• Liebe User, bitte beachtet folgendes Thema: Was im Forum passiert, bleibt im Forum! Danke!
  • Hallo Gemeinde! Das Problem leidet zurzeit unter technischen Problemen. Wir sind da dran, aber das Zeitkontingent ist begrenzt. In der Zwischenzeit dürfte den meisten aufgefallen sein, dass das Erstellen von Posts funktioniert, auch wenn das Forum erstmal eine Fehlermeldung wirft. Um unseren Löschaufwand zu minimieren, bitten wir euch darum, nicht mehrmals auf 'Post Reply' zu klicken, da das zur Mehrfachposts führt. Grußworte.

Baader Meinhof Komplex

Mitglied seit
26.06.2004
Beiträge
1.216
Reaktionen
0
Finde ich als Verfilmungsthema nicht sonderlich geeignet, jüngere Geschichte ist immer sehr schwierig (gerade wenn der Film eher unterhaltend als informativ/philosophisch angelegt ist). Das Buch fand ich sehr interessant, die Zeit ist unheimlich spannend. Würde mir den Film wohl nicht angucken, da ich aber in einem Kino arbeite, werde ich wohl für die ganzen Lehrervorstellungen und -fragen gerüstet sein müssen und den Film gesehen haben.
 

shaoling

Guest
Original geschrieben von Natural Born Farmer
Finde ich als Verfilmungsthema nicht sonderlich geeignet, jüngere Geschichte ist immer sehr schwierig (gerade wenn der Film eher unterhaltend als informativ/philosophisch angelegt ist).
Und warum findest du das?
 

Deleted_38330

Guest
Wegen den kack Bindestrichen findet er nicht mal "Komplex" einzeln. ::]:
 
Mitglied seit
09.09.2001
Beiträge
6.553
Reaktionen
0
Ich finde das Thema interessant und werde ihn mir auf jeden Fall im Kino ansehen, das, was ich bisher gelesen und gesehen habe gefällt mir gut.
 

Teegetraenk

Tippspielmeister WM 2006
Mitglied seit
26.11.2003
Beiträge
13.226
Reaktionen
1
Das Buch ist spitze. Den Film werd ich mir eher mal nebenbei ansehen, wenn er dann auf DVD raus is.
 
Mitglied seit
26.06.2004
Beiträge
1.216
Reaktionen
0
Original geschrieben von sHaO-LiNg
Und warum findest du das?

Wenn man einen Actionfilm über den 30-jährigen Krieg dreht, dann ist das ein Sujet, das kein Konfliktpotenzial mehr in sich birgt. Aber wenn es um die RAF, um Studentenproteste, die Erneuerung Deutschlands, um ein Kohlhaas-Thema geht, dann nimmt ein Unterhaltungsfilm dem Thema die Brisanz, er entpolitisiert ein höchst politisches Thema, er suggeriert, man kenne die Geschichte, wenn man den Film kenne. Das Thema ist zu aktuell und zu ernst, um nicht mit einem gehörigen Problembewusstsein an den Film zu gehen.
Deswegen finde ich bspw. The Deer Hunter (Die durch die Hölle gehen) so furchtbar: Der Film stammt aus einer Zeit, in welcher der Vietnam-Krieg noch ein höchst-brisantes Thema ist, benutzt den Krieg aber nur als vollkommen oberflächlich, rassistisch behandeltes Thema um eine Geschichte über Soldaten zu erzählen. Das kann man imo nicht machen. Wenn man den Film in die Napoleonischen Kriege zurückversetzen würde, dann wäre es weniger brisant, wenn man das Thema Krieg oberflächlich, reißerisch, gewaltverherrlichend, rassistisch oder wie auch immer darstellt, aber der jüngsten Geschichte gegenüber hat man eine Verantwortung. Sie betrifft unser Leben und wenn wir uns nicht ernsthaft mit ihr auseinandersetzen, sollten wir es besser lassen.

Es kann natürlich sein, dass der Film das Thema in meinem Sinne angeht, aber was ich bereits darüber mitbekommen habe ("ICH WEISS WER SCHLEYER ERSCHOSS!!111"), lässt mich keine großen Erwartungen haben. Dennoch bleiben meine Aussagen erst einmal allgemeiner Natur, bis ich den Film dann in 1, 2 Wochen gesehen habe.
 

shaoling

Guest
Natürlich ist es wünschenswert, wenn ein Film über ein problematisches Thema auch mit dem gebührlichen Problembewusstsein angegangen wird.

Filme, die eine Botschaft vermitteln oder brisante Themen aus einer bestimmten Perspektive beleuchten, gehen immer das Risiko der Verblendung ein.
Dann müssen eben andere Filme, Medien, Kommentare oder was auch immer für ein Korrektiv sorgen.
Nur zu sagen, es sei gefährlich, dass viele Menschen, die ohnehin keine Ahnung davon haben, jetzt auch noch ein womöglich falsches Bild erhalten, reicht mir da als Gegenargument nicht aus.

Ich finde es allgemein eher bedauerlich, dass wir einen eklatanten Mangel an Filmen haben, die sich aktueller zeitgeschichtlicher oder politischer Themen annehmen - und zwar auf unterhaltsame Art.
Denn es nützt doch herzlich wenig, wenn gerade die brisantesten und aktuellsten Themen, die die meisten Leute etwas angehen, nur in solchen Filmen behandelt werden, die in Wahrheit kein Mensch sehen will, der sich nicht sowieso schon für das jeweilige Thema interessiert.
 

Moranthir

GröBaZ
Mitglied seit
11.10.2003
Beiträge
6.921
Reaktionen
11
Da ich das Buch gelesen habe, werde ich mir den Film natürlich mal anschauen. Da sich meine politische Haltung seit diesen Tagen doch stark geändert hat, bin ich gespannt, wie er auf mcih wirkt.
Der Trailer ist meiner Meinung übrigens grottigst und erzählt ja schon 50% der Storyline.
 
Mitglied seit
22.12.2004
Beiträge
1.688
Reaktionen
1
Ort
Oompa-Loompa-Land
Wie schon im anderen Thread geschrieben stimm ich da NBF völlig zu, der Film ist dem Thema in keinster Weise gewachsen und verzerrt Tatsachen auf schlimmster Ebene.

Hab den extended Trailer auch nochmal in der Kinovorschau gesehen und kann meine ursprüngliche Einstellung nur bekräftigen: schon nach 3 Minuten Vorschau kann man eindeutig von Geschichtsverzerrung sprechen
 

Teegetraenk

Tippspielmeister WM 2006
Mitglied seit
26.11.2003
Beiträge
13.226
Reaktionen
1
Ich hab jetzt den Trailer nicht gesehen aber woher nimmst du dein so umfangreiches Wissen über die RAF um dem Film sowas vorzuwerfen?
 

ddv

Tippspielmeister 2007
Mitglied seit
02.08.2002
Beiträge
4.083
Reaktionen
0
Buch gelesen, Film wird geschaut. Habe aber noch überhaupt gar nichts über den Film gelesen und auch den Trailer nicht geschaut, aber stand Stefan Aust dem Film nicht beratend zur Seite? Wenn ja kann ich mir grade nur schwerlich vorstellen, das der Film inhaltlich so extrem von seinem Buch abweichen wird.
 
Mitglied seit
21.02.2003
Beiträge
22.854
Reaktionen
270
Naja, die meisten (jüngeren) leute haben sich mit dem thema abseits von popkultur und hörensagen/idealisierung oder verteufelung doch sowieso nicht beschäftigt. Soweit ich mich erinnere haben wir das thema auch nur ein mal in der oberstufe in geschichte besprochen und ich hatte quasi geschichte LK (Bzw. Neigungsfach. :ugly: ).
Ich hab nur einen ganz kurzen trailer im kino gesehen, der war aber nicht sehr aussagekräftig.
Man muss nicht 100% die wahrheeit erzählen um die kernpunkte einer problematik richtig darzustellen.
Solange der Film die RAF nicht zu helden hoch stilisiert und den zwiespalt ihrer handlungen deutlich macht, bin ich zufrieden.
 
Mitglied seit
10.07.2004
Beiträge
1.812
Reaktionen
0
Im letzten Spiegel war da ein Artikel zu, der hat mir richtig Lust auf den Film gemacht. Angeblich sei dies der einzige Film zu dem Thema, der die RAF nicht subtil "Heroisieren" würde. Da ich aber keinen der angesprochenen Film gesehen habe, kann ich mich dazu nicht äußern.
 
Mitglied seit
23.06.2002
Beiträge
3.190
Reaktionen
0
Ort
Osnabrück
Ich habe mich in meiner gesamten, dreizehnjährigen Schullaufbahn nicht eine Minute lang mit der RAF beschäftigt
Hätte man doch eines der vier Halbjahre 2. Weltkrieg für aufbringen können
Eigentlich traurig
 

Sesselpuper

LSZ - Forum
Mitglied seit
28.02.2001
Beiträge
5.075
Reaktionen
0
Ort
Altersheim/Hamburg
ich freu mich drauf, alleine schon wegen der darsteller.

letztens mit irgend einem älteren nochmal drüber gesprochen, und es muss wirklich die megaharte zeit gewesen sein : polizeikontrollen mit mp´s an den autobahnausfahrten u.a.
 

