Ich glaube für manchen liberalen Verbotsgegner stellt die willkürliche Abgrenzung/Definition von Gegenständen ein Problem dar. Alle Kleidungsstücke sind gleich; eine Unterscheidung zwischen Niqab, Burka, Kopftuch, Kippa oder religiösen Kettchen zu machen wird als willkürlich und nicht trennscharf aufgefasst. Das Problem bei dieser Betrachtungweise: So ziemlich jede "Alltagsdefinition" eines Gegenstandes ist willkürlich.
Die Kopftuchdiskussion habe ich ja hier im Forum vor einigen Jahren angeregt mit Gustavo geführt. Damals ging es nicht um Schüler sondern um Lehrer (bzw. Beamte allgemein) und wir standen auf verschiedenen Seiten der Argumentation. Hier im Thread sind wir jedoch einer Meinung. Es gibt offensichtlich Abstufungen, und jeder zieht seine Schmerzgrenze woanders. Die Kopftuchdiskussion würde ich deshalb insofern ausklammern, weil es eben für die meisten Menschen komplett verschiedene Sachverhalte sind (auch für mich, obwohl ich kein Kopftuchfan bin). Selbst innerhalb der praktizierenden muslimischen Community ist das Niqab-Tragen eine absolute Ausnahme, allein dadurch sollte der extremistische und abgrenzende Charakter des Kleidungsstücks deutlich werden. Man kann natürlich Szenarien konstruieren, bei denen eine Entscheidung schwerer fällt: Ist ein spezifisches Kleidungsstück noch eine Niqab, oder "nur" eine Chador/Hijab? Gehören letztere auch verboten? Wie weit sollte man gehen?
Das sind alles Gespräche die man führen kann - und ja, die Entscheidung wird am Ende ein Stück weit willkürlich sein. Damit muss man leben lernen, man kann es doch aber nicht als Grund heranziehen, die Handlungsfähigkeit des Staates zu lähmen, und sinnvolle Verbote von vorne herein abzulehnen.
Um auf den imo passenden Hakenkreuzvergleich zurückzukommen: Nazis werden gerne kreativ wenn es um die Abwandlung des Hakenkreuzes geht. Nicht alles davon kann man verbieten. Der pragmatische Ansatz ist, sie schlicht erstmal machen zulassen und wenn ein bestimmtes Symbol populärer wird, ein entsprechendes Verbot durchzusetzen. Irgendwann wird die ursprüngliche Symbolik dann derart stark verfremdet, dass man womöglich ganz ohne Verbot auskommt (insofern das neue Symbol nicht mit einer der modernen gewalttätigen Nazigruppierungen assoziiert wird.)
Ganz ähnlich halte ich es bei der Niqab. Ich finde, es wäre schon viel geholfen, wenn extremistische Muslime dazu genötigt würden, ihre Töchter "nur" noch in eine Chador zu stecken. Letztere finde ich zwar auch nicht gut, aber alleine durch die Sichtbarkeit des Gesichts sollte der abgrenzende Charakter innerhalb des Klassenverbandes viel geringer ausfallen.