Was hat es mit dem Neoliberalismus auf sich?

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Ja, weil du Dinge die nichts miteinander zu tun haben durcheinanderwirfst.
Stammesgesellschaft <--> Staat z.B.
 
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Bis jetzt sehr informativ hier, danke Leute :top: Zu dem anderen Zeug schreib ich nacher ncoh was, ich muss gleich weg.

Der Artikel zu den Mindestlöhnen ist da ein gutes Beispiel: Man wendet volkswirtschaftliche Erkenntnisse in der Politik an um die Wirtschaft zu verbessern. Völlig außen vor gelassen werden moralische Betrachtungen, Mindestlohn ist ja in sich selbst nationalistisch und rassistisch bzw. ausländerfeindlich.

Letztlich gibt es also wohl drei Konzepte:
- Sozialismus: Jedem einzelnen soll es gleich gut gehen - auf Kosten der Rechte des Einzelnen
- Neoliberalismus: Der Volkswirtschaft soll es gut gehen - auf Kosten der Rechte des Einzelnen
- Kapitalismus: Die Rechte jedes Einzelnen sollen geschützt werden

Ein wesentlicher Konflikt entsteht wohl zwischen den ersten beiden, da die Anhänger um die selbe Machtbasis buhlen. Kapitalismus wird von Sozialisten einfach dem Neoliberalismus zugeordnet und einige der Nachteile des Neoliberalismus (staatliches Eingreifen, Verletzen individueller Rechte etc.) fälschlicherweise dem Kapitalismus zugeordnet. Von den Neoliberalen wird ebenfalls gegen den Kapitalismus argumentiert, da nennt man dann irgendwelche empirischen Daten und ignoriert die Ursachen, Keyes lässt grüßen.

Dass man erstmal das definieren muss, worüber man reden will, is eigentlich kalr, stimm ich dir zu. Hatte zwar n bissle ne andere Diskussion erwartet (eher bezogen auf dein Lieblingswirtschaftsbild), aber es is gut so, wie es ist. Hab ich wieder was dazugelernt.

Wie nennt man deine favorisierte Wirtschaftsordnung? Hab des Gefühl, dass es genau die is, die ich unter keinen Umständen in der Realität verwirklicht sehen will :ugly: Trotzdem interessiert mich, wie damit deiner Meinung nach die Lebensqualität möglichst vieler Leute langfristig steigt, wenn sie denn nicht erhalten bleibt und dass nur möglcihst wenige einen mglichst kleinen Verlust hinnehmen müssen. Und wie dort verhindert wird, dass Menschen, die nicht die geistige Kapazität haben, diese komplizierte Welt zu durchschauen, übern Tisch gezogen werden ("Es ist das Recht der Leute, diesen Kaufvertrag abzuschließen, auch wenn nur der Verkäufer danach besser dran steht als der Käufer").

Auch wenns OT is, aber mich interessiert brennend, aus welchen Definitionen und Grundsätzen du eine solche Sicht zum Mindestlohn ableitest. Niemand sagt, dass der Mindestlohn nur für Deutsche gilt (bzgl Ausländerfeindlichkeit), und wieso er nationalistisch sein soll, kann ich nicht nachvollziehen.
Vielmehr finde ich, dass ein gesetzlicher Mindestlohn, der spürbar überm Hartz4-Satz liegt, Arbeitsanreize schafft, ein bisschen mithilft zu verhindern, dass sich die Gesellschaft in 2 Hälften spaltet, die keinen Kontakt zueinander ausser gegenseitiges haltloses Flamen haben. Wenn dadurch n Frisörbesuch anstatt 12€ 15€ kostet, isses halt so, oder Brötchen beim Bäcker 40ct des Stück anstatt 30ct; genug gutes zu essen wird trotzdem noch jeder haben.. Damit wäre des elende Lohndumping zumindest eingeschränkt und es würde einigen Leuten spürbar besser gehen, den meisten anderen nicht groß anders.

Es lassen sich Situationen konstruieren, in denen Unternehmen keinen Gewinn machen und trotzdem überleben. Das sind aber angesichts der Realität Grenzfälle. Wenn du schon einmal zu Weihnachten nicht das bekommen hast was du dir gewünscht hast, solltest du wissen warum Gewinn gemacht werden muss: Die Bedürfnisse des Menschen sind unbegrenzt. Von Asketen und Yogis abgesehen möchte jeder Mensch mehr von allem. Besseres Essen, ein schnelleres Auto, eine geilere Freundin, einen schnelleren PC.

Naja net wirklich. Trifft eher auf die Leute zu, die zwar net so viel haben, aber eher ungenügsam sind. Der Rest is mit den meisten Sachen schon zufrieden, was er hat, oder konsumiert die Dinge in regelmäßiger Menge und Zeiten (z.b. Essen, neue Autos, neue Wohnungseinrichtung ect). Ich glaube kaum, dass n konstantes Wirtschaftswachstum gehalten werden kann, wenn der Konsum auf der Welt des Niveau von dem hiesigen Mittelstand erreicht hat. Was passiert dann mit ner Wirtschaft nach neoliberalen Konzepten? Oder anders gefragt, existieren dann Konzepte, um zu verhindern, dass Leute ins Elend stürzen?
 
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Nimm's mir nicht übel, aber: Nein.
Das ist eine der unumstößlichsten Erkenntnisse wenn man sich mit Ökonomie beschäftigt. Wenn man jemanden fragt ob er mehr, gleichen oder weniger Wohlstand haben will, ist die Antwort in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle ein "ja!" oder ein "ich bin ja grundsätzlich zufrieden, aber X und Y wäre nett." Und nichts anderes bedeutet das.
 
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Ja, weil du Dinge die nichts miteinander zu tun haben durcheinanderwirfst.
Stammesgesellschaft <--> Staat z.B.

Für mich ist eine Stammesgesellschaft halt ein kleiner Staat. Irgendwann kam dann halt die Spaltung.

