Nur 3 "kleine" Anmerkungen: (ich sollte mir ein anderes Hobby suchen.
)
Irgendwie ist mir das alles noch zu abstrakt und oft zu philosophisch.
Damit wirst du leben müssen, wenn du mit mir diskutierst. Mir ist klar, dass man nicht unendlich abstrahieren kann, und Gecko hat ja in seinen Posts durchaus auch praktische Beispiele für Probleme genannt. Aber ohne die philosophische Ebene diskutiert man nur über Symptome. Wobei die eine Ebene die andere auf keinen Fall ausschließt, im Gegenteil. Wenn wir jetzt nur über Sachen wie Zeitarbeit reden würden, hätte ich auch nix gepostet.
Mir ging es in meinen Posts primär um die Formulierung von Ideen, die über den Tellerrand blicken. Damit ist nicht verbunden, dass ich diesen Ideen einen Wahrheitsanspruch o.ä. zuweise. Das mache ich grundsätzlich nicht, weil ich nicht davon überzeugt bin, dass es so etwas gibt. Mir sind Widersprüche, Sollbruchstellen, Dekonstruktionen wichtig. Konzepte, die allumfassend gesellschaftliche Zusammenhänge beschreiben wollen, sind entweder so stark abstrahiert, dass sie idealisiert sind, oder aber unterkomplex. Daher redet man immer auch über Propositionen, und da die Verständnisunterschiede aufzudröseln nimmt leider nen großen Teil jeder Diskussion ein. Geht aber nicht anders, weil wir sonst komplett aneinander vorbeireden würden.
Mir ist völlig schleierhaft, was du mit dem Mensch als Kompetenzcluster meinst und was das mit Kapitalismus zu tun hat.
Das war ein bewusst idealisierender Begriff für die Tatsache, dass das derzeitige Berufskonzept nicht vollständig die Vielheit menschlicher Fähigkeiten (in) einer Person abbildet. Ob sowas möglich ist, sei dahingestellt.
In konkreten Kategorien gedacht: Ich wünsche mir eine höhere Selbstständigkeit, in beiderlei Sinne. Ist jetzt auch kein komplett neues Konzept. Im Prinzip gehts darum, dass Menschen ihre Fähigkeiten viel bewusster wahrnehmen / fördern und daher ihr Berufsleben viel stärker nach ihnen ausrichten können. Also quasi eine noch viel stärkere Ausdifferenzierung als sie unser jetziges Bildungs- und Wirtschaftssystem ermöglicht.
Es gibt kein Recht auf erfüllende Arbeit und es ist kein Systemfehler, wenn nicht jeder nichts bzw nur das machen kann, worauf er Lust hat.
Das, was du sagst, ist so ein typischer Kurzschluss, der kommt, wenn der Arbeitsbegriff kritisiert wird. Es geht überhaupt nicht darum, dass plötzlich alle nichts machen sollen, oder wir in eine Anarchie des Gutdünkens abdriften.
Es wird nur gerne vergessen, dass es nicht der Kapitalismus alleine war, der unsere heutige relative Entscheidungsfreiheit begründet hat. Da muss man tiefgreifendere Prozesse mitdenken. (ganz grobe Entwicklungslinie: Humanismus -> Rationalismus -> Aufklärung, parallel dazu der Siegeszug der Naturwissenschaften bei gleichzeitiger Diesseitsfixierung durch neue religiöse und nichtreligiöse Weltbilder, usw.) Der Kapitalismus fungiert als Katalysator der in den genannten Richtungen angestoßenen Entwicklungen.
Der fundamentale Fehler ist, dass der Marktwirtschaft Letztgültigkeit attestiert wird. Sicher ist, dass sie bis dato wohl das geringste Übel darstellt, was v.a. in der Verbindung von materiellem Wohlstand und der Verankerung von Freiheitsideen in Gesetzen und Köpfen begründet ist.
Kurve zur Arbeit: Ich bin mir relativ sicher, dass Menschen gerne tätig sind, wenn sie einen Sinn in ihrer Tätigkeit sehen. Dieser Sinnbegriff kann durch viele Konzepte aufgeladen werden.
Wie oben in meinem Dialog mit ReVenger angeklungen ist, sehe ich hier auch den Punkt, an dem meine Kapitalismuskritik vereinbar mit systempositiven Positionen ist. Mir geht es nicht um die Ersetzung des Kapitalismus, sondern eine Neubewertung kapitalistischer Prozesse wie dem der Arbeit. In meinem Auge besteht ein Widerspruch zwischen der Vorstellung eines auf ökonomische Mechanismen ausgelegten Zusammenlebens und der Bildung des Menschen zu einem entscheidungsfähigen Subjekt.
Aber natürlich muss irgendjemand die Drecksarbeit machen, es kann nicht jeder Zuckerbäcker, Anwalt oder Lehrer werden. Da wird wohl langfristig nur die Automatisierung Abhilfe schaffen. Und genau da liegt doch der wunde Punkt: Was sollen eigentlich in Zukunft die Leute arbeiten, die durch Automatisierung immer überflüssiger werden?
Womit der Bogen zur anfänglichen Bildungsdebatte geschlagen wäre.