Wieso Angleichung?
Hat ja niemand behauptet, dass es nicht tausend Möglichkeiten gäbe, ein Zimmer geschmackvoll (oder geschmacklos) einzurichten.
Und natürlich ist die konkrete Ausprägung immer relativ. Ein Indio wird unter einer geschmackvollen Einrichtung etwas anderes verstehen als ein Westeuropäer.
Das heißt nicht, dass es nicht unter beiden Gruppen jeweils solche und solche geben wird.
Dass ich etwas als geschmackvoll erkenne, muss nicht sofort heißen, dass es in seiner konkreten Erscheinung meinem eigenen Geschmack entspricht.
Wenn ich z.B. bei nem Punk zu Besuch bin, könnte ich seine Einrichtung durchaus für sehr stilvoll halten, bezogen auf seinen persönlichen Stil, was keineswegs heißt, dass ich sie für mich selbst wählen würde.
Man kann natürlich auch darüber streiten, wie angebracht ein bestimmter Stil in einer bestimmten Situation ist.
Dennoch denke ich, dass es eine abstrakte, über konkrete Formen hinausgehende Idee davon gibt, was ein Mensch als ästhetisch empfindet und was nicht.
Und ich muss NumbSchiller in einem Punkt deutlich widersprechen: Individualität ist eine Sache, aber man sollte auch nie vergessen, dass so ziemlich alle Gegenstände, mit denen wir uns umgeben, auch eine soziale Funktion erfüllen.
Wenn ich mein Zimmer einrichte, tu ich das ja nicht unter einer Käseglocke, abgeschottet von der Welt.
Es sagt etwas über mich aus, über meine persönlichen Werte und Vorlieben und meine Fähigkeit, sie auszudrücken. Was wir tun und womit wir uns umgeben ist nun mal auch Ausdruck unserer inneren Einstellung.
Und gerade wenn Geschmacksfragen so willkürlicher Natur sind und so relativ zu äußeren, etwa gesellschaftlichen Umständen, warum sollte ich dann bitte gerade eine Priorität setzen, die meinem gesellschaftlichen Umfeld entgegensteht?
Das erscheint mir nicht einleuchtend. Das heißt nicht, dass man nur mit dem Strom schwimmen soll, im Gegenteil, das sendet auch wieder negative Signale. Aber die Abgrenzung sollte in meinen Augen durch eine Auseinandersetzung mit der Welt, in der ich lebe, zustande kommen, nicht durch Ignoranz ihr gegenüber.
Und zu dieser Auseinandersetzung gehört eben auch, sich mit Dingen zu befassen und sie kennenzulernen, um sie besser beurteilen zu können. Habe ich mir schließlich ein fundiertes Urteil gebildet, das mir einen souveränen Umgang mit der Thematik ermöglich, dann kann ich zielsicher individuelle Akzente setzen, soviel ich will. (Vorher kann ichs natürlich auch schon, aber ich sollte darauf vorbereitet sein, öfter mal in ein modisches Fettnäpfchen zu treten.)