Im Lauf der Geschichte wird jedoch die - von wem auch immer gesteuerte - Staatsgewalt immer mächtiger, und zugleich findet eine fortschreitende Bürokratisierung der Gesellschaft statt
http://de.wikipedia.org/wiki/Stammesgesellschaft
 
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Soso, und wie hat die Ökonomie das bewiesen? Indem sie ein paar Kurven zeichnet und dann behauptet jedes Individuum verbessert seinen Nutzen für jeden Kühlschrank den es bekommt immer weiter, auch wenn der Nutzen mit der Zeit abnimmt (aber positiv bleibt)? Was du meinst ist keine "Erkenntnis" der Ökonomie sondern eine "Prämisse", bitte auseinanderhalten.
 

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Ich glaube kaum, dass n konstantes Wirtschaftswachstum gehalten werden kann, wenn der Konsum auf der Welt des Niveau von dem hiesigen Mittelstand erreicht hat. Was passiert dann mit ner Wirtschaft nach neoliberalen Konzepten? Oder anders gefragt, existieren dann Konzepte, um zu verhindern, dass Leute ins Elend stürzen?

Da kein Ökonom der Welt deinen Glauben teilt vermute ich mal nein, es gibt keine Konzepte für sone Situation. Ansonsten, der Neoliberalismus und sein Auswuchs, die Soziale Marktwirtschaft sind das Konzept das Leute vom Sturz in die Armut bewahren soll.

Für mich ist eine Stammesgesellschaft halt ein kleiner Staat. Irgendwann kam dann halt die Spaltung.

Wenn sich deine Freunde über Autos unterhalten, fängst du dann auch an diese mit Hotwheels zu vergleichen?


Soso, und wie hat die Ökonomie das bewiesen? Indem sie ein paar Kurven zeichnet und dann behauptet jedes Individuum verbessert seinen Nutzen für jeden Kühlschrank den es bekommt immer weiter, auch wenn der Nutzen mit der Zeit abnimmt (aber positiv bleibt)? Was du meinst ist keine "Erkenntnis" der Ökonomie sondern eine "Prämisse", bitte auseinanderhalten.

Ich denke es ist sowohl als auch. Keine Ahnung obs schonmal gemacht wurde, aber wenn du eine weltweite Umfrage startest in der du fragst ob die Leute gerne eine höhere Lebensqualität haben möchten als sie im Moment haben, dann wirst du wohl aus allen teilen der Welt dieselbe Antwort bekommen und das zu weit über 90%. Es gibt auch absolut kein Grund nicht mehr zu wollen wenn man es haben kann, das ist schlicht irrational.


/edit

Die Frage ist doch ob die Geschichte so wie sie abgelaufen ist auch anders verlaufen hätte können.

Man kann da jetzt natürlich beliebig zurück gehen in der Geschichte.

Man kann aber auch einfach beim Thema bleiben und die Geschichte Geschichte sein lassen.
 
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Wenn sich deine Freunde über Autos unterhalten, fängst du dann auch an diese mit Hotwheels zu vergleichen?

Die Frage ist doch ob die Geschichte so wie sie abgelaufen ist auch anders verlaufen hätte können.

Man kann da jetzt natürlich beliebig zurück gehen in der Geschichte.
 
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Es gibt allerdings auch nicht kapitalistische Gesellschaften in denen materieller Wert eben keine große Rolle spielt. Was ist mit denen? Das bei einer weltweiten Umfrage die meisten Menschen angeben würden mehr Reichtum zu haben ist doch klar, allerdings muss man auch bedenken, dass jede moderne Gesellschaft nach dem kapitalistischen System organisiert ist und Reichtum dort mit sozialem Prestige und Anerkennung verbunden ist. Es sind aber wohl anthropologische Beispiele möglich in denen gezeigt werden kann, dass dies bei weitem nicht für alle möglichen Formen sozialer Organisation zutrifft.
Und zur Aussage "dann wäre das ja irrational": Individuen handeln nicht immer rational, schon gar nicht so wie dies VWL Bücher gerne darstellen.
 
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Soso, und wie hat die Ökonomie das bewiesen? Indem sie ein paar Kurven zeichnet und dann behauptet jedes Individuum verbessert seinen Nutzen für jeden Kühlschrank den es bekommt immer weiter, auch wenn der Nutzen mit der Zeit abnimmt (aber positiv bleibt)? Was du meinst ist keine "Erkenntnis" der Ökonomie sondern eine "Prämisse", bitte auseinanderhalten.
Die Gesetze von Gossen und von Thünen wurden hinreichend oft via WARP* und SARP** Experimenten nachgeprüft und sind sinnvolle Annahmen. Versuch bitte nicht mir einen vom Pferd zu erzählen, ich kenne mich in VWL aus, danke.

@Rukk: Für dich vielleicht. Vielleicht hat sich das auch historisch so entwickelt. Ökonomisch betrachtet ist ein Staat jedoch etwas grundlegend anderes, und beim Thema Neoliberalismus geht es nunmal nicht um die Entwicklungshistorie.


*Schwaches Axiom der bekundeten Präferenzen
**Starkes Axiom der bekundeten Präferenzen


Individuen handeln nicht immer rational, schon gar nicht so wie dies VWL Bücher gerne darstellen.
Einmal: Dass es kleine Kommunen gibt, in denen andere Regeln gelten, ändert nichts daran dass Materialismus die Lebensphilosophie des Großteils der Bevölkerung dieses Planeten ist. Wenn du eine Diskussion über Rationalitätsannahmen anfangen willst, bitte. Wenn du eine einfache Möglichkeit findest um das Konstrukt des repräsentativen Konsumenten sinnvoll zu ersetzen werde ich applaudieren. Die Frage entwickelte sich aus "warum müssen Unternehmen Gewinn machen?", möchtest du das nun über den Verweis auf irgendwelche Aussteigercommunities "aushebeln"? Ökonomie ist nicht Mathematik, wo ein 'Beweis durch Widerspruch' möglich ist.
 
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Oh Gott, was ist mit diesem Thread passiert? Auf alles hier einzugehen ist mir echt zu viel Aufwand, daher beschränke ich mich aufs wesentliche:
1.Natürlich MUSS ein Unternehmen keinen Gewinn machen. Die BWL kennt verschiedene Arten von Unternehmen wovon nur der Gewinnbetrieb Gewinn machen muss. Da diese Form des Betriebes die große Mehrheit ausmacht, kann ich die Vereinfachung aber verstehen.
2. Die Erfüllung öffentlicher Aufgabe durch den Staat (Deutsche Bahn, Nahverkehr, Energieversorgung etc.) kann entweder durch ihn selber oder durch andere erfüllt werden. Man spricht hier von Gewährleistungsverantwortung anstatt einer Erfüllungsverantwortung. Die Aufgabenprivatisierung sollte nur nach sorgfältiger Aufgabenkritik durchgeführt werden. Das dies in der Vergangenheit nicht immer geschehen ist, hat nicht mit dem Neoliberalismus zu tun.
 

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Es gibt allerdings auch nicht kapitalistische Gesellschaften in denen materieller Wert eben keine große Rolle spielt. Was ist mit denen? Das bei einer weltweiten Umfrage die meisten Menschen angeben würden mehr Reichtum zu haben ist doch klar, allerdings muss man auch bedenken, dass jede moderne Gesellschaft nach dem kapitalistischen System organisiert ist und Reichtum dort mit sozialem Prestige und Anerkennung verbunden ist. Es sind aber wohl anthropologische Beispiele möglich in denen gezeigt werden kann, dass dies bei weitem nicht für alle möglichen Formen sozialer Organisation zutrifft.

Und welche Gesellschaften sollen das gewesen sein? Mir ist keine Gesellschaft bekannt für die materieller Wert keine Rolle gespielt hätte. Selbst im Kommunismus hatten materielle Werte eine zentrale Bedeutung auch wenn die Verteilung dort anders gehandhabt wurde.

Außerdem zäumst du das Pferd auch von hinten auf. Die Menschen wollen nicht mehr haben weil wir zur Zeit in einem kapitalistischen System leben sondern umgekehrt, wir leben heute in einem kapitalistischen System WEIL die Leute immer mehr wollten. Die Erfahrungen mit Kommunistischen Systemen sprechen da doch Bände.

Das nicht alle Individuen immer rational handeln stimmt zwar, aber das müssen sie auch gar nicht. Solange es die Mehrheit überwiegend tut reicht das schon.
 
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Ich bezog mich hiermit nicht auf die Sowjetunion, sondern z.B. auf Völkergruppen im Amazonas, Paraguay, Inuit usw. Ich bin kein Ethnologe, daher habe ich hier nur unausreichendes Wissen, allerdings kann denke ich schon gesagt werden, dass in diesen Gesellschaften Reichtum einen weit geringeren Stellenwert hatte und man nicht von unserer kapitalistischen Ordnung herab versuchen kann den Kapitalismus als im Menschen innewohnendes Prinzip zu objektivieren.

Und nein, Menschen handeln nur begrenzt rational. Der gesamte Forschungszweig Behavioural Economics sowie die Psychologie beschäftigen sich damit zu beweisen, dass wesentliche Grundannahmen welche in der Klassischen Ökonomie getroffen werden hinsichtlich der Rationalität der Akteuere schlicht falsch sind bzw. nicht ausreichen um menschliches Verhalten zu beschreiben.
 
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1.Natürlich MUSS ein Unternehmen keinen Gewinn machen. Die BWL kennt verschiedene Arten von Unternehmen wovon nur der Gewinnbetrieb Gewinn machen muss. Da diese Form des Betriebes die große Mehrheit ausmacht, kann ich die Vereinfachung aber verstehen.
sag ich doch ...
2. Die Erfüllung öffentlicher Aufgabe durch den Staat (Deutsche Bahn, Nahverkehr, Energieversorgung etc.) kann entweder durch ihn selber oder durch andere erfüllt werden. Man spricht hier von Gewährleistungsverantwortung anstatt einer Erfüllungsverantwortung. Die Aufgabenprivatisierung sollte nur nach sorgfältiger Aufgabenkritik durchgeführt werden. Das dies in der Vergangenheit nicht immer geschehen ist, hat nicht mit dem Neoliberalismus zu tun.
sag ich doch ...

:)
 
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Ich bezog mich hiermit nicht auf die Sowjetunion, sondern z.B. auf Völkergruppen im Amazonas, Paraguay, Inuit usw. Ich bin kein Ethnologe, daher habe ich hier nur unausreichendes Wissen, allerdings kann denke ich schon gesagt werden, dass in diesen Gesellschaften Reichtum einen weit geringeren Stellenwert hatte und man nicht von unserer kapitalistischen Ordnung herab versuchen kann den Kapitalismus als im Menschen innewohnendes Prinzip zu objektivieren.

Und nein, Menschen handeln nur begrenzt rational. Der gesamte Forschungszweig Behavioural Economics sowie die Psychologie beschäftigen sich damit zu beweisen, dass wesentliche Grundannahmen welche in der Klassischen Ökonomie getroffen werden hinsichtlich der Rationalität der Akteuere schlicht falsch sind bzw. nicht ausreichen um menschliches Verhalten zu beschreiben.
diese gruppe haben mitm überleben schon genug zu kämpfen als dass sie sich mit weitergehenden Dingen beschäftigen könnten,
 
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Und nein, Menschen handeln nur begrenzt rational. Der gesamte Forschungszweig Behavioural Economics sowie die Psychologie beschäftigen sich damit zu beweisen, dass wesentliche Grundannahmen welche in der Klassischen Ökonomie getroffen werden hinsichtlich der Rationalität der Akteuere schlicht falsch sind bzw. nicht ausreichen um menschliches Verhalten zu beschreiben.
Das Kommunenargument ignoriere ich mal wegen eklatanter Irrelevanz. Die Amazonasindianer kennen vielleicht keinen Reichtum aber auch keinen Neoliberalismus.

