung/Erreichbarkeit).
 
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@Bootdiskette: wie genau findest Du denn in einem Vorstellungsgespräch heraus, ob jemand etwas kann oder nicht.
Ich kann mich an meine erinnern: das erste nach dem Studium lief Top - Stelle bekommen. Die wurde dann 1 Tag vor beginn abgesagt (Finanzkrise gerade, Anfang 2009). Ich bei nem Ingenieurdienstleister damals. Ich hatte danach 2 Vorstellungsgespräche - und die waren beide Komplett beschissen. Ich habe die einfachsten Sachen nicht mehr hin bekommen. Also ich bin jeweils raus und wusste, dass ich es verkackt habe. Ich war so übernervös, dass nichts ging. 4. Vorstellungsgespräch dann: ich bin total locker rein weil das ja eh nichts wird --> dort war ich dann 5 Jahre, nur 1,5 Jahre über den Dienstleister, dann fest.
Wie gesagt, bei den beiden Gesprächen nach der ersten Absage war ich richtig richtig schlecht. Aber so bin ich halt nicht immer. D.h. du stützt doch Deine Meinung nur auf das eine Gespräch, oder?
 
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@Bootdiskette
Das wundert mich nicht, da letztlich die Noten in MINT-Fächern imo sehr stark mit genau dem Skillset korrelieren, das du ansprichst.
[…]
Joar. Wobei ich eben auch schon welche hatte, die "trotz" Migrationshintergrund und viel Shit im Leben cool waren und bei weitem keine schlechten Kandidaten. Noten sind halt nur ein Indikator … und ich will Leute mit ein wenig Biss, Kreativität die gerne selbst Denken und abstrahieren können–––und sich für Technik begeistern können. Da ist man dann schnell bei einem Skillset auf das v.a. Ingenieure, Physiker und Informatiker gut scoren 🤷‍♂️
Beste Motivation die ich gehört habe war "bin motiviert, weil ich schon seit X Monaten arbeitslos bin".
Würde das unironisch sehr feiern wenn einer das mal bei mir brächte :D
Bei der Führung der Interviews tut man sich im ÖD aber auch schwer mit den gleichen generischen HR Fragen "Ein Kollege macht nicht das, was er soll bzw. behindert Sie bei Ihrer Aufgabe" wo irgendwie konziliante Lösungsvorschläge erwartet werden, die im Fall der Fälle nix bringen, wenn der verbeamte Kollege einfach zu macht. Es wurde schon mal negative auslegt, wenn jemand sagte "Wenn alles nichts hilft, stelle ich klar, dass es nun meine Aufgabe ist". Die meisten Leute, die die Gespräche führen haben wahrscheinlich noch nie selbst die Situation gelöst und wüsste nicht was Sie machen würden.
Uff, ja. Deswegen bin ich sehr froh, dass ich mittlerweile gut mit unseren Recruitern eingegroovt bin und ein gutes Fragenset habe. Da habe ich auch am Anfang gut Lehrgeld bezahlt, als ich gemerkt habe, dass man auch als hiring manager mit guter Vorbereitung und Erfahrung und Menschenkenntnis viel mehr aus den Leuten rausholt. Ich weiß … surprised pikachu … aber es ist schon was anderes es logisch zu wissen "weil es ja klar ist" … und dann auch zu wissen wie es sich anfühlt solche Gespräche zu leiten und auch mit der Kollegin die Kandidaten in die richtige Richtung zu bekommen.
Kann eure Punkte schon nachvollziehen, aber @Bootdiskette, dein erster Post war doch bezogen auf den Fachkräftemangel, oder? Ist es wirklich so, dass das Personal (hauptsächlich) fehlt, weil die Anspruchshaltung der Bewerber zu hoch ist? Dass es solche Leute gibt glaub ich sofort, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass sie einen signifikanten Einfluss auf das Problem haben. […]
Ja schon. Was fehlt sind meines Erachtens v.a. Seniors. In meinem Bereich fehlt es nicht an frischen Absolventen die sich für den Bereich interessieren. Ich denke das ist teilweise dem geschuldet dass everything data science die letzten Jahre, und jetzt mit OMG KÜNSTLICHE INTELLIGENZ!!!!!111einself ein krasses Hype-Thema ist.
Die potentiellen Tech-Stacks sind sehr unterschiedlich, es gibt Bootcamps die "von 0 auf Data Somethingsomething in 12 Wochen" versprechen. Es gibt massenweise Tutorials die die Leute forken und dann auf Github versuchen als ihren eigenen Code zu verkaufen (ich erkenne das mittlerweile erschreckend zielgenau :rolleyes:). Die Hürde, um mit Copy-Paste irgendetwas beeindruckendes hinzustellen ist sehr gering … usw.
Die Schwierigkeit liegt darin, selbständig so Kram zu entwerfen und zu debuggen, ohne dass ich dann Händchenhaltend danebensitzen muss. Klar, ein Teil Mentoring ist Pflicht bei Juniors, aber es ist schon ein großer Unterschied ob ich jemanden täglich 2-3 Stunden betreuen muss, oder ob eine halbe Stunde reicht.
Kurz: Es mangelt nicht an Bewerbern mit Interesse am Bereich. Egal ob Werkstudent oder Junior. Da habe ich insgesamt mittlerweile sicherlich 150-200 Bewerbungen durchgeschaut.
Das Problem ist einmal, dass sich die Bewerber krass überschätzen (geschenkt, Mangel an Lebenserfahrung)
Dann haben sie meistens einfach nicht die richtigen Skills (kann man lernen) und realisieren nicht, dass man ständig schnell und viel dazulernen muss in diesem Bereich. Man ist niemals nie never "fertig" mit Lernen.
Die absoluten Basics, nämlich Grundverständnis Objektorientiertes Programmieren und Grundverständnis für Zahlen/Statistik, sind meistens schlecht, egal ob Werkstudent oder Absolvent. (Kommt schlecht mit dem Überschätzen der eigenen Skills sowie dem präsentierten Selbstbild.)
Und dann kommen halt die Erwartungen ins Spiel, die gerade bei denen die am wenigsten können häufig am absurdesten sind. Da ich selbst aus der Academia Bubble komme kann ich es irgendwie verstehen wenn ein Promovierter glaubt, dass die Welt auf ihn gewartet hat … aber den Zahn müssen sich die Leute ziehen lassen oder selbst ziehen. Die sind halt trotzdem (wie ich damals auch) erstmal ziemlich wertlos für die Firma weil sie nichts relevantes können. Da muss der Bonus sein, dass sie extrem schnell lernen; und wenn man im Gespräch das Gefühl bekommt, dass sie nach der Diss jetzt meinen, dass das Smooth Sailing kommt weil der harte Part hinter ihnen liegt … ja, dann muss ich ihnen direkt den nächsten Zahn ziehen.
Wer Berufsanfänger ist, muss Berufsanfängerdinge tun, wie z.B. lernen wie der Hase läuft und realisieren, dass es auch mit Dr. Lehrjahre sein können, weil man andere Zeit kostet, die sie einem schenken, um einen fit zu machen. (Oder man wurstelt sich selbstständig mit immensem Zeitaufwand zusätzlich zum Tagesgeschäft durch, bis man in allem ganz okay dabei ist, um nicht bei den Kackaufgaben hängen zu bleiben. So hab ich es gemacht.)
Ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich mich in meiner Form zum Einstellungszeitpunkt auch nur deswegen eingestellt hätte, weil ich da Begeisterung an der Sache und ein bisschen allgemeine Bildung und Leistungsbereitschaft gezeigt habe … und nicht wegen meiner krassen Codingskills. Die waren da zwar schon okay und besser als die der meisten an der (Wiwi-)Fakultät, heute bin aber auf einem ganz anderen Level. Zwischen "bisserl scripten" und "production-ready" liegen halt Welten. Wobei ich mir auch heute immer noch nur ein "gut" geben würde, weil ich das Gefühl habe, dass ich an so extrem vielen Stellen noch so viel besser und schneller werden kann. Stattdessen mache ich ELI5-to-the-Management weil ein relevanter Teil der Produktmanager zu doof sind um unsere Problem zu verstehen und/oder anzuerkennen.
Catchphrase: "Sei doch mal pragmatisch." aka "Wir machen immer wieder lieber einen Schnellschuss, der uns absehbar brutal auf die Füße fallen wird und nur Probleme schafft, anstatt langfristig orientiert nachhaltig die Tech Debts aufzuarbeiten."
War auch schonmal live dabei als "Ich brauche Lösungen und keine Probleme." fiel. Bin fast vom Stuhl gefallen weil es unironisch war. Habs trotzdem vercheckt den Tag im Kalender anzustreichen :/