Teegetraenk

Tippspielmeister WM 2006
Mitglied seit
26.11.2003
Beiträge
13.226
Reaktionen
1
Naja so ganz stimmt das nicht. Das gabs genau einmal. Man hat eben eine bundesweite Großfahndung an dem Tag angeleiert und aufn Zufallstreffer gesetzt. War aber nicht so, dass regelmäßig mit der MP im Anschlag irgendwelche Autobahnabfahrten kontrolliert wurden.
 

Sesselpuper

LSZ - Forum
Mitglied seit
28.02.2001
Beiträge
5.075
Reaktionen
0
Ort
Altersheim/Hamburg
das habe ich auch nicht geschrieben. ich rede von nürnberg ( ok, hätte ich angeben sollen ), aber in bonn war das über einen gewissen zeitraum wohl usus.
 
Mitglied seit
11.03.2003
Beiträge
869
Reaktionen
0
laut meiner eltern gabs das sogar an der deutsch-dänischen grenze..
 

shaoling

Guest
Durfte mir im Kino nun auch mal den Trailer reinziehen. Ist da inoffizielle Filmmotto: "Terror ist sexy"? Wie die Terroristinnen alle viel geiler als in echt aussehen... :D


Erste Referenzkritiken sind auch draußen und relativ gemischt mit Tendenz zu gut. Hätte ihn zwar eh gesehen, aber so freu ich mich auch noch etwas drauf.
Wenigstens kann man sich ohne Spoiler-Gefahr schon vorher gut einlesen.
 
Mitglied seit
22.12.2004
Beiträge
1.688
Reaktionen
1
Ort
Oompa-Loompa-Land
Pivo ich hab mich recht umfangreich in das Thema eingelesen und ja aus den 3 Minuten voller bam-boom Action, übertrieben dargestellten Taten auf Seiten der RAF und des Bundes und Selbstdarstellung der Hauptpersonen kann man sehr klar von Schund sprechen.

Die erste Generation der RAF waren keine Meister des Verbrechens sondern psychisch verwirrte, ausgetoßene und maßgeblich durch Andreas Baader radikalisierte Idioten. Allein die Berichte aus dem jordanischen Trainingscamp lassen da tief blicken.
Eskaliert ist die Situation vorallem wegen einer völlig inkompetenten und unerfahrenen Regierung welche die RAF als neuen Erzfeind proklamiert hat was wiederum viele radikale Deppen angezogen hat --- und nicht wie im Film gezeigt durch mächtige Explosionen und überproportionierte Anschläge ---, hätte man von Anfang an die RAF behandelt als das was sie war, nämlich ein Verein irrgeführter Deppen, hätte es keinen Deutschen Herbst gegeben - und auch die Anschläge von 77 werden im Film völlig verzerrend dargestellt.
In vieler Hinsicht beschreibt der Film die RAF also als wirklich gefährliche und schlagkräftige Terrororganisation was sie nun einfach nicht war, wie NBF schon geschrieben hat ist es meiner Meinung nach sehr gefährlich solch junge Geschichte in einen Unterhaltungsfilm zu packen, wenn mans dann noch so schlecht macht erst recht :bored:
 
Mitglied seit
18.01.2005
Beiträge
5.381
Reaktionen
1
hast du den jetzt bereits gesehen, oder ziehst diese erkenntnis aus dem trailer?
 

ddv

Tippspielmeister 2007
Mitglied seit
02.08.2002
Beiträge
4.083
Reaktionen
0
Original geschrieben von sHaO-LiNg
Ist da inoffizielle Filmmotto: "Terror ist sexy"? Wie die Terroristinnen alle viel geiler als in echt aussehen... :D

Na ein herzliches Willkommen im Kino würd ich da mal sagen

Original geschrieben von The-Fang
hast du den jetzt bereits gesehen, oder ziehst diese erkenntnis aus dem trailer?

Er sagt ja er kann das alles aus den 3 Minuten ableiten, insofern scheint seine genaue Analyse des Films tatsächlich aus dem Trailer zu entspringen
 
Mitglied seit
22.12.2004
Beiträge
1.688
Reaktionen
1
Ort
Oompa-Loompa-Land
Der Film zeigt sämtliche Schlüsselszenen in der Geschichte der RAF sowie mehrere geistliche Ergüsse von Ensslin Meinhof und Baader welche allesamt meiner Beschreibung entsprechen, auch wenn der Rest des Films eine Meisterleistung wäre, würden diese Szenen den Film schon in nach ganz unten ziehen
 
Mitglied seit
26.06.2004
Beiträge
1.216
Reaktionen
0
War heute in der 20 Uhr-Vorstellung des Films und mein Eindruck ist durchwachsen. Unterhaltsam war er auf jeden Fall, ich habe mich trotz der stolzen 150 Minuten nicht gelangweilt. Es gibt viele Szenen in denen die Atmosphäre sehr dicht ist und die den Zuschauer mitnehmen (einige "Zusammenschnitte" der Ereignisse, die Dutschke-Rede), andere Szenen funktionieren wiederum nicht und das Revoluzzer-Pathos wirkt fade.
Allerdings macht das noch keinen guten Film. Intellektuell kann ich den Film nicht unterstützen, er inszeniert relevante und mit Fragen beladene jüngste Geschichte als - Spielfilm eben. Am Anfang des Filmes werden grob einige der wichtigsten Gründe für die Proteste genannt (die Unis, Vietnam, ein internationales Bewusstsein, Dutschkes und Ohnesorgs Tod, der Schah, "westlicher Imperialismus"), allerdings bleibt die restliche Entwicklung rein auf Fakten basierend. Der Film stellt keine Fragen. Er erzählt genug um die historische Situation knapp anzureißen und dann ist ihm alles tiefsinnige egal geworden: Es geht nicht mehr um Gründe, um Konzepte, um Wandel - es geht nur noch um die Inszenierung von Posen und Überfällen. Die Charaktere werden nicht mehr erläutert, die Duelle zwischen Ensslin und Meinhof werden angedeutet, Baader wird als aggressiver Führer angedeutet, aber das bleibt alles im Dunkeln, ich glaube, Raspe wurde nicht einmal beim Namen genannt. Der Film schert sich nicht um seine Charaktere, weil ihn das zwingen würde über die Oberfläche hinauszugehen. So passiert es auch in der zweiten Hälfte des Films, nach Meinhofs Tod, dass die zweite Generation völlig erklärungslos in den Film tritt. Mohnhaupt und - ich weiß seinen Namen gar nicht, dieser Charlie-Typ – übernehmen das Ruder in dem noch nicht fest genommenen Teil der RAF und man weiß eigentlich gar nichts von ihnen. Wo kommen sie her? Was wollen sie bezwecken, liegt es ihnen nur an der Gefängnisbefreiung, wie sind ihre staatstheoretischen Konzepte... – das ist alles irrelevant. Der Film bewegt Pappfiguren von einer coolen Szene zur nächsten, dass ist für mich bei einem so heißen Thema nicht legitim (siehe meine Posts weiter oben). Man kann so viele Ereignisse nicht aufreihen (das Trainingslager, die Banküberfälle, die Bomben, das Olympia-Attentat, die Landshut etc. etc.) und das ganze nur durch eine actionreiche und spannende Inszenierung zusammenhalten – zumindest nicht, wenn es auf unserer Geschichte basiert.

Dennoch kann ich den Film nicht ganz verurteilen, es kommt gänzlich auf die Erwartungen an: Nimmt man das Thema und damit den Film ernst, ist er nicht zu gebrauchen. Am besten wäre es beinah gewesen, wenn es die RAF in der Form nie gegeben hätte, denn als fiktiver Film wäre er sehr gut gewesen, weil er von der Verantwortung vor der ungelösten Geschichte frei gesprochen worden wäre. Aber so hinterlässt der Film einen bitteren Geschmack: Er leugnet jede tieferliegende Problematik in den Vorgängen, er schwächt das Problembewusstsein, und die deutsche Geschichte, die uns viel bedeuten sollte, wird zu einer Geschichte der Ballerei.

Wer nicht mehr als Unterhaltung will und am besten keine Ahnung von der tatsächlichen Geschichte hat und wer sich nicht einmal dafür interessiert, wird 150 Minuten gut unterhalten werden und sich ein paar mal wundern, wer das jetzt überhaupt ist und warum das nun so und so gemacht wird. Wer aber wahrhaft an der Geschichte interessiert ist und wer von den Morden der RAF nicht gut unterhalten werden will, für den ist der Film nichts. Ich bereue den Kinogang nicht (war eh umsonst :D), er war zwar emotional befriedigend, aber über die intellektuellen Versäumnisse bzw. bewusst gesetzte Leerstellen des Filmes kann ich nicht ganz hinwegsehen.

