[…] und vermutlich braucht es bis auf wenige Ausnahmen gar keine externe Doktoranden. […]
Ich würde das gar nicht beschränken. Sie kosten ja fast nichts und forschen ja im Idealfall auch ein wenig. Wichtiger dürfte da sein, dass man die Giffeys und Karl-Theodors dieser Welt da frühzeitig rauskegelt.
Das ist schon auch ein Problem für die ernsthaften Disziplinen, es macht es einfach sehr unattraktiv in der Forschung und Lehre zu bleiben wenn man sich dann für schlechtes Gehalt von befristeter Stelle zu befristeter Stelle hangeln soll.
Dann sind die wirklich guten Leute eben weg. In der Industrie oder an Unis im Ausland.
Es ist imho zu bedenken, dass "sehr gute Leute" nicht gleichbedeutend mit "gute Forscher" und/oder "gute Dozenten" ist. Ich habe einige Kollegen die wirklich gute und kreative Forscher sind, aber nicht zur Potte gekommen sind. Einige sind superpräzise und penibel und sicherlich gut in dem was sie tun, aber unglaublich unkreativ … und einige wiederum sind nicht wirklich die besten, können aber unheimlich gut Dinge vermitteln. Forscher sollten diejenigen werden die von allem ein Mindestmaß mitbringen. Idealerweise können sie alles super.
Was aber zum Beispiel gerade in der VWL (correct me Gustl if I'm wrong) sehr sehr verbreitet der Fall ist (nicht die absolute Mehrheit vielleicht, aber sehr häufig) ist, dass technisch sehr gute Leute ohne einen Funken Kreativität auf die Lehrstühle und in die Journals kommen. Einerseits funktioniert das System insofern, dass man es mit sehr guten und sehr kreativen Beiträgen nach oben schaffen kann. Andererseits kann man es leider auch viel zu gut mit mäßiger Masse oder unkreativer Klasse schaffen :/
Imo ist das Studium zu viel zu einem esoterischen Misch aus Life-Style und irrführender Bildungspropaganda geworden. Studium sollte in erster Linie zur Forschung und mit wenigen Ausnahmen hochkomplexen Tätigkeiten führen. Da darf man dann auch sieben, statt hunderte zweckfreier BWL-Bachelors auf die Welt loszulassen.
Klares Jein. Studieren ist auch charakterbildend … wenn die Studiengänge richtig gestaltet werden. Menschen dazu auszubilden ihren eigenen Kopf nicht nur als Hutständer zu benutzen ist unglaublich wichtig. Ich stimme deswegen Heat darin zu, dass der Zweck der Uni auf keinen Fall das Ausbilden für die Wirtschaft sein sollte, allerdings würde ich es anders ausdrücken … es soll selbständig und reflektiert denkende Menschen hervorbringen, die es auch schaffen über die Grenzen ihrer Disziplin hinwegzusehen, kritikfähig sind und sich intrinsisch zu irgendetwas außer Konsum motivieren können.
Allerdings glaube ich auch nicht wirklich, dass die zusätzliche Qualifikation, die man sich über das Anfertigen einer Promotion abholt, jetzt allzu hoch ist, solange wir von Betätigungen in der Wirtschaft reden. Außer natürlich wir reden dann auch von einem Graduate School Konzept, d.h. nochmal gesonderte Kurse etc.
Die Fähigkeiten aus dem Studium sind bei so unglaublich vielen Fächern so unglaublich irrelevant für tatsächliche Tätigkeiten. Die eher abstrakten Skills aus der Promotionszeit sind da mE für mich eher Gold wert. Alles aus meinem VWL-Studium was ich jetzt gebrauchen kann sind etwas überspitzt: Mathe, Programmieren und Statistik.
Ja, und dort liegt das Problem. Eine Reform des Ausbildungssystems mit mehr Druck wäre eine deutlich bessere Investition als das Supporten von Schmalspur-Studiengängen. Die Effekte gehen weiter, auch wenn der Aufhänger dieses Themas halt wieder das Gedönse irgendwelcher Maras und Neles mit Malen & Klatschen irgendwo in Berlin sind.
Auf der Gegenseite, in den Kammern, wird ja auch schon Scheiße als "akademischer Abschluss" verkauft. Der Blödsinn muss aufhören, das duale System war stark und lässt sich sicher wieder stärken. Bringt 'der Wirtschaft' mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mehr.
