Was letztlich der Grund ist, warum diese Maßnahmen nicht umgesetzt werden weiß ich nicht; vielleicht sind es auch läppische Haushalts- bzw. Finanzierungsfragen oder schlicht und ergreifend eine fehlende Lobby. Weißt du da mehr?
Dein Post klang stark nach einem reflexhaften: Schuld sind natürlich nur die Rechten, nur die müssen was ändern!
Die Frage diente daher vor Allem damit zu sehen ob das wirklich so ist oder du mehr weißt.
Ich habe natürlich auch keine geheimen Insiderinfos, aber kann mir gut vorstellen wo das größte Problem liegt.
Es ist für Politiker eine extrem undankbare Aufgabe einen gemäßigten Islamunterricht in Deutschland einzuführen weil man damit kaum Unterstützer, aber jede Menge Gegner hat. Insbesondere das Zielpublikum wird teilweise extrem stark dagegen kämpfen.
Der aktuelle Islam ist nun mal in weiten Teilen inkompatibel mit unseren Werten. Und damit meine ich nicht Schweinefleisch fressen, sondern so Grundlegende Sachen wie: Gleichberechtigung von Mann und Frau, Respekt vor Homosexuellen, Religionsfreiheit usw. Man schaue sich nur die Zustände in allen mehrheitlich muslimischen Ländern an, Studien in Deutschland zum Demokratieverständnis von Muslimen (soll ich sie raussuchen?), die großen Muslimischen Verbände, oder einfach Einzelfälle wie das von schlaef3r verlinkte.
Ein gemäßigter islamischer Religionsunterricht wird sich also gegen die Meinung einer ziemlich große Zahl von Muslimen stellen, wahrscheinlich gegen so ziemlich alle Imane, und Aussagen treffen für die es in vielen muslimischen Ländern die Todesstrafe, oder in "gemäßigten" muslimischen Ländern wie dem "Musterland Indonesien" zumindest mehrjährige Gefängnisstrafen gibt.
Siehe z.B.:
https://www.faz.net/aktuell/feuille...ollen-boese-geister-beherbergen-16351059.html
Der ehemals bekannteste christliche Politiker des Landes, der Ex-Gouverneur von Jakarta, wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er in einer Wahlkampfrede gesagt hatte, seine Zuhörer sollten sich nicht von einem Koranvers irre machen lassen, der Muslimen angeblich verbiete, Nichtmuslime zu wählen.
Insbesondere die großen Verbände die gut mit Geld ausgestattet sind und aus dem Ausland gesteuert werden da massiv gegen ankämpfen.
Und wer soll diesen Unterricht halten? Die Studenten des Islamzentrum Tübingen z.B. scheinen schon mal ungeeignete zu sein da sie noch nichtmal das Prinzip von Gleichberechtigung verstanden haben. Wundert mich ehrlich gesagt auch überhaupt nicht, dass sich eher die Fundamentalisten in so einem Bereich finden, in einem Studiengang für katholische Theologie erwarte ich auch mehr Spinner als im Maschinenbau.
Und dann gibt es natürlich noch die unreligiöse Rechte und Linke. Auch hier gibts keine Unterstützung, die einen werden aus Prinzip gegen sowas sein, weil Islam im Staat nicht sein darf, und die anderen wahrscheinlich reflexhaft das vorhaben als islamophob beschimpfen, weil man damit ja indirekt Kritik an den muslimischen Verbänden übt und dem gelebten Islam weltweit übt. Im Verhältnis ist das wohl nur ein kleines Problem, das wäre lösbar, aber eben auch ein weiteres Hindernis und keine Unterstützung.
Es gibt bestimmt einige gemäßigte Muslime die das gut fänden und gerne einen gemäßigten Religionsunterricht für ihre Kinder hätten, aber die sind nicht in riesigen Verbänden mit viel Geld vernetzt, und ihr Eifer einen solchen Kampf zu schlagen wird sicher viel geringer sein als der der Fundamentalisten (was ich gut verstehen kann), am Ende haben sie damit doch nur Drohungen, Gewalt und Mord am Hals.
Ich stimme dir mit deinen Forderungen eigentlich völlig zu:
Für mich hat das zwei Aspekte: Es sollte staatlich organisierten Religionsunterricht, eingebettet in Geschichte und Ethik geben. Also für alle Schüler und nicht als Schulung für den Glaubenden per se. Es ist wichtig, dass alle Schüler die Grundzüge jeder großen, monotheistischen Religion verstehen um auch aktuelle Konflikte besser verstehen zu können; die Unterscheidung in Shiiten, Sunniten und Wahabiten musste ich z.B. mir mühselig selber beibringen, finde ich bescheuert. Das sollte im Optimalfall dann reichen, um die Schüler auf gefährliche Strömungen ihrer eigenen Koranschule zu sensibilisieren. Aber dem würdest du wohl auch nicht widersprechen und das meintest du nicht.
Was die staatliche Islamschule angeht: Stimme dir auch zu, das wäre eine Zwischenlösung und nicht der Königsweg. Grundsätzlich soll Religion Privatsache bleiben; davon sind wir in Deutschland momentan aber noch weit entfernt, wenn man sich die immer noch bestehende Verquickung von Christentum und Staat ansieht. Von daher betrachte ich das eher pragmatisch: Wenn es nützlich wäre und gebraucht wird, dann her damit.
Aber es wird nicht kommen. Ein solcher Unterricht wird wenn er wirklich gemäßigt sein soll von zu vielen nicht als Entgegenkommen "besser als gar kein Islamunterricht" sondern als Angriff und Blasphemie gewertet werden, dafür lohnt es sich nicht als Politiker zu kämpfen, außer viel Ärger von allen Seiten und am Ende wahrscheinlich auch Morddrohungen hat man ja doch nichts davon.