Das Wissensparadoxon

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Wobei es bei Bachelorarbeiten durchaus stimmt, auch in den Naturwissenschaften: Die haben nicht den Anspruch, neue Forschung zu betreiben, kann man von jemandem der gerade mal angefangen hat zu studieren auch nicht erwarten. Ein Bachelor ist letztendlich nichts anderes als eine glorifizierte Ausbildung und die Arbeit nach 3 Jahren da ist wirklich meist so trivial, dass jemand der halbwegs intelligent ist das auch mit Wikipedia und ein paar Wochen Zeit hinbekommt.
Selbst Masterarbeiten sind meist noch nicht wirklich wissenschaftlich. Die alten Diplomarbeiten waren da besser und haben auch deutlich länger gedauert, jetzt geht Wissenschaft eigentlich erst mit einer Doktorarbeit wirklich los.
Die Bearbeitungszeit für Diplomarbeiten und Masterarbeiten ist meines Wissens gleich (sechs Monate). Und die vorherige Studiendauer ist auch gleich (5 Jahre).
Warum sollen Diplomarbeiten jetzt viel besser gewesen seien?

Und dass jeder halbwegs Intelligente in ein paar Wochen ne Bachelorarbeit mit Wikipedia hinkriegt, ist doch auch so eine hohle Phrase. In meinem Fachbereich (Mathematik) ist mir sowas jedenfalls noch nicht untergekommen. Der durchschnittliche Student ist nach ein paar Wochen froh, wenn er mit Wikipedia seine Übungsblätter hinkriegt...

Natürlich sind die meisten Abschlussarbeiten (egal ob Bachelor oder Master) keine großartigen Beiträge zur Forschung. Das ist auch keine sinnvolle Anspruchshaltung, weil die meisten Absolventen keine Forscherkarriere anstreben. Der primäre Zweck der Abschlussarbeit ist es, die individuelle Eignung des Absolventen zu überprüfen: Kann er ein Thema seines Fachbereichs inhaltlich und methodisch adäquat behandeln? Dazu ist ein kreativer Beitrag zur Forschung weder notwendig noch hinreichend.

Und Beschränkung kann auch eine Tugend sein: Gerade in den Geisteswissenschaften schießen ambitionierte Absolventen häufig übers Ziel hinaus, weil sie ihre Masterarbeit als Vorstufe zur Promotion sehen.


Das Thema "Jeder Idiot kann/darf promovieren" halte ich auch für überbewertet. Ja, es gibt Doktorandenkolloquien, die eher einem Seniorentreff als einem wissenschaftlichen Forum ähneln, weil viele Professoren sich nicht zu schade sind, Tante Käthe mit 67 zu ihrem Doktor in Kunstgeschichte zu verhelfen. Und ich bin auch durchaus dafür, da mal gegenzusteuern. Aber letztlich tun diese Leute auch niemandem weh. Die erhalten doch eh keine Förderung, sondern finanzieren ihre Promotion ganz privat. Der einzige Verlust ist also, dass man sich als "echter" Doktor des jeweiligen Fachs nicht mehr ganz so viel auf seinen Titel einbilden kann. Aber wen kümmert das? Die Zeiten, wo ein Doktortitel allein einen als Forscher ausgewiesen hat, sind längst vorbei. Die echten Wissenschaftler wird das kaum weiter tangieren.
 
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Natürlich sind die meisten Abschlussarbeiten (egal ob Bachelor oder Master) keine großartigen Beiträge zur Forschung. Das ist auch keine sinnvolle Anspruchshaltung, weil die meisten Absolventen keine Forscherkarriere anstreben. Der primäre Zweck der Abschlussarbeit ist es, die individuelle Eignung des Absolventen zu überprüfen: Kann er ein Thema seines Fachbereichs inhaltlich und methodisch adäquat behandeln? Dazu ist ein kreativer Beitrag zur Forschung weder notwendig noch hinreichend.
Genau dies.
Meine Masterarbeit setzte sich z.B. mit dem Begriff der "reformatorischen Öffentlichkeit" am Beispiel Thomas Müntzers auseinander. Die konkrete Forschungsfrage war sogar relativ eigen, das Feld an sich wird aber seit Jahrzehnten abgegrast. Dass man mit solchen Arbeiten in erster Linie einem Zettel zuarbeitet, ist doch klar. Und gerade in Geisteswissenschaften muss man zu einem gewissen Grad besessen von einem Spezialthema sein, um wirklich den Fuß in die Tür zu kriegen. War und wollte ich nicht. Ich bin zu sehr Generalist, als dass ich mein Leben der Erforschung eines speziellen Feldes widmen möchte. Da hau ich dem Manuel lieber die Sechser um die Ohren und nutze meine Freizeit zur persönlichen Weiterbildung.
 

Benrath

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Mag sein, mir persönlich ist das auch relativ Wurst, ich habe nur wiedergegeben was der Autor des Artikels imho recht schlüssig besser dargelegt hat, als ich es könnte (mangels Insiderwissen). Ich tendiere allerdings dazu, Meinungen als schlüssig anzuerkennen, wenn sie nachvollziehbar dargelegt werden und mit Argumenten untermauert werden. Was bleibt mir auch anderes übrig, man kann ja nicht überall selbst Experte sein.


Solche Spitzen kannst Du Dir sparen, Stricken ist auch einfach also mach Dir doch mal ein paar Schals und Pullover selber. Merkste selbst, oder? Die Abschlüsse die formell notwendig sind um meinen Job machen zu dürfen die habe ich, mehr Interesse an theoretischer Arbeit habe ich nicht. Deshalb ist das noch lange kein Argument dafür, dass ich anhand von Master/Bachelor-Projekten die ich in meinem Arbeitsbereich selbst begleitet habe, nicht zu der Einschätzung kommen dürfte, mir das auch zuzutrauen, den Willen und eine Prise Disziplin voraus gesetzt.

Dann musst du halt damit Leben, wenn man die ach so schlüssige Meinung angreift, wenn du nicht in der Lage bist darzustellen, wieso diese Meinung so schlüssig war.