Mehr Druck … jein. Studenten sollten zügiger in den Studiengang oder die Ausbildungsrichtung kommen die zu ihnen passt anstatt jahrzehntelang mit ein paar Restscheinen irgendwo herumzugammeln.
Studenten brauchen einerseits die lockere Leine und andererseits etwas was sie wirklich interessiert. Dann ist die intrinsische Motivation schon fast von alleine da. Dazu brauchst Du allerdings auch Menschen die bis zum Studienbeginn eine gewisse Erziehung und Ausbildung als Basis mitbekommen haben. Idealerweise wird das auch irgendwie von Berufsschulen und Fachhochschulen geleistet.
Gerade weil ich mittlerweile auch genügend Menschen kennengelernt habe die irgendeinen Abschluss von privaten FHs gemacht haben … FOM, iubh, International bla of blub und wie sie alle heißen … das studieren alleine macht niemanden zum besseren Menschen. Gerade diese superspezialisierten Schmalspur-Studiengänge sind Krebs. Keine Sau braucht sie und das meiste könnte man auch in den alten Studiengängen mit etwas Freiheit bei den Wahlbereichen/Nebenfächern gut umsetzen.
Vieles ist da sicher auch durch die Verschärfung des Gefühls, dass nur ein Studienabschluss ein glückliches Leben garantiert, entstanden. Nun kann jeder für ~10k seinen wertlosen Bachelor of Arts haben. Problem solved. /sarkasmus
Habe übrigens auch das Gejaule über Bachelor/Master nie so ganz nachvollziehen können. Das einzige, was mir am alten Diplom-System pauschal besser deucht ist, dass man mWn in aller Regel zwei Nebenfächer hatte. Ein bisschen weniger Monokultur und mehr Blick über den Tellerrand würde ich mir schon wünschen. Bereue es rückblickend auch, meine Studienzeit nicht für mehr Einblicke in andere Fächer genutzt zu haben. Vielleicht kann ich das ja mal nachholen wenn die Pandemie vorbei ist.
Ob es schlechter oder besser ist als die Diplom-Prüfungsordnungen liegt wirklich sehr an der Umsetzung der einzelnen Uni bzw. Studiengänge. Systemakkreditierungen sind auf alle Fälle ein ziemlicher Haufen Aufwand … und was da an System bei rauskommt ist am Ende auch nicht zwingend gut.
Was Du ansprichst ist die HF+NF+NF Regelung die es bei vielen wenn nicht den meisten Magisterstudiengängen gab. Das war nicht wirklich besser als Profilierungsbereiche/Nebenfächer im BA/MA-System. Das hat dann solche Leute hervorgebracht wie man sie in der Politik von heute durchaus auch findet: Magister Literaturwissenschaft mit den Nebenfächern BWL und Öffentliches Recht. Das sind dann die die sich als "Ich habe Literaturwissenschaften, Wirtschaft und Jura studiert" vorstellen. Und tatsächlich waren es in den Nebenfächern bis zum Abschluss vielleicht je 3-4 Veranstaltungen … und somit ein ziemlicher Witz (etwa ein Viertel eines Vordiploms … vielleicht mit etwas gutem Willen ein Zehntel eines Gesamtstudiums.).
Es ist sinnvoller so wie es Gustavo schrieb … dass man alle dazu bringt über den Tellerrand auf einige andere Disziplinen zu schauen. In Norwegen gibt es Ansätze davon, nämlich das sogenannte "Examen Philosophicum" im ersten Semester. Leider eher gehasst von den meisten … dort lernt man einiges über Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte. imho ein sehr guter Ansatz.
Das Misverhältnis gibt es. Das wird aber nicht dadurch gelöst, dass man für diese Menschen langfriste Vollzeitstellen schafft, die anscheinend keiner möchte, sondern dass man verhindert, dass Sie so lange an der Uni hängen bis es gar nicht mehr geht. Das ist der unfaire Teil, nicht dass es nicht genug Stellen an der Uni an sich gibt.
Wie weiter oben schon geschrieben: Als Student/Azubi muss man schnell an den Punkt kommen an dem man merkt ob ein Studien- oder Ausbildungsgang zu einem passt. Und dann muss man den Menschen möglichst gute und effiziente Möglichkeiten geben in eine andere Laufbahn zu wechseln, damit sie ihre Lebenszeit nicht damit verballern sich durch etwas durchzuquälen was sie eigentlich nicht wollen … nur um es fertigzustellen.
