Was du das beschreibst, ist eine
Inflation der Äpfel und eine
Deflation der Birnen.
Am liebsten würde ich in Form abstrakter Spielzeugmodelle diskutieren. Die sind einfach genug, um grundlegende Mechanismen verstehen zu können.
So zum Beispiel:
Nehmen wir mal an wir haben eine Volkswirtschaft, in der ein Paar Leute untereinander Äpfel und Birnen produzieren und tauschen.
Die Apfelbauern wollen ab und zu mal Birnen essen und umgekehrt. Es hat sich ein Gleichgewicht eingestellt, d.h. es werden genau so viele Äpfel und Birnen produziert dass alle genug zu essen haben.
Aber OK, ich mache das einmal mit.
Das wirft die erste Frage auf: Alle haben genug zu essen, d.h. alle Leben im Wohlstand. Wieso sollte die Wirtschaft nun wachsen müssen, um den Wohlstand zu halten? Solange die (reale) Wirtschaftskraft konstant bleibt (und auch die Bevölkerung nicht schwankt) sollte doch der Wohlstand nicht verschwinden. Die Aussage von Scorn weiter oben gibt wenig Sinn.. Ich habe das nun schon öfter gehört, aber nie mit plausibler Begründung.
1. Solange die Volkswirtschaft nur mit Äpfeln und Birnen auskommt, ist alles gut. Schau dir Urvölker an, die brauchen kein Wachstum.
2. Wenn du aber nicht nur im Inland tauschen möchtest, sondern mit wachsenden Volkswirtschaften auf dem globalen Weltmarkt konkurrieren möchtest, benötigst du Wachstum für deinen Export. Du musst also einen Überschuss an Äpfel und Birnen produzieren, um z.B. Pflaumen importieren zu können. Das werden andere auch tun, also musst du deine Fördermenge steigern um dein Tauschverhältnis aufrecht erhalten zu könne, bzw. verbessern zu können. Deine Wirtschaft muss also wachsen.
Nunja, zurück zu Äpfeln und Birnen:
Nun haben wir ein Wirtschaftssystem im Gleichgewicht, alle sind glücklich. Nehmen wir nun mal an, dass eine neue Apfelsorte von einem Bauern gefunden wird, bei der die Apfelbauern die gleiche Ernte bei weniger Aufwand erreichen können (d.h. sowas wie technischer Fortschritt).
So eine neue Apfelsorte wird nicht einfach am Wegesrand gefunden. Du benötigst Zeit, Energie und Ressourcen, um Innovtionen in der Wirtschaft zu entdecken um umzusetzen. Du benötigst also einen Überschuss, um überhaupt innovativ handlungsfähig zu sein.
Der Bauer in unserem Beispiel muss also einen Teil seiner Ressourcen für nicht erfolgsgarantierte Spielereien opfern. Er nimmt einen Teil seiner eigentlich für den Äpfel-Birnen-Tausch vorgesehenen Saat, Dünger, Anbaufläche, Zeit und Arbeit, die er in die Apfelzucht investiert.
Das geht also nur, wenn er seinen Arbeitseinsatz steigert (und damit seinen Output vergrößert) - sonst opfert er seine wirtsachaftliche Existenz. Bedenke - diese )Investition kann ja schiefgehen und keinen Erfolg bescheren.
Der Bauer kann also seine Äpfel etwas günstiger anbieten, die Preise fallen. Die anderen Apfelbauern nutzen irgendwann auch die neuere Sorte, Äpfel werden insgesamt etwas günstiger als Birnen. Es werden dann evtl. ein paar mehr Äpfel als Birnen gegessen. Es gab eine Deflation aber am Ende sollten immernoch alle glücklich sein.
Deflation harmlos?
1. Warum sollte der Bauer seine Äpfel nun günstiger anbieten? Warum sollte der Bauer seine Innovation kostenlos weitergeben? Er hat viel investiert und muss ja irgendwie auch seinen eigenen bedarf decken. Wenn er durch weniger Aufwand den gleichen Output erreicht, wird er entweder
a) den Überschuss exportieren, um mehr Ressourcen für sich zur Verfügung zu haben,
b) seinen Output stabil halten und seine Freizit genießen
c) mit seinem Output seinen Antei am Binnenmarkt steigern (so wie in deinem Beispiel), dadurch den Stückpreis drücken und weniger effiziente Anbieter vom Markt drängen. Denn wenn andere Bauern plötzlich bei gleichem Output weniger für ihr Produkt bekommen, bricht deren Geschäftsmodell zusammen. Sie überlegen vielleicht, in die Birnenbranche zu wechseln.
2. Wenn die Äpfel günstiger werden, hat das Folgen für die Birnenbauern. Sie bekommen nun mehr Äpfel für ihre Birnen. Auch sie haben nun die Entscheidung,
a) in höhren Output zu investieren
b) den Output zu verringern, weil sie mit der gewohnten Menge der Äpfel zufrieden sind
c) ihren Apfelkonsum zu steigern
3. Dieses Szenario führt zu einer Krise der Apfelwirtschaft und zu einem Boom der Birnenwirtschaft. In der Apfelwirtschaft wird mittelfristig sich die Anbieterschaft verringern, es gibt weniger Apfelbauern, wir sprechen hier von einem Oligopol oder einem Monopol. Es ist im Interesse der Apfelbauern, mehr Birnen für Ihre Äpfel zu bekommen, möglicherwesie durch Export, weil Äpel im Ausland gefragter sind. Das wird die inländische Birnenwirtschaft, die gerade noch bommte, hart treffen.
Dieses Szenario kann man weiterspinnen, ist aber für dieses Thema hier nicht unbedingt sinnvoll.
Als Lehre aus diesem Gedankenspiel möchte ich dir mitgeben:
- Innovationen passieren nicht einfach so.
- Jeder Marktteilnehmer hat ein Interesse, das berücksichtigt werden muss.
- Marktteilnehmer interagieren und handeln nur, wenn sie einen Vorteil für sich sehen.