Sorry, ich wollte nicht suggerieren, dass Bewährungsstrafen für Vergewaltigung üblich im Sinne von (relativ) häufig sind, sondern dass man von solchen Fällen durchaus hört - es also in unserem Strafgesetz durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Statistisch wird sowas wohl ein Ausreißer sein, obwohl Fälle wie der hier durchaus Kopfschütteln bei mir hervorrufen:
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/diakon-vergewaltigung-bewaehrungsstrafe-1.4311261
In dem Artikel ist die Rede von Täter-Opfer Ausgleich (§ 46a StGB) mit Zahlung von 15.000€. Also auch da scheinbar eine Milderung auf Strafrahmen von 6 Monate bis 11,25 Jahre. Also deshalb wohl auch zwei Jahre und dann Bewährung prinzipiell möglich. Das ist aber alles andere als zwingend. Und der Artikel liefert freilich zu wenig Infos... man müsste hier halt die Akte kennen, was genau vorgefallen ist, ob zugunsten des Täters noch etwas zu berücksichtigen war, was die Schuld angemessene Strafe so weit runterdrückt. Aber scheinbar ist das Amtsgericht (Schöffengericht, 1 Richter 2 Schöffen !!!, die den Richter freilich überstimmen können) zum Ergebnis gekommen, dass zwei Jahre reichen und Bewährungsvoraussetzungen auch vorliegen.
Danke übrigens für den Input zu dem Lügde-Urteil. Mir war gar nicht bekannt, dass man als Anstifter grundsätzlich gleich dem Täter bestraft werden soll. Unter diesem Gesichtspunkt finde ich das Urteil in der Tat nicht nachvollziehbar - die Staatsanwaltschaft scheint das ähnlich zu sehen.
Eben! Es sei denn wir haben noch eine Strafrahmenverschiebung. Ansonsten ist das wohl fast unvertretbar (meine Meinung).
Ich hab nochmal einige alte Beiträge aus dem Thread hier überlesen und hätte da mal eine Frage an die Anwälte: Kommt es eurer Erfahrung nach häufiger vor, dass ein Urteil in den höheren Instanzen als zu milde kassiert wird oder als zu schwerwiegend? Hat beides für das betreffende Gericht in etwa die gleichen Auswirkungen?
Mich interessiert das nur, weil jemand behauptet hatte, die Richter würden sich häufig nicht trauen, härter zu bestrafen, weil sie um ihre Karriere fürchteten. Das würde ja implizieren, dass milde Strafen von den höheren Instanzen durchaus gewünscht sind oder dass zu harte Urteile einem größere Schwierigkeiten bereiten als zu milde.
Die eigentlich Strafzumessung ist dem Tatgericht vorbehalten. Bei Revision zum BGH (bei erster Instanz Landgericht) gibts nur einen beschränkten Raum der Überprüfung. Das kann man als Richter im Prinzip schon „Revisionsfest“ sichern.
Ansonsten kann man dazu nichts pauschal sagen. Dass ein Urteil aufgehoben wird, passiert tagtäglich. Das ist also nichts, was irgendeinen Einfluss auf die „Karriere“ hat und irgendjemanden besonders wurmt. „Karriere“ macht man mit Erledigungszahlen + Präsentation seiner Fähigkeiten vor den richtigen Leuten und/oder wenn man das richtige Parteibuch hat. Es gibt allerdings einige Richter, die sich in ihrer „Ehre“ getroffen fühlen, wenn ein Urteil oberinstanzlich aufgehoben wird. Diese Richter sind meistens dann auch die, die ihre Begründungen „Revisionsfest“ gestalten.
Die Obergerichte geben weder eine harte noch eine milde Richtung vor. Wie gesagt, da wird allein geschaut ob die Strafzumessung in rechtlicher Hinsicht richtig oder falsch ist und ausreichend begründet wurde. Ob dann 4 oder 5 Jahren oder zwei Jahre mit oder ohne Bewährung da stehen (wenn alles beachtet wurde) ist völlig egal und wird auch nicht in Abrede gestellt.
Es kommt auch drauf an, wer denn Rechtsmittel eingelegt hat. Wenn nur der Angeklagte, dann gilt das Verschlechterungsverbot nach § 358 StPO. Dann kann die obere Instanz gar nicht sagen „hey das Urteil ist aber zu milde“. Vielmehr kann dann nur noch das Gegenteil eintreten.
Freilich gibt es in den Gerichtsbezirken einige Unterschiede der Strafen. In der Regel ist es in Bayern (aber auch nicht gravierend) härter. Im Norden milder. Und innerhalb des Gerichts gibts bestimmte unverbindliche Sammlungen.
In der Regel schaut sich halt der TatRichter den Strafrahmen an (ggf. Unter Beachtung gesetzlicher Milderung und Strafrahmenverschiebung) und bewertet die Tat („wie schlimm war das jetzt? Eher ganz schlimm, dann im oberen Bereich. Durchschnittlich ? - dann irgendwo in der Mitte. Eher weniger schlimm -unten“ was schlimmer oder weniger schlimm ist erfährt man durch die verschiedenen Sachverhalt, also erfahrungswerte) und wertet dann zusätzlich Umstände (§46 stgb) zugunsten (zb. Reue, Geständnis, Wiedergutmachung) und zuungunsten des Angeklagten (zb. Erhebliche kriminelle Energie, Wiederholungstäter). Also alles „Pi mal Daumen“, keine Mathematik. Welche konkrete Zahl dann nun raus kommt (3, 4 oder 5 Jahre) kann keiner überprüfen und aufheben, wenn alles beachtet wurde.