Fazit vom Fazit: Interessenten gibt es genug. Passende Interessenten schon sehr viel weniger bis fast gar keine, egal wie sehr man B- und C-Profilen eine Chance gibt. Man muss damit rechnen, dass man einen langen Prozess hat bei dem die Jobanzeige mehrfach geschaltet und ggf. auch mit Feedback aus den Gespräch angepasst wird (Stepstone etc.). Man merkt nämlich auch, dass sich die Leute schnell auf Schlagworte stürzen die so gar nicht gemeint waren … alles sehr lehrreich. Am Ende dauert die Stellenbesetzung lange und man sollte es strategisch machen. Als unbekanntes Unternehmen ist es sehr schwer kurzfristig ein konkretes Profil zu finden. Da landet man dann häufig aus konkreter Not bei den Freelancern … die dann auch monatelang brauchen bis sie sich im konkreten Thema alleine zurechtfinden. Zum Glück hatte ich das selbst noch nicht.
Fazit vom Fazit vom Fazit: Lieber lange suchen und mit dem Wunschkandidaten besetzen anstatt mit der Brechstange irgendwen einstellen der/die von den schlechten der/die Beste war. Ging sonst immer schief.
Mich würd ja interessieren, wie der Bewerbungs- bzw. Einstellungsprozess bei euch überhaupt aufgezogen ist. Man hört ja immer wieder, wie da gerade in kleineren Unternehmen immernoch viel rumgestümpert wird, obwohl bekannt ist, dass manch gern verwendete Metrik kaum aussagekräftig ist. ÖD bildet da meinem Eindruck nach auch keine Ausnahme - warum Einstellungsprozesse da teils nicht stärker zentralisiert werden, ist mir schleierhaft.
  1. Budget für die Stelle beantragen und begründen (mit HR-Vorstand diskutieren und da überzeugen, dass es überhaupt in der Budgetplanung diskutiert wird)
  2. Stelle bekommen (d.h. einen guten Case für die Jahresbudgetplanung im Herbst einreichen … und dann nicht traurig sein wenn das Budget von "80k falls wir einen Top-Kandidaten finden" auf "60k ist auch schon sehr sehr viel … such einfach besser" zusammengestrichen wird.
  3. Ausschreibung mit HR auskaspern (aka: Ich nehme die Schablone und schreibe eine nette Stellenanzeige auf Deutsch und Englisch)
  4. HR sehr genau aufschreiben nach welchen Kriterien sie aussortieren und weiterleiten sollen (mache nur ich glaube ich :rolleyes:
  5. Bewerbungen von HR bekommen und entscheiden wer eingeladen wird.
  6. Erstrundengespräche via Teams führen: 30-60 min … wenn der/die Kandidatin schlecht ist würgen wir das Gespräch nach 20-30min ab weil es sonst Zeitverschwendung ist
    1. ggf Absage via HR mit Feedbackangebot (obvsly telefonisch)
    2. ggf Zusage und Terminvereinbarung via HR
  7. Zweitrundengespräche führen (vor Ort und inklusive dem Team vorstellen)
  8. Entscheidung fällen und ggf. mit meinem Chef abstimmen.
  9. Zusage abschicken via HR und persönlich anrufen und nochmal die Entscheidung erläutern und für eine Zusage des/der Kandidatin werben
  10. Zusage oder Absage bekommen ggf. anrufen und nach den Gründen fragen (ich oder HR)
  11. Vertragsgespräch (Unterschrift und mit eventuellen Rückfragen)
  12. Anruf/Email ein paar Wochen und dann nochmal ein paar Tage vor Jobantritt, um ganz banalen Kleinkram abzufangen und zu kommunizieren, dass man sich drauf freut mit Person XYZ zusammenzuarbeiten. (ich)
  13. Dienstausweis, Accounts und Arbeitsgerät organisieren. (ich, weil es sonst zu lange dauert)
  14. Arbeitsplatz aufräumen und herrichten inkl. Infomaterial und einer Packung Haribo oder ähnlich.
  15. Beim Jobstart werden die Teamleiter in die unternehmensweite Onboardingrunde eingeladen und stellen ihren Bereich vor (Hallo, ich bin Bootdiskette und kümmere mich um Kram den die meisten von euch megaboring finden, kthxbye.)
  16. In den ersten Wochen mehrere große Slots reservieren in denen ich dann Kollege XYZ in zunehmendem Detailgrad unsere Infrastrukturlandschaft erkläre, in die Team-Bibliothek einführe (= ein Haufen meiner privaten Bücher zu diversen Tech-Themen die neben mir im Regal stehen) und ihnen die Arbeitsweise(n) des Unternehmens sowie ihre Aufgaben erkläre. Da nehme ich mir meistens jeweils einen halben Tag, um direkt zum Start Fehler und Miskommunikation zu vermeiden.
  17. Nach 8 Wochen ein erstes formelles Feedbackgespräch über Leistung und Stimmung
  18. Nach 4-5 Monaten ein zweites formelles Feedbackgespräch zum Thema Probezeit.
  19. Nach max 6 Monaten, ggf. schon unter Punkt 18., die Aushändigung der Bestätigung des Bestehens der Probezeit.
  20. Nach 6 Monaten und 1 Tag: Säuremine, maximale Knechtung und Kommunikation nur noch per Arbeitsaufgabenemails :mond:
Keine Ahnung wie (un)professionell das jetzt im Vergleich ist. Hab zu wenig Querreferenzen, sollte aber ganz okay sein.

