Die Energiewende ist ein rein politisches Problem. Die technologischen Voraussetzungen um komplett auf erneuerbare Energien umzustellen sind längst da. Es scheiterte bisher an mangelndem politischen Willen, an Bürokratie, an kleingeistigem Widerstand.
Diese Aussage finde ich interessant.
Wie Kain bin ja auch ich Elektro-Ingenieur und habe auch mal eine Zeit lang im Bereich der Stromerzeugung (bei mir Bau und Betrieb von Kernkraftwerken, also nicht direkt in der Erzeugung) gearbeitet. Ich bin also durchaus an dem Thema interessiert.
Leider habe ich bisher keine einzige tragfähige Lösung gesehen wie die Stromerzeugung komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden kann. Und das ist technisch und preislich geschuldet:
- wir haben keine Energiespeicher, wir haben keinen Platz für großflächige Energiespeicher wie Stauseen. Die Energie einmal am Tag für eine Zeit x herzustellen klappt ja heute auch schon ab und an - darum geht es aber nicht. Es muss sichergestellt werden, dass zu jeder Sekunde eines Tages genug Energie vorhanden ist, sonst fällt das Stromnetz in sich zusammen wie ein Kartenhaus.
- für oben genannten Punkt bräuchte es also ggf. eine "Backup-Lösung", im Moment ist diese mit Gaskraftwerken geplant. Diese erzeugen natürlich auch CO2 (die sind gar nicht so toll viel besser als Kohle) und es gibt diese Kraftwerke auch nicht. Da die Grundlage für Gaskraftwerke im Moment auch weggefallen ist (Spitzenlast Mittags macht jetzt eher Photovoltaik) baut auch niemand Gaskraftwerke, eher werden die bestehenden im Moment eingemottet. Große Gasspeicher bräuchte man dann auch, das ist ja klar. Im Winter bei Schnee aber trotzdem wenig Wind will man ja auch Strom haben. Power To Gas wäre eine Möglichkeit - allerdings ist dieses noch zu teuer.
- Man bräuchte überall wo viel Industrie (aber auch so regional natürlich) Erzeugung von Blindleistung. Durch die Stromleitungen, die mit steigender Länge eine gewisse Kapazität aufweisen kann man die benötigte Induktive Blindleistung auch nicht sehr weit transportieren. Aktuell machen Windkraftanlagen und Photovoltaik aber nur Wirkleistung soweit ich weiß.
- wir bräuchten viel mehr Platz um Windräder aufzustellen + noch mehr Photovoltaik. Man könnte dafür natürlich noch näher an die Siedlungen / Bauernhäuser herangehen, was aber massiven lokalen Widerstand hervorbringt (NIMBY lässt grüßen). Teilweise auch verständlich wenn das Betongold = Eigenheim plötzlich 20-30% an Wert verliert weil die Windkraftanlagen so nah sind - hier müssten dann also Entschädigungen her.
- selbst wenn man alle obenstehenden Punkte angeht wo man kann (viel viel mehr bauen überall von, Power to Gas etc.) dann reichen die Herstellungskapazitäten nicht aus um da nur ansatzweise genug Material heran zu schaffen. Das fängt bei Generatoren für Windkraft an, Neodyme, seltende Erden, bei den benötigten Kabeln für Netze, bei Power To Gas Komponenten, Speicher,... Selbst wenn die Politik jetzt auf den Knopf drückt dann ist eine Lösung die weniger als 25-30 Jahre dauert absolut unrealistisch. Und dieser Knopfdruck der alles in diese Richtung stößt kommt halt nicht, weil niemand die Kosten entsprechend tragen will.
Ein etwas anderes Thema waren ja die Kosten von Kernkraftwerken die hier lang besprochen wurden. Man kann darüber streiten ob man mit den technischen Möglichkeiten von heute (Stichwort schneller Brüter, _deutliche_ Reduzierung von länger strahlendem Müll) überhaupt noch so riesige Endlager benötigt. Was ich einfach mal in den Raum werfen möchte ist folgendes: wie teuer ist denn das CO2 mit allen Konsequenzen die sich daraus ergeben? Also mehr Extremwetterlagen, Wetterflüchtlinge, steigende Meeresspiegel...
Ich postuliere jetzt mal (und ich bin hier gerne an einer Diskussion interessiert!):
Kosten für Kohle + Gas --> Auswirkungen von CO2 müssen auf den Preis aufgeschlagen werden, mit den oben genannten Konsequenzen --> Kohle- und Gasstrom strom wären sofort unrentabel
Kosten für erneuerbare Energien --> Gaskraftwerke = Teilweise CO2 - oder Power to Gas + Speicher + Erzeugungskosten der vielen dezentralen Erzeuger --> die Kosten da drauf geschlagen und die Erneuerbaren wären sofort unrentabel
Kernkraftwerke --> Versicherung, Endlagerung, die ganzen besprochenen Themen in den Vorposts --> Strom aus Kernkraftwerken wäre sofort unrentabel
Ich denke es ist an der Zeit mal ehrlich mit sich zu sein, welchen unrentablen Weg man gehen möchte. Aus meiner Sicht würde ich regenerative Energien sofort bevorzugen wenn es Speicher und Platz gäbe - deswegen bin ich aus derzeitiger Sicht eher für einen Mix aus Windkraft / Photovoltaik und neuen Kernkraftwerken. Zumindest letzteres in staatlicher Hand.
Wenn man neue Kernkraftwerke baut die auf Lastfolgebetrieb (d.h. Ausgleich der Schwankungen der regenerativen Energien) ausgelegt sind klappt das auch. Gleichzeitig könnte man mit dem "zuviel" an Energie dann Power-To-Gas machen und wenn die Gasspeicher voll sind die Kernkraftwerke auf Sparflamme laufen lassen / 2-3 auch mal für eine Revision 1 Monat lang aus machen oder so. Dazu bräuchte man dann große Gasspeicher (die sind einfacher zu finden als der Platz für Wasser). Das wäre aus CO2 technischer Sicht besser als Reg. + Gaskraftwerke und ich denke auch realistischer als regenerative Energien alleine.
Achja: das Uran nur noch für 65 Jahre vorhanden ist ist in etwa so zu lesen wie die Aussagen in den 1970er Jahren, dass Öl nur noch für 50 Jahre vorhanden ist.
Schweres Wasser ist auch noch eine Option, dann kann man unangereichertes Uran benutzen und hat dann ein paar Tausend Jahre Brennstoff... Nicht optimal, aber besser als Kohle allemal.