Gelöschtes Mitglied 137386
Guest
Ich bezweifle, dass wir uns darüber einig sind, dass eine mittelständische Wirtschaft an sich etwas Gutes ist. Ich würde diese Aussage klar verneinen, wenn das Konzept impliziert, dass eine gerechte Besteuerung ausgeschlossen ist - und so wird es von den Befürwortern offenbar mehrheitlich interpretiert.
Erstens definierst du völlig arbiträr was eine "gerechte" Besteuerung ist. Zweitens ignorierst du völlig die Vorteile mittelständischer Wirtschaft. Ein Familienbetrieb mit jahrundertealter Tradition ist ein etwas anderer Arbeitgeber als ein internationaler Multikonzern. Gerade für die Arbeitnehmer und die ländlichen Regionen Deutschlands ist diese Struktur schlicht von unschätzbaren Wert. Außerdem ist sie einer der Gründe für Deutschlands Erfolg, weil es nunmal praktisch ist 100 Hidden Champions im Land zu haben anstatt 3 Weltkonzerne, von denen dann das Schicksal der Wirtschaft abhängt.
Die Lösungsvorschläge erscheinen mir wenig durchdacht. Der Verkauf von Beteiligungen an einer Personengesellschaft ist nicht so einfach und es gibt gute Gründe, warum Mittelständer eben keine Kapitalunternehmen sein wollen.
Was ich für Propaganda halte ist nach wie vor die Behauptung, dass 1. die Wohlhabenden zu wenig Steuern zahlen würden - wir kennen hoffentlich alle die Statistiken der Steuerlast, die von den oberen 10% getragen wird. 2. Dass Gleichheit etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat.
Naturalistischer Fehlschluss: Nur weil etwas so ist, heißt das nicht, dass es auch so sein soll oder, anders gesagt: gerecht ist.
Warum empfindest du es denn als so gerecht, wenn jemand für seine "wirtschaftlich verwertbaren Fähigkeiten" ein Zigfaches gegenüber jemand anderem erhält allein aufgrund der Gnade seiner Geburt? Denn Fähigkeiten, das hast du selbst richtig festgestellt, sind uns größtenteils gegeben und nicht von uns gemacht.
Weil es eine objektive Tatsache ist. Niemand "gibt" uns Geld weil wir es verdienen. Sondern man bezahlt uns für Fähigkeiten, die andere brauchen. Es ist mir total egal ob das "gerecht" ist, ich interessiere mich für diesen Terminus nicht. Er ist in meinen Augen ein Nonsense, den jeder subjektiv mit dem füllt, was er gerade für toll hält. Du findest Gleichheit gerecht, ich finde Ungleichheit gerecht, Mustafa findet Steinigung von Schwulen gerecht. Gerechtigkeit ist Blödsinn und sollte schlicht keine Rolle spielen.
Glaube ich nicht, zumindest nicht signifikant. Dafür hätte ich gerne substanzielle Belege.
Da kannst du dir wirklich jede Studie anschauen. Wäre dem nicht so, würde es ja bedeuten, dass es 0 Erbfaktoren gibt, dass also bei gleicher Förderung alle Menschen der Welt ca. auf denselben Stand kommen würden. Das ist einfach völliger Quatsch und das Gegenteil des Forschungsstandes.
Justus erbt 2 Milliarden € und fühlt sich geil. Ich sehe hier keine "Leistung", die den Unterschied in der Lebensrealität auch nur im Ansatz erklären könnte. Gerade vor dem Hintergrund, dass wirtschaftliche und politische Führer meist komplett überbewertet werden in ihrem Beitrag zum Erfolg (schaut in Benraths Links / Post), macht die Vererbung dieses persönlichen Glücksfalles die Sache nur noch schlimmer.
Man darf Erbe eben nicht mit Leistung des Erben verwechseln. Erbe ist die Leistung des Erblassers, nämlich seine Lebensleistung. Seit Menschen gedenken war es wohl das Ziel aller Menschen durch ihre Lebensleistung das Leben ihrer Nachkommen zu erleichtern - es gibt kaum einen größeren Motivator im menschlichen Leben.
Wenn man es weit genug abstrahiert, kann man letztlich alles "Glück" nennen. Geboren werden ist Glück, nicht sterben ist Glück, gesund bleiben ist Glück, da sind tausend Faktoren, noch vor Intelligenz oder Talent. Daraus aber das zu schließen:
Jetzt erklär mir nochmal genau, an welcher Stelle man sich hier übelegt, "wie der Nachbar das gemacht hat" und es ihm gleichtut? Das kannst du offensichtlich dann tun, wenn du ähnlich gute Voraussetzungen wie der Nachbar hast, sonst nicht - zumindest hast du dann keine annähernd vergleichbare Chance.
erschließt sich mir nicht. Hatten Sergey Brim und Larry Page bessere Chancen als ein Donald Trump? Wohl kaum, sie waren Einwandererkinder, ohne Kontakte oder großes Kapital, während Trump ein Vermögen geerbt hat. Hätte er sich nicht zum Präsidenten gepöbelt wäre er ein ziemliches Nichts, während Bird und Page den größten Konzern der Welt erschaffen haben.
Was hatte Mark Zuckerberg für Startvoraussetzunge, welche Bill Gates, welche Jeff Bezos, welche Steve Jobs usw.? Soweit ich weiß waren sie alle keine Milliardenerben, sondern kommen aus der relativen Mittelschicht.
Und solcher Beispiele gibt es zuhauf, daher ist alles was du schreibst für mich einfach nur excuse for failure, weil es angenehmer ist zu sagen "ich hatte ja eh nie ne Chance so wie mein Nachbar" als schlichtweg einzusehen "ich bin halt nicht herausragend und nichts besonderes, daher sollte ich mit einem mittelmäßigen Leben zufrieden sein" und nicht den erfolgreicheren Menschen ihre Überlegenheit neiden.
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