Während des Studiums habe ich über vier Jahre viele Wochenenden im Büro der Transplantationseinheit von Großhadern Nachtdienst geschoben. Da setzen sie Medizinstudenten ein, die nachts über Internet und Telefon mit Eurotransplant in Leiden Daten über mögliche Organempfänger und Typisierungsergebnisse von potenziellen Spendern (Hirntoten) austauschen. Wenn ein passendes Organ für einen Münchner Patienten auf der Warteliste gefunden wird, kommt sofort eine Riesenmaschinerie in Gang, um rechtzeitig das Organ auf dem Luftweg von überallher aus Europa ins Klinikum zu schaffen.
Wer einmal einen dialysepflichtigen Patienten mit chronischem Nierenversagen kennen gelernt und seine Lebenseinschränkungen gesehen hat, der hat eine ganz anderes Verständnis für seinen dringenden Wunsch nach einer Spenderniere. Viel verzweifelter noch ist der Herzinsuffiziente NYHA IV Patient auf der Warteliste für die HTX. Bei uns in Deutschland werden jährlich etwa 1400 Herzen transplantiert mit einer 5-Jahresüberlebensrate von derzeit 70%. Ohne Spenderorgan kann sein Leben morgen bereits zu Ende sein.
Ich habe auch schon serienweise für die DKMS bei Freiwilligen Blut zur Typisierung abgenommen, die sich für eine Lebendspende von Knochenmark oder Stammzellen zur Verfügung stellen wollen, damit ein Leukämiekranker die Chance bekommt, seine Krankheit zu überleben. Die periphere Knochenmarksspende ist auf dem Vormarsch und zeigt zunehmend gute Langzeitergebnisse. Der Entnahmeeingriff erfolgt durch venöse Blutentnahme, es folgt die extrakorporale Stammzellenseparierung und anschließend wird dem Spender durch Reinfusion das eigene Blut zurückgegeben. Lediglich die vorausgehende Behandlung des Spenders mit einem speziellen Wachstumshormon, das die Bildung neuer Stammzellen anregen soll, ist nebenwirkungsbelastet. Viele Spender berichten über mit grippeähnliche Symptome, wie Muskelschmerzen, Kopfweh oder Gelenkbeschwerden während der Vorbereitungsphase. Diese Symptome klingen nach der Stammzellenentnahme aber relativ bald wieder ab.
Ich habe selber einen Organspendeausweis und habe oft genug erlebt, wie ein Team von drei voneinander unabhängigen Ärzten den biologischen Tod eines Unfallopfers bestimmt hat, bevor die Angehörigen um ihre Einwilligung zur Organentnahme gefragt wurden, wenn das Opfer keinen Spenderausweis hatte. Meist waren es junge Männer, Motorradverunfallte mit Schädel-Hirn-Trauma. Im EEG durchgehend Nulllinien über allen Ableitungen, massive Mittellinienverlagerungen im CCT durch extreme Hirnschwellungen, Einflussstop von Kontrastmittel in beiden Carotiden (osolete Methode), bedingt durch das horrende Hirnödem.
Eine traurige Sache, wenn man so einen Befund den Eltern beibringen muss. Im Team war bei uns immer ein Kollege mit theologischer oder psychologischer Weiterbildung.
Aber ganz umsonst ist der Patient dann nicht gestorben, wenn er helfen konnte, dass ein anderer Mensch dadurch weiterlebt. Das tröstet Angehörige.
Manchmal.