1. Das existierende GG kann geändert werden und wird auch geändert werden, wenn sich der gesellschaftliche Konsens ändert. Die Auslegungsgrenzen von denen Du sprichst, werden aber imho aktuell von noch keinem relevanten Diskussionsteilnehmer (in der Politik) in Frage gestellt. Auf jeden Fall wäre aber auch innerhalb dieser Auslegungsgrenzen im heutigen GG noch "Luft nach Oben" was die Belastung von Erben angeht, ohne in Konflikt mit der Menschenwürde zu kommen wie das GG sie aktuell vorsieht.
Das GG kann nur bis zu einer bestimmten Grenze geändert werden und von der sprach ich ja auch. Schau mal in die sog. Ewigkeitsklausel Art. 79 III GG:
"(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.
(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig."
Also, ja, es gibt natürlich Luft nach oben bei der Belastung von Erben. In meinem Beispiel sprach ich aber gerade die Grenzen an und die sind bei einem vollständigen Entfallen des Erbrechts (= Erbschaftssteuer 100% ) oder zB. bei der Abschaffung des Privateigentums oder anderen Entkernungen der garantierten Grundrechte des GG erreicht. Dass das im moment keiner ernsthaft fordert ist ja auch richtig, deswegen war es aus meiner Sicht auch einfach nur ein Extrembeispiel, um meinen Punkt zu verdeutlichen. Wobei es nicht ganz zutrifft, dass es keine Fordert. Ich habe schon eine ganze Reihe von Artikeln gelesen, die genau mit diesem Gedanken spielen - was natürlich nicht bedeutet, dass es sich um gesellschaftlich relevante Strömungen handelt.
Zu 2: Da hast du Recht, ich habe das ja auch bereits gesagt. Natürlich kann sich das deutsche Volk schlicht eine neue Verfassung geben (also ganz so schlicht ist es nicht, es wären ENORM hohe Hürden zu nehmen und ich habe ganz realistisch arge Zweifel, dass der dafür notwendige Konsens in der BRD jemals erreicht würde - eher würde es sich um einen anderen Staat/Nachfolgerstaat handeln).
Abgesehen davon bin ich da vielleicht auch einfach konservativ - ich habe aber arge Bedenken, dass das was danach kommt besser wäre. Einfach weil das Grundgesetz, und das ist soweit ich das überblicke ein ziemlicher Konsens unter allen westlichen Verfassungsrechtlern der Welt, eines der besten Verfassungswerke, das es in der Geschichte der Menschheit bislang gab. Es schafft auf bislang sehr selten erreichte Weise einen Ausgleich aus Freiheiten und Grenzen dieser Freiheiten, Schutz von Individualinteressen- und Rechten und dem Bedenken der Gemeinwohlinteressen. Darüber hinaus ist die Verfassung im Gegensatz zu Fehlversuchen der Vergangenheit wehrhaft und nicht zuletzt aufgrund der Ewigkeitsklausel inherent abgesichert. Kurzum: be careful what you wish for und das Bessere ist eben oft Feind des Guten. Mir fehlt schlicht die Fantasie dafür, wie eine Verbesserung zum status quo aussehen könnte, die die Abschaffung des GG rechtfertigen würde.