Dass die unbedingte Rationalität nicht der Weisheit letzter Schluss ist weiß jeder der sich auch nur Minimal mit VWL auseinandersetzt. Und jetzt zeige mir den Artikel in dem der neue heilige Gral vorgestellt wird. Bounded Rationality usw. ist klar, aber das bedeutet nicht, dass Unternehmen nicht im Großen und Ganzen gewinnorientiert arbeiten müssen. Gerade Unternehmen optimieren nämlich rational... ...und darum ging es :rolleyes:
 

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Womit wir wieder bei den Hotwheels wären... in diesen Gesellschaften hat Reichtum auch eine große Bedeutung, nur ist "Reichtum" da in einem ganz anderen Rahmen zu sehen als bei uns.

Da ist jemand schon reich wenn er inner Gegend wohnt wo es reichlich futter gibt und er so seine Familie gut ernähren kann. Außerdem sollte er noch die Möglichkeiten haben sein Revier und seine Familie zu verteidigen. Mehr junge Männer mit besseren Speeren zu haben als der Nachbarstamm war auch bei den Neanderthalern ne sinnvolle Sache.

Man könnte das ganze vermutlich auch Evolutionsbiologisch herleiten aber das ist mir ehrlich gesagt zu blöd und würde auch zuweit führen.

Und nein, Menschen handeln nur begrenzt rational. Der gesamte Forschungszweig Behavioural Economics sowie die Psychologie beschäftigen sich damit zu beweisen, dass wesentliche Grundannahmen welche in der Klassischen Ökonomie getroffen werden hinsichtlich der Rationalität der Akteuere schlicht falsch sind bzw. nicht ausreichen um menschliches Verhalten zu beschreiben.

Das es sich beim Homo Ökonomikus um ein vereinfachtes Bild handelt ist bekannt und muss auch nicht bewiesen werden. Aber es ist hinreichend genau für den Kontext in dem es verwendet wird, es muss ja nicht das komplette menschliche Verhalten aus allen bereichen erklärt werden, sondern nur ökonomisch relevantes verhalten.
 
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Keine einzige Annahme des Homo Schwachsinnigkus kommt in der Realität vor.
 

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Der Homo oeconomicus bezeichnet einen (fiktiven) Akteur, der

* eigeninteressiert und
* rational handelt,
* seinen eigenen Nutzen maximiert,
* auf veränderliche Restriktionen reagiert,
* feststehende Präferenzen hat
* und über (vollständige) Information verfügt.[1]

Keine Ahnung aber auf die Leute die ich kenne treffen die meisten dieser Punkte weitestgehend zu. (Der letzte Punkt halt nicht aber das wars dann auch)

Aber ich nehme an du hast eine umfangreiche Studie zur hand die deine Aussage bestätigt und die von Bootdiskette erwähnten Studien widerlegt. Oh wait...
 

TMC|Eisen

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Ich habe zwar den größten Teil des Grundstudiums VWL neben dem Jurastudium absolviert, darunter auch Ordnungs- und Institutionenökonomik geschrieben, aber ich fühle mich nicht in der Lage, aus der Sicht eines Volkswirtschaftlers etwas hier beizutragen.

Deshalb nur in Kürze aus der juristischen Perspektive: Das Grundgesetz hat sich nach wohl h.M. bewusst für keine Wirtschaftsordnung entschieden. Niperdey vertrat noch 1954 die Auffassung, das Grundgesetz habe eine bestimmte Wirtschaftsverfassung, nämlich die der sozialen Marktwirtschaft, verbindlich festgeschrieben. Dem freiheitlichen, sozialen Rechtsstaat mit seinen Freiheitsverbürgungen einerseits und der Einordnung des einzelnen in die Gemeinschaft andererseits entspricht nach Niperdey nur die soziale Marktwirtschaft. Das BVerfG ist den Thesen Niperdeys wenige Monate später im sog. Investitionshilfe-Urteil eindeutig entgegengetreten. Das Gericht führt in dieser Entscheidung aus, dass das GG weder die wirtschaftspolitische Neutralität der Regierungs- und Gesetzgebungsgewalt noch eine nur mit marktkonformen Mitteln zu steuernde "soziale Marktwirtschaft" garantiere. Das Grundgesetz sei insoweit "wirtschaftspolitisch neutral".

Die Möglichkeit der Enteignung in Art. 14 II GG wurde bei den "Verhandlungen" über das Grundgesetz in den 50er Jahren von den Sozialdemokraten erzwungen und bietet nach einer Mindermeinung grundsätzlich die Möglichkeit, auch den Sozialismus in gewissen Grenzen einzuführen. Manche sehen Art. 14 II GG als mögliches Einfallstor des Sozialismus, welcher angeblich von großen Teilen der SPD zur damaligen Zeit für den Fall eines Wahlsieges geplant war. Im Wirtschaftswunderland gingen solche Überlegungen unter.

Aber, das ist auch nur die halbe Wahrheit. Denn wirklich neutral ist das GG natürlich nicht. Der konkrete verfassungsrechtliche Rahmen des GG, insbesondere Art 9 III (Koalitionsfreiheit, woraus das kollektive Arbeitsrecht abgeleitet wird), 12 (Berufsfreiheit), 14 (Eigentumsfreiheit), 15 GG sowie das Sozialstaatsprinzip schließt extreme wirtschaftspolitische Modelle wie die (Wieder-)Einführung einer völlig freien, liberalistischen Marktwirtschaft oder Zentralverwaltungswirtschaft aus. Die Offenheit des GG für wirtschaftspolitische Zielsetzungen ist also nur relativ.

Neoliberalismus war ja eine geraume Zeit sehr negativ belegt, weil er mMn größtenteils falsch verstanden war. Zitat: "Er bedeutet eine Abkehr von groben Laissez faire Konzepten und eine scharfe Ablehnung totalitärer Gesellschaftssysteme. Die Entwürfe haben die zentrale Gemeinsamkeit der Forderung nach Sicherung des Wettbewerbs vor Übermacht, sich jedoch in ihren Antworten auf die Frage, wie das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und sozialem Ausgleich aufzulösen sei, unterscheiden." (Grundbegriffe zur Ordnungstheorie und politischen Ökonomik, Alfred Schüler, Seite 48).