Leider befördern sehr viele Bachelor/Master-Studienordnungen genau dieses Verhalten indem sie mit Punktesystemen nie wirklichen Druck aufbauen bevor es zu spät ist. Das ist auch der Grund warum ich ganz klar pro 3-Versuchsregelung plus Härtefallregelung bin und gegen Maluspunktesysteme. Letztere ermöglichen es zu häufig, dass die Leute an einem sehr wichtigen Schein oder Themengebiet jahrelang herumlaborieren weil sie es einfach nicht können … anstatt den Studiengang zu wechseln. In VWL sehr gerne Statistik/Ökonmetrie … da habe ich dann Leute erlebt die im 16. Semester VWL BSc sind und eigentlich seit zig Jahren bis auf Bachelorarbeit und 2 Statistikscheine fertig. Die arbeiten schon lange Vollzeit und schleppen den Kram mit sich rum … es hält sie in ihrem Leben auf und macht sie nicht glücklicher. Durch einen frühen Wechsel in irgendeinen anderen Studiengang dagegen wären sie vermutlich glücklicher geworden.
Was mich zudem stört, ist wieder der Fokus auf den schnellen Arbeitsmarkteintritt. Ich weiß nicht was man sich erwartet hat, aber wirklich qualifzierte Bachelor mit der Biographie Schule -> Uni -> Markt findest du kaum. Die verlieren gegen jeden halbwegs passablen Fachwirt/Techniker/Meister sehr deutlich, da diese betriebliches Know-How haben. Tatsächlich stechen auch schon 0815-Fachkräfte durch Erfahrung diesen Personenkreis. Es ist wie eine Ausbildung mit Extraschritten, weniger Geld und mehr Konkurrenz der Absolventen.
Ich weiß nicht was da erwartet wurde. Die Kammern, in deren unendlichen Weisheit, haben jetzt nachgelegt und betiteln die Aufstiegsweiterbildungen mit BA-Zertifikaten als Marketinggag, obwohl allen Beteiligten klar sein müsste, dass das keine ordentliche Uni-Ausbildung ist. Die Grundlage dafür bildet der erfundene DQR. Ergo wird der Wahn geschürt, man wäre nur was wert, wenn man Akademiker ist.
Unterm Strich fühlt sich diese Reform primär nach etwas an, das man halt 'der Wirtschaft' verkaufen wollte, statt tatsächlich höhere Bildung als Grundlage für Innovation zu schaffen. Universitäre Bildung sollte nicht rein auf die Bedarfe der Wirtschaft geplant werden, dafür gibt's doch die Erwachsenenbildung der Kammern.
Raute. Siehe auch was ich oben schrieb.
Allerdings muss man auch sehen, dass ein Fachwirt/Techniker/Meister ab einem gewissen Abstraktions- und Strukturierungsgrad dann wieder raus ist. Zwar gibt es da auch wirklich super Leute (und krasse Graupen unter denen die ein Studium abschließen), aber je anspruchsvoller es dann wird, desto mehr spürt man dann den Vorsprung der Leute die ein fachbezogenes Studium abgeschlossen haben und die notwendigen 2-3 Jahre Arbeitserfahrung akkumulieren konnten. Es wäre ja auch schlimm wenn das Aussieben und die Ausbildung an der Uni keinerlei Vorteil hätte.
Ich habe den ersten Teil des Satzes weggelassen weil meine Aussage völlig unabhängig davon ist ob man danach wissenschaftlich tätig werden will oder nicht. Der Doktorand lernt das trotzdem auch wenn er danach in die Wirtschaft oder sonst wohin geht. Das ist ein Vorteil für den Doktorand wie ich jetzt schon mehrfach gesagt habe.
Dass du jetzt eine Promotion auf eine Urkunde "kann selbstständig forschen" reduziert ist einfach ungültig. Eine Promotion ist weit mehr als nur eine Urkunde am Ende. Genau wie ein Studium wesentlich mehr als nur eine Urkunde am Ende ist.
Hm. Also meiner Erfahrung nach ist eine Dissertation nicht immer nützlich. Es kommt wirklich sehr darauf an in welcher Branche und in welcher Funktion Du unterwegs bist. Juristen profitieren davon, Unternehmensberater, Ärzte, Ingenieure … aber irgendwo in einer mittleren Position ohne Führungsverantwortung und ohne Repräsentation nach außen? Da kann eine Dissertation sogar ein Hindernis sein weil man schnell in die "arroganter Weltfremdling aus dem Elfenbeinturm"-Schublade gesteckt wird.