Ich finde nach wie vor am schlechtesten, dass der "Überspringen" nicht prominenter ist & bspw, "Mir egal / ist kompliziert / mir fehlen Infos / soll meine Stimme nicht beeinflussen" umfasst [...]
Ich weiß von einer Konferenz von vor ein paar Jahren, dass es darüber tatsächlich mal Streit gab. Das eine Camp (die Reformer) sieht es so wie du, dass für einen informierter Wähler bei realistischer Gewichtung manche Themen das hundertfache an Gewicht (und mehr) haben, während man andere funktional als nicht existent betrachten kann. Dadurch, dass man aber im Maximum bestimmten Themen doppeltes Gewicht geben kann, verzerrt man die Präferenzordnung stark und produziert wenig aussagekräftige Ergebnisse.
Das andere Camp sind die Leute, die den Wahlomat seit jeher machen. Die Idee dazu stammte aus den 1990ern, als die Wahlbeteiligung im Vergleich zum Allzeithoch der 70er und 80er runter ging und man das erste Mal repräsentative Umfragen hatte, die zeigten wie wenig Wähler teilweise über Politik wissen. Deshalb wollten sie ein Tool bauen, das hauptsächlich für Leute gedacht ist, die tatsächlich keine oder nur sehr wenig Ahnung von Politik haben. Die etwas seltsame Auswahl an Fragen hat hauptsächlich damit zu tun, dass man bestimmte Fragen eingebaut hat, um Stratifizierung zwischen den ansonsten relativ ähnlichen Clustern (SPD/Grüne/Linke und CDU/FDP, der erste Wahlomat ist von 2002) zu bekommen. Die Leute wissen also schon, dass bestimmte Fragen nicht sonderlich interessant sind für den durchschnittlichen Wähler, aber sie werden trotzdem gestellt damit die Chance verringert wird, zu viele exakte Ties zu bekommen. Die Prämisse ist, dass das unentschlossenen Wählern nicht helfen würde und low info Wähler sich nicht die Mühe machen würden, mehr Informationen rauszusuchen. Dass man bei dem Ansatz geblieben ist hat viel damit zu tun, dass es immer mehr Parteien gibt, die zur Bundestagswahl antreten und die Fragen beantworten*. Laut diesem Camp legen die internen Daten bzgl. Gewichtung wohl nahe, dass die Funktion von sehr wenigen Nutzern gebraucht wird.
Meine Vermutung ist, wenn man das Ding heute nochmal aufsetzen würde, würde man es in zwei unterschiedliche Funktionen aufsplitten. Einmal ein Wahlhelfer für Leute, die tatsächlich wenig Informationen haben und einmal ein anspruchsvolleres Tool für Leute, die politisch interessiert sind. So wie es jetzt ist scheint aber niemand aus der BpB wirklich gewillt, die Macher zu zwingen etwas an dem Konzept zu ändern, weil die das dort für einen Gewinn halten "weil es so oft genutzt wird". Deshalb gibt es weiterhin im wesentlichen das Modell von 2002 mit aktualisierten Fragen.
*ironischerweise hatte man früher ein cap, wie viele Parteien man gleichzeitig auswählen konnte, welches das Problem ein bisschen eingehegt hat aber man hatte Angst, vor Gericht zu verlieren wenn jemand gegen die Begrenzung klagt, weshalb es jetzt den "alle Parteien auswählen"-Kasten gibt, der aber natürlich das Problem enorm vergrößert
Neugierfrage:
Hat jemand von euch folgendes mit JA beantwortet? Wenn ja, warum?
"Unternehmen sollen weiterhin die Einhaltung der Menschenrechte und des Umweltschutzes bei allen Zulieferern kontrollieren müssen."
Ist euch klar, dass das in der Praxis unrealistisch ist, und eines der besten Beispiele für eine absurd überbordende Regulierung, welche signifikante Kosten für unsere Unternehemen erzeugt, und einen deutlichen Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen bedeutet, die dann noch mehr Marktanteile an bspw Temu & Co verlieren, bei denen das komplett scheissegal ist?
Eh, meines Wissens gibt es für diese Behauptung als Beleg lediglich die Aussagen von Unternehmen, die natürlich lieber auf ein Lieferkettengesetz verzichten würden. Dass das ein signifikanter Wettbewerbsnachteil sein soll ist bei dem avisierten Erfüllungsaufwand völlig unrealistisch. Es ist imo ein bisschen arg naiv zu glauben, du kriegst eine doppelte Mehrheit innerhalb der EU für ein Gesetz, mit dem man sich signifikant einen Arm hinter den Rücken bindet.
Das gemeinsame Votum mit der AfD brachte CDU-Chef Friedrich Merz heftige Kritik ein. Doch in den Umfragen verfestigt sich der Eindruck: Eine Quittung der Wähler muss die Union nicht fürchten.
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Einige hatten auch hier schon gefreut, aber die Merz Aktion scheint ihm doch nicht so sehr geschadet zu haben. Myta hatte das ja schon relativiert.
Die Geschichte war immer nur ein klares Zeichen dafür, dass der durchschnittliche Politikjournalist in Deutschland nicht wahnsinnig viel Ahnung hat, wie Politik tatsächlich funktioniert.