Inwiefern unterscheidet sich der Neoliberalismus von der sozialen Marktwirtschaft a la Alfred Müller Armack? Nur durch ein Mehr an staatlichen Eingriffen durch aktive Wirtschaftspolitik oder -Regulierung? Das GG würde den Neoliberalismus m.E. problemlos "akzeptieren". Es gilt eigentlich heute bereits der Grundsatz, dass der Staat sich nur dann erwerbswirtschaftlich betätigen "sollte" (Problem: z.B. VW-Gesetz), wenn Private die Aufgabe nicht ebenso effektiv erfüllen können.


Hm... das ist jetzt etwas ausschweifend geworden, sry :-)
 
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Der Homo oeconomicus bezeichnet einen (fiktiven) Akteur, der

* eigeninteressiert und
* rational handelt,
* seinen eigenen Nutzen maximiert,
* auf veränderliche Restriktionen reagiert,
* feststehende Präferenzen hat
* und über (vollständige) Information verfügt.[1]

Keine Ahnung aber auf die Leute die ich kenne treffen die meisten dieser Punkte weitestgehend zu. (Der letzte Punkt halt nicht aber das wars dann auch)

Aber ich nehme an du hast eine umfangreiche Studie zur hand die deine Aussage bestätigt und die von Bootdiskette erwähnten Studien widerlegt. Oh wait...

Wir handeln nicht nur eigeninteressiert
wir handeln nicht nur rational
wir handeln nicht nur auf unseren eigenen nutzen hin
wir reagieren nicht immer auf veränderliche restriktionen
wir haben keine feststehenden präferenzen
und über vollständige Informationen verfügen wir nun wirklich nicht.
 

TMC|Eisen

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Du darfst den homo oeconomicus auch nicht als eine auf den Einzelfall bezogene und tatsächlich handelnde Person verstehen, sondern als Annahme, anhand derer man in der VWL bestimmte Modelle erklärt. Dass ein Individuum über vollständige Information verfügt, ist natürlich nicht "realistisch", da die Informationsverteilung zumeist asymmetrisch ist, dennoch handelt es sich um eine notwendige Annahme für bestimmte Modelle oder Entscheidungssituationen.
 
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Clawg

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Wie nennt man deine favorisierte Wirtschaftsordnung?
Laissez-Faire Kapitalismus. Keine Zentralbanken, Kartellämter, 5-Jahrespläne, Konjunkturpakete etc.

Hab des Gefühl, dass es genau die is, die ich unter keinen Umständen in der Realität verwirklicht sehen will :ugly: Trotzdem interessiert mich, wie damit deiner Meinung nach die Lebensqualität möglichst vieler Leute langfristig steigt, wenn sie denn nicht erhalten bleibt und dass nur möglcihst wenige einen mglichst kleinen Verlust hinnehmen müssen.
Was ist denn "Lebensqualität"? Willst du für alle Menschen ein einheitliches Leben vorschreiben, und wenn das dafür entwickelte Wirtschaftssystem dieses erfüllt, es als erfolgreich bezeichnen?

Der wesentliche Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus ist, dass der Sozialismus ein nationales Ziel für das Volk vorgibt und die Struktur der Gesellschaft darauf ausrichtet. Kapitalismus ist dagegen dezentral ausgelegt und erlaubt ein friedliches Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Zielen und Meinungen. Deshalb neigt der Sozialismus auch zu totalitären Gesellschaftsformen.

Und wie dort verhindert wird, dass Menschen, die nicht die geistige Kapazität haben, diese komplizierte Welt zu durchschauen, übern Tisch gezogen werden ("Es ist das Recht der Leute, diesen Kaufvertrag abzuschließen, auch wenn nur der Verkäufer danach besser dran steht als der Käufer").
Also ich habe ehrlich gesagt nicht die geistigen Kapazitäten, den Landes- oder Bundeshaushalt zu überprüfen. Da werde ich regelmäßig über den Tisch gezogen, und da geht es um viel größere Summen.

Auch wenns OT is, aber mich interessiert brennend, aus welchen Definitionen und Grundsätzen du eine solche Sicht zum Mindestlohn ableitest. Niemand sagt, dass der Mindestlohn nur für Deutsche gilt (bzgl Ausländerfeindlichkeit), und wieso er nationalistisch sein soll, kann ich nicht nachvollziehen.
Natürlich wird dank dem Mindestlohn ein nigerianischer Arbeiter hier auf gleichem Niveau bezahlt wie ein Deutscher - aber nur wenn er einen Job findet. Und je höher der Mindestlohn ist, desto geringer sind die Chancen dafür. Mindestlohn ist kein Wundergesetz, das die Löhne anhebt, sondern in Wirklichkeit leidglich ein Arbeitsverbot für all diejenigen, deren Marktwert unter dem Mindestlohn liegen. Und das sind, global gesehen, eine ganze Menge an Leuten. Im Grunde ist der Mindestlohn ein gut getarntes Gesetz zum Stopp der Einwanderung. Und in Ländern, in deren Vergangenheit es große Zuströme an Einwanderer gegeben hat bzw. Bevölkerungsgruppen in der Vergangenheit unterdrückt wurden (Farbige in den USA), wirken Mindestlöhne sogar noch rückwirkend. Wer "Mindestlohn!" schreit steht für mich auf einer Ebene mit "Ausländer raus!".

Vielmehr finde ich, dass ein gesetzlicher Mindestlohn, der spürbar überm Hartz4-Satz liegt, Arbeitsanreize schafft, ein bisschen mithilft zu verhindern, dass sich die Gesellschaft in 2 Hälften spaltet, die keinen Kontakt zueinander ausser gegenseitiges haltloses Flamen haben.
Inwiefern verbessert sich durch den Mindestlohn die Situation für einen Arbeitssuchenden?

