Ein wie ich finde sehr interessantes Thema, das mich auch selbst viel beschäftigt - und wohl auch viele anderen, nicht zuletzt die Philosophie.
Spass gegen Wissen, kurzfristige Freude gegen lang anhaltende Bildung, Emotio gegen Ratio, was sollte überwiegen, worauf kommt es an? Oder vielleicht besser: Sollte überhaupt etwas überwiegen?
Ich vertrete hier inzwischen eine sehr moderate Meinung und möchte mich weder in das eine noch das andere Extrem wagen.
Es gab bei mir eine lange Zeit, in der ich eindeutig in Xargonis' Richtung argumentiert hätte. Ich war der Meinung, dass man durch eine gute Allgemeinbildung etc. profilieren sollte und sich auch dementsprechend verhalten sollte, sich also "bilden" sollte. Bücher und Zeitungen lesen. Die Schule als Lehrinstitut akzeptieren und schätzen. Einen disziplinierten, zielgerichteten Tagesablauf verfolgen.
Um es gleich vorweg zu sagen: Daran glaube ich immer noch. Wir sind vernunftbegabte Wesen und sollten uns auch dementsprechend verhalten.
Doch es wäre falsch, den Menschen auf seinen Kopf zu beschränken.
Wenn man an diesem gerade beschriebenen Kurs radikal festhält, wird man sehr schnell merken, dass einem etwas fehlt. Es wird immer schwieriger werden, die selbst auferlegte Disziplin aufrecht zu halten, irgendwann wird es unmöglich werden und es passiert ein "Ausrutscher". Man bleibt am Abend ewig auf, anstatt sich für die Schule vorzubereiten, bleibt dann am nächsten Tag eben gleich zu Hause, zockt/schaut fern, ist faul - kurz, lässt sich, ohne es anfangs wirklich zu merken, so richtig gehen. Innerlich kämpft man die ganze Zeit dagegen an - man will sich doch Disziplin beweisen -, und ist dann am Ende dieses Tages so richtig schlecht drauf.
Was ist falsch gelaufen? Muss man sich in Zukunft einfach noch besser zusammenreißen und derartiges tunlichst verhindern?
Nein, definitiv nicht, dann der Bauch gehört genauso zum Menschen wie der Kopf.
Ganz im Gegenteil: Man muss sich immer wieder "Disziplinlosigkeