Naja, irgendeine Quelle an Material, die auch aktualisiert werden muss, muss es ja geben. Ob das nun Bücher oder Software ist, ist einerlei. Hier wird aus meiner Sicht und ich bin Lehrer, schon recht vernünftig gehaushaltet. An sinnvollen Lerninhalten kaufen wir grundsätzlich nicht irgendwas sondern abgestimmt und eben bedarfsgemäß. Kann natürlich an anderen Schulen anders sein.
Auch die Diskussion ob iPad oder nicht ist eig. nur eine zu wenig differenzierte. Man kann gut damit unterrichten und zwar dann, wenn es um individualisiertes Lernen geht. Dass die Dinger auch für Scheiße eingesetzt werden will ich gar nicht bestreiten. Bei uns dürfen die Jugendlichen ab Klasse 8 generell digitale Geräte zum Arbeiten verwenden. Hier sprechen wir von Tablets und Laptops, nicht Smartphones wohlgemerkt. Das klappt bei denen, die sich damit auseinandersetzen hervorragend und bei den 1-2 Hanseln, die damit nur Mist bauen, wird es wieder verboten und das Gerät muss zu Hause bleiben. Klasse 5-7 arbeiten in verschiedenen Fächern mal mit den Schulipads. Das ist aber nicht der Regelfall und dieser dosierte Einsatz ist im Rahmen des Erlernens digitaler Kompetenz vertretbar und auch völlig ok. Bezüglich eines grundsätzlichen Einsatzes solcher Geräte und auch schon in der Grundschule bin ich aber extrem skeptisch. Klar, ist das nur meine Meinung, aber ich finde, dass Kinder erstmal Grundlagen ohne den Bildschirm lernen, aber später Schritt für Schritt trotzdem Digitalisierung in die Schule Einzug halten sollte.
Meine Zehntklässler entlasse ich mit profunden Office-Kenntnissen, Basiskommunikation via Mail-System und Wissen über die Cloud, hier: Schulcloud, in der sie Dokumente hinterlegen, hoch- und runterladen sowie anderes machen müssen. Das sollte zumindest für diejenigen, die dann in eine Firma zur Ausbildung gehen, genug Grundlage sein, um am dortigen Arbeitsplatz klarzukommen. Ein richtiges Firmennetzwerk mit Einwahl etc. können wir nat. nicht simulieren. Ich hatte mich da neulich mit einem Mittvierziger unterhalten, der meinte, dass o.g. ungefähr das ist, was er von einem Azubi in seinem Büro erwarten würde. Natürlich ist das Wissen meiner Schüler individuell verteilt, einige machen das in Sekunden, andere benötigen mehr Hilfe, dementsprechend suchen sie sich aber auch die Jobs mit oder ohne Computer am Arbeitsplatz aus.
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Ich hatte mich in Bezug auf Migration an Schulen auch vor paar Wochen oder Monaten einmal hier im Forum zu Wort gemeldet und bin dann mit meinen Kolleg/innen mal auf Suche in unserer Schule gegangen. Tatsächlich ist das sprachliche Problem weiterhin das vorherrschende Thema, dass eben dazu führt, dass die Noten nicht so top sind wie bei anderen. Jetzt das große Aber: Die richtigen Problemfälle bei uns sind Kinder ohne Migrationshintergrund. Da wird gefehlt, sich herausgewunden, das Elternhaus ist selber nicht in der Lage zu helfen oder gar selber mit dem Leben klarzukommen usw. usf. Ich weiß aber, dass es an einer Brennpunktschule, und wir sind keine, wieder anders aussieht und hier das Thema schlechte Integration im Zusammenhang mit schlechtem Sprachschatz das vorherrschende ist.
Aufgrund der immer größer werdenden Desillusionierung auch an unserem Standort denke ich, dass wir eigentlich extreme Anstrengungen und eine Riesenumwälzung des Schulsystems benötigen. Ohne Schule jetzt neu zu denken, dann müsste und würde man ja komplett von Grund auf aufbauen, müssen wir entweder zurück zum dreigliedrigen Schulsystem + Förderschulen und dann geballte Power an die Haupt- und Förderschulen. Aber so richtig: Krasser Personalschlüssel (meint: Lehrkraft pro Kind möglichst klein), Sozialarbeiter, Psychologen, Berufsorientierung raufballern, ganz viel Praxisteile und große Geldtöpfe an diese Schulen. Das Gym läuft fast von selbst, wenn man dort wieder eine sehr homogene Masse beschult. Das Gleiche mit den Realschulen. Die Probleme, die wir aktuell in der 10. Klasse haben, gab es vor 20 oder mehr Jahren dort nicht oder in den seltensten Ausnahmen. Aktuell haben wir massive Probleme mit psychisch auffällig und in Behandlung stehenden Schülern und erhöhtem Absentismus in allen drei 10. Klassen. Eigentlich müssten wir diese knallhart ausschulen, damit wir unsere fachliche Arbeit leisten und den dann im Mai in der Prüfung stehenden Absolventen eine vernünftige Vorbereitung möglich machen können. Der Hauptteil meiner Arbeit derzeit ist jedoch, dass ich versuche die Eltern telefonisch oder per Mail zu erreichen, Gespräche führen mit Schülern und Hilfe der Schulsozialarbeit oder whatever anbieten, die sie dann nicht wahrnehmen und teilweise Fachstunden für Klassenorga & -gespräche draufgehen müssen, um die Klasse einigermaßen an Bord zu haben.
Oder wir machen die Einheitsschule bis 9 für alle, damit Brennpunktschulen so gar nicht erst entstehen und wir einen besseren Quotienten von schwachen und starken Schülern an einem Ort haben. Aktuell gibt es in S.-H. Gymnasien und Gemeinschaftsschulen + Zwischendinger, die aber nicht dominieren. Das führt dazu, dass Marke "Rette sich wer kann" auf die Gymnasien strebt, mit etlichen, die dort nichts zu suchen haben und an der Gem.schule sich ehemalige Haupt- und Realschüler (heißt jetzt ESA und MSA) befinden. Die Mischung ist dabei aber an fast allen dieser Schulen schlecht, weil schon bei 30-50% Hauptschulanteil es in einer Klasse nicht mehr möglich ist, Realschüler auf ihrem Niveau zu beschulen. Wir orientieren uns nat. immer am Schwächsten und oft geht das einher mit denen, die stören. Hinzu kommen noch Schüler mit Förderschwerpunkt "Lernen", bei denen man dann froh ist, wenn sie nicht laut werden und irgendwie ein paar Aufgaben schaffen bzw. wir Material haben. Denn bei 5 Stunden pro Woche Unterstützung mit einer Förderlehrkraft, was so viel ist wie 2 x Deutsch, 2 x Mathe, 1x Englisch, kannste mal wissen wie viel die dann in den restlichen 20-25h (a.k.a. 4 von 5 Tagen) lernen, wenn die Extrakraft fehlt. Letzteres bewegt mich weiterhin dazu, Inklusion auch bei der Einheitsschule nicht zu machen, sondern dafür auch hier die gesonderten Förderschulen. Ich verstehe auch weiterhin nicht, warum bei mir im Chemieunterricht Förder- und ESA-Schüler sitzen, die sich was über Atombau anhören müssen, aber Chemie ohnehin für die meisten schon ein abgefucktes Fach ist. Selbst Leute mit Abi schnacken immer gut, dass sie in Chemie nix gerallt haben. Was sollen denn dann eben genannte von dem ganzen halten. Ich bin auch da froh, wenn sie in Klasse 9 da sitzen und nicht abtilten und meinen Unterricht zerstören.
Warum ich Inklusion ablehne? Sie funktioniert nicht. Und ich hasse jede Ökozippe mit ihren Batiktüchern, die säuselnd meint: "Also bei uns funktioniert das."
Nein, tut es nicht. Es reicht mir schon, wenn ich in die traurigen Gesichter sehe, wenn die Förderschüler entweder mal eine normale Arbeit mitschreiben und dann ne glatte 6 bekommen würden (Wir benoten das dann natürlich nicht wie gewohnt, aber die sind ja nicht dumm. Sie haben einen Förderschwerpunkt!) oder eben eine andere Arbeit bekommen und sie dann sehen, dass sie nicht das gleiche leisten müssen. Die erkennen sofort, dass sie nicht das können, wozu andere in der Lage sind und das tut so einem Kinder- aber spätestens jugendlichem Herz unheimlich weh. Jeden verdammten Tag werden sie nach der Eingangsphase mit der Nase drauf gestoßen und damit meine ich, dass ca. ab Klassenstufe 6 - vorher kann noch einigermaßen kompensiert werden - die Schere zwischen Normal- und Förderbeschulung immer krasser auseinandergeht. Eines von vielen Beispielen: Wenn ich das 1x1 nicht kann und die wenigsten Förderschüler können das, werde ich 0,0 in der Lage sein, auch nur sehr einfache Bruchrechenaufgaben mit Erweitern und Kürzen erfolgreich zu lösen. D.h. sie müssen andere Aufgaben bekommen und das sehen sie sofort beim Vergleich mit dem Nachbarn.