@Bootdiskette: wie genau findest Du denn in einem Vorstellungsgespräch heraus, ob jemand etwas kann oder nicht.
[…]
Also ich bin jeweils raus und wusste, dass ich es verkackt habe. Ich war so übernervös, dass nichts ging. 4. Vorstellungsgespräch dann: ich bin total locker rein weil das ja eh nichts wird --> dort war ich dann 5 Jahre, nur 1,5 Jahre über den Dienstleister, dann fest.
Wie gesagt, bei den beiden Gesprächen nach der ersten Absage war ich richtig richtig schlecht. Aber so bin ich halt nicht immer. D.h. du stützt doch Deine Meinung nur auf das eine Gespräch, oder?
Ging mir witzigerweise ähnlich. Beim Erstgespräch für meine jetzige Stelle war ich grad megasauer wegen des Gesprächs davor. Da hatte ich einem Wirtschaftsinformatiker ein wenig Statistik erklären sollen, er hat's nicht gerafft und ich bekam eine Absage mit den Worten "ich glaube sie können uns fachlich nicht weiterhelfen." Ich war selten so sauer wie da, weil ich sehr genau wusste, dass der Typ einfach nur zu doof war.
In dem Folgegespräch hab ich dann einfach dreist und frech gesagt worauf ich Bock hatte und worauf nicht. Offenbar waren sie verzweifelt, denn sie haben mich dann nach einem Zweitgespräch genommen :ugly:

In Gesprächen versuche ich vor allem konzeptionelle Verständnisfragen zu stellen, oder das typische "erzähl mal wie Du an dieses oder jenes Problem in diesem Bereich herangehen würdest". Zuerst aber viel zur Motivation … also "warum hast du dieses oder jenes studiert?", "warum fandest Du das interessant?", "erzähl mal was Du unter Data Science verstehst bzw. was Du Dir erhoffst?". Da bekommt man schon einen echt guten Eindruck (oder man stürzt in Abgründe). Das war es dann schon meistens im Erstgespräch. Da müssen die Leute wirklich nur zeigen, dass sie interessiert und keine kompletten Arschlöcher und/oder Kommunikationsdeppen sind. Mit etwas Erfahrung merkt man dann auch erstaunlich schnell und deutlich wie sich die Leute vorbereitet haben. Bei einem waren wir uns zum Beispiel hundertprozentig sicher, dass der sich (schlecht) coachen lassen hatte. Da war jede Antwort wie "Jobinterview-Bullshit-Bingo meets Jobinterview-Phrasenschwein meets Fußballerinterview." Da hab ich dann auch just for the lulz die Frage gestellt warum er genau zu uns will (obwohl sie Bullshit ist wenn der Laden nicht für irgendwas bekannt ist). Und die Antwort war wie erwartet: "Ich habe schon in meiner Kindheit von der Bootdiskette-Arbeitgeber-GmbH gehört und ihre Produkte waren immer mal wieder präsent in meinem Leben blaaaaa blub." Hätte nur noch gefehlt, dass er erzählt wie er als Kind auch schon Bootdiskette-Arbeitgeber-GmbH Bettwäsche hatte. :rofl2:
(Wie gesagt, den Laden muss man definitiv nichtmal kennen wenn man drei Straßen weiter wohnt.)
Letzte Fragen im Erstgespräch kommen dann von meiner HR-Kollegin: Geld, Rahmenbedingungen usw.
Dann noch die obligatorische Frage nach den Fragen … die häufig irrelevant ist, wenn sich vorher eine lockere Unterhaltung entwickelt hat. Trotzdem können sich da auch nochmal Abgründe auftun weil sie leider sehr zuverlässig zeigen ob sich die Kandidaten für die Sache und die Menschen mit denen sie potentiell zusammenarbeiten müssten interessieren.

Im Zweitgespräch vor Ort stelle ich den Kandidaten (angekündigt) mindestens 1-2 Teammitgliedern vor und lasse sie mal eine Weile alleine um sich zu beschnuppern. Je nach Tagesablauf davor oder danach rede ich noch locker mit dem Kandidaten, mache eine Führung durch den Standort, und dann kommt der schwerste Teil: technisches Interview. Da werden sie ans Whiteboard gestellt, kriegen ein Beispielproblem und dürfen mit mir darüber diskutieren wie man es lösen könnte/sollte/müsste und welche Probleme sie erwarten würden.
Das sind dann typischerweise lächerlich einfache sehr generische aber repräsentative Probleme bei denen ich meistens sehr gut sehe was sie können, oder ob sie etwas Phantasie haben oder sich strukturiert einem Thema nähern können.

Der ganze Prozess gilt für Werkstudenten und Vollzeitmitarbeiter genau identisch, nur eben mit weniger Voraussetzungen/Erwartungshaltung für die Studis.

Der Lebenslauf und die Noten sind natürlich auch noch ein Indikator. Aber entscheidend ist die Performance im Gespräch. Bisher haben wir es immer geschafft, dass die interessanten Leute auch nach einer Weile aufgetaut sind und dann nicht mehr verkrampft waren. Bei den nervigen war es mir irgendwann einfach nur noch egal.



P.S.: Seit ich auf LinkedIn als Führungskraft sichtbar bin, kriege ich ständig (okay, ab und an) unerwünschte Emails von Recruiting-Dienstleistern die uns/mir ihre Freelancer oder sonstigen Kandidaten andrehen wollen. Srsly, das ist manchmal besser als Kino und manchmal recht interessant wenn man einfach mal fake-antwortet und nach den Tagessätzen fragt. "Junior Data Scientist kriegen wir im Paket für dreistellig hin, der Senior kostet zwischen 1200 und 2k pro Tag." trololo als ob wir so viel Kohle hätten. Dann doch lieber einen Werkstudenten entwickeln :rofl2:
 
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Danke für die Mühe, das aufzuschreiben. Das, und was du geschrieben hast, zeigen mir mit meiner Erfahrung: Du bist ein sehr guter als Führungskraft. Would hire.
 
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"...kann mindestens etwas Python, hat Interesse an Zahlen und Textverarbeitung (NLP), hat Interesse an einer langfristigen Entwicklung im Bereich Data Science/Machine Learning."

Wow, ich hatte zwar Java im Studium und lerne gerade Python-Basics, um meinen Schülern dann eine Einführung in die Programmierung geben zu können (Klassenstufe 190), aber das hört sich ja quasi nach nix an, wenn man Informatik studiert hat. Da reicht ja normalerweise locker ein Bachelor, wenn ich das quasi mit 2 Semestern Info + 2 Semestern Bioinfo mit Vorbereitung beantworten könnte - und ich habe Life Science studiert - Info waren nur diese VL+Seminar/Übungen und absolutes Nebenfach.

