Warum soll der Staat das nicht können?
Ich dachte es wäre auch hier Konsens, dass der Staat grundsätzlich weniger effizient ist -- es sei denn, es gibt strukturell monopolistische Strukturen (Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Schulen).
Niemand sagt, dass die Umsetzung trivial ist, aber der liberale/marktkonforme Weg führt über Anreize und ist damit letztlich trickle down economics: Wir verbessern die Bedingungen für die Vermieter, dann wird auch mehr vermietet bzw. vermietbarer Wohnraum geschaffen.
Vermieter und Investoren sind vermögend und eine a priori sehr privilegierte Gruppe, die von diesem Ansatz enorm profitiert.
Diese Logik könntest du dann ja auf alle Sektoren anwenden. Denn überall ist die Privatwirtschaft ja überproportional im Besitz der Vermögenden. Vielleicht sollten wir auch Autobau oder Lebensmittelverarbeitung verstaatlichen -- da profitieren ja auch die bösen Vermögenden!
Die Zeche zahlen die Mieter, von denen viele deutlich weniger privilegiert sind.
Das ist sozial hochgradig unerwünscht und ließe sich imo nur durch enorme Effizienzgewinne rechtfertigen, also wenn der Kuchen am Ende dadurch so viel größer wird, dass unterm Strich selbst die sozial Benachteiligten noch profitieren.
Das ist im Kapitalismus in den meisten Bereichen so (minus Gesundheitsversorgung, Infrastruktur etc) und dafür gibt es ja auch viel Evidenz. Das stärkste Meme dafür dürfte der Wohnraum in der DDR und anderen Ostblock-Ländern sein.
Und: Ich habe nichts gegen den Staat als Bauherren/direkten Auftraggeber für Wohnungsbau. Würde ich im Bereich sehr kleiner, günstiger Wohnungen sogar gut finden. Weil der Staat diese Wohnungen über Wohngeld etc ohnehin bezahlt. Diese Art von staatlicher Aktivität bringt zumindest direkt mehr Wohnraum, welcher gebraucht wird und dann auch hilft den Preis auf dem freien Markt zu drücken.
Der letzte Satz ergibt doch überhaupt keinen Sinn, es ist genau umgekehrt: Vom Mietendeckel profitieren erstmal viel mehr Leute als vom Status quo, bei dem es eine zu kleine Menge sehr günstiger, geförderter Wohnungen gibt und Wohnungen, die unverschämt günstig sind, weil sie schon ewig bewohnt werden.
Stimmt. Aber langfristig ist der Effekt dennoch, dass weniger gebaut wird, weil Investitionen in den Wohnungsmarkt in Berlin sich weniger lohnen und unsicherer werden.
Wenn sich Berlin das leisten könnte, weil man genug Wohnungen hat oder als Stadt bauen kann, dann wäre ich aus grundsätzlichen Erwägungen wohl auch kein Fan, aber hätte zumindest Verständnis, dass man das unterstützt.
Wenn aber langfristig die Situation angespannter wird, dann ist das doch nur eine temporäre Besserstellung derer, die jetzt eine Wohnung haben. Der Rest kann sich dann wenig vom Mietendeckel kaufen, wenn er keine Wohnung bekommt.
Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen: Eine effektive Mietendeckelung ist imo die Voraussetzung für einen effizienteren Markt. Wenn nämlich die Höchstmieten effektiv kontrolliert werden, kannst du viel einfacher die niedrigen Mieten nach oben ziehen und hast eine Chance auf positive Effekte wie sozial adäquatere und effizientere Wohnraumallokation.
Interessantes Argument. Das wäre bei sonst gleich bleibendem Supply vermutlich sogar so. Aber wenn du keine neue (besser geeignete) Wohnung findest, dann passiert diese bessere Allokation ja doch nicht.
Aber ja: Der Mietendeckel wäre besser, wenn es gleichzeitig erleichtert würde, Mieten deutlich unter diesem Satz einfacher zu erhöhen. Dann hätte man zumindest einen homogeneren Markt.