Wenn dadurch n Frisörbesuch anstatt 12€ 15€ kostet, isses halt so, oder Brötchen beim Bäcker 40ct des Stück anstatt 30ct; genug gutes zu essen wird trotzdem noch jeder haben.. Damit wäre des elende Lohndumping zumindest eingeschränkt und es würde einigen Leuten spürbar besser gehen, den meisten anderen nicht groß anders.
Na klar, die Menschen haben zuviel Geld. Hoffentlich kommt der Frisör in deinem Beispiel nicht auf die Idee, 30 Brötchen zu kaufen. :deliver:
 
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TMC|Eisen

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@ Claw: Keine Zentralbanken? Wer verleiht dann Geld an die Banken? Oder drucken die sich ihr Geld einfach selber?
 

Clawg

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Die Banken können machen was sie wollen, eine neue Währung kreieren, Geld drucken usw.
 
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Clawg

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Sehe jetzt nicht, worauf du hinaus willst. Eine zentralgesteuerte Geldwirtschaft fügt dem Medium "Geld" keine zusätzliche Eigenschaft hinzu, am Geld selbst ändert sich also nichts.
 
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Wir leben in einer neoliberalen Gesellschaft, und das heißt: alle gesellschaftlichen Bereiche sollen den so genannten freien, besser gesagt: den ungezügelten Kräften des Marktes in einem enthemmten Kapitalismus ausgesetzt werden. Tragende Säulen des Neoliberalismus sind die Liberalisierung des Handels und der Finanzgeschäfte, die Privatisierung öffentlicher Bereiche, die Deregulierung und der systematische Abbau sozialer Leistungen (Haug 1999; Chomsky 2004). Die Semantik des Wortes Privatisierung sollte dabei stets gegenwärtig sein. Das lateinische Wort »privare« heißt berauben: Etwas, das privatisiert wird, wird demzufolge der öffentlichen Kontrolle beraubt, es soll nicht mehr der gesellschaftlichen Regulierung und Kontrolle unterstellt sein. Was wir in den letzten zwei Jahrzehnten erleben, folgt dieser Logik: Alle gesellschaftlichen Sektoren werden zunehmend den Gesetzmäßigkeiten des kapitalistischen Marktes ausgeliefert. Nicht mehr die Gesellschaft kontrolliert den Markt, vielmehr bestimmt der Markt die "Geschicke" der Gesellschaft.

Ich kann nichts gut finden an diesen neoliberalen Supersystem das bisher hier in diesem Forum postuliert wird. Allein die Vorstellung des Homo materia des "Stoffmenschen", den Menschen als Ressource anzusehen, was mit Rohstoffen passiert wissen wir alle, Sie werden geplündert, bearbeitet und in eine gesellschaftlich profitable Form gebracht.
 
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Mal abgesehen davon dass der Begriff Neoliberalismus aufgrund seiner Vieldeutigkeit m.E. ziemlich sinnlos ist: ich frage mich, wie man allen Ernstes eine Gesellschaft noch als "neoliberal" bezeichnen kann, in der massive Staatsdefizite gefahren werden, in der die Wirtschaftspolitik (z.B. USA, Ger) teilweise enorm in die Wirtschaft eingreift und in der schwaechelnde Banken einfach verstaatlicht werden. Ich denke dass der Begriff Neoliberalismus recht gut brauchbar ist um die Zeit zwischen grob 1990 und vielleicht 2006 zu bezeichnen, aber nicht auf die Ereignisse der letzten paar Jahre ausdehnbar ist.

Meine persoenliche Beobachtung ist auch, dass viele der ueblichen Verdaechtigen (also vor allem linke Gruppen / Parteien) in den letzten Jahren von einer diffamatorischen Verwendung dieses Begriffs sich abgewendet haben und ihn im Grunde nur noch sehr selten verwenden. Einfach weil es auf die Entwicklung der letzten Jahre nicht mehr passt.
Das ist aber wie gesagt nur eine subjektive Einschaetzung.
 
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Sehe jetzt nicht, worauf du hinaus willst. Eine zentralgesteuerte Geldwirtschaft fügt dem Medium "Geld" keine zusätzliche Eigenschaft hinzu, am Geld selbst ändert sich also nichts.
Ja, doch - nämlich, dass sie zentralgesteuert ist.
Für den Euro gilt in der Eurozone eine gesetzliche Annahmepflicht, mit der eigenen Währung einer Bank wäre das nicht möglich.
 
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Und nein, Menschen handeln nur begrenzt rational. Der gesamte Forschungszweig Behavioural Economics sowie die Psychologie beschäftigen sich damit zu beweisen, dass wesentliche Grundannahmen welche in der Klassischen Ökonomie getroffen werden hinsichtlich der Rationalität der Akteuere schlicht falsch sind bzw. nicht ausreichen um menschliches Verhalten zu beschreiben.

Ich kenn die Debatte recht gut aus meinem Arbeitsfeld, die VWL Diskussion dazu ist mir nur am Rande bekannt. Aber ich denke der wesentliche Punkt ist nicht, ob Individuen sich mal rational, mal triebhaft / durch Ideen gesteuert oder was weiss ich verhalten. Die Rationalitaetsannahme funktioniert eher ueber einen Mittelwert: wenn wir eine Gruppe haben, die gross genug ist, dann wird diese statistisch gesehen zu bestimmten "rationalen" Verhaltensweisen tendieren - bzw. zu Verhaltensweisen, die im nachhineine als rational klassifiziert werden koennen. Das heisst, es geht eher um "abstrakte" Individuen als darum, zu zeigen, dass im Einzelfall Abweichungen moeglich sind. Gerade Institutionen haben einen gewissen Rationalisierungseffekt, d.h., wo das einzelne Individuum im Einzelfall noch eine groessere Tendenz zur Abweichung hat, nimmt bei menschlichen Organisationen dieser Effekt (statistisch betrachtet) ab.
 
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"[Der Neoliberalismus] bedeutet eine Abkehr von groben Laissez faire Konzepten und eine scharfe Ablehnung totalitärer Gesellschaftssysteme. Die Entwürfe haben die zentrale Gemeinsamkeit der Forderung nach Sicherung des Wettbewerbs vor Übermacht, sich jedoch in ihren Antworten auf die Frage, wie das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und sozialem Ausgleich aufzulösen sei, unterscheiden." (Grundbegriffe zur Ordnungstheorie und politischen Ökonomik, Alfred Schüler, Seite 48).
einer der besten Beiträge bisher.