Zu der Spitze. Wieso sparen? Du hast doch die Arroganz raushängen lassen. Ich bleibe dabei, wenn es so einfach ist oder war, dann mach doch, bzw. echauffiere dich nicht über die anderen, die den nötigen Willen und die Disziplin aufgebracht haben.

Ich hab übrigens nicht zum Stricken gesagt.

@ Geisteswissenschaften. Ich find die Bachelor und Masterarbeiten völlig ok, aber der Sinn vieler Doktorarbeiten für die Gesellschaft und für die Individuen erschließt sich mir meistens nicht. Die Leute sind dann 30+ und haben quasi nix für den Arbeitsmarkt und wenn wir ehrlich sind für sich selbst gelernt und 5 Jahre ihres Lebens auf ein Thema verschwendet, was quasi niemanden interessiert. Nehme wir z.B. Julius Goldmann, Problem 2 aus dem Artikel hier.
http://www.zeit.de/campus/2017/06/promotion-doktoranten-probleme
Statt sich zu überlegen, dass sein Thema niemanden interessiert und er daher von niemanden Geld bekommt, zieht der Junge das mit einem Assistentenjob am Institut seiner Un durch, die nur eine Vertretungsstelle war und jederzeit hätte auslaufen können. Kein Mitleid meinerseits.
 
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Damit kann ich sehr gut leben, überhaupt kein Problem, jedem seine Meinung.

Zu der Spitze. Wieso sparen? Du hast doch die Arroganz raushängen lassen. Ich bleibe dabei, wenn es so einfach ist oder war, dann mach doch, bzw. echauffiere dich nicht über die anderen, die den nötigen Willen und die Disziplin aufgebracht haben.
Weil die "Arroganz" Deine ganz persönliche Interpretation ist und man in einer halbwegs kultivierten Diskussion auf persönliche Angriffe verzichten sollte. Zumindest gebe ich mir dabei zumindest Mühe. Findet sich sicherlich auch in euren Forenregeln irgendwo, da würde ich von Dir eher 'ne Vorbildfunktion erwarten, zudem ich Dir persönlich auch gar keinen Grund dazu gab. Ich habe weder Deine persönlichen Abschlussarbeiten angegriffen noch Deine Kompetenzen als Person in Frage gestellt und bemühe mich eigentlich generell, persönliche Angriffe zu unterlassen auch wenn sie mir durchaus mal auf der Zunge liegen.

Ich "echauffiere" mich im Übrigen auch nicht, ich stelle fest und bewerte was ich persönlich erlebe, selbstverständlich aus persönlichem Blickwinkel (und Naturwissenschaften explizit ausgeklammert). Dein diesbezüglicher Vorschlag ist und bleibt Unsinn, wie ich wohl durch mein Beispiel auch deutlich gemacht habe: Man muss nicht alles selbst machen, nur weil man der Meinung ist, es wäre nicht sonderlich schwierig. Deshalb kann man trotzdem einschätzen, ob man sich das selbst zutrauen würde oder es für leicht oder schwierig hält. Vielleicht hast Du aber auch völlig Recht, ich täusche mich total und Bachelor/Master-Arbeiten sind ein untrügliches Zeigen überlegener geistiger Fähigkeiten, die nur einem Minimum an Mitbürgern gegeben sind. Glaube ich eher nicht, weil ich das den Beobachtungen an Hand der Projekte die ich so mitkriege nicht entspricht, aber seis drum. Dass es viel "Arbeit" ist möchte ich gar nicht abstreiten.

Erinnere Dich einfach mal, was der Aufhänger für meine Aussagen war: -> Es hieß, "die Wissenschaftskritik habe zugenommen". Richtig, das hat sie, aus vielen verschiedenen Gründen. Einer davon ist imho die inflationäre Verteilung akademischer Titel, das Wort eines Akademikers findet deshalb heute bei Weitem nicht mehr den Respekt den man mal damit verband und wird viel schneller in Frage gestellt (ob zu Recht oder zu Unrecht sei erstmal dahin gestellt). Diese Kritik wird auch regelmässig aus den eigenen Reihen geäußert, es sind ja vor allem Akademiker die immer mal wieder durchblicken lassen, Abitur wäre der neue Durchschnitt, der Bachelor wäre das neue Abi und erst ein Master hätte ansatzweise sowas wie Wert. Selbst Promotionen und Professuren werden anders betrachtet als noch vor einer Generation, gerade in den akademischen Reihen selbst. Vielleicht nicht zuletzt auch wegen den ganzen Politskandalen, wo scheinbar jeder mit Beziehungen, Disziplin und Zeit (oder Geld, falls er andere hat schreiben lassen) zu 'nem Doktortitel kam und nicht selten bei den Plagiatsvorwürfen rauskam, dass das Niveau der Arbeiten doch eher recht weit unten angesiedelt war. Das sieht halt wirklich sehr danach aus, als könnte jeder durchschnittliche Abiturient mit genügend Aufwand zum Doktortitel kommen und wirkliche wissenschaftliche Exzellenz wäre überhaupt nicht mehr nötig. Trägt natürlich nicht gerade dazu bei, das Vertrauen in "Wissenschaft" zu stärken. Mehr wollte ich damit eigentlich gar nicht ausdrücken und ich denke das sind Argumente, denen man durchaus folgen kann ohne direkt persönlich angepisst zu sein.
 
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Die Bearbeitungszeit für Diplomarbeiten und Masterarbeiten ist meines Wissens gleich (sechs Monate).
Diplomarbeiten dauerten oft auch ein ganzes Jahr. Die Masterarbeit halbiert das, was natürlich auch den Anspruch/Umfang massiv senkt.

