- Recht auf Arbeit / Hobby
- Recht auf Schutz / Schutz anderer "Mobbing"opfer
- Vorgehen gegen Hate Speech
- Fragliche Rolle der Polizei / Justiz
- Strafen gegen Hater
Erstmal Danke für's Rausteilen, finde den Fall tatsächlich auf abstraker Ebene aus diversen Gründen ziemlich interessant.
An Xantos: Ich bin nicht 'wirklich' informiert über das Game, bzw. diese behinderte Historie, da es mir zu doof ist Primärquellen anzuschauen, das TLDR ist eigentlich immer "einer behinderter als der andere". Allerdings bekomme ich aus relativer regionaler Nähe sehr häufig Informationen dazu im Newsfeed via Nordbayern.de / inFranken / Neue Presse usw. usf., weil's zumindest lokal beschränkt teilweise krasse Wellen schlug. Daher auch meine Meinung, dass Lobos Sicht sehr einseitig ist und ziemlich aus dem Elfenbeinturm stammt.
Ich hab mal deine Punkte in eigenen Worten summiert, als gedankliche Stütze für eine Antwort. Ja, du hast recht, auf den ersten Blick wirkt Lobos Antwort genau richtig, allerdings, wie erwähnt, sind da viele Faktoren. Ich stimme zu, wenn du sagst, Mr. Winkler hat ein Recht auf Schutz, diese Leute sind Bauern und er sollte seine Videos produzieren dürfen. Ich sehe auch, warum man vorschnell zum Schluss kommen könnte, die Justiz hätte hier wenig getan, wobei ich eher den gegenteiligen Eindruck habe. Auf Nordbayern.de gab's ein paar wirklich gute (seitenlangen) Reportagen über den Fall, zudem gibt's
eine relativ gute Doku von Funk (wobei die ähnlich wie Lobo ist und etwas älter).
Die "Haider" wurden schon verfolgt und sogar relativ intensiv. Wenn meine Erinnerung nicht trügt dürfte das härteste Urteil 4 Jahre Gefängnis für den Organisator des Swattings sein, daneben gab's eine Latte an Bewährungsstrafen, Bußgelder, Sozialauflagen und den üblichen Platzverweisen (mit und ohne Warngeldern), sowie die Sperrung des Ortes. Wir reden immer noch über die Präsenz von Hundertschaften und einem medialen Shitstorm, der sogar den damalige Innenminister zum Mikrofon gezwungen hat. Zugegeben, teilweise war das schon amüsant (CSU Siff im Sibbermobbing-Slang), im Großen und Ganzen aber ziemlich unfassbar. Je länger das alles dauerte, desto mehr wurde auf Herrn W. eingewirkt sich irgendeine Art von Hilfe zu holen - erst nett und verständnisvoll, später mit strengerem Ton. Daneben gibt's halt einfach kaum Wiederholungstäter, die man direkt wegsperren könnte, die Masse an diesen geistigen Nullnummern scheint ins Unendliche zu gehen. Mies, ist aber so.
Laut den Artikeln, die mir im Kopf rumschwirren, war eines der vielen Problemen, dass der Lord die Polizei sehr häufig ungerechtfertigt/umsonst geholt und selbst beschimpft hat - laut aktuellem Urteil sind das 50++ Fälle, was an sich schon eine Hausnummer ist, bei gleichzeitigem Leugnen, er hätte das getan (es fehlt also die Einsicht, komplett). Die zwei anderen Fälle, die da untersucht wurden, waren eigentlich nur Situationen, die er ohne objektive Gefahrenlage extrem eskaliert hat.
Jetzt könnte man schon sagen, es ist nicht primär seine Schuld und er mag sich insgesamt bedroht gefühlt haben, weswegen eine Übersprungshandlung stattfand. Das mag sein. Fakt ist, dass er, so laut Reportagen der größeren Tageszeitungen hier, einen erheblichen Beitrag zur Eskalation geleistet hat und zwar nicht singulär . Wiederholt, immer wieder, nach mehrfacher Ermahnung nicht so, sondern anders zu handeln - es wurde also angerechnet, wie sich der Fall entwickelt hat.
Und hier wird imo Lobo etwas schizophren: Auf der einen Seite (gehe ich mit) ist es - sachte ausgedrückt - bevormundend und arrogant ihm den Lebensunterhalt zu verbieten. Man kann ihm auch Sympathien zugestehen. Auf der anderen Seite, wenn ich ihm all das zuspreche, so auch den Grundskill nicht mit Steinen zu werfen, Pfefferspray zu sprühen, oder Taschenlampen auf Köpfe zu schlagen (v.a. weil die anderen jetzt auch nicht gerade kognitiv fit und erwachsen wirken). Entweder er ist so erwachsen mit der Polizei zu kooperieren, oder er kann es - aus welchen Gründen auch immer - einfach nicht. Wenn letzteres der Fall ist, so scheint zumindest das Gericht zu denken, muss man intervenieren. Zunächst hat er eine Bewährungsstrafe bekommen und ihm wurde klar gemacht, wo die Grenze ist. Die hat er dann hart (Stein + Taschenlampe) und weich (50+ Beleidigungen gegen Beamte, plus wohl diverses anderes) überschritten. Und nun? Ja, dann muss es leider Folgen haben. Zumindest hat er jetzt die flüchtige Chance einer Therapie im Vollzug und die Eröffnung anderer Perspektiven. Auch wenn das bevormundend wirkt.
Wenn man nicht in schwammigen Abstrakten argumentieren möchte, dann sieht man auch den Unterschied zum "Minirock" aka. Victim Blaming: Klar, man kann ihn wegclicken usw. usf. Die Polizisten vor Ort halt beispielsweise leider nicht. Man könnte auch argumentieren irgendwelche Juden sollen irgendwo hinziehen - ja, nein, auch unpassender Vergleich. In solchen Fällen kann man wenigstens klar die Gruppe der Gefährder mit begrenztem Aufwand isolieren und strafrechtlich verfolgen. Es ist absehbar, wann und wie solche Fälle enden.
Hier wären alle Maßnahmen wirklich krass (bzw. imo waren sie das auch). Was hätte man tun sollen, Polizeistation mit 4+ Beamten vor die Haustür setzen, oder wie? Und die hätten dann was bei Besuchen gemacht, das nicht eh geschehen ist? In 95%+ der Fälle ist wohl nichts strafrechtlich relevantes passiert, das nicht in einem Platzverweis geendet hätte.
Versteh mich nicht falsch, jeder Fall ist unentschuldbar dumm, aber deswegen kann man niemand direkt wegsperren oder andersweitig "spürbar" sanktionieren. Der Fall ist in so vielen Dimensionen ein "Systemsprenger", das es schon fast schmerzt.