COOKIE-RICHTLINIE - Wie die EU Internet-Nutzer nerven will
Die EU-Ratspräsidentschaft versucht, ein Zustimmungsverfahren zu Cookies einzuführen. Das klingt zunächst nach einer langweiligen Marginalie. Bis man begreift, dass Sie mehrere Einverständniserklärungen hätten unterzeichnen müssen, um auch nur diese Zeilen zu lesen. (...)
Ich persönlich habe meinen Browser deshalb so eingestellt, dass er sie bei jedem Schließen des Programms komplett löscht. Jeder Browser ermöglicht auch, nur sogenannte Session Cookies anzunehmen - Cookies, die nach Beendigung einer Internet-Nutzung wieder verschwinden.
Der EU ist das nicht genug. Sie berät zurzeit über eine Neufassung des Artikels 5 der Richtlinie zur Privatsphäre und Elektronischen Kommunikation (kurz "ePrivacy-Richtlinie"), die Gutes will und Brachiales verursachen könnte. Der seit Freitag vorliegende, nicht öffentliche Textvorschlag der EU-Ratspräsidentschaft läuft informierten Kreisen zufolge angeblich darauf hinaus, den Einsatz von Cookies an ein Opt-in-Verfahren zu koppeln. Das heißt, dass jedesmal, wenn Ihrem Browser ein Cookie gesetzt werden soll, Sie ein Pop-up-Fenster oder eine "Vertragsseite" präsentiert bekämen, und Sie zuerst Ihr ausdrückliches Einverständnis erklären müssten
Nach Meinung der Befürworter dient diese Cookie-Ergänzung der Datensicherheit der Nutzer. (...) Es gäbe wohl wichtigere Datenschutzthemen, die eine Hinterfragung lohnen würden - von Ursula von der Leyens abstrusen Internet-Sperr-Plänen über Wolfgang Schäubles Überwachungsphantasien bis hin zur Bürgerdaten-Tombola im internationalen Sicherheitsbehörden-Club und zur leidigen Vorratsdatenspeicherung. Sei's drum: Die EU-Parlamentarier finden es okay, wenn unsere Vorstrafen zwecks Terrorrabwehr an US-Behörden vermailt werden und unsere ganze Kommunikation auf Monate dokumentiert wird. Hauptsache, niemand bekommt ohne ausdrückliches Einverständnis einen Cookie. (...)
Man muss sich das einmal vorstellen. Mit der bequemen Nutzung des Webs wäre es vorbei, sobald man sich auf Web-Seiten bewegt, die in der Europäischen Union hinterlegt sind - denn natürlich würde all das für außereuropäische Seiten nicht gelten. SPIEGEL ONLINE unterschiede sich vom "Sydney Morning Herald online" nicht nur in Sprache, Design und geografischem Fokus, sondern auch dadurch, dass es seine Nutzer gesetzlich verordnet dauernerven müsste - denn EU-Direktiven sind nach dem Subsidiaritätsprinzip in Landesgesetze umzusetzen. (...)
Im Fall Cookies steht zu befürchten, dass viele der Leute, die möglicherweise schon am 5. Mai darüber abzustimmen haben, nicht den geringsten Schimmer haben, worüber sie da eigentlich abstimmen. Es einfach nicht begreifen, sich nicht vorstellen können. Das Thema nicht erfassen, weil sie es nicht kennen. Das Internet nicht nutzen, sondern nutzen lassen, aber durchaus darüber entscheiden. In informierten Kreisen nennt man solche einflussreichen Menschen auch "Internet-Ausdrucker". Man kann nur hoffen, dass von denen wenige beteiligt sind; dass auch unsere deutschen Abgeordneten die Wichtigkeit des vermeintlich technischen Themas begreifen.