Und dass jeder halbwegs Intelligente in ein paar Wochen ne Bachelorarbeit mit Wikipedia hinkriegt, ist doch auch so eine hohle Phrase. In meinem Fachbereich (Mathematik) ist mir sowas jedenfalls noch nicht untergekommen. Der durchschnittliche Student ist nach ein paar Wochen froh, wenn er mit Wikipedia seine Übungsblätter hinkriegt...
Deshalb habe ich von intelligenten Menschen geschrieben, nicht von durchschnittlichen Studenten ;)
Sowohl in der Physik als auch Informatik habe ich jedenfalls schon sehr viele komplett triviale Bachelorarbeiten geshen, die jemand mit etwas Plan durchaus in 1-2 Wochen runterschreiben könnte - und selbst die Studenten gammeln oft die ersten 1-2 Monate und fallen besoffen durch die Uni-Parties, wirklich geschrieben / gearbeitet wird sehr oft erst in den Wochen vor dem Abgabetermin.
 
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Diplomarbeiten dauerten oft auch ein ganzes Jahr. Die Masterarbeit halbiert das, was natürlich auch den Anspruch/Umfang massiv senkt.

Bei Diplomarbeiten war die offizielle Bearbeitungsdauer auch so lang, in der Realität werden auch Masterarbeiten oft länger als ein halbes Jahr bearbeitet. Kann aber sein, dass sich der Anspruch der Studenten geändert hat, die nach 6 Monaten auch einfach fertig sein wollen.
 
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Woran liegt es denn, dass "Bachelor das neue Abi ist" etc., wurden die Anforderungen wirklich so hart runtergestuft im Vergleich "zu früher"? Kann es nicht auch daran liegen, dass Menschen im Durchschnitt gebildeter sind und leichter an Informationen kommen, sodass es mehr Studenten gibt?
 
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Woran liegt es denn, dass "Bachelor das neue Abi ist" etc., wurden die Anforderungen wirklich so hart runtergestuft im Vergleich "zu früher"? Kann es nicht auch daran liegen, dass Menschen im Durchschnitt gebildeter sind und leichter an Informationen kommen, sodass es mehr Studenten gibt?

Dass problem liegt doch eher darin, dass jede FH und Uni von fach zu fach mittlerweile ihr eigenes süppchen kocht. Das scheint vor wenigen jahrzehnten wohl schon noch etwas anders und einheitlicher gewesen zu sein.

Dachte zu beginn meines studiums beim rechnen von altklausuren auch mal, dass es da schwieriger gewesen wäre. Also hab ich mal professoren meines studienganges gefragt, ob sie denn der meinung sind, dass in den letzten jahren die anforderungen gesenkt worden sind. Wurde allerdings verneint. Dort meinte man sogar, dass sich zwar durch die umstellung vom diplom auf den bachelor der inhalt einiger fächer verändert hatte. Dadurch das studium aber wenn überhaupt straffer und schwieriger geworden wäre.

Außerdem sind die leute auf diese kurze zeit doch mit sicherheit nicht intelligenter geworden sind. Eher fleißiger.
 
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Weil der Anstieg der Studierenden in Relation zur Verbesserung der Bildungssituation überproportional ist. Ist aber auch nur ein Gefühl von mir, kann das nicht beweisen.
 
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Dann musst du halt damit Leben, wenn man die ach so schlüssige Meinung angreift, wenn du nicht in der Lage bist darzustellen, wieso diese Meinung so schlüssig war.

Zu der Spitze. Wieso sparen? Du hast doch die Arroganz raushängen lassen. Ich bleibe dabei, wenn es so einfach ist oder war, dann mach doch, bzw. echauffiere dich nicht über die anderen, die den nötigen Willen und die Disziplin aufgebracht haben.

Ich hab übrigens nicht zum Stricken gesagt.

@ Geisteswissenschaften. Ich find die Bachelor und Masterarbeiten völlig ok, aber der Sinn vieler Doktorarbeiten für die Gesellschaft und für die Individuen erschließt sich mir meistens nicht. Die Leute sind dann 30+ und haben quasi nix für den Arbeitsmarkt und wenn wir ehrlich sind für sich selbst gelernt und 5 Jahre ihres Lebens auf ein Thema verschwendet, was quasi niemanden interessiert. Nehme wir z.B. Julius Goldmann, Problem 2 aus dem Artikel hier.
http://www.zeit.de/campus/2017/06/promotion-doktoranten-probleme
Statt sich zu überlegen, dass sein Thema niemanden interessiert und er daher von niemanden Geld bekommt, zieht der Junge das mit einem Assistentenjob am Institut seiner Un durch, die nur eine Vertretungsstelle war und jederzeit hätte auslaufen können. Kein Mitleid meinerseits.

Also die meisten Doktoranden arbeiten doch in den Instituten in diversen Arbeitsgruppen mit die dann auch ganz konkret Forschen. Das so lapidar als "nix für die gemeinschaft" ab zu tun halte ich für ziemlich vermessen. Man hat da für wenig geld oft die klügsten köpfe des Landes für ein paar Jahre als arbeitskräfte gebunden. Billiger geht's kaum mehr.
 
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Bei Diplomarbeiten war die offizielle Bearbeitungsdauer auch so lang

Ne, ich meinte schon die offizielle Bearbeitungszeit, die war oft geplant ein ganzes Jahr (kommt aber wohl aufs Fach an) - und dann wurde trotzdem noch manchmal verlängert.
 
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Warum sollte man die Anforderungen senken, wenn der Durchschnitt besser gewappnet ist?
Wenn ich mal die spontan gegoolten Zahlen von Wikipedia nehme (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Abiturientenquote_und_Studienanfängerquote), hatten wir von 2000 bis 2015 fast eine Verdopplung der Absolventenquote. Klar mag da etwas gestiegene Intelligenz mit drinstecken. Vermutlich auch ein wenig Abbau sozialer Ungerechtigkeiten. Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass da nicht auch das reduzieren der Anforderungen ein großer Faktor ist.

Das muss ja nicht mal heißen, dass man heutzutage an Uni x Studium y leichter packt als 2000. Denn es sind in der Zeit ja auch haufenweise neue Hochschulen entstanden und/oder andere haben ihr Programm gut erweitert...da wird halt sicher an der ein oder anderen Stelle die Studentenzahl mit sinkendem Niveau erkauft.
 