Claw: Der unmittelbare Automatismus "hoher Mindestlohn --> Jegliches Arbeitsangebot für niedrigere Lohnhöhen verschwindet und Arbeit wird effektiv vernichtet" existiert nicht ganz exakt so. Das wird einem im Grundstudium beigebracht, aber es ist nicht die ganze Wahrheit.


breezi: Du solltest erstens mal ordentlich zitieren anstatt den Anschein zu erwecken du hättest deinen ersten Satz selbst geschrieben (Außerdem: Man zitiert Journals und nicht irgendwelche Kapitalismuskritik-Vögel von deren Website. Wenn wir so anfangen kann ich mich gleich selbst zitieren um meine Kompetenz zu belegen.). Deine Kritik an der Verwendung des Menschen als "Produktionsinput" ist aus sozialromantischer Sicht nachvollziehbar, aber diese Debatte ist theoretisch und nicht praktisch. Theoretische Abhandlungen sind per se trocken und nicht emotional, daher ist es vollkommen normal und in Ordnung dass in diesem Kontext der Mensch auf die kontextuell relevante Rolle reduziert wird.
Deine Analogien über Ressourcen und Privatisierung sind maximalst fehl am Platz, denn Privatisierung bedeutet hier und Heute nichts als dass der Staat Aufgaben abgeben sollte, die ein Privatverantwortlich geführtes Unternehmen besser (!) erfüllen kann. Siehe auch hier:
2. Die Erfüllung öffentlicher Aufgabe durch den Staat (Deutsche Bahn, Nahverkehr, Energieversorgung etc.) kann entweder durch ihn selber oder durch andere erfüllt werden. Man spricht hier von Gewährleistungsverantwortung anstatt einer Erfüllungsverantwortung. Die Aufgabenprivatisierung sollte nur nach sorgfältiger Aufgabenkritik durchgeführt werden. Das dies in der Vergangenheit nicht immer geschehen ist, hat nicht mit dem Neoliberalismus zu tun.

jackdaniels: Die diffamatorische Nutzung dauert leider immer noch an. Der Neoliberalismus ist im Moment als Ideologie so tot wie man nur sein kann (in der Bevölkerung), weil er einerseits vieldeutig ist wie du schon sagst und andererseits vollkommen falsch assoziiert wird von vielen.

Das von Claw angesprochene monetäre System ohne Zentralbanken wäre durchaus interessant, aber eben nur theoretisch da die praktischen Probleme die Zentralbank eben doch erzwingen.
 
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Clawg

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Ja, doch - nämlich, dass sie zentralgesteuert ist.
Privates Geld ist auch zentral gesteuert, da nicht jeder das Geld nachdrucken kann - nur der Inhaber der jeweiligen Währung. Jede Währung hat quasi eine Marke draufstehen, die nicht kopiert werden darf. Die Marke lässt man sich registrieren, wie jede andere Marke auch.

Für den Euro gilt in der Eurozone eine gesetzliche Annahmepflicht, mit der eigenen Währung einer Bank wäre das nicht möglich.
Und? Muss man die Schuld eben mit der Währung begleichen, die im Vertrag angegeben ist. Sehe jetzt da kein Problem.

Claw: Der unmittelbare Automatismus "hoher Mindestlohn --> Jegliches Arbeitsangebot für niedrigere Lohnhöhen verschwindet und Arbeit wird effektiv vernichtet" existiert nicht ganz exakt so.
Schlupflöcher gibt es immer. Arbeit wird ja auch nicht nur in Geld bezahlt, sondern auch mit anderen Mitteln (Berufserfahrung, Tausch etc.).

Das von Claw angesprochene monetäre System ohne Zentralbanken wäre durchaus interessant, aber eben nur theoretisch da die praktischen Probleme die Zentralbank eben doch erzwingen.
Die Probleme die ein Währungssystem mit sich bringt verschwinden durch die Institution einer Zentralbank nicht.
 
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was mindestlöhne angeht liest du dem hier: http://www.mitpressjournals.org/doi/abs/10.1162/REST_a_00039 google-scholar + titel des papers bringt auch frei verfügbare downloads.

was deine währungsidee angeht: natürlich wäre es charmant wenn man idealerweise die "inflation" einer währung herunterbrechen könnte bis zum individuum, und perfekt angepasste verträge mit perfekter beidseitiger information hätte. es ist aber ebenso offensichtlich dass das (heute)(noch) nicht möglich ist, weil die notwendigen transaktionskosten bei weitem zu hoch sind.
dazu kommt das vertrauensproblem. wer garantiert mir dass bank X morgen noch da ist um meine forderung zu begleichen? damit sind wir fast schon bei Basel I, II und III sowie den eigenkapitalunterlegungsvorschriften von bankgeschäften (KWG, SolvV, MaRisk als teil von Basel II). es braucht vertrauen in die währung, und in der aktuellen realität ist es so, dass die zentralbank für den wert des geldes einsteht.
eine einzelne bank kann das aktuell schon allein deshalb nicht leisten, weil hansi durchschnitt das system nicht versteht. erkläre mal einem menschen auf der straße dieses system - es ist bei den meisten von vorneherein zum scheitern verurteilt. hansi durchschnitt hatkein bock VWL zu studieren nur um zu verstehen wie man nun brötchen kaufen kann.
mit einem perfekt informierten agenten der das system versteht und sich beliebig oft replizieren lässt, funktioniert es natürlich. aber man kann sich durch zusätzliche annahmen auch zu tode restringieren.
 

TMC|Eisen

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Die Banken können machen was sie wollen, eine neue Währung kreieren, Geld drucken usw.

Willkommen in Utopia! Weil es ja so effizient ist, wenn jede Bank ihre eigene Währung kreiert, am besten zahlt jedes Unternehmen das Gehalt auch in einer eigenen Währung aus. Allein die täglich neu zu berechnenden Wechselkurse (und wer berechnet sie denn, ein privates Unternehmen?) wären der Tod für die Realwirtschaft. Und wo läge der Vorteil einer solchen Handhabung? Man gibt jedem die Möglichkeit, Geld zu drucken? Dann ist Geld schlicht obsolet und eine Rückkehr zur Naturalienwirtschaft unumgänglich... selten so etwas wenig durchdachtes gelesen.
 

