Ja, Polizisten sind Organe des Rechtsstaates und als solche ist es ihre erste Pflicht die Herrschaft desselben herzustellen. Der wichtigste Grundsatz dabei ist das Gewaltmonopol des Staates und darum ist es nicht zu dulden, wenn irgendwer Steine auf Polizisten schmeißt.
Was du hier vorträgst, ist fatal. Da kommt tief verwurzeltes obrigkeitsstaatliches Denken zum Ausdruck. Mit jedem dieser Sätze besudelst du das Ansehen der Uniform, die du trägst.
In einem freiheitlichen Rechtsstaat, wie wir ihn haben, steht die Achtung der Menschen- und Bürgerrechte an erster Stelle, nicht die Durchsetzung der Staatsgewalt aus Staatsräson.
Und es ist grundsätzlich nicht zu dulden, wenn irgend jemand Steine auf irgend jemanden schmeißt, ob Polizist oder nicht.
Aber besondere Situationen erfordern nun einmal besondere Verhaltensweisen. Wenn du aus einer anonymen Gruppe mit Steinen beschmissen wirst, darfst du da auch nicht wie ein Stier hineinstürmen und auf alles einschlagen, was sich bewegt.
Straftäter sind immer Einzelpersonen. Und zur Notwehr bist du erst berechtigt, wenn eine Einzelperson dich fortwährend angreift und deine Maßnahmen geeignet sind, diesen Angriff zu beenden. Die ganze Aktion hat darüber hinaus verhältnismäßig zu erfolgen.
Die Leute, die den Agressoren dabei in ihrer Mitte Schutz gewähren, unterstützen diese durch ihr Verhalten passiv und müssen sich darum nicht wundern, wenn sie auch was abbekommen. Es hat nichts mit Versammlungsfreiheit zu tun, wenn man Gewalttäter in seiner Mitte schützt - denn damit macht man sich mit diesen gemein.
Auch das ist falsch. Nur weil ich mich zufällig in der Nähe eines Steineschmeißers aufhalte oder mit ihm in einer Demo mitlaufe, mache ich mich nicht zum Mittäter.
Dazu müsstest du nachweisen, dass ich mich ganz bewusst schützend vor ihn stelle oder wenigstens aktiv seine Ergreifung behindere. Mein bloßes Dasein ist nicht so ein aktives Eingreifen.
Noch dazu gibt es für friedliche Demonstranten gar keine Möglichkeit, effektiv auszuweichen, etwa weil sie sich in einer Straßenschlucht befinden oder bereits von Polizisten umstellt sind. Was meinst du, wie die Polizisten es fänden, wenn sich plötzlich alle friedlichen Demonstranten durch ihre Reihen drängend, um die Steineschmeißer preiszugeben?
Ich will Polizisten auch gar nicht verbieten, sich zu verteidigen. Es ist jedoch immer abzuwägen, ob so eine Selbstverteidigung überhaupt effektiv und angemessen erfolgen kann. Und das ist eben häufig in solchen chaotischen Situationen nicht der Fall. Im Gegenteil, ein gewaltsames Eingreifen der Polizei führt eher zu Gegengewalt und trägt zur Eskalation und Gefährdung Unschuldiger mehr bei als zur Ergreifung der Täter.
Darum ist es bei einem insgesamt friedlichen Ablauf mit einzelnen Gewaltakten nicht geboten, einen offenen Schlagabtausch auszulösen. Das mag jetzt hart klingen, aber Gegenstände auf Polizisten zu schleudern ist doch in den meisten Fällen mehr eine Provokation als ein wirksamer Angriff. Solange die Polizisten in entsprechender Ausrüstung - d.h. Helme, Schutzanzüge, Schutzschilde - gut formiert ausharren, geht von solchen Aktionen keine veritable Gefahr aus. Also gibt es auch keinen Anlass zur Verteidigung, die fast immer mit einem Gegenangriff gleichzusetzen ist.
Sollte man es wirklich mit einer vorwiegend feindlichen Ansammlung zu tun haben, wird man in einzelnen Extremfällen sicherlich keine andere Wahl haben, als vorzurücken. Doch auch dann darf niemals wahllos auf Demonstranten eingeschlagen werden. Das Hauptziel muss dann sein, die gefährliche Situation aufzulösen, nicht sie anzuheizen.
Und wie ich schon gesagt habe: Es kommt auch auf Studentendemos nicht selten Gewaltexzessen vonseiten der Polizei. Ob diese nicht ebenso oft provoziert sind, spielt dabei keine Rolle. Es ist jedenfalls keine Seltenheit, dass die Gewalt ohne zureichenden Grund durch die Polizei begonnen wird.
Und das darf nicht sein. Schon gar nicht darf es sein, dass die Verantwortlichen ungestraft davonkommen, ob Vorgesetzte, die sowas autorisieren oder wenigstens nicht unterbinden, oder die Handelnden selbst.
Und dem Umstand, dass genau das in der überwältigenden Mehrheit der Fälle passiert, kann eine Nummerierung der eingesetzten Beamten zumindest in Teilen Abhilfe schaffen.