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Ne, ich meinte schon die offizielle Bearbeitungszeit, die war oft geplant ein ganzes Jahr (kommt aber wohl aufs Fach an) - und dann wurde trotzdem noch manchmal verlängert.

Eine Verlängerung kenne ich nur bei Krankheit o.ä. Die meisten fangen doch einfach erstmal an mit der Abschlussarbeit und wenn abzusehen ist wann man fertig ist, wird sie angemeldet. Zu dem Zeitpunkt wurde dann zT schon mehrere Monate daran gearbeitet. Hat auch erstmal nix mit größerem Umfang zu tun, die Leute können auch einfach chillen. Imo war das im Diplom eher noch verbreiteter als im Master.

Viele von den besonders langen Abschlussarbeiten werden imo auch in Unternehmen geschrieben, weil die Studenten dort dann schon halb arbeiten. Und da geht der wissenschaftliche Anspruch eh gegen Null.
 

Benrath

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Also die meisten Doktoranden arbeiten doch in den Instituten in diversen Arbeitsgruppen mit die dann auch ganz konkret Forschen. Das so lapidar als "nix für die gemeinschaft" ab zu tun halte ich für ziemlich vermessen. Man hat da für wenig geld oft die klügsten köpfe des Landes für ein paar Jahre als arbeitskräfte gebunden. Billiger geht's kaum mehr.

Ach naja, weil die ein paar Tutorien für andere Literaturwissenschaftler und ähnliches geben. Ich bin mir sicher, dass es vernüftige und interessante Forschung in allen Geisteswissenschaftsbereichen gibt. ABer ein großer Teil ist eine Beschäftigung mit sich selbst, die wenige bis keine Benefits für die Gesellschaft bringt. Welche denn?

Ein großer Teil der Bildungsoffensive wurde von der Expansion in den Geisteswissenschaften getrieben, da es da nix kostete und man erst mal die vorhanden Vorlesungssääle auffüllen konnte.
Mir tun in der Hinsich auch mehr die kurzsichtigen Studenten mancher Fächer leid, die völlig am Markt vorbei studieren und sich dann wundern, wenn sie mit 30+ nichts verdienen und kaum Entwicklungschancen haben.
 
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Naja ich persönlich kenn nur 2 geisteswissenschaftler die eine promotion gemacht haben, einmal in Deutsch und einmal in Kunstgeschichte, die haben das aber beide "nebenher" quasi in der freizeit gemacht und dann entweder schon teilzeit oder vollzeit gearbeitet bzw. als Hausfrau und Mutter neben der Kinderbetreuung da ist es dann gesellschaftlich auch kein nachteil.

Aus dem naturwissenschaftlichen bereich kenne ich das aber so, dass diese leute eben in forschungsgruppen integriert werden und da dann 50% einer mitarbeiterstelle bezahlt kriegen. In der theorie sollen die dann 50% fürs Institut und 50% für ihre Doktorarbeit arbeiten in der praxis sieht's oft so aus, dass die leute jeden tag ganz normal 8h an der arbeit der Forschungsgruppe mitarbeiten gerade in stoßzeiten und dann abends und vor allem am Wochenende an ihrer eigenen Arbeit werkeln oder wenn man sonst halt mal so die eine oder andere stunde unterbringen kann.

Das sind leute die in den allermeisten fällen ein sehr gutes diplom oder master gemacht haben - anders bekommen die garkeine doktoranden stelle - und sich dann nocheinmal 3-5 jahre hinsetzen und für einen niedriglohn viel arbeit für grundlagenforschung betreiben von der die gesamte gesellschaft profitiert.
Die könnten in der wirtschaft direkt vermutlich deutlich mehr geld verdienen.
 

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Eine Verlängerung kenne ich nur bei Krankheit o.ä. Die meisten fangen doch einfach erstmal an mit der Abschlussarbeit und wenn abzusehen ist wann man fertig ist, wird sie angemeldet. Zu dem Zeitpunkt wurde dann zT schon mehrere Monate daran gearbeitet. Hat auch erstmal nix mit größerem Umfang zu tun, die Leute können auch einfach chillen. Imo war das im Diplom eher noch verbreiteter als im Master.
This. Die Leute, die ihre Masterarbeit wirklich in den vorgegebenen vier Monaten schreiben, sind eine absolute Minderheit. Ich habe auch ziemlich genau ein halbes Jahr dran gesessen, aber da geht auch mehr. Besonders lange dauert es bei den WSGlern, die sitzen meistens ungefähr ein Jahr, weil die einfach oft einen enormen Recherche- und Leseaufwand haben.

Man kann das schwer verallgemeinern, da der Arbeitsaufwand ja auch stark vom individuellen Thema abhängt.

Aber ohne das ewige Mimimi "im Diplom war alles besser" geht es wohl in Deutschland nicht. :confused:


Aus dem naturwissenschaftlichen bereich kenne ich das aber so, dass diese leute eben in forschungsgruppen integriert werden und da dann 50% einer mitarbeiterstelle bezahlt kriegen. In der theorie sollen die dann 50% fürs Institut und 50% für ihre Doktorarbeit arbeiten in der praxis sieht's oft so aus, dass die leute jeden tag ganz normal 8h an der arbeit der Forschungsgruppe mitarbeiten gerade in stoßzeiten und dann abends und vor allem am Wochenende an ihrer eigenen Arbeit werkeln oder wenn man sonst halt mal so die eine oder andere stunde unterbringen kann.

Das sind leute die in den allermeisten fällen ein sehr gutes diplom oder master gemacht haben - anders bekommen die garkeine doktoranden stelle - und sich dann nocheinmal 3-5 jahre hinsetzen und für einen niedriglohn viel arbeit für grundlagenforschung betreiben von der die gesamte gesellschaft profitiert.
Die könnten in der wirtschaft direkt vermutlich deutlich mehr geld verdienen.
Same in den Wirtschaftswissenschaften. Doktoranden haben normalerweise eine 50 oder 70%-Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiter wo sie dem Prof zuarbeiten (Lehre v.a.) und "nebenher" ihre Doktorarbeit schreiben.
 

Benrath

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Naja ich persönlich kenn nur 2 geisteswissenschaftler die eine promotion gemacht haben, einmal in Deutsch und einmal in Kunstgeschichte, die haben das aber beide "nebenher" quasi in der freizeit gemacht und dann entweder schon teilzeit oder vollzeit gearbeitet bzw. als Hausfrau und Mutter neben der Kinderbetreuung da ist es dann gesellschaftlich auch kein nachteil.

Aus dem naturwissenschaftlichen bereich kenne ich das aber so, dass diese leute eben in forschungsgruppen integriert werden und da dann 50% einer mitarbeiterstelle bezahlt kriegen. In der theorie sollen die dann 50% fürs Institut und 50% für ihre Doktorarbeit arbeiten in der praxis sieht's oft so aus, dass die leute jeden tag ganz normal 8h an der arbeit der Forschungsgruppe mitarbeiten gerade in stoßzeiten und dann abends und vor allem am Wochenende an ihrer eigenen Arbeit werkeln oder wenn man sonst halt mal so die eine oder andere stunde unterbringen kann.

Das sind leute die in den allermeisten fällen ein sehr gutes diplom oder master gemacht haben - anders bekommen die garkeine doktoranden stelle - und sich dann nocheinmal 3-5 jahre hinsetzen und für einen niedriglohn viel arbeit für grundlagenforschung betreiben von der die gesamte gesellschaft profitiert.
Die könnten in der wirtschaft direkt vermutlich deutlich mehr geld verdienen.

Sehr clever auf mein Beispiel zu Geisteswisschenschaftlern und konkret auf den Artikel bezogen einem Sprachwissenschaftler mit dem Regelfall aus dem naturwissenschaftlichen Bereich zu beantworten. Für Wiwis ist das ähnlich und die haben in der Regel nach der Promotion Alternativen in der Privatwirtschaft.

Ich weiß nicht, was Julius Goldmann mit seiner Diss über das Lebenswerk irgendeiner italenischen Schriftstellerin später mal machen möchte.

PROBLEM 2: ICH BIN PLEITE! WIE KRIEGE ICH GELD?
DAS SAGT DER DOKTORAND: "Finanzielle Vorteile einer Promotion? Die gibt es: ein Semesterticket, Vergünstigungen in der Bibliothek und bei der Krankenversicherung. Trotzdem war es die größte Herausforderung, mich finanziell über Wasser zu halten. Mein Plan, das erste Promotionssemester zu nutzen, um ein Stipendium zu ergattern, scheiterte. Ich war quer durch die Republik gefahren und hatte mein Thema bei Dutzenden Stiftungen vorgestellt. Niemand fand es relevant genug. Nach einem Dreivierteljahr bekam ich zum Glück einen Assistentenjob am Institut meiner Uni. Zum Leben reichte das Geld dann gerade so. Weil es nur eine Vertretungsstelle war, zitterte ich aber jedes Semester, ob sie verlängert wird. Fünf Stunden am Tag erledigte ich Verwaltungsarbeit oder leitete Kurse, überwiegend für Lehramtsstudenten. Dazu kamen Workshops und Kolloquien an der Graduiertenschule, einer Einrichtung für Doktoranden, die es an vielen Unis gibt. Erst nach Feierabend schrieb ich an meiner Dissertation. Richtige Existenzangst bekam ich noch mal zum Schluss: Ein Mitglied meines Promotionskomitees befand, ich müsste meine 450 Seiten umfassende Arbeit komplett umbauen. Für den Job am Institut hatte ich jetzt kaum noch Zeit und musste teilweise auf meine Ersparnisse zurückgreifen."

Julius Goldmann, 33, ist Romanist und schrieb an der Universität Würzburg über das Lebenswerk des italienischen Schriftstellers Carlo Emilio Gadda.

Ich frage mich halt was da in den Leuten mit Mitte Zwantig vorgeht, dass man so arrogant ist zu glauben, man wisse es soviel besser, welche Themen relevant sind.
 
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Ich finde dieses Anspruchsdenken auch ziemlich daneben: Klar, es war für ihn nicht einfach auf diesem Thema zu promovieren, aber er hat es sich ja ausgesucht. Hätte er was sinnvolles gemacht hätte er auch Gelder gekriegt (die gibt es leider sogar für viel zu viel nicht sinnvolle Sachen). Es gibt aber einfach kein Recht darauf sich von der Gesellschaft durchfüttern zu lassen, denn dass der Steuerzahler am Ende für seinen Lebensunterhalt aufkommt scheint er auszublenden.
Vor allem wenn die Arbeit anscheinend zunächst auch noch einfach scheiße war, denn sonst hätte er sie nicht kurz vor Abgabe nochmal umschreiben müssen.
 
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Um in einer Geisteswissenschaft zu promovieren, muss man mit den negativen Begleiterscheinungen leben. Wer da jammert, hat unser Wirtschaftssystem nicht verstanden. Die Forschung in den Geisteswissenschaften braucht auch nicht unzählige halbmotivierte Doktoren, sondern einige wenige, die dafür besessen und exzellent sind. Aufgrund der teils wirklich räudigen finanziellen Situation an Instituten müssen Doktoranden mit weniger als 1k netto leben können. Sich dann aber darüber zu beschweren, dass die Gesellschaft Grundlagenforschung in editionswissenschaftlichen Fragen zur barocken Hofliteratur nicht zu honorieren weiß, zeugt von Realitätsverlust.
 
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Die Geisteswissenschaften waren mal was für die Zweitgeborenen reicher Häuser, die eine Beschäftigung benötigten. Vielleicht sollte man für diese Fächer eine Zulassungsbeschränkung in Form von Vermögen einführen :deliver:
 
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Sehr clever auf mein Beispiel zu Geisteswisschenschaftlern und konkret auf den Artikel bezogen einem Sprachwissenschaftler mit dem Regelfall aus dem naturwissenschaftlichen Bereich zu beantworten. Für Wiwis ist das ähnlich und die haben in der Regel nach der Promotion Alternativen in der Privatwirtschaft.

Ich weiß nicht, was Julius Goldmann mit seiner Diss über das Lebenswerk irgendeiner italenischen Schriftstellerin später mal machen möchte.

Na wenn du mit deiner aussage nur ausnahmefälle bewerten wolltest, bitte. Kam bei mir so halt nicht an.

Das der nirgendwo eine "echte" Doktorandenstelle gefunden hat sondern sich mit einem hiwijob über wasser halten muss sollte doch schon mal zeigen, dass das system da durchaus selektiv funktioniert. Was man mit einem Doktor in Romanistik anfangen kann, kann ich als nicht romanist leider nicht bewerten.
 

Benrath

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Das scheint leider kein Einzelfall zu sein.
 
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@Benrath: Ich verstehe deine Argumentation und die Leute sollten da auch nicht so blauäugig sein, aber eine Aussage wie: "da hat er eben am Markt vorbei studiert" verursacht mir immer Bauchschmerzen. Habe einen Doktorkollegen, der frisch zu uns gewechselt ist aus den Verkehrswissenschaften, also klassischer Ingenieur. Zumindest in diesem Bereich und im Maschienenbau (in Aachen) haben die Verflechtungen mit der Wirtschaft schon perverse Züge angenommen; da kann von freier Forschung kein Stück mehr die Rede sein.
Der komplette Apparat ist auf Akquise von Finanzen ausgerichtet. Doktorranden schreiben in 50% ihrer Zeit Finanzierungsanträge und haben dann neben Lehre, ihrer eigenen Arbeit und Vermarktungsaufträgen vielleicht noch 5% der Zeit, um wirklich zu forschen. Auch bei den Themen wird sich notwendigerweise darauf fokussiert, was die Wirtschaft haben will - das Geld muss ja reinkommen. Grundlagenforschung, oder auch stupides prüfen/falsifizieren von anderen Theorien, also Kernteile der Wissenschaften - finden so gut wie gar nicht mehr statt.

Klar ist jetzt ein blindes forschen vollkommen am Sinn vorbei das andere Extrem, wollte nur sagen, dass Marktausrichtung nicht immer das beste für die Forschung ist.
 
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Was ist daran so falsch? Gerade im Maschinenbau geht es doch darum, praxistaugliche Dinge zu entwickeln. Grundlagenforschung findet in der Physik und Chemie statt, dort auch stark staatlich gefördert und ganz sicher nicht realitätsnah, müssen wir da wirklich den Maschinenbau weg von der praktischen hin in einer theoretische Ausrichtung zwängen?
 
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Es geht nicht um praktisch/Theorie (wobei da die Übergänge ohnehin fließend sind), sondern um frei/unfrei
 
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Siehe Stirling. Der Fachbereich und damit die Fachleute können gar nicht mehr nach Expertise entscheiden, in welche Richtung es gehen soll. Und btw. machen Physik und Chemie Grundlagenforschung für eben genau das, Physik und Chemie. Natürlich wird dieses Wissen dann auch im z.B. Maschinenbau angewendet, aber das ist _nicht_ gleich der Grundlagenforschung, die Maschinenbauer machen würden.
Und btw. geht es darum, gerade niemanden zu stark in eine Richtung zu zwingen, darum geht es ja. Aber die Richtung ist momentan eben vorgegeben von der Wirtschaft. Zusammenspiel und gegenseitiger Austausch: ja. Quasivorgabe der Wirtschaft: nein.
 

ReVenger!

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Wobei man sagen muss, dass die Forschung in den Naturwissenschaften nicht unabhängig ist. Sie ist auch sehr wirtschaftlich orientiert, die Finanzierung läuft zwar oft über öffentliche Gelder, aber wie die wiederum vergeben werden, ist auch nicht gerade das, was man sich unter frei vorstellt.
 
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Siehe Stirling. Der Fachbereich und damit die Fachleute können gar nicht mehr nach Expertise entscheiden, in welche Richtung es gehen soll. Und btw. machen Physik und Chemie Grundlagenforschung für eben genau das, Physik und Chemie. Natürlich wird dieses Wissen dann auch im z.B. Maschinenbau angewendet, aber das ist _nicht_ gleich der Grundlagenforschung, die Maschinenbauer machen würden.
Und btw. geht es darum, gerade niemanden zu stark in eine Richtung zu zwingen, darum geht es ja. Aber die Richtung ist momentan eben vorgegeben von der Wirtschaft. Zusammenspiel und gegenseitiger Austausch: ja. Quasivorgabe der Wirtschaft: nein.

Was genau ist denn Grundlagenforschung im Maschinenbau, die nicht durch Physik, Chemie, Informatik und teilweise noch Mathematik abgedeckt ist?
Wir haben einfach jetzt schon viel zu viele Studenten an Unis, die eigentlich an FHs gehören, weil sie das Studium sowieso nur als besonders edle Berufsausbildung betrachten. Und wenn ich so auf meine Erfahrung in Unternehmen blicke, brauchen die beim besten Willen nicht noch mehr Doktoren.

Und um nochmal auf den Romanisten zurückzukommen. Viele Doktorandenstellen gerade im Bereich der Geisteswissenschaften sind mittlerweile auch von privaten Institutionen mit eigens gewählten Schwerpunkten finanziert. Was auch völlig legitim ist. Die allerbesten dürfen mit ihrem Thema an der Uni direkt promovieren, der Rest muss halt schauen, dass seine Arbeit einen Geldgeber findet der sich dafür interessiert. Wer dann noch übrigbleibt, soll halt in seiner Freizeit ein Buch schreiben.
 

Benrath

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Ich meine mit der Diskussion am Markt vorbei studieren, dass man etwas macht bei dem man in keiner Weise etwas lernt, was irgendwann einmal zum Brot verdienen geeignet ist. Ich seh absolut den Sinn in einem Literaturwissenschaftsstudium oder ähnlichem, da man auch dort in den 3-5 Jahren kritisches Denken, Selbstorganisation, etc. lernen kann. Aber wozu die Diss zu Themen, die kein Mensch braucht und die offensichtlich niemand außer dem Schreiber selbst will.

Das was du aufbringst ist für mich ein anderes Thema, was teilweise verknüpft ist, aber nicht bei meinem Beispiel. Ich seh da das Risiko auch weniger in den STEM Fächern als tatsächlich im WIWI Bereicht, wo von den Geldgebern viel klarer ne Agenda verlangt wird. In den Ingenuerswissenschaften soll halt wie MV sagte, was praktsiches gebaut und dann genutzt werden.
 
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Was genau ist denn Grundlagenforschung im Maschinenbau, die nicht durch Physik, Chemie, Informatik und teilweise noch Mathematik abgedeckt ist?
Wir haben einfach jetzt schon viel zu viele Studenten an Unis, die eigentlich an FHs gehören, weil sie das Studium sowieso nur als besonders edle Berufsausbildung betrachten. Und wenn ich so auf meine Erfahrung in Unternehmen blicke, brauchen die beim besten Willen nicht noch mehr Doktoren.
Naja das ist wohl auch ne Frage dessen, wie man Grundlagenforschung definiert. Aber natürlich gibt es Grundlagenforschung, bei der Physiker, Chemiker und eben auch Maschbauer eng zusammenarbeiten; zum Beispiel bei Forschung im Bereich der Elektromobilität. Ein Beispiel aus Aachen (wobei das ein aktuelles Projekt ist, also nicht ganz zur Problematik passt :ugly: ): Integrierte Energieversorgungsmodule für straßengebundene Elektromobilität

@Uni/FH: Na dann muss sich aber auch die Gesellschaft umstellen. Ich hab Abi auf nem Gymnasium gemacht und da stand es im Diskurs nicht mal zur Debatte, auf eine FH zu gehen. Obwohl ich nie an ne akademische Laufbahn gedacht hab. Man kann das ja strikt trennen in: FH = wirtschaftliche Berufslaufbahn und TH = akademische Berufslaufbahn. Wobei ich nicht genau weiß, was genau dein Ziel ist?
 
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ist angewandte Physik/Chemie nicht sozusagen die Grundlagenforschung für Maschinenbaum Chemieverfahrenstechnik, Etechnik und was weiß ich?

https://xkcd.com/435/

Beispiel der Lehrstuhl für Anorganische Chemie bei uns, 4 Profs am Campus Süd, von absoluter Grundlagenforschung (von einem Emeritus "Lehrbuchforschung" bzw "Lehrbuchmoleküle" genannt), stufenweise zum Festkörperchemiker, der an
Solarzellen und Nanopartikeln forscht und dessen Absolventen direkt von der Industrie übernommen werden,...

Meinst du eigentlich das Übergangsgebiet zwischen den Naturwissenschaften ("Grundlagenforschung") zu den Ingenieurswissenschaften ("angewandte Forschung")?
Gibt doch fancy neue interdisziplinäre Studiengänge seit einigen Jahren, die glaube ich genau das Gebiet abdecken bzw. spezialisierter sind, z.B. Materialwissenschaften oder so.


Und unsere Chemieprofs legten immer Wert darauf, dass Uni für die Uni ausbildet, dass fast alle Absolventen früher oder später in die Industrie abwandern war halt Abfall des Aussiebens.
 
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Ich habe mich auf Grundlagenforschung im speziellen Fach (hier: Maschinenbau) bezogen, nicht auf Grundlagenforschung im Allgemeinen. Ist ja aber auch egal, weil das n Nebenkriegsschauplatz ist. Nach der (teilweise durchaus berechtigten) Kritik an Studiengängen, die komplett an der wirtschaftlichen Nachfrage vorbeiarbeiten wollte ich als Gegengewicht nur Erfahrungen aus dem persönlichen Umfeld beitragen, in denen das umgekehrte Problem besteht, nämlich zu viel Einflussnahme der Wirtschaft. Am Ende ist für mich der goldene Mittelweg das Optimum.
 
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Mein Punkt war dabei, dass gerade Maschinenbau dafür ein schlechtes Beispiel ist. Denn der ganze Sinn und Zweck von Maschinenbau ist es, etwas angewandtes und wirtschaftlich benutzbares zu produzieren. Wenn irgendein Studiengang bitte sehr gerne so eng wie möglich mit der Wirtschaft verzahnt sein kann dann doch dieser. Grundlagenforschung braucht es da einfach nicht. Deshalb finde ich es absolut unproblematisch und im Gegenteil sogar gut, dass die Wirtschaft hier den Takt angibt.
Das heißt nicht, dass es nicht auch problematisch sein könnte, wenn die Wirtschaft so einen starken Einfluss in der Uni hat, in anderen Fächern kann einem das durchaus Sorge bereite (z.B wie von Benrath angesprochen die WiWis, oder auch der Pharma-Bereich), aber Maschinenbau wäre das letzte Fach bei dem ich da Probleme sehen würde.
 
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Keine Ahnung warum du da kein Problem siehst, aber das ist mit Sicherheit keine unumstößliche Tatsache. Der Fakt, dass etwas wirtschaftlich benutzbares gebaut werden soll ist ja schön und gut, aber du siehst kein Problem darin, wenn die Wirtschaft so dominierend den Takt angibt? Die Ziele von Wirtschaft und Gesellschaft sind nicht deckungsgleich.

Denn der ganze Sinn und Zweck von Maschinenbau ist es, etwas angewandtes und wirtschaftlich benutzbares zu produzieren.
Der Sinn und Zweck von Maschinenbau ist in erster Linie die Planung, Konstruktion und Herstellung von Maschinen. Etwas angewandtes und wirtschaftlich benutzbares ist dabei genauso Teil wie von anderen Studiengängen doch ist es eben nicht exakt das gleiche. Die 100% auf Wirtschaft ausgelegte Forschung sollte in der Wirtschaft erfolgen, nicht an Universitäten.
 
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Mal davon abgesehen: nur weil ein Forschungsthema von der Wirtschaft vorgegeben ist, ist es noch nicht garantiert wirtschaftlich einsetzbar und schon gar nicht sinnvoll. Da werden teilweise Projekte an Institute vergeben, nur damit das vergebene Unternehmen öffentliche Gelder abgreifen kann.
Beim Automobilbau wahrscheinlich eher nicht, aber gerade in kleineren Branchen, wo die Geldgeber dann einfach null Ahnung von der Thematik haben, kommt das vor. Momentan zB muss man nur irgendwo Energieeinsparung erwähnen, damit man Kohle bekommt. Wenn die neue Maschine dann hinterher doppelt so viel verbraucht wie vorher sind die Gelder aber schon geflossen.
 

Gustavo

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Das hat zwar nicht unbedingt was mit "gekaufter Wissenschaft" zu tun, wohl aber damit, dass Wissenschaft an Akzeptanz verliert, wenn sie immer mehr nur zum Selbstzweck (Beschäftigung kluger Leute mit Dingen die wir bereits wissen um Karriere zu machen oder Geld zu verdienen) betrieben wird und der tatsächliche Erkenntnisgewinn immer kleiner wird. Oder simpel ausgedrückt: Wenn man 90% der Doktorarbeiten ungelesen in die Tonne treten kann, weil sie nicht mehr sind als ein sehr aufwändiger und streng fomalisierter Aufsatz eines mittelmäßigen aber disziplinierten Gymnasiasten, dann ist klar, warum Leute den Aussagen von Doktoren/Professoren nicht mehr die Beachtung schenken wie noch vor einigen Jahrzehnten.


Na ja, das ist, vielleicht mit leichten Abstrichen was die Zahl der Absolventen angeht, letztendlich nicht mehr als inhaltsarmes "Früher war alles besser"-Gelaber. Jedenfalls würde ich vom zuständigen Redakteur gerne mal den Beweis dafür sehen, dass früher NICHT ein hoher zweistelliger Prozentsatz aller Doktorarbeiten ohne großen Erkenntnisgewinn kaum gelesen in Universitätsbibliotheken verschwand.
Ansonsten ist es natürlich nicht falsch, dass Wissenschaft nicht immer nur Perlen produziert, aber ganz ehrlich: Ich sehe auch keine bessere Idee als Peer Review. Du hast da ein kolossales Principal-Agent-Problem: Die Gesellschaft bezahlt Wissenschaftler dafür, Ideen zu generieren, aber die Mittel sind endlich und genau wie alle anderen Berufe sind brauchen Wissenschaftler Qualitätskontrolle, weil nun mal auch in der Wissenschaft nicht jeder die intrinsische Motivation aufbringt, sein Leben lang produktiv zu bleiben und lohnenswerte Ideen zu verfolgen. Vielleicht geht dadurch am Anfang der Karriere Produktivität verloren (das altbekannte Problem davon, lieber 5x in mittelmäßigen Journals mittelmäßige Forschung zu publizieren als direkt den großen Wurf zu versuchen), aber um das auszugleichen gibt es ja auch in so gut wie jedem System das Äquivalent zur Verbeamtung, die es erlaubt, sich irgendwann großen Ideen zu widmen ohne zu sehr auf den Erfolg schauen zu müssen. Man kann vielleicht an der Konzentration der Gelder etwas rumspielen (siehe "Elite-Universitäten"), aber letztendlich sind Wissenschaftler Menschen und manche ihrer Ideen stellen sich als Erfolge heraus, andere sind Misserfolge. Meine Erfahrung aus dem akademischen Betrieb ist jedenfalls, dass der Auswahlprozess relativ gut funktioniert: Ich habe wenige Leute gesehen, die sich nach Verbeamtung/Tenure einfach gehen lassen und aufhören, produktiv zu sein.


Oder auf die Praxis bezogen: Was ich in meinem Arbeitsbereich so an Bachelor- oder Masterarbeiten zu sehen kriege, das könnte ich ohne einen Tag an der Uni mit ein paar Wochen Zeit und Google auch zusammenschreiben. Das ist inhaltlich teils so simpel, da kratzt man sich am Kopf wie man damit einen "Abschluss" irgendeiner Art rechtfertigen will. Das Beeindruckendste an der ganzen Arbeit ist der Aufwand, die scheiß Fußnoten, Zitate und Literaturquellen formal korrekt anzugeben und sich die ganzen Seiten voller Fülltext aus den Fingern zu saugen, damit man den Umfang zusammenbekommt. Fachgebiet ist übrigens Psychologie -_-, ich hoffe sehr, dass das in den Naturwissenschaften anders läuft.


Na ja, nichts für ungut, aber Abschlussarbeiten für Bachelor, Master, Diplom, Magister, Staatsexamen oder was man sonst noch so im Laufe der letzten 1000 Jahre an Universitäten erwerben konnte waren wohl schon immer nur in absoluten Ausnahmefällen etwas, was die Wissenschaft wirklich weitergebracht hat. Der Anspruch sollte schon auf die Zeit nach der universitären Ausbildung verlagert werden, was ja glücklicherweise auch passiert.
 

Benrath

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Na vielleicht passt der Artikel hier am besten
https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2018/01/whats-college-good-for/546590/
Geht um die Frage, ob Bildung in der Form von Uniabschluss wirklich bildet oder nur ein Signal ist um einen besseren Job zu bekommen.

Zu einem gewissen Teil würde ich auch nur das Signal sehen, bzw. die Notwendigkeit gewisse Abschlüsse zu besitzen, um einen Job zu bekommen oder die Karriereleiter hochsteigen zu können. Abseits der Selbstständigkeit kommt man ohne entsprechende Abschlüsse nicht weit.
 
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