edit: dass seine sehr glaubwürdige Anti-Israel/Anti-Jewish Supremacy Haltung seiner Kampagne nicht schadete, sondern womöglich eher Wähler mobilisierte, ist die Kirsche on top. Was er jetzt als Mayor mit seinen begrenzten Möglichkeiten macht, ist mir sogar fast egal. Natürlich wird das rechte US-Medienkonglomerat jeden seiner künftigen "Fehler" mit der Lupe künstlich aufbauschen oder ihm vorhalten, dieses oder jenes nicht erfüllt zu haben, während quasi die gesamte US-Regierung gegen ihn arbeitet. Wichtig war erst einmal der Wahlsieg gegen Milliardäre und Israellobby. Von dieser neuen Hoffnung erhoffe ich einen Impuls, der auch in der demokratischen Partei die Situation für andere progressive Kandidaten gegenüber Establishmentpolitiker und die anderen Dinos verbessert.
Mir ging es tatsächlich weniger um die Rechten als um die demokratische Partei. Aktuell tobt die 100. Debatte ("soul searching") darüber, wie die Demokratische Partei sich zukünftig aufstellen soll und ich habe die Befürchtung, dass jetzt ein sehr heller Scheinwerfer auf Mamdani strahlt und er den hohen Erwartungen nicht gerecht werden kann, was dann innerhalb der demokratischen Partei moderaten Kräften Auftrieb gibt.
Für mich ist die Crux aktuell und für die nächsten Jahre Folgendes: Die Demokraten sind von einem rationalen Standpunkt eindeutig die einzig wählbare Alternative. Die Republikanische Partei ist komplett durchgeknallt; darauf zu vertrauen, dass sie sich schon wieder irgendwie fängt, halte ich für extrem riskant, zumal ich dafür bisher keine Anzeichen sehe. So wie Politik in den USA in den letzten Jahrzehnten gelaufen ist sind Wahlen immer ein Referendum über den Amtsinhaber bzw. die Partei des Amtsinhabers. Die einzige Chance, die ich sehe, wie sich die Republikanische Partei mäßigt ist wenn die Demokraten für einen längeren Zeitraum eine deutliche Mehrheit der Wahlen gewinnen. Das ist auf Grund der systematischen Vorteile, die die Republikanische Partei hat, schwierig genug.
Ich sehe nicht, wie das passieren kann, wenn die Demokraten einfach weitermachen wie bisher: Liberale Kandidaten in liberalen Staaten, moderate Kandidaten in moderaten Staaten und wenn sie dann Mehrheiten haben sind sie immer so knapp, dass sie sich gegeneinander auf den kleinsten gemeinsamen Nenner runterhandeln lassen. Von dem wissen wir, dass er als Policy gar nicht immer schlecht ist, aber als politics halt nicht. Die Demokraten haben viel zu oft versucht, staatliches Handeln zu kaschieren, weil sie Angst hatten dass staatliche Maßnahmen nicht gut ankommen: Statt dass der Staat Güter und Dienstleistungen direkt bereitstellt muss alles über Bande gemacht werden. Statt einer öffentlichen Krankenversicherung gibt es Steuerersparnisse für Bürger, die über einen regulierten Markt eine private abschließen (das ist Obamacare). Statt Staatsausgaben für green tech gibt es Steuervergünstigungen für Unternehmen (das war Bidens IRA). Und so weiter und so fort. Das ist wie gesagt als policy alles gar nicht schlecht, aber die allermeisten Wähler merken so halt nicht, dass der Staat für sie auch Gutes tun kann und wählen die Demokraten nur, wenn die Wirtschaft läuft und die Preise stabil bleiben und auch dann werden Wahlen eher 51-49 geworden. Darauf zu vertrauen, dass die Republikaner irgendwann so große Scheiße bauen, dass sie sich langfristig unpopulär machen, wäre durchgeknallt: Sowohl die Wirtschaftskrise 2008 unter Bush, die maßgeblich der laxen Regulierung des Bankensektors geschuldet war, noch Trumps erste Präsidentschaft haben die Republikaner daran gehindert, schon nach zwei Jahren wieder Zwischenwahlen mit deutlichen Mehrheiten zu gewinnen. Und natürlich besteht immer die Chance dass eine republikanische Regierung, die irgendwas so Durchgeknalltes, dass sie dauerhaft die Partei elektoral zerstört, dann auch das Risiko nicht mehr eingehen würde, freie und faire Wahlen zuzulassen.
Die einzige Chance, die ich in so einem Szenario sehe, ist eine radikale Fokussierung auf wirtschaftliche Aspekte von ALLEN Kandidaten bei nahezu vollständiger Ausklammerung von gesellschaftspolitischen Fragen. Wenn das bedeutet, dass man Leute ins Rennen schickt, die Abtreibungen scheiße finden oder Israels Genozid geil oder gerne eigenhändig Trumps Mauer fertig bauen wollen: Von mir aus. Die margin of error ist einfach nicht mehr, es mit Leuten wie Harris oder Buttigieg zu versuchen.