@ Zweifeuerkraut: Exakt, weshalb man eben beim Einsatz von Waffen vom gestuften Notwehrrecht spricht.
Bei einer Schusswaffe als der gefährlichsten Waffe sind es folgende Stufen : Warnung, Schuss in die Luft, Schuss in Extremitäten, Kopfschuss. Nach anderer Ansicht gibt es noch eine Zwischenstufe, nämlich die Warnung, dass man gleich schießen werden. Ich halt diese allerdings für überflüssig. Diese Stufenprüfung gehört in die Prüfung der Erforderlichkeit (mildestes Mittel). Vorherige Warnungen sind nur dann entbehrlich, wenn aufgrund der konkreten Kampflage das "Opfer" berechtigte Interessen preisgeben müsste (Androhung mit Schusswaffengebrauch, wenn der Täter schon mit dem Knüppel ausholt). D.h. je nach Einzelfall kann der Täter auch alle Stufen überspringen und direkt in den Kopf schießen. Es muss sich dabei eben um einer Handlung handeln, die dem Merkmal der Erforderlichkeit genügt. Aber, überspringt der Täter diese Stufen, obwohl der Angreifer z.B. noch 20 Meter entfernt war und sich nur langsam nähert, und schießt ihm direkt in den Kopf, tendiert die Sachlage je nach Vorstellungsbild des Täters schon wieder in Richtung Notwehrexzess.
Das selbe gilt nun eingeschränkt auch für den Einsatz eines Messers. Da man, wie ja schon ungefähr hundert mal betont wurde, nicht beurteilen kann, ob Sven G. Gelegenheit hatte, mit dem Messer zu drohen, und es sich ferner nicht aus dem Telekom Artikel ermittelt lässt, ob er genügend Zeit hatte, eine andere Stelle als den Hals anzugreifen, kann man von hier aus das Notwehrrecht nicht abschließend prüfen. Tatsache ist wohl, dass sich die anschließende Flucht und die Nichtanzeige der Tat nicht zum Vorteil von Sven G. ausgewirkt haben. Aber ich habe es ja auch schon des Öfteren betont: Auch für mein Rechtsempfinden ist die Strafe etwas zu hart. Aber ich kann auch nicht beurteilen, wieviel Spielraum das Gericht überhaupt hatte, da der Strafrahmen ja vorgegeben ist. Dazu müsste man den Tenor des Urteils haben.
@ Myta: Ich habe meine Informationen auch nicht von "Kalter-Stahl.de", sondern einfach aus kriminologischen Fallstudien, also wie sich Täter/Opfer in gewissen Situationen in der Regel verhalten. Natürlich ist das niemals allgemeingültig, es mag durchaus einen 17 jährigen geben, der mit einer Stichverletzung im Bauch noch weiterkämpft, obwohl er sein Opfer nicht kannte und auch nicht den Eindruck erweckte, als wolle er selber zu Waffen greifen. Dass so etwas in absoluten Ausnahmefällen, die dann dank Bildzeitung und TV jeder kennt, doch passiert, ändert ja nichts an der Einschätzung der Wahrscheinlichkeiten. Aber da kann ja jeder seine eigene Ansicht haben, die Gerichte sehen den Einsatz eines Messers auch auf nicht tödliche Stellen nun einmal als grundsätzlich geeignet an, einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff zu beenden. Das ist einfach ein Erfahrungswert. Wäre dem nicht so, wäre Sven G. nicht bestraft worden sondern wäre durch § 32 (Notwehr) gerechtfertigt gewesen.