Ich weiß nicht, ob ich nur zu den absoluten Cracks Kontakte hatte. Eigentlich nicht, weil wir gut und gerne gefeiert haben und die Infoleute auch nie mit den Topnoten in Klausuren aufgewartet haben. Alles von dir Genanntes wäre jedenfalls für meine Crew kein großes Problem gewesen. Da muss sich einiges sehr verschlechtert haben auf Auszubildenden- bzw. Studiseite.

Meine persönlichen Erfahrungen zum Thema Fachkräftemangel bzw. fehlende Kompetenzen decken sich zumindest im Bereich Handwerk und IT-Dienstleistungen. Es ist gruselig, was teilweise für Gesellen rumlaufen und was die alles machen oder nicht machen. Die hiesige IT-Firma wurde beauftragt einen Switch in den Serverschrank einzubauen und nat. mit den LAN-Ports zu verbinden. Nachdem die weg waren hatte die Hälfte unserer Rechner im PC-Raum kein Netz mehr. Ich hochgestiegen und mein Kollege hat aus 5m Entfernung das Klicken bzw. Einrasten der Steckverbindungen hören können. Und so geht bzw. ging das munter weiter. Ob von der Stadt als Schulträger beauftragt oder von uns. Überall sitzen inkompetente oder nicht sorgfältig genug arbeitende Personen. Ich möchte als Lehrkraft daher manchmal einfach nur weinen, wenn ich die Dinge besser hinbekomme oder sehr viel schneller antizipieren kann als Fachkräfte, die einfach nur ihren verfickten Job machen sollen. Ich gestehe aber auch ein, dass ich 2 von 4 Personen aus unserer Chefetage mittlerweile auch als mind. bedenklich einstufe, eine davon sogar völlig ungeeignet und höchst inkompetent.

Btw. bei roundabout 60k für solch einen Job frage ich mich immer häufiger, ob ich nicht doch noch wechseln soll, zumal ich kein verbeamteter Lehrer und über andere Wege in den Beruf gekommen bin.

Und noch ein Letztes: Das Gros unserer Schüler will halt partout keine Ausbildung machen. Das sind fast alles feine Jugendliche und einige haben nach der 10. sicherlich sehr gute Karten für die Oberstufe, Abi und Studium, aber nicht in der Fülle. Trotzdem verläuft sich so gut wie keiner in ner Lehre und die Unternehmen wissen schon gar nicht mehr was sie als Incentives, Weiterbildungen o.ä. anbieten sollen, damit Leute zu ihnen kommen und dann, noch viel wichtiger, auch bleiben.
 
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Würde das unironisch sehr feiern wenn einer das mal bei mir brächte :D
Ich arbeite ja bereits an meinem Pitch, wo ich Familienvater als Trumpf ausspiele: Wissen Sie, was ein Auto kostet, in das 3 Kinder passen? Ich kann es mir nicht leisten, NICHT zu performen.

Keine Ahnung wie (un)professionell das jetzt im Vergleich ist. Hab zu wenig Querreferenzen, sollte aber ganz okay sein.
Mich hätten mehr so Details von 5 bis 7 interessiert. Aus meiner (gänzlich unprofessionellen) Perspektive wirkt das alles recht professionell und streamlined. :ugly:

Mein Follow-up wäre halt sowas gewesen, was volta angemerkt hat: Wie stellt man sicher, dass man niemanden rauskegelt, der nur nen schlechten Tag hat? Usw.
Ich kenn mich mit dem Thema jetzt nicht aus, fand es aber, wie manches aus der Psychologie, schon immer sehr spannend: Wie maximiert man die Chance, den besten verfügbaren Mitarbeiter einzustellen?
Ich hatte vor Jahren mal ein paar Beiträge von jemandem (afair Psychologe) gelesen, der ein bisschen obsessed mit evidence based hiring practice war - eventuell war das sogar hier? Zu lange her ...
 
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Bei uns wird evidence based hiring hoch gehängt, seit vielen Jahren. Und wir haben extrem gute Sample Size. (Dafür IMO zugegeben keine super objektiven Daten zur Performance danach, aber wer hat das schon)

Grob gesagt ging dadurch der Trend eher hin zu weniger Interviews (und weg von brain teasern).

Heißt: Mit einem Kandidaten 6 Interviews zu machen hat keinen messbaren Vorteil gehabt im Vergleich zu 3.

Gegen das Problem "du scheiterst komplett in einem Interview, weil schlecht drauf" ist imo kein Kraut gewachsen. Wenn du deswegen dann jedem noch eine Chance gibst, erhöhst du die Kosten enorm. Die Lösung auf gesellschaftlicher Ebene ist, dass man sich nicht nur bei einer Firma bewirbt -- die wenigsten Rollen und Firmen sind ja so unique, dass die Leute drastisch weniger glücklich/erfolgreich/produktiv sind, wenn sie woanders arbeiten.
 
