Das hier ist eine normative Diskussion? Wahnsinn, haltet die Druckerpressen an. Jo, du findest es nicht in Ordnung, ich wohl. Wir tauschen ja hier Argumente aus und schauen mal, wer da die besseren hat. Aus meiner Sicht ist die Freiheit der Lehrkraft natürlich auch ein Punkt, der berücksichtigt werden muss. Gleichzeitig bin ich kein Verfechter absoluter Freiheit dabei, wie ich hier im Thread schon gepostet habe. Ich versteh jetzt den Sinn dieses Absatzes nicht so ganz.
Hey du bist derjenige, der in einer normativen Diskussion auf einmal Quellen und Belege von der Gegenseite gefordert hat. Hättest du das nicht getan, wär ich garnicht erst eingestiegen. Wohlgemerkt, auch deine Argumentation fußt auf Behauptungen, zu denen du nicht mal artverwandte Evidenz vorweisen kannst. Das macht das ganze für Leute wie mich so frustrierend (neben dem Zeitaufwand).
Du willst eine evidenzbasierende Diskussion über das Für und Wider von religiösen Symbolen im öffentlichen Dienst? Fein, ich habe vorgelegt. Es war mir natürlich klar, dass dir das am Ende nicht gut genug ist. Die Evidenz, die du für Themen dieser Art forderst, gibt es in den Sozialwissenschaften nicht. Wenn wir doch aber Integrationsindikatoren messen können, und Vergleiche zwischen Ländern die eher in deinem Sinne regieren, und Ländern, die das nicht tun, für die erstere Gruppe sehr ungünstig ausgehen, dann ist das für mich Grund genug ein bisschen auf die "Multikultibremse" zu treten.
Und ich finde deine Argumentationsweise ziemlich konfus. Zunächst mal: Wie schon gesagt bezieht sich deine empirische Evidenz hauptsächlich auf Integration, was das Thema erstmal nur sekundär betrifft. Dazu ist die momentane Lage in einer normativen Diskussion natürlich leider auch leicht auszuhebeln: Ich kann dir vieles nennen, was ursächlich für Integrationsproblematiken ist, ohne auf Plattitüden wie: "Den Islam zu zelebrieren, heißt Patriarchat zu zelebrieren." zurückgreifen zu müssen. Sorry, aber das ist doch sowas von undifferenziert. Wenn es dir um den Kampf gegen das Patriarchat geht, dann betreibst du hier einfach Cherry-Picking um deine persönliche Meinung zu untermauern. Es gibt so viele kulturell akzeptierte Bräuche des ehemaligen Patriarchats, auch in unseren Kulturkreisen, die selbstverständlich zu unserer Gesellschaft gehören. Dagegen geht man nicht mit Verboten vor, sondern mit offenen Diskursen.
Ja das war undifferenziert. Mir ist natürlich klar, dass das nicht für jedes Individuum gilt. Aber für die überwiegende Mehrheit derer die das Kopftuch als essenziell ansehen wohl schon. Das sind die derzeitigen Gegebenheiten. In 50 Jahren ist das vielleicht einmal anders, dann kann man auch über das Kopftuch als bloßes modisches Accessoire ohne patriarchalischen Hinterton reden, aber derzeit nicht (siehe Edit).
Aber wie gesagt, es geht nicht um Integration. Diese Frauen, die an deutschen Schulen unterrichten, sind nach der Definition der breiten Masse integriert. Es geht um sinnlose Kleiderordnungen, die auf keine Art und Weise die Denkweisen der Lehrkräfte prüfen und eine Neutralität vorgaukeln, die nicht existent ist. Es hilft auch nicht bei der Auseinandersetzung mit den tatsächlich vorhandenen Problematiken junger Muslime in Deutschland. Allgemein sehe ich keinen einzigen positiven Effekt des ganzen. Der Grund ist, wie man bei morph sieht, dem Islam nochmal eins auszuwischen; leider erwischst du damit diejenigen, die absolut essentiell zum bauen der Brücken sind. Einfach bescheuert.
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Wenn es nicht um Integration geht, warum ist Brücken bauen dann eine wichtige Funktion? Natürlich geht es um Integration, du kannst das anders wollen, aber am Ende schwingt die Thematik bei allen Diskussion rund um den Islam in unserer Gesellschaft immer mit.
Ich stimme dir sogar zu: Personen mit Brückenfunktion sind wichtig. Ich bezweifele nur stark, dass dies ausgerechnet jene sein sollten, für die schon das Abnehmen des Kopftuchs während des Lehrbetriebs zu viel verlangt ist. Wir haben gerade in jüngerer Vergangenheit immer wieder erlebt, wie augenscheinlich (ökonomisch) integrierte Menschen mehr oder weniger offen gegen die deutsche Gesellschaft bzw. Integration in selbige agitiert haben (Ditib)**. Vor diesem Hintergrund werde ich immer für assimilatorische Gesetzgebungen plädieren, wenn es um staatliche Berufe geht.
*Definition von Integration der breiten Masse: Quelle bitte?
Ich würde sagen ökonomische Integration ist eine notwendige Bedingung, aber keine hinreichende. Die tausenden Türken, die für Erdogan demonstrierten, waren ganz gewiss nicht alles arme Schlucker, genauso wenig wie diejenigen, die Israelflaggen in Berlin verbrennen.
**Im Spiegel gab es dazu einen schönen Artikel, leider mit Paywall (man kann aber bis 5€ gratis lesen und die Paywall lässt sich leicht umgehen *hust*):
http://www.spiegel.de/spiegel/erdog...en-und-bedrohen-deutschtuerken-a-1179408.html
EDIT:
Aus Interesse habe ich mal nachgeschaut, warum Frauen laut Eigenaussage denn das Kopftuch tragen. Leider habe ich auf die Schnelle keine quantitativen Studien dazu gefunden, das was man in Qualistudien und diversen Zeitschriftenartikeln liest, lässt sich aber im Wesentlichen mit dem folgenden Link gut Zusammenfassen:
http://musliminc.com/5-reasons-why-you-should-wear-the-hijab-or-try-it-at-least-4092
Unterwerfung, Schutz vor geifernden Männern, Teil der muslimischen Identität, Angst vor der Hölle; klingt jetzt nicht so modern, laizistisch und weltanschaulich neutral, wie ich es mir von Lehrern (zumindest äußerlich) wünschen würde.