Naja, so einfach ist es nicht.
Carlsen spielt seine Eröffnungen mit Weiß so, dass er nicht unbedingt den Riesenvorteil in der ersten Partiephase rausholt, sondern einfach eine spielbare, unbekannte Stellung erhält. Und danach spielt er dann druckvoll weiter und versucht eben auch in Endspielen, die objektiv bei bestem Spiel von beiden Seiten unentschieden sind, dem Gegner Probleme zu stellen, vielleicht auch Risiken einzugehen um selbst Chancen zu erhalten und für ihn geht es dann sehr oft gut aus, weil die Gegner irgendwann Fehler machen.
Ich denke heute ist es eher der Fall, dass Anand die Stellung gut mit dem Computer analysiert hat und vielleicht sogar zu dem Schluss gekommen ist, dass er gar nicht mit einem großen Vorteil rauskommt, aber er sagt quasi zu Carlsen: "Ok, finde erstmal jeweils den besten Zug oder du stehst schlechter." Und Carlsen musste dann selbst am Brett immer etwas finden und verbraucht eben deutlich mehr Zeit. Es ist natürlich auch psychologisch nicht ganz einfach immer 10 Minuten nachzudenken, während der Gegner mit dem Instant 5-Sekunden-Zug signalisiert, hier ist noch alles bekanntes Terrain.
Einfach so mal die Uhr laufen zu lassen, funktioniert auf dem Niveau nicht, zum einen fehlt die Zeit dann später, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen und zum anderen muss der Gegner ja nicht nachdenken, weil er noch die Heimanalyse nachspielt.