Höhepunkt dieses Jahr war die Klassenfahrt in Stufe 10. Ein Inklusionsschüler war auf Schritt und Tritt mit uns Lehrkräften dabei, weil er aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage ist, mit der Klasse in der gegebenen Freizeit zu interagieren. Das war emotional extrem belastend und meiner Meinung einfach nicht hinnehm- und leistbar, da man auch als Lehrkraft auf einer Klassenfahrt mal Zeit zum Durchatmen benötigt. Mein Kollege, der auch mit seiner Klasse mit war, hatte ebenfalls eine Schülerin, die aufgrund von psychischen Problemen extreme Aufmerksamkeit vor Ort erforderte. Es ist eine Zumutung geworden und man ist dafür 0,0 ausgebildet, kann auch nicht mal eben so mit Fortbildungen nachgeschult werden und letztlich ist die Berufsdefinition der "Lehrkraft" eine vollkommen andere. Mir tun all diese Kinder leid, aber eine Normalbeschulung bzw. normale Dinge wie Klassenfahrten und bestimmte Ausflüge sind so nicht machbar. Es ist aber auch nicht einzusehen deshalb darauf zu verzichten, damit bestraft man die Mehrheit.
Ich könnte jetzt den nächsten großen Absatz über die IT führen, die ich an der Schule leite. Aber die wall of text würde immens lang werden. Ein Trauerspiel. Der externe Dienstleister, der mit dem Schulträger Hand in Hand arbeitet, bemüht sich, hat aber auch Personalnot und kommt trotz großen Fortschritten zu Zeiten der Pandemie einfach nicht hinterher, weil es über Jahrzehnte verpennt wurde, die Schulen digital fit zu machen. Leider gab es aber auch hier Defizite fachlicher Art, bei denen ich mich frage, was die Leute gelernt haben. Nach Jahren herrscht zusätzlich ein Missverständnis von "Was benötigen Schulen wirklich und in welcher Form" vs. "Was denkt der Standard-Informatiker, was eine Schule benötigt." Was ich damit meine: Passwortverteilung für die Schulcloud an 5. Klassen: xFR$&!9rI. Bis Marie und Sammy das fehlerfrei in der Tastatur haben, sind 45 Minuten um. Lerneffekt...minimal. Hauptsache das abgespeicherte Hunde- oder Katzenbild steckt hinter einem sicheren Passwort. Ist ein anderer Schnack ab oberer Mittelstufe, ich weiß und ich bin auch nicht böse deshalb, aber Schul-IT funktioniert halt nicht 1:1 wie ne Firmen-IT.
Mein Fazit overall: In den Weihnachtsferien werde ich mich beruflich umschauen. Ich bin Angestellter, aber selbst wenn ich Beamter wäre, das würde ich einfach nicht mehr weitere 25-27 Jahre aushalten. Du gehst auf Dauer kaputt und das resultiert dann in Burnout, Alkoholmissbrauch, Suizid. Gerade bei der jüngeren Truppe in meinem Kollegium ist das mit dem Alkohol derzeit sehr bedenklich, trotz Familien und Kindern. In Sachen Burnout in den nächsten 5-10 Jahren kannste auch ein paar Kandidatinnen benennen, auf die ich definitiv ein paar Euro wetten würde. Man hat aufgrund der Fehlzeiten, die bei uns echt noch niedrig sind, das Gefühl, dass sowas vernünftig vorzubereiten gehört. Echt, kein Scherz. Verübeln kann ich ihnen das auch irgendwie nicht.
Außerordentliches Engagement ist noch vorhanden, wird aber weniger, weil die Leute einfach auf sind.
Und nochmal: Unsere Schule ist unterhalb der Gymnasien die am besten aufgestellte in der Stadt, mit guter Reputation und regem Zulauf aus der bürgerlichen Mitte und im Vergleich mit niedrigstem Migrationshintergrund. Ich selbst bin vor paar Jahren dorthin gewechselt, weil es an der Brennpunktschule, an der ich zuvor 8 Jahre war, in Sachen Arbeitsgesundheit nicht mehr vertretbar war. Dort ist derzeit Ausverkauf und der Krankenstand so hoch, dass die, die noch regelmäßig kommen, aber mal so richtig im Arsch sind. Zwei gehen da regelmäßig alkoholisiert zur Arbeit und gewichtsmäßig haben die meisten da rapide zugenommen im Gegensatz zu meinem Kollegium. Zum Kollegiumdausflug kamen bei denen zuletzt von über 40 Leuten nur noch 5 und Zusammenhalt war da eigentlich mal richtig spitze.
An die mit Kindern hier:
Haut rein was geht. Zu Hause, sofern eure Kids das zulassen, ansonsten extern (Nachhilfe o.ä.). Gebt Geld für Bildung aus, investiert. Seht zu, dass eure Kids es aufs Gym schaffen und wenn nicht, supportet sie mit allem was bildungstechnisch geht. Allem übergeordnet aber: Sicheres, stabiles Elternhaus mit gutem sozialen Umfeld schaffen, damit die Kleinen gestärkt, genug Selbstbewusstsein und Mut haben, sich gegen alle Widrigkeiten durchzusetzen.
Schultechnisch wird es erstmal nicht besser!