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@Xantos2 würde grad wechseln wenn ich was inhaltlich interessantes hätte. bin übrigens offiziell nur "lead" und nicht führungskraft. because reasons. de fakto mache ich dasselbe wie die führungskräfte. bin aber cool damit weil ich mir so einige management-orientierte meetings sparen kann und mehr dev arbeit mache.

@saistaed Die Punkte 5-7 kommen doch direkt danach in der Antwort an volta. Wie geschrieben, ich versuche die Leute durch eine lockere Gesprächsatmosphäre aufzulockern indem ich Ihnen Themen gebe über die sie gut informiert sind und ohne Probleme reden können (sollten): Also ihr eigenes Leben, ihr Studium, ihre Entscheidungen und die Gründe dafür. Ich betone dann auch immer, dass es keine falschen oder richtigen Antowrten gibt und ich nur wissen will wie sie ticken. Ich sage auch explizit, dass der Teil dazu da ist sich miteinander anzufreunden und locker zu werden.

@vinniesta Ich würde auch sagen, dass das keine hohen Anforderungen sind, aber trotzdem ist die große Mehrheit der Bewerber einfach nicht gut. Egal ob MSc in Informatik oder nicht. Ich denke das liegt v.a. an zwei Dingen: Firma nicht bekannt. Hypethema. So gehen uns die guten Profile durch die Lappen weil die zu FAANG wollen, und gleichzeitig bekommen wir einen Haufen Bewerbungen die mit der Schrotflinte geschrieben und verschickt werden. Man sieht daran wie unglaublich relevant auch die ganzen "billigen" Bewerbungstipps sind, obwohl sie den meisten Leuten die ich kenne als "gesunder Menschenverstand" schon zu blöd zum Lesen wären. Man sieht da reihenweise Bewerbungen mit absolut unpassenden und nicht im Ansatz getuneten CVs und Anschreiben in denen regelmäßig der falsche Ansprechpartner oder "hello." steht. Die Anzahl derjenigen die es sich sparen auch nur einen Satz zu ihrer Motivation zu schreiben ist auch erstaunlich. Dabei würde uns schon ein "Hey, ich finde diesen Job cool und möchte gerne mit euch darüber reden! VG Bewerber" reichen. So wird dann allein die Existenz eines Anschreibens zu einem krassen Qualitätsmerkmal weil man daran merkt, dass sich die Person irgendwie damit auseinandergesetzt hat. Nicht weil es das irgendwie bräuchte, sondern weil die ganzen One-Click Bewerbungen überwiegend Müll sind. Bei denen kam noch nie ein erfolgreicher Bewerber rum, der es auch nur ins zweite Gespräch geschafft hätte.

Was das Geld angeht: Für die 60k würde ich schon auch eine gewisse Leistung erwarten. Das ist schon gutes Geld. Aber … den meisten Bewerbern würde ich das Geld mit gutem Gewissen nicht geben.

Ad Qualifikation in der Breite und Tiefe: Ja, das spiegelt meine Erfahrung recht gut.

Ad Ausbildung: Was mir unsere (besseren) Fachinformatiker-Azubis sagen ist halt, dass Berufsschule einfach nur scheiße ist, und dass sie selbst auf Youtube mehr und schneller relevantes Zeug lernen. Die anderen Azubis schleppen sich halt so durch und ducken sich im Zweifel weg. Keine Ahnung ob das an den Lehrplänen oder der konkreten Schule hängt, aber selbst mit etwas Abdiskontierung steckt da wohl ein gewisses Optimierungspotential.
Das Problem ist, dass viele dann an der Uni oder FH "versagen" weil sie viel zu spät merken, dass das akademische nicht ihr Ding ist. Damit geht ein Haufen Zeit verloren. Diese ganzen dualen Studiengänge sind da prinzipiell nicht schlecht, allerdings werden die häufig von extrem unseriösen Institutionen angeboten. Zum Beispiel die "IU International University" … das ist ein Laden den man v.a. als Marketingabteilung mit angeschlossener Ausbildungssimulation und Lizenz zum Abschlüsse vergeben bezeichnen könnte. Die bieten dasselbe was lokale FHs bieten (duales Studium). Nur halt in teurer und mit einem netteren Webfrontend und dem Versprechen, dass sie ganz toll sind. Dagegen sind privat-FHs wie die FOM echt ein nicht an Seriösität zu überbietendes Beispiel an hochwertiger Ausbildung. Und die sind schon echt sehr auf Anwendungsorientierung und erfolgreiches Studium in Regelstudienzeit ggf. auf Kosten der Qualität gestreamlined.
Zur Verdeutlichung: Die FOM ist mE sehr gut für das was sie macht, nämlich nebenberufliche Aufstiegschancen für fast jeden bieten. Die Lehrqualität an der FOM ist … noch okay, aber es ist halt mehrere Größenordnungen von einer staatlichen Uni entfernt. Die Forschung ist ein Witz. Trotzdem gibt es eine Menge gute Leute die dort ihren Abschluss her haben. Das sind dann halt keine Akademiker im Uni-Sinne, aber trotzdem gute Leute. Da hat uns Bologna keinen Gefallen getan, weil gerade die schlechten FOM- oder IU-Studenten pochen sehr darauf, dass ihre Ausbildung absolut gleichwertig zu einer Uni-Ausbildung ist. Formal stimmt das, inhaltlich ist es halt genauso lachhaft wie die Behauptung dass ein Fachwirt dieselbe Leistung wie ein (Uni-)Bachelor darstellt. Das sieht man allein schon beim Vergleich der rechnerischen Stunden die die Ausbildungen jeweils aufweisen. Das beste Dritten der FOM-Studenten würde es an der Uni schaffen überhaupt irgendwie einen Abschluss zu machen. Der Rest hätte keine Chance.
Ich hab mal eine Weile ein paar Lehraufträge an der FOM und an anderen (staatlichen) FHs gemacht und kenne deshalb diese Läden ausreichend gut um eine begründete Meinung zu haben. Hauptsächlich "Mathe", "Statistik" und "Ökonometrie" :rolleyes:
Weiter zur Ausbildung: Ich kann verstehen, dass die Jugendlichen keine Ausbildung machen wollen. Es wurde ja politisch fast alles dafür getan die Ausbildung in ihrer Außenwirkung abzuwerten. Fakt ist, dass gute Leute unabhängig von ihrer Bildung gesucht werden. Gerade im Bereich IT-Operations und Programmierung steht da fast immer "Studium oder Arbeitserfahrung, Hauptsache Du kannst den Shit". Für Data Science geht das eher nicht, weil man in passenden Ausbildungen typischerweise keine relevante Menge an Statistik lernt, was schlecht nachzuholen ist.
Mein Fazit zur Ausbildung: Wer viel Geld verdienen will und bereit ist selbst Risiken zu übernehmen, kann in den nächsten Jahrzehnten als Handwerker sein Geld quasi selbst drucken. Wichtig ist dabei aber wie sonst auch: man darf nicht dumm sein, man muss motiviert sein, man muss sich reinhängen. Aber rein vom Geld her ist es relativ safe eine bessere Alternative als ein schlechter Bachelor, aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive erst recht, denn der schlechte Bachelor muss einen großen Teil des ganzen Krams ja beim Berufseinstieg auch nochmal lerrnen. Das Problem bei den Ausbildungen ist in meiner Wahrnehmung, dass man als angestellter Handwerker häufig stark unter Wert abgespeist wird. Potential ist da aber definitiv. Im Bereich IT gilt dasselbe … gut sein, Verantwortung übernehmen … dann rollen die Taler nur so zur Tür rein.