PS: Moritz Bleibtreu gefiel mir als Baader nicht durchgehend, er hat die meiste Zeit solide gespielt, allerdings hat er nicht die Wucht aus Baader herausgeholt, die man hätte realisieren können. Ein junger Bruno Ganz hätte einen krassen, etwas hitlerhaften Baader spielen können. (:D)

Edit: Noch zu bemerken ist die unheimliche Geschwindigkeit des Films. Szenen wie die Geiselnahme in der schwedischen Botschaft werden derartig abgekürzt, dass sie geradezu verfremdet erscheinen. Keiner der Terroristen wurde vorher vorgestellt, sie gehen rein, knallen wen ab, plötzlich explodiert die Botschaft, Baader sagt sowas wie: "Solche Nubs" und das war's, kein vorher, kein nachher. Horst Mahler tritt in der ersten Hälfte ein paar Mal auf, ist dann aber auch weg vom Fenster; Ulrike Meinhofs Kinder werden nicht mehr erwähnt, Peter Jürgen Boock kommt nicht mehr vor. Alles was man irgendwie mit RAF assoziiert wird in einen Topf geworfen und ordentlich gemischt, eine stringente Handlung kommt dabei nicht raus und ein Drehbuch dem jede kreishafte Bewegung fehlt.
 

shaoling

Guest
So, Film auch gleich heute gesehen. Eine Übereinstimmung kann ich schon mal herausstellen: Der Film hat auch bei mir einen gemischten Eindruck hinterlassen. Es gab lange keinen Film mehr, bei dem es mir so schwer viel, mich zu einer prägnanten Beurteilung durchzuringen.
Für sämtliche Prädikate von geglückt bis misslungen ließen sich schlüssige Rechtfertigungen finden. Vieles der durchaus harten Kritik ist schlicht nicht von der Hand zu weisen, ebenso wenig wie die Stärken des Films. Ich werde mal versuchen, beidem angemessenen
Raum zu geben.


Zunächst mal ist eins festzustellen: Ja, dem Film fehlt es an Tiefgang. Der Film ist sogar ziemlich oberflächlich und auch noch unkreativ. Er wirkt sehr materialistisch, sehr auf Ereignisse, auf Fakten bedacht. Geistiges gibt es wenig zu bestaunen: kaum Ideen, Gedanken, Motive, Intentionen, Hintergründe, Konflikte. Kurzum: Vieles von dem, was ein gehaltvolles Drama auszeichnet, lässt der Film vermissen. Macht ihn das schon gehaltlos? Mal sehen.
Der Film, der den Stoff aus zehn Jahren bewegter Geschichte auf zweieinhalb Stunden Kino verdichtet, wirkt quasi zwangsweise gehetzt: Es kommt einem so vor, als wollten die Macher möglichst viele Ereignisse aus dieser Zeit auf die Leinwand bringen. Dadurch wirkt der Film größtenteils wie ein durchgezogener Sprint, ein Trip, der einen kaum zu Atem kommen lässt. Ruhigere Momente der Besinnung, die zum kurzen Innehalten und Reflektieren einladen, sind sehr rar. Ausschnitte und Szenen fliegen nur so am Betrachter vorüber, Personen betreten abrupt die Bildfläche und verschwinden ebenso abrupt wieder. Man sollte schon sehr aufmerksam sein, um überhaupt mitzukommen und für vollen Durchblick ist einiges an Vorwissen absolute Voraussetzung.
So beladen bleibt natürlich auch (zu) wenig Zeit für eine ansprechende Charakterisierung der Hauptfiguren. Lediglich Ulrike Meinhof wird eine gewisse Entwicklung vergönnt, ihre Spießgesellen Baader und Ensslin sind völlig statische Figuren ohne Anfang und Ende: Sie tauchen auf, sind, wie sie eben sind, und bleiben es weitgehend bis zu ihrem Tod. Ähnliches trifft auf Mohnhaupt und alle weiteren noch viel stärker zu - von vielen erfährt man nicht einmal die Namen: Sie bleiben unplastische Nebenrollen einer Geschichte wie kleine Zahnräder eines riesigen Uhrwerks.
Es ist eindeutig in erster Linie ein Film über Taten und Ereignisse, nicht über die Menschen, die sie verüben oder daran teilhaben.
Im großen und prominenten Schauspielerensemble, das die Darstellung der enorm zahlreichen Nebencharaktere übernimmt, gibt sich das Who is Who des deutschen Films die Klinke in die Hand, was zwar für durchweg gute Darstellerleistungen sorgt, jedoch ein großes Problem mit sich bringt: Quasi an jeder Ecke, noch in jedem Miniauftritt lauert ein bekanntes Gesicht. Man sieht nicht Studenten, Ermittler, Terroristen, sondern die Lara, den Ferch, die Herzsprung oder den Erceg. Die Person der Schauspieler dominiert häufig die Figur, was ich in diesem Ausmaß einfach nur als störend und ablenkend empfand.
Während man Bruno Ganz als klugen, ja fast weisen, über den Dingen stehenden Chef der BKA-Ermittler noch problemlos akzeptiert, wirkt sich der Bekanntheitseffekt vor allem bei Moritz Bleibtreu als Andreas Baader sehr zwiespältig aus. Er spielt den Baader mit den Qualitäten, die ihn auszeichnen, schnörkellos, locker, mit einem gewissen Charme, eloquent - vielleicht etwas zu eloquent. Dennoch schafft er es letztenendes doch nicht ganz in die Rolle hinein. Letztlich sieht man doch immer einen gut aufgelegten Moritz Bleibtreu, keinen ganzen Andreas Baader.
Man kann auch hier wie an so vielen Stellen von zwei Seiten argumentieren, weil Bleibtreus Auftritt für erheblichen Unterhaltungswert sorgt, ohne zu sehr von den Tatsachen abzuweichen - darauf verlasse ich mich einfach bei einem Berater wie Stefan Aust. Zwar werden auch die dunklen Seiten der Figur eindeutig herausgearbeitet, dennoch hätte es vielleicht auf Kosten des Unterhaltungswerts eine kleine Nuance weniger Coolness sein dürfen.