Auch dann blieben viele Probleme, bspw dass eben nicht jede Lage und Wohnung gleich gut ist und daher ein fixer Deckel ein sehr grobes Instrument ist.
Ich gestehe dir aber zu, dass du gute Argumente bringst, dass ein Mietendeckel im Paket mit einigen anderen Maßnahmen insgesamt OK sein könnte. Ich sehe den Vorteil immer noch bei einer hohen Bodenwertsteuer, die einen besseren lenkenden Effekt hat, lokale Unterschiede automatisch berücksichtigt und auch einen starken redistributiven Effekt weg von Immobilienbesitzern wäre (damit kannst du dann bspw andere Steuern und Abgaben reduzieren, sozialen Wohnungsbau betreiben etc, was alles Mieter entlastet).
Im Übrigen zeichnest du imo ein Zerrbild der Berliner Wohnungspolitik. Die Enteignungsinitiative findet eigentlich nur in der Linken annähernd einhellige Zustimmung. Schon in der Grünenparteispitze sieht es eher gemischt aus und die SPD war zumindest vom Kopf her immer dagegen.
Ich bin scheinbar nicht der einzige, der da eine reale Gefahr hinein interpretiert. Siehe Änderung des Verhaltens von Investoren.
Als gangbare Alternative bleibt für Berlin eigentlich nur die zwangsweise Überführung großer Wohnungsbestände in gemeinnützige Bewirtschaftung. Ich sehe auch nicht, warum man das grundsätzlich ablehnen sollte. Afaik machen sich Städte mit hohem Marktanteil für Wohnungsgenossenschaften vergleichsweise gut beim Bereitstellen bezahlbaren Wohnraums.
Letzteres ja. Aber das sollte imo aus Neubau kommen und nicht aus Kauf. Einfach weil dann die gleichen Mittel mehr Effekt haben.
Naja, der Satz hat schon was von Satire, da du ein wesentliches Mittel - Mieten direkt staatlich zu regulieren - ja partout ablehnst und die einzige Alternative (Neubau) offensichtlich ungeeignet ist, das Problem unter halbwegs realistischen Bedingungen zu lösen. Mit anderen Worten: Du würdest das Problem eher gar nicht lösen. Das ist auch eine legitime Haltung, aber ich halte sie nicht für mehrheitsfähig. Ich selbst sehe die Rolle des Staates durchaus auch darin, dass er solche Probleme löst - zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten und die sind imo durchaus vorhanden.
Nochmal: Bodenwertsteuer als redistributiven Effekt, und damit andere Entlastungen und/oder sozialen Wohnungsbau umsetzen.
Inwiefern soll das denn "keine Lösung" sein?
Ich find, btw, so völlig abstrakte Wortgefechte ziemlich öde, also machen wir es doch mal konkret: Was genau ist dein Probem, wo siehst du die Risiken, wenn der Staat effektiv in den Mietmarkt eingreift?
Weniger Neubautätigkeit und ein dadurch in einem wachsenden Ballungsraum langfristig immer schlimmer werdendes Problem. Ich sehe es als kurzfristiges Pflaster, nicht als nachhaltige Lösung.
Schwierig, dazu pauschale Aussagen zu treffen. "Sehr negativ" sind sie hauptsächlich in der Theorie. In der Praxis stammt ein großer Teil der Evidenz aus den US (und dazu noch aus heiß gelaufenen Märkten, größtenteils in NY, NJ und CA). Die politische Situation in den jeweiligen Städten ist schwer mit unserer vergleichbar, weil dort häufig viel mehr Mitbestimmungsrechte bzgl. zoning existieren, dazu wird das Problem teilweise von der Rassenfrage überlagert (d.h. das Ziel ist explizit die Vermeidung von Gentrifizuerng bestimmter Viertel). Andererseits haben die US viel drastischere Gesetze bzgl. eviction als bei uns und kein soziales Recht auf Wohnraum, weshalb die Verdrängung die Leute dann viel härter trifft.
