Ich spiele hier mal des Teufels Advokat. Die Verbindungen zwischen YPG und PKK sind unbestreitbar sehr eng und Mitglieder der letzteren werden im Westen durchaus zu sehr als edle Guerrilleros dargestellt und zu wenig als Terroristen, die auch außerhalb der Konfliktzone Anschläge auf Staatsangestellte sowie Zivilisten und Touristen verüben. Völlig losgelöst von der Frage, dass man in der Türkei die kurdische Sprache noch weiter emanzipieren, Abgeordnete der HDP weniger schikanieren und die Friedensgespräche wieder aufnehmen sollte, ist es absolut verständlich, dass ein Staat nicht zulässt, dass eine von ihm als Terrororganisation eingestufte Entität direkt an der Grenze ein sicheres Rückzugsgebiet hat. Mit Barzanis KDP hat die Türkei den Deal, dass sie in den Bergen des Nordiraks PKK-Lager ausheben darf, während Nordsyrien zum sicheren Rückzugsgebiet für die PKK/YPG-Kämpfer wurde. Bevor Öcalan 1998 von der Regierung aus Syrien vertrieben wurde, gingen dem auch massive Drohgebärden seitens der Türkei, die in einem Krieg hätten enden können, voraus.
Ich glaube btw. auch, dass die SDF die "angenehmste" Konfliktpartei in Syrien sind, die die bislang beste Gesellschaft da unten aufbauen. Dennoch ist es lustig, dass ein selbsternannter Fan der Realpolitik wie Mackia rumheult, dass die Türkei ihre nicht gerade neuen nationalen Sicherheitsinteressen an ihrer Grenze mit Gewalt durchsetzen will. Davon abgesehen kann die Aktion natürlich auch von der hohen Inflation in der Türkei ablenken.
"Die Kurden" (was aus kultureller, linguistischer und politischer Perspektive ein viel zu pauschalisierender Begriff ist) haben nach dem Sieg gegen den IS, außer Sympathie für die Underdogs und der Hoffnung auf eine für die Gegend vernünftige Gesellschaftsform, einfach nicht viel anzubieten. Barzani hat sich mit seiner Unabhängigkeitserklärung im letzten Spätsommer verzockt und Kirkuk verloren und ich kann nicht glauben, dass jemand denken konnte, dass die YPG dauerhaft auf den soliden Rückhalt der Amis oder eines anderen Players zählen konnte. Mir tut das auch leid, aber so ist es nun einmal. Ich frage mich wie deine Reaktion ausgesehen hätte, wenn Assad in ein bis zwei Jahren, nach der Rückeroberung Idlibs und des Südens mit russischer Unterstützung gegen die SDF zu Felde gezogen wäre. Eine Föderalisierung Syriens hat er ja schon mehrfach abgelehnt.
€:
aber wie will man die türkei dafür kritisiern? im prinzip machen sie nichts anderes als wir in Afghanistan.
behaupten dass staat xy terroristen beherberge und nicht in der lage ist oder willens sei gegen diese vorzugehen, rechtfertigt einen angriff. imo hat der westen den geist aus der Flasche gelassen.
Dem ersten Teil kann man ja noch zustimmen, aber glaubst du wirklich, dass das Konzept neu ist, dass man in Gebiete, in denen Feinde hausen, einmarschiert? Rom hat mit quasi dieser Begründung ein Weltreich aufgebaut.