@Xantos2 meiner Erfahrung nach ist der "cultural fit" und die Kommunikationsfähigkeit (auch die der FK) entscheidend für einen langfristigen Erfolg. Ansonsten geht es nur darum ob die Leute halbwegs schlau und motiviert sind. Wenn das gegeben ist kann man ihnen das meiste beibringen. Eigeninitiative und ein starkes Interesse am Weiterlernen ist einfach nur ein Bonus. So viele Anforderungen will ich gar nicht mehr stellen.
 
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Die Antwort auf volta hab ich gelesen und sie hat tatsächlich auch meine Frage beantwortet. ;)

Btw, ich bin vorhin über diesen Artikel gestolpert und frag mich: Wer stellt solche Fragen und was erhofft man sich davon? Da scheint mir ein lebensnaher Ansatz, wie von dir beschrieben, wo man wirklich versucht sich ein bisschen kennenzulernen, allemal besser.


Zum Stichwort evidenzbasierte Methodik grad mal ausgegraben:
Screenshot 2023-04-14 at 14-27-01 Microsoft Word - 2016-100 Yrs Working Paper for Research Gat...png

Take-away: Einfach IQ-Test machen lassen und dann passts schon? :deliver:

(Was ist bitte ein "Integrity Test"?)



Zum Thema Ausbildung:
Ich denke schon, dass wir hier noch unter dem Ballast der Uni als akademischer Institution leiden. Sicherlich ist es gesellschaftlich nicht verkehrt, wenn Leute über ihren Tellerrand schauen und wir nicht alles auf Job-Readiness streamlinen. Aber mir scheint es grad in der Mathematik oft verschwenderisch, wie viele Studis sich da mit abstraktem Zeug beschäftigen, für das sie sich eigentlich nicht interessieren und das ihnen bei dem, was sie nach der Uni machen wollen, überhaupt nicht weiterhilft.
Imo wäre da zum Teil weniger mehr: Mehr Veranstaltungen, die breiteres (mathematisches) Wissen auf einem oberflächlicheren Niveau vermitteln, dazu ein paar gescheite Methodenkurse und dafür mehr Möglichkeiten, sich auf Anwendungen zu spezialisieren, die einen interessieren.
Gut fände ich auch, wenn man im x-Jahres-Rhythmus oder so aussagekräftige Erhebungen machen würde: Welche Kompetenzen sind von Unternehmen gefragt? Wofür interessieren sich Studierende? Dann könnte man versuchen regelmäßig neue Kurse, Module oder sogar Studiengänge anzubieten, die diese Bedarfe abdecken. So entzieht man auch shady Privatanbietern fragwürdiger Qualität, die die Leute eher ausnehmen, die Grundlage.
 
