Weil so eine Einheit mit einer Petze drin nicht funktioniert, ist doch logisch. Die müssen zusammenhalten und sich mit Chaoten prügeln - wie soll das gehen wenn sie sich gegenseitig verpfeifen?
Außerdem haben die Leute sicher Verständniss für ihren Kameraden. Die standen da stundenlang rum, mussten sich beschimpfen und bewerfen lassen. Wurden aus der Ecke mit Flaschen beworfen und dann durften sie endlich los. Wenn da noch eine Hippie-Frau rumsteht, die so aussieht, als würde sie zum Mob gehören ist das ne Sache von einer Sekunde die umzuwerfen und ihr noch eine zu verpassen - bei dem Adrenalin gar keine große Sache.
Das können die anderen Polizisten besser einschätzen, als ihr - vielleicht haben sie ihren Kameraden später für sein dummes Verhalten auch eine Abreibung verpasst. Aber das reicht noch lange nicht um ihn der Justiz und der wartenden Presse zum Fraß vorzuwerfen und damit das innere Gefüge solch einer Einheit zu zerstören.
Deine Einheit-Korps-Gott-Vaterland-Fabeln kannst du woanders erzählen. Das sind Polizisten, keine Soldaten. Und unsere Straßen sind keine Schlachtfelder, auch wenn einige Rabauken sie gern dazu machen würden.
Wenn jemand eine Flasche auf mich wirft, darf ich nicht auf den losstürmen und ihm ne Abreibung verpassen, auch wenn ers verdient hat. Und dass das mal klar ist: Wenn der Polizist seine Uniform auszieht und von jemandem mit Steinen beworfen wird, dann kann der dem meinetwegen ein paar reinhauen. Ich hab damit kein moralisches Problem. Aber sobald dieser Mann eine Uniform anzieht, ist er der Staat. Und weil dieser Staat ein Rechtsstaat ist und in einem Rechtsstaat das Gesetz herrscht, ist dieser Mann dem Gesetz verpflichtet, nicht seinem Temperament, nicht seinen Kameraden, nicht seinem Stolz.
Und das Gesetz lässt es nun mal nicht zu, respektive sollte es nicht zulassen, dass Polizisten eine Gruppe von Menschen attackieren, nur weil aus dieser Gruppe Steine und Flaschen geschmissen werden. Und nur weil ich bei so einer Gruppe stehe, hat mich kein Polizist anzufassen.
Ich persönlich würde mich da auch schleunigst entfernen, weil ich in solchen Situationen vorsichtig bin und demonstrieren für mich weniger mit Provokation zu tun hat. Aber andere Menschen sehen das anders und wollen ihrem Protest gegen etwas Ausdruck verleihen, indem sie sich in so einer Situation eben nicht einfach entfernen. Und das ist ihr gutes Recht, solange es sicherheitspolitisch irgendwie tragbar ist.
Das mag dich betrüben, aber nur weil Wurfgeschosse aus einer Menschenmenge fliegen, ist diese Menschenmenge noch nicht als feindseliges Kollektiv zu behandeln. Mich kotzt auch an, dass einzelne Gewalttäter so unter den Deckmantel einer Masse schlüpfen und ich würde mir auch wünschen, dass da etwas mehr Zivilcourage herrschte und die Demonstranten, die in der Mehrzahl keine Eskalation wollen, solche Brandstifter zur Räson brächten.
So ist es aber eben meistens nicht. Und Polizisten haben das zu erdulden. Das ist ihre Arbeit und ihre gottverdammte Pflicht. Man könnte sicherlich einiges tun, um die Leute für solche Einsätze besser auszubilden und auch besser zu bezahlen, um den speziellen Belastungen dieser Arbeit gerecht zu werden.
Aber das tut nichts zum Kern der Sache. Polizisten haben keine Demonstranten zu attackieren, basta. Vielleicht sollte man ihnen einfach gar keine Knüppel mehr geben. Mir fällt auch grad keine nicht missbräuchliche Situation ein, in der man die benutzen sollte. Ein Schlagstock ist in erster Linie mal eine Offensivwaffe und solche hat im Arsenal eines Polizisten, der auf einer Demonstration Wache schiebt, nichts verloren. Sollen sie lieber Schilde halten. Das ist sinnvoller.
Wenn es natürlich wirklich mal dazu kommt, dass eine überwiegend gewalttätige Gruppe gezielt Polizisten angreift, dann darf und muss selbstverständlich auch dagegen vorgegangen werden. Und dann kann man auch Wasserwerfer einsetzen und stürmen, wenns sein muss. Ansonsten nicht. Gewalt vonseiten der Polizei sollte in solchen Situationen immer Notwehr sein oder Schutz Dritter oder Schutz des Eigentums Dritter. Aus Staatsräson Demonstranten zur Ordnung zu rufen, führt zu gar nichts, außer bösem Blut auf beiden Seiten. Und das gibt es wahrhaftig genug.
Und wenn du schon mal auf ner Studentendemo warst, dann weißt du, dass es da in aller Regel eher harmlos zugeht. Klar gibts auch da vereinzelte Steineschmeißer, aber die sind eher die Ausnahme. Die meisten Festnahmen bei solchen Gelegenheiten erfolgen aufgrund des Übermuts halbstarker Rüpel. Ich hasse diese Provokationsprotestler auch wie die Pest, aber es gibt sie nun mal. All das darf einen Profi nicht aus der Fassung bringen.
Und mit jedem Satz, in dem du hier weiter blind für deine Kumpel in Uniform Partei ergreifst, erreichst du das Gegenteil von dem, was du erreichen willst. Zumindest, wenn man dein Anliegen, dich für die Polizisten einzusetzen, für bare Münze nimmt. Der Ruf der Polizei ist nämlich gerade aufgrund dieser Engstirnigkeit, die du hier verkörperst, so schlecht. Weil es immer erstmal heißt: die armen Polizisten, die bösen Steineschmeißer. Und noch schlimmer: Wenn es ernst wird, tritt die Polizei als verschworene Gemeinschaft auf, die die Prinzipien des Rechtsstaates regelmäßig aushebelt, um ihre Schäfchen zu hüten.
Und wenn du selbst so sinnvolle Maßnahmen wie die schlichte Identifizierbarkeit von Polizeibeamten schon als Angriff auf diese Gemeinschaft ansiehst, dann solltest du dir mal ganz ernsthaft überlegen, wie gut es um deine Treue zu der Verfassung bestellt ist, die du eigentlich nicht nur achten, sondern verteidigen solltest.