Es kommt auch sehr auf die konkretet Ausgestaltung an (da sehen die meisten Policies in den USA denen, die für den deutschen Wohnungsmarkt diskutiert werden, nicht sehr ähnlich). Reden wir von rent stabilization oder rent control? Wie sind die Regeln für Auszug und Weitergabe solcher Wohnungen? Wie für Modernisierungen? Was sind die Makroeffekte? In den USA hast du bspw. eine viel größere Variabilität innerhalb einer Stadt, was die Qualität ganzer Stadtviertel angeht.
Danke!
Ich kann dir aber zumindest sagen, warum ich kein großes Problem mit Regulierung in bestimmten Kontexten habe. Die drei großen Probleme bei Wohnmarktregulierung sind Folgende:
- Einfluss auf die Qualität des Wohnungsbestandes
- Unfaire Verteilungseffekte zugunsten von existierenden Mietverhältnissen
- Unfaire Verteilungseffekte zugunsten von Leuten, deren Einkommensverhältnisse sich ändern
#1 ist als Problem in meinen Augen übertrieben und lässt sich auch politisch angehen. Das teilt sich mehr oder weniger in zwei Probleme ein, einerseits der Verfall des Wohnungsbestandes und die Umwandlung von Miet- zu Wohneigentum. Ersteres galt in der Theorie als großes Problem, hat sich aber empirisch nur in Städten gezeigt, die eher zu geringe Nachfrage hatten als zu hohe. Das ist heute in Deutschland nicht das Problem. Letzteres kann man regulatorisch durchaus lösen, wenn man wirklich will. Zuletzt gibt es noch das Problem mit Neubau, aber ich denke da muss man schlicht konzedieren, dass es einfach nicht die Kapazitäten gibt, daran etwas zu ändern, weder in der Bauwirtschaft noch in den Bauflächen.
Eigentlich ist man sich doch einig, dass man viel Neubau (bzw Verdichtung) braucht. Wenn du das als "eh nicht möglich" wegdefinierst, OK: Dann ist der Nachteil von Preiskontrollen deutlich geringer.
Ich glaube langfristig braucht man private Aktivität. Daher würde ich den Bodenwert besteuern, was anreiztechnisch weit besser ist und dir die gleichen redistributiven Effekte erlaubt.
Was wäre aus deiner Sicht der Nachteil an hoher Bodenwertsteuer und dann Redistribution (Entlastung der Bürger außerhalb der Miete, Belastung der Vermieter außerhalb der Miete).
Du machst hier echt den nubigsten Studienanfängerfehler
Nur ein kurzer Kommentar: Müssen die ad hominems sein?
Jetzt nur mal ein konstruiertes Beispiel: Nehmen wir an ein Wohnungsboom senkt die Mieten temporär kurz. Es ist doch easy vorstellbar, dass dann noch mehr Leute nach Berlin wollen, die Preise also direkt wieder auf das alte Niveau springen. Und dann noch mehr bauen? Klar warum nicht, dumm nur das Bauplatz am Ende begrenzt ist, ewig kannst du das Spiel nicht treiben. Wir können natürlich auch mehr in die Höhe gehen, ups, jetzt kommt die Infrastruktur nicht mehr hinterher. Am Ende hast du dann ein deutsches New York, hochverdichtet, mit viel Wohnraum, und immer noch arschteuer.
Was soll die Alternative sein? Dass mangels Wohnraum keiner nach Berlin ziehen kann? Und das gleiche dann für andere attraktive Metropolen mit Jobs gilt? Das mag funktionieren, wenn dann irgendwann wirklich mal der demographische Wandel voll rein haut. Aber gerade die Befürworter der Enteignungen etc wollen doch auch wieder Armutsmigration nach Deutschland. Wo sollen die wohnen?