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Bei uns wird evidence based hiring hoch gehängt, seit vielen Jahren. Und wir haben extrem gute Sample Size. (Dafür IMO zugegeben keine super objektiven Daten zur Performance danach, aber wer hat das schon)

Grob gesagt ging dadurch der Trend eher hin zu weniger Interviews (und weg von brain teasern).
Magst Du beschreiben wie ihr das macht?

Damit meine ich, welche Infos nehmt ihr strukturiert auf im Hiring Prozess? Wie messt Ihr das gegen Performance? Wie vergleicht Ihr das über verschiedene Tätigkeitsarten?

Ich bin am überlegen das bei uns einzuführen. Gute, objektive Performance Daten hätten wir sogar, aber ich weiss nicht wie genau ich das Hiring messen solle.

Meine andere Frage ist, wie ihr mit dem Survivor Bias im Hiring umgeht? Wie macht ihr, dass ihr nicht nur optimiert nie den falschen einzustellen, sondern auch sicherzustellen keine Juwelen zu verpassen?

 
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Btw, ich bin vorhin über diesen Artikel gestolpert und frag mich: Wer stellt solche Fragen und was erhofft man sich davon? Da scheint mir ein lebensnaher Ansatz, wie von dir beschrieben, wo man wirklich versucht sich ein bisschen kennenzulernen, allemal besser.
Kurz schonmal dazu:
Ich glaube das hängt sehr davon ab für was für eine Stelle du einstellen willst. Diese Fragen zielen alle schon in die richtige Richtung, es kommt aber sehr darauf an _wie_ man sie verpackt. So wie in dem Artikel beschrieben sind sie halt klischeehaft und unbrauchbar.
Letztlich zielen die ja auf:
  1. Was für ein Typ bist Du? --> passt Du zu uns, kannst Du kommunizieren?
  2. Erzähl mal von Dir? --> Wie repräsentierst und gewichtest Du das was in Deinem CV steht? Passt Deine Selbsteinschätzung/Dein Selbstbild zu unserem Eindruck?
  3. Wo willst Du hin? --> Was sind Deine Ambitionen? Wirst Du auf der Stelle mittel- bis langfristig glücklich?
  4. Worin kannst/willst Du besser werden? --> Das zielt (zumindest bei mir) auf die Lernbereitschaft und die Fähigkeit zur Selbstreflektion
  5. Warum wechseln? --> Können wir Dir das bieten was Du suchst?
  6. Stil von soon-to-be Ex-Chef bewerten? --> passt unser Führungsstil zu Deinen Wünschen? (Und natürlich gibt es auch die Loyalitätskomponente … allerdings ist es vollkommen normal, dass man über manche Leute abkotzt. Würde ich nicht allzu hoch hängen außer es ist extrem.)
  7. Was können wir von Dir lernen? --> kA was die Frage soll. Das kann der Bewerber ja im Regelfall gar nicht beantworten, außer es wurde im Gespräch schon total spezifisch. Letztlich ist es eine ähnliche Frage wie "was ist Deine größte Stärke/Schwäche" die in so einem Kontext nicht gut funktioniert.
Ich hab mir angewöhnt in (eigenen) Bewerbungsgesprächen einfach gnadenlos ich selbst zu sein. Ich mach das sowieso meistens nur, um meinen Marktwert zu testen und für den Ernstfall zu üben. Das ist tatsächlich gutes Training und es funktioniert insgesamt sehr gut (oder die Firmen sind verzweifelt …).
 
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Naja, aber es ist doch wohl relativ klar, dass quasi keine Antwort auf eine dieser Fragen jemals authentisch ist, sondern in erster Linie widerspiegelt, was der Kandidat meint im Sinne der Optimierung seiner Chancen darauf antworten zu müssen. Man kann jetzt natürlich full meta gehen und sagen: Wir wollen gerade jemanden, der das gut kann (Bullshit reden, der beim Zielpublikum gut ankommt) - genau in diese Richtung sollen ein ja offensichtlich auch diese tollen Tips lenken. Aber dann sind wir halt gerade dabei, dass man eigentlich für nen Job angeheurt wird, nicht dafür, Bewerbungsgespräche zu rocken - hatten wir doch neulich beim Thema gleicher Lohn für gleiche Arbeit und dem BGH-Urteil dazu.
Ich mag mich irren, sehe aber nicht, welche Erkenntnis man aus sowas ziehen soll bzw. sehe eher das Potential, dass der Interviewer seine Fähigkeit maßlos überschätzt, valide Schlüsse daraus zu ziehen. In dem Fall geht es nach hinten los, weil man einfach unnötig die Varianz erhöht: Fehltritte machen einen schlechten Eindruck, ohne dass sie wirklich was aussagen.
Das gilt jetzt nicht in demselben Maß für jede einzelne Frage. Die Frage, welche Ambitionen jemand so hat, ist per se natürlich schon sinnvoll, aber ob die Antwort einen brauchbaren predictive value dafür, ob der Kandidat eine mittel- oder langfristige Perspektive im Unternehmen hat, ist wieder ne andere Frage.

Btw, für den Kontext oute ich mich mal als Elfenbeinturmer: Hatte (bis auf belanglose Nebenjobs) noch nie ein echtes Bewerbungsgespräch.
Das Thema ist für mich auch von großem Interesse, weil sich das demnächst wohl ändern wird, außer Vitamin B zieht voll. :ugly:
 
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