Absurd. Ist doch offensichtlich, woher die "Wissenschaftsskepsis" kommt: In den allermeisten Fällen sind Leute skeptisch weil ihnen die Ergebnisse nicht passen. "Gekaufte Wissenschaft" ist im Wissenschaftsalltag ungefähr so relevant wie politische Einflussnahme oder bewusste Manipulation: Kommt vor, ist allerdings die absolute Ausnahme. Das Problem ist nicht dass die Leute da einer ganz großen Verschwörung auf der Spur wären, sondern dass Lieschen Müller und Mr. Sachsen sich seit neuestem als Staatsrechtler verstehen, weil sie ihre Strafzettel gerne nicht mehr bezahlen würden.
Hm, da stand letztens in einer großen Tageszeitung noch eine etwas andere Meinung. Insbesondere der viel gelobte PeerReview-Ansatz würde dazu führen, dass Wissenschaftler die darauf angewiesen sind, mit ihrem Beruf auch ihren Lebensunterhalt zu verdienen, überhaupt nicht mehr "frei forschen" sondern sowohl ihre Publikationen als auch ihre Forschungsarbeiten bereits auf die Erfolgsquote durch PeerReviews trimmen, entweder aus eigenem Antrieb (Karriere) oder auf Druck ihrer Geldgeber. Ergo es werden ganze Arbeiten geschrieben und theoretische Abschweifungen gemacht die für den Erkenntnisgewinn an sich wertlos sind, damit man sich bereits anerkannten Theorien annähern kann und massenweise aus den Arbeiten hochdekorierter Koryphäen zitieren kann, weil das nachgewiesenermaßen dazu führt, besser bewertet zu werden. Es wird also sehr viel Forschungszeit ins "geistige Widerkäuen" bereits bekannten Wissens investiert, weil das der einzige Weg zu sein scheint, sich in der "Szene" Gehör zu verschaffen. Und ohne Bewertungen keine Veröffentlichungen, keine Akzeptanz, keine Kohle.
Finde den Artikel über Google leider nicht wieder, könnte Welt, Zeit oder Tagesspiegel gewesen sein. Las sich zumindest nachvollziehbar. 'ne bessere Idee als PeerReviews zur Qualitätssicherung hatte der Autor aber auch nicht parat, soviel sei fairerweise gesagt. Die menschliche Komponente (also Egostreicheln der Bewerter durch die Neuautoren um zum Erfolg zu kommen) scheint man nicht eliminieren zu können, weil es sowas wie eine "neutrale Bewertung" nicht gibt.
Das hat zwar nicht unbedingt was mit "gekaufter Wissenschaft" zu tun, wohl aber damit, dass Wissenschaft an Akzeptanz verliert, wenn sie immer mehr nur zum Selbstzweck (Beschäftigung kluger Leute mit Dingen die wir bereits wissen um Karriere zu machen oder Geld zu verdienen) betrieben wird und der tatsächliche Erkenntnisgewinn immer kleiner wird. Oder simpel ausgedrückt: Wenn man 90% der Doktorarbeiten ungelesen in die Tonne treten kann, weil sie nicht mehr sind als ein sehr aufwändiger und streng fomalisierter Aufsatz eines mittelmäßigen aber disziplinierten Gymnasiasten, dann ist klar, warum Leute den Aussagen von Doktoren/Professoren nicht mehr die Beachtung schenken wie noch vor einigen Jahrzehnten.
Oder auf die Praxis bezogen: Was ich in meinem Arbeitsbereich so an Bachelor- oder Masterarbeiten zu sehen kriege, das könnte ich ohne einen Tag an der Uni mit ein paar Wochen Zeit und Google auch zusammenschreiben. Das ist inhaltlich teils so simpel, da kratzt man sich am Kopf wie man damit einen "Abschluss" irgendeiner Art rechtfertigen will. Das Beeindruckendste an der ganzen Arbeit ist der Aufwand, die scheiß Fußnoten, Zitate und Literaturquellen formal korrekt anzugeben und sich die ganzen Seiten voller Fülltext aus den Fingern zu saugen, damit man den Umfang zusammenbekommt. Fachgebiet ist übrigens Psychologie -_-, ich hoffe sehr, dass das in den Naturwissenschaften anders läuft.