Die vielleicht größte Schwäche, die man dem Film vorwerfen muss, ist eine sehr subtanzielle: Er weiß nicht so recht, was für eine Geschichte er erzählt. Es fehlt häufig der Punkt, das, worauf man eigentlich hinaus will. Es wird zwischen all den Ereignissen, Menschen und Aktionen keine stringente Handlung erzeugt, was häufig ein Gefühl der Wahllosigkeit bei der Auswahl von Szenen erzeugt: Warum sieht man diesen Banküberfall, diese Festnahme? Die Schemen wiederholen sich ab der Mitte des Films auch ein wenig, so dass man mit dem ein oder anderen Schnitt einiges an Platz für mehr Tiefe hätte schaffen können. Da fehlt mir teils entschieden der Mut zur Lücke.

Doch irgendwo stößt man auch an die Grenzen der Kritikwürdigkeit. Hätte ich einen Film über die RAF so gemacht? Nein, ganz sicher nicht. Ich hätte ihn völlig anders konzipiert und umgesetzt. Aber zehn Menschen haben dazu sicherlich zwölf Meinungen.
Es lassen sich zu diesem Thema hundert Filme machen, die alle irgendwie ihre Daseinsberechtigung haben können.
Und dieser Film hat eine Daseinsberechtigung.
Er hat sich für einen sehr bodenständigen Weg entschieden, die Geschehnisse aufzubereiten, bemüht sich um Realismus, Authentizität und eine Art neutralen Standpunkt - und der schwierige Spagat zwischen den divergierenden Standpunkten, Interessen und Deutungsmöglichkeiten gelingt außerordentlich gut. Ich war geradezu verblüfft, wie gut er gelingt.
Und das ist sicherlich eines der Verdienste einer Darstellung, die sehr auf Taten und Ereignisse, weniger auf Spekulationen und Interpretationen abzielt: Die Tatsachen sprechen für sich.
Natürlich, frei von Interpretation ist der Film nicht, das ist kein Film je gewesen. Aber er versucht sich auf das zu beschränken, was man mit großer Sicherheit weiß. Das mag dem ein oder anderen unoriginell und langweilig entscheiden, aber mal ehrlich: War der Film langweilig?
Ich fand ihn höchst unterhaltsam, mehr noch: Ich fand ihn interessant. Das lag zum einen an der meisterhaften Inszenierung - da stimmt technisch einfach alles - und der permanent dichten und vereinnehmenden Atmosphäre. Zum anderen aber natürlich am Thema und gerade das ist ja eines der Verdienste des Films: Er behandelt ein überaus interessantes und brisantes Thema.
Arbeitet er es auf? Eigentlich nicht, nein. Wie eingangs erwähnt: Es fehlt ihm ein Geist, eine Botschaft, eine klare Vorstellung von dem, was vermittelt werden soll. Doch abgesehen davon, dass es zu eigenen dramaturgischen Problemen führt: Ist das denn so nötig? Ist es intellektuell unbefriedigend?
Was würde den Intellekt denn befriedigen? Eine umfangreiche (und spekulative) Psychologisierung, tiefsinnige Schwadronaden über Für und Wider, Zweck und Mittel, Theorie und Praxis der Revolution, Staatstheorie, Rechtsphilosophie, Ethik?
Warum? Was bringt das? Ich will nicht in Abrede stellen, dass man so etwas sinnvoll und gewinnbringend tun kann, aber warum will man es erzwingen?
Sind denn die Menschen, die da am Werk waren, verkappte Intellektuelle, die einen idealistischen Kampf für Gerechtigkeit führten oder doch eher jugendliche Husaren, die auf sehr brutale und gewaltsame Art ihren Geltungsdrang verwirklichen wollten?
Gibt es überhaupt diesen tieferen Sinn, diese höhere Warte, die solche Menschen antrieb? Oder war es vielleicht doch alles ganz banale verbrecherische Selbstverwirklichung wie sie jeden kleinen Straßengangster leitet? Apropos, ist es ein Mißstand, dass Andreas Baader eher an einen machohaften Kleinganoven als einen kaltblütigen Terrorfürsten erinnert? Oder war er vielleicht genau das?
Ich sage nicht, dass man diese Dinge einfach so entscheiden kann, aber ich bin doch entschieden dagegen, dass man allem und jedem Thema immer und überall so eine geistige Substanz zuweisen muss, wo vielleicht gar keine ist.