Clawg

Guest
Weil es ja so effizient ist, wenn jede Bank ihre eigene Währung kreiert

Ich habe nirgends behauptet, dass jede Bank ihre eigene Währung kreiert, bitte genau lesen.

dazu kommt das vertrauensproblem. wer garantiert mir dass bank X morgen noch da ist um meine forderung zu begleichen?
Wer garantiert dir, dass das Flugzeug nicht abstürzt, in dem du drinsitzt? Vielleicht sollte der Staat das komplette Feld der Transportation übernehmen?
Im Übrigen kann dir das eine Zentralbank auch nicht garantieren. Außerdem gibt es ja die Möglichkeit, dass eine Bank eben nicht mehr verleiht, als bei ihr eingezahlt wird. Weniger Kredite, geringere Gewinnspanne, aber dafür 100% Sicherheit. Ist eben immer eine Frage: Welches Risiko möchte ich eingehen?

eine einzelne bank kann das aktuell schon allein deshalb nicht leisten, weil hansi durchschnitt das system nicht versteht. erkläre mal einem menschen auf der straße dieses system - es ist bei den meisten von vorneherein zum scheitern verurteilt. hansi durchschnitt hatkein bock VWL zu studieren nur um zu verstehen wie man nun brötchen kaufen kann.
mit einem perfekt informierten agenten der das system versteht und sich beliebig oft replizieren lässt, funktioniert es natürlich. aber man kann sich durch zusätzliche annahmen auch zu tode restringieren.
Wenn "Hansi Durchschnitt" das jetzige System nicht versteht, wie kann er dann Politiker ins Amt wählen, die in seinem Interesse darüber wachen und keine inflationäre Politik betreiben, die für ihn indirekt eine Umverteilung seines Geldes zu den Unternehmen darstellt, welche direkt am Geldhahn sitzen?

Inwiefern es eine einzelne Bank nicht leisten könnte, halte ich im Übrigen für sehr fraglich. Schau dir internatione Unternehmen an, die Millionen von Menschen in der halben Welt beschäftigen. Wer garantiert den Mitarbeitern, dass das Unternehmen jetzt nicht von heute auf morgen eine völlig chaotische Politik betreibt, Fehler in ihre Produkte einbaut und für jede Menge Chaos, Arbeitslosigkeit etc. sorgt?
 
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Willkommen in Utopia! Weil es ja so effizient ist, wenn jede Bank ihre eigene Währung kreiert, am besten zahlt jedes Unternehmen das Gehalt auch in einer eigenen Währung aus. Allein die täglich neu zu berechnenden Wechselkurse (und wer berechnet sie denn, ein privates Unternehmen?) wären der Tod für die Realwirtschaft. Und wo läge der Vorteil einer solchen Handhabung? Man gibt jedem die Möglichkeit, Geld zu drucken? Dann ist Geld schlicht obsolet und eine Rückkehr zur Naturalienwirtschaft unumgänglich... selten so etwas wenig durchdachtes gelesen.
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In der Praxis werden sich aus genau diesen Gründen ein, vielleicht zwei Währungen durchsetzen.
Claw hat lediglich geschrieben dass es einer Bank nicht verboten ist, ihre eigene Währung herauszugeben. Wenn diese keine enormen Vorteile gegenüber der etablierten Währung besitzt, wird sie sang- und klanglos untergehen. Wenn sich aber genug Menschen finden, die diese Währung freiwilig nutzen (offensichtlich weil sie irgend einen Vorteil bietet), warum willst du es ihnen dann verbieten?

Es ist doch auch keiner Firma verboten ihre eigenen Schrauben herzustellen. Wenn die aber keiner nutzen will weil sie nirgends passen verwendet sie halt keiner.
 
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TMC|Eisen

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?

In der Praxis werden sich aus genau diesen Gründen ein, vielleicht zwei Währungen durchsetzen.
Claw hat lediglich geschrieben dass es einer Bank nicht verboten ist, ihre eigene Währung herauszugeben. Wenn diese keine enormen Vorteile gegenüber der etablierten Währung besitzt, wird sie sang- und klanglos untergehen. Wenn sich aber genug Menschen finden, die diese Währung freiwilig nutzen (offensichtlich weil sie irgend einen Vorteil bietet), warum willst du es ihnen dann verbieten?

Es ist doch auch keiner Firma verboten ihre eigenen Schrauben herzustellen. Wenn die aber keiner nutzen will weil sie nirgends passen verwendet sie halt keiner.


Dann sag mir doch einen einzigen plausiblen Grund, welchen Vorteil der Bank eine neue Währung bringen könnte?

@ Claw: Nehmen wir an, die Banken würden eine "einzige" neue Währung kreieren. Welchen Unterschied hätte diese Währung zur alten?
 
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Benrath

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lustig vom anfang jetzt zu Zentralbanken..

und am besten machen wir wieder GOld zum WÄhrungsanker
 
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Dann sag mir doch einen einzigen plausiblen Grund, welchen Vorteil der Bank eine neue Währung bringen könnte?
Ich weiß nicht so recht wie ich darauf antworten soll, denn zum einen gibt es sicherlich Vorteile die man sich vorstellen könnte, zum anderen ist das aber völlig irrelevant.

Nehmen wir mal also mal den Fall an es gäbe wirklich keine denkbaren Vorteile: das ist noch lange kein Grund es zu verbieten.
In diesem Fall würde auch keine Bank auf die Idee kommen eine eigene Währung herauszubringen, bringt ihnen ja nichts (Banken sind nämlich meistens auf Profit aus :ugly: ). Dann brauchst du es aber wiederrum nicht zu verbieten.

Obwohl also eigentlich nicht nötig um gegen ein Verbot zu argumentieren hier trotzdem noch ein Video wie eventuelle Vorteile aussehen könnten: http://www.youtube.com/watch?v=AZe4g-iBBAk
 
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