Fair Point. Ich nehme das Thema als Laie wahr, wenn man sich mal auf den technischen Teil konzentriert.
Das Problem ist zu einem Teil sicherlich die Aufbereitung. Aber auch, dass man bspw. gerne die Wirtschaftsweisen prominent als Gegenpol aufhängt. Da kommt dann aber für die Breite Masse nichts greifbares rum, weil es oftmals bei Floskeln bleibt oder schlicht die Zeit zur Einordnung fehlt, was man natürlich auch der mangelnden Qualität des Wirtschaftsjournalismus zuschreiben kann.
Na ja, die "Wirtschaftsweisen" sind schlicht aus zweierlei Gründen eine Fehlkonstruktion. Was wir aktuell haben ist ein "Rat" mit fünf Mitgliedern, der mittlerweile paritätisch durch die Politik besetzt wird. Als der Rat ins Leben gerufen wurde und noch lange danach war der Gedanke, Ökonomie sei eine Wissenschaft die quasi (etwas überspitzt gesagt) ökonomische Naturgesetze entdecken kann und wenn man die nur kommuniziert dann hilft das der Politik, bessere Policy zu machen, unabhängig von politischer Ideologie. Das Problem ist dass sich dieser Gedanke (der immer ein bisschen naiv war) im Laufe der Zeit als falsch herausgestellt hat: Es gibt in der Ökonomie unterschiedliche Denkschulen und mindestens von den zwei großen lässt sich schlicht nicht sagen, dass eine eindeutig falsch liegt. Dummerweise geben deren Erkenntnisse, in die Praxis umgesetzt, teilweise sehr unterschiedliche Handlungsempfehlungen. Also haben wir jetzt, seit in Deutschland "moderne" Ökonomie gemacht wird, eigentlich immer einen Rat in dem beide Seiten vertreten sind (was alleine dadurch garantiert ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils für eine Position ein Vorschlagsrecht haben) die sich dann nie wirklich auf mehr als einen Minimalkonsens einigen können.
Dazu kommt, dass aus irgendeinem absurden Grund in Deutschland das Fach "Volkswirtschaftslehre" heißt und (richtige) Ökonomen Professuren in "Volkswirtschaftslehre" haben. Ökonomie ist aber ein extrem breit gefächertes Feld, das alles mögliche anschaut und Makroökonomie ist nur eins davon. Wenn man wirklich einen Rat haben will, der sich hauptsächlich um die gesamtwirtschaftliche Lage kümmern soll (wie der Name vermuten ließe), dann wäre es sinnvoller nicht Finanzwissenschaftler, Energieökonomen, Sozialökonomen und sonstige Leute in den Rat zu setzen, sondern tatsächlich fünf Leute die sich auf Makroökonomie spezialisiert haben und gesonderte Fragen etwa zu Energie oder Sozialem an andere Gremien (wie etwa eine Rentenkommission) zu geben. Aktuell hat der Rat eine Frau, die tatsächlich Makroökonomie macht (Schnitzer) und vier Leute, die etwas anderes machen (Grimm: Energie, Truger: Sozialökonom, Werding: Finanzwissenschaft, Malmendier: Verhaltensökonomie).
Wenn die Rente aber für sich kein Problem ist, wieso wird Sie denn dann so intensiv thematisiert? Es ist ja nicht erst seit 2025 ein Thema, sondern wird seit bestimmt einem Jahrzehnt durchs Dorf getrieben.
Na ja, Konjunkturzyklen gibt es schon, sie wird auch nicht immer so intensiv diskutiert wie aktuell. Aber generell würde ich stark vermuten, dass es schlicht daran liegt, wie Journalisten über Policy berichten, nämlich tendenziell extrem politikzentriert.
Wenn man bspw. über die Kosten der Rente schreibt dann setzt die sich prinzipiell aus zwei Größen zusammen: (1) Wie viele Menschen bekommen Rente und (2) auf welchem Niveau sind diese Renten. (2) kann die Politik sehr genau steuern*, (1) dagegen nur sehr begrenzt, weil der größte Teil davon schlicht demografisch bedingt ist: Umso mehr alte Leute es gibt umso mehr kostet die Rente und umso weniger Menschen es in erwerbsfähigem Alter es gibt umso mehr müssen die pro Kopf dafür zahlen. Ein bisschen was kann die Politik da auch steuern (bspw. Renteneintrittsalter, Frühverrentungsregelungen, wie die Erwerbsunfähigkeitsrente geregelt ist etc.), aber der größte Teil ist eben demografisch festzementiert. Journalisten lieben es aber, über "Wahlgeschenke" wie die Rente mit 63 (bzw. bald 65) und die zusätzlichen Punkte "Mütterrente" zu schreiben, weil die Politik das in der Hand hat, die aber nur einen kleineren Teil der Kostensteigerungen ausmachen. Etwas Vergleichbares hast du bei Gesundheit und Pflege einfach nicht, da setzen sich die zusätzlichen Kosten fast ausschließlich durch demografische Faktoren (Gesundheit, Pflege) und Faktoren zusammen, die niemand kritisieren möchte (technischer Fortschritt bei der Gesundheit, bessere Entlohnung in der Pflege). Insofern hört man unheimlich viel über die Rente, weil es dort niedrig hängende Kritik gibt, die man anbringen kann und die an sich ja auch nicht ungerechtfertigt ist, aber die halt die wahren Treiber nicht wirklich addressiert. Dabei ist halt auch viel status quo bias: Unser Gesundheitssystem ist tatsächlich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nicht sehr effizient aber das liegt hauptsächlich an politischen Entscheidungen die lange in der Vergangenheit liegen.
*da gibt es auch ein paar Ausnahmen, weil (wie in so vielem) das BVerfG auch Vorgaben macht bzgl. der relativen Höhen der Renten