Es ist wahr, dass der Film Ideenleitung und Hintergründe der Taten stark übergeht, aber das an sich ist noch keine Schwäche. Er lässt nämlich offen, ob dies aus Faulheit und Verpflichtung gegenüber dem Mainstream geschieht - der Film ist grandioses Popcornkino! - oder ob er einfach nicht spekulieren wollte.
Wahrscheinlich liegt die Wahrheit in der Mitte, ebenso wie der Wert des Films irgendwo in der Mitte zwischen Anspruch und deutschem Hollywoodkino liegt.
Und wenn ein Film bei allen filmerischen Mängeln, die zweifellos vorhanden sind, authentische Geschichtsdarstellung mit einer straffen Inszenierung und hohem Unterhaltungswert verbindet, dann hat er auch einiges richtig gemacht.


Ich habe mich jedenfalls gut amüsiert, einiges mitnehmen können und werde den Film womöglich noch ein zweites Mal anschauen.
Einer Punktwertung würd ich mich hier eigentlich gern enthalten, aber in meine Imdb-History wird der Film wohl mit 7/10 eingehen.
 

ddv

Tippspielmeister 2007
Mitglied seit
02.08.2002
Beiträge
4.083
Reaktionen
0
Da alle so wortreiche Kritiken schreiben will ich mich dem auch mal anschließen:

Ist der Film eine Doku über die RAF? Nein.
Ist der Film ein Spielfilm? Ja.
Unterhält mich der Spielfilm? Ja.

Kritik zuende.
 
Mitglied seit
04.10.2002
Beiträge
2.476
Reaktionen
0
Original geschrieben von David da Vinci
Da alle so wortreiche Kritiken schreiben will ich mich dem auch mal anschließen:

Ist der Film eine Doku über die RAF? Nein.
Ist der Film ein Spielfilm? Ja.
Unterhält mich der Spielfilm? Ja.

Kritik zuende.

Danke.

Du sprichst mir sowas von aus der Seele.

Eure Kritiken in Ehren. Sie sind sicherlich nicht falsch. Aber es ist ein FILM. Vielmehr noch eine Buchumsetzung. Er soll

1. Unterhalten
2. Die Geschichte u. Ereignisse der RAF gaubwürdig u. möglichst unverfälscht wiederspiegeln.

Das tut er. Kleine Details mal außen vor gelassen. Ich meinen, 150Minuten sind schon lang. Klar kann man da nicht jeden Charakter voll ausleuchten. Wenn ich mehr darüber wissen möchte, gucke ich Dokus, lese das Buch oder google mir einen.

Ich behaupte sogar, dass die große Masse der Kinobesucher gerade mal wissen, was die RAF war. Für die reicht die gebotene Stoff allemal. Er genügt um viel Information vermitteln, ohne aber als "Laie" komplett d. Faden u. somit den Spaß am Film zu verlieren.

Mich hat er jedenfalls sehr unterhalten (= Unterhalten im Sinne von gute Action, aber halt auch ein sehr bedrückendes, ernstes Thema.)
8/10
 
Mitglied seit
18.01.2005
Beiträge
5.381
Reaktionen
1
Original geschrieben von North


Danke.

Du sprichst mir sowas von aus der Seele.

Eure Kritiken in Ehren. Sie sind sicherlich nicht falsch. Aber es ist ein FILM. Vielmehr noch eine Buchumsetzung. Er soll

1. Unterhalten
2. Die Geschichte u. Ereignisse der RAF gaubwürdig u. möglichst unverfälscht wiederspiegeln.

Das tut er. Kleine Details mal außen vor gelassen. Ich meinen, 150Minuten sind schon lang. Klar kann man da nicht jeden Charakter voll ausleuchten. Wenn ich mehr darüber wissen möchte, gucke ich Dokus, lese das Buch oder google mir einen.

Ich behaupte sogar, dass die große Masse der Kinobesucher gerade mal wissen, was die RAF war. Für die reicht die gebotene Stoff allemal. Er genügt um viel Information vermitteln, ohne aber als "Laie" komplett d. Faden u. somit den Spaß am Film zu verlieren.

Mich hat er jedenfalls sehr unterhalten (= Unterhalten im Sinne von gute Action, aber halt auch ein sehr bedrückendes, ernstes Thema.)
8/10

nun ja, so einfach kann man es sicher aber leider nicht machen. es ist ein jüngeres historisches ereignis, sehr ideologie beladen und im grunde ist es auch nicht gut ausgegangen.

auch das buch von aust, auf welchem der film basiert, ist trotz seiner journalistischen schreibweise viel eher ein sachbuch, als ein roman oder der gleichen. es wurde hier auch nicht beabsichtigt zu unterhalten!

wenn man mit deinen kritieren an solche sachen geht, kann man auch die tagesschau als 15 minütige unterhaltungssendung verstehen.:8[:
 
Mitglied seit
04.08.2002
Beiträge
4.801
Reaktionen
0
War letzten Freitag drin und muss mich NBF anschließen. Der Film war viel zu oberflächlich und nur eine Aneinanderreihung der Ereignisse, die alle aufgrund der Filmlänge nur angerissen werden konnten. 10 Jahre Geschichte kann eben nicht in 2,5 Stunden erläutert werden.
 
Mitglied seit
11.03.2003
Beiträge
869
Reaktionen
0
Ich muss sagen, mir hat der Film als Buchverfilmung sehr gut gefallen. Es wurden alle wichtigen Punkte des Buches abgehandelt und nicht von den Tatsachen abgewichen (wäre natürlich auch sehr lol gewesen).

Für jemanden der sich mit dem Thema allerdings gar nicht oder nur unzurreichend beschäftigt hat, für den ist er meiner Meinung nach nicht geeignet.
Die Gangart des Films in diesem Fall viel zu schnell, und es werden zu viele Ereignisse und Personen nicht erwähnt (Raspes "nichtstattfinden" hat mich zB auch gestört).
Außerdem haben manche Szenen ohne das nötige Hintergrundwissen einen ziemlich suggestiven Beigeschmack (zB die Demonstration gegen den Schah), was zum einen an der Kompression der Ereignisse auf 2.5 Stunden liegt, zum anderen am Medium (Spiel-)Film, welches nicht die Neutralität eines Buches vermitteln kann.

Mit etwas Hintergrundwissen ist der Film aber eine Berreicherung für jeden Interessierten. Aber vermutlich wird es so wie immer laufen: In 50 Jahren kennt man nur noch Baader und Meinhof, die beide im Alleingang beinahe die Bundesrepublik in die sozialistische Revolution geführt hätten. Man wird dann T-Shirts mit dem Konterfei der beiden tragen, so wie man heutzutage Ché trägt . :8[:




PS.: Mit der Mohnhaupt-Schauspielerin würde ich auch Anschläge verüben :elefant:
 

shaoling

Guest
Original geschrieben von -psy-
Außerdem haben manche Szenen ohne das nötige Hintergrundwissen einen ziemlich suggestiven Beigeschmack (zB die Demonstration gegen den Schah), [...]
Was wird denn da in deinen Augen "suggeriert"?
 
Mitglied seit
11.03.2003
Beiträge
869
Reaktionen
0
Nun ja, zusammen mit der Musikunterlegung wurde da schon ein extrem düsteres und beängstigendes Bild gezeichnet. Klar war das damals eine Riesensauerei, aber der Film übertreibt hier etwas, glaube ich.
 

Teegetraenk

Tippspielmeister WM 2006
Mitglied seit
26.11.2003
Beiträge
13.226
Reaktionen
1
Der Film übertreibt in dem Punkt sicher nicht.
 
Mitglied seit
11.03.2003
Beiträge
869
Reaktionen
0
Aha, und das Urteil kannst du dir bilden ohne den Film gesehen zu haben?

@sHaO: Die ganze Szene wirkt einfach überzeichnet und einseitig auf mich. Die "Motivation" der Polizei loszuknüppeln kommt einfach nicht rüber, es wirkt als täten sie es aus reiner Lust am Schlagen.
Ich will hier auch gar nichts runterspielen, ich bin selber beim Lesen dieser Abschnitte ziemlich fassungslos gewesen, aber der Film wirkt in dieser Szene zu einseitig.
 

Teegetraenk

Tippspielmeister WM 2006
Mitglied seit
26.11.2003
Beiträge
13.226
Reaktionen
1
Ich hab den Film mittlerweile gesehen.

Du scheinst die Situation nicht ganz zu begreifen. Die Polizei hatte tatsächlich keine Motiv auf die Studenten einzuprügeln. Tatsächlich hätte sie die Jubelperser festsetzen müssen. Weder Staat noch Staatsorgane damals sind mit den heutigen Zuständen auch nur ansatzweise vergleichbar und selbst heute gibts da noch viele Missstände.
Tatsächlich wird die Szene der Realität nicht annähernd nahegekommen sein.
 
Oben