Da ich mich aufgrund persönlicher Betroffenheit in meinem sozialen Umfeld stark mit dem Thema Borderline auseinandergesetzt habe, möchte ich gerne ein paar Sätze dazu schreiben.
Da es sich bei Borderline um eine sehr komplexes und vielschichtiges Krankheitsbild handelt ist nicht alles was ich hier schreibe Allgemeingültig vieles hängt vom konkreten individuellen Fall ab.
Was viele hier nicht zu verstehen scheinen, ist, das Borderline eine tatsächliche Krankheit ist, die mit abnormen veränderungen im Gehirn der Betroffenen einhergeht, ausdrücke wie "psychobiatch" o.ä. kann man sich daher wirklich sparen.
Gerade weil Borderline so eine komplexe Krankheit ist, gestaltet sich die Therapie besonders schwierig, klassische (psychoanalytische) Sprachtherapie bringt bei den meisten Betroffenen überhaupt keine besserung, auch die medikamentöse Behandlung gestaltet sich schwierig, mit verschiedenen Psychopharmaka, lassen sich zwar bestimmte Symptome bekämpfen wie die betroffene Person jedoch darauf reagiert ist individuell unterschiedlich. Wird ein Symptom medikamentös unterdrückt kann dafür ein Anderes verstärkt in Erscheinung treten etc. eine medikamentöse Behandlung kann mit entsprechender Betreuung aber für einen bestimmten Zeitraum durchaus sinnvoll sein.
Gute Ergebnisse werden vor allem mit einer speziell auf Borderline zugeschnittenen Verhaltenstherapie erziehlt, falls deine Bekannte soetwas noch nicht probiert hat, wäre das meine erste Anlaufstelle.
Nun zum Hauptproblem des Threads.
Jemand der nicht persönlich betroffen ist, oder längere Zeit intensiven Kontakt zu einem Betroffenen hatte kann sich meiner Meinung nach nur schwer vorstellen, wie belastend eine Borderlinstörung auf dauer sein kann.
Selbst in den guten Phasen, die es definitiv gibt leiden viele Borderliner unter chronischer Unzufriedenheit oder Anhedonie, permanenten Selbstzweifeln, Minderwertigkeitsgefühlen etc., die ausprägung kann hier individuell sehr verschieden sein.
Ich glaube nicht, dass ich persönlich mit dieser permanenten Unzufriedenheit, dieser unfähigkeit über längere Phasen tatsächlich glücklich zu sein auf Dauer leben wollen würde.
Wenn dann noch früher oder später eine depressive Phase dazu kommt, sind Suizidgedanken in dieser Situation glaube ich nicht ungewöhnlich.
Es ist durchaus möglich durch persönliches Engagement einen Borderliner über längere Zeit auf einem rellativ stabilen Niveau zu halten, das setzt aber hohe persönliche Opferbereitschaft vorraus da es für den Helfer selbst psychisch sehr belastend ist. Auf Dauer ist das aber auch keine Lösung für das zugrundeliegende Problem. Selbst wenn du es schaffen solltest die aktuelle Krise mit ihr zu überstehen und es ihr danach augenscheinlich gut geht, ist die nächste Katastrophe schon vorprogrammiert in die sie dich dann wieder mit reinzieht. Das kommt in Zyklen immer wieder. Borderliner sind wie eine emotionales Fass ohne Boden ohne professionelle Hilfe sind alle Bemühungen früher oder später zum Scheitern verurteilt. Auch wenn unterstützung aus dem persönlichen Umfeld natürlich trotzdem hilfreich ist.
Wenn sie tatsächlich schon die zahlreichen Therapieangebote ausgereizt hat (wie gesagt würde ich wärmstens die Verhaltenstherapie empfehlen), kann ich eine Suizidabsicht durchaus nachvollziehen. Wenn ich mich recht entsinne kann mit einer Therapie auch letztendlich nur <20% aller Borderlinebetroffenen geholfen werden, der Rest muss tatsächlich mit der Krankheit leben, auch wenn es da selbst nach Jahrzenten noch starke Veränderungen geben kann (zum Guten wie zum Schlechten).
Ich persönlich würde ihr nicht beim Suizid behilflich sein wollen und ihr das auch so klar sagen.
Den Kontakt jetzt vollständig abzubrechen wie hier schon gefordert würde ich jedoch nicht empfehlen, trotz ihrer ambivalenten Gefühle sind persönliche Beziehungen für Borderliner von hoher Bedeutung. Ich weiss zwar nicht, wie eng deine Beziehung zu ihr ist, bei dem angesprochenem Thema scheinst du ihr aber doch etwas näher zu stehen, wie dem nächsten 0815 bekannten. Der Verlust einer Bezugsperson, kann bei Borderlinern durchaus zu einer sprunghaften Verschlechterung des Zustandes führen und ich glaube kaum, dass du dich besser fühlen würdest, wenn du den Kontakt abbrichst und sie sich dann umbringt. Ob die Suizidabsicht nun tatsächlich vorliegt oder das ganze nur eine borderlinetypische "manipulations"aktion ist, kann dir hier kein mensch sagen.
Ich würde ihr weiterhin als Bezugsperson zu verfügung stehen aber versuchen mich nicht zu weit in Ihre Gefühlswelt reinziehen zu lassen und ihr klare Grenzen zu setzen.
Ohne die betroffene Person zu kennen ist es sehr schwer hier konkrete Ratschläge zu geben. Ich wünsche dir jedoch viel glück dabei und hoffe du kommst da emotional einigermaßen unbeschadet raus.
Bevor du dich aber mit diesem Menschen selber komplett kaputt machst, zieh lieber die Reißleine und brech den Kontakt vollständig ab. Ab einem gewissen Punkt muss man auch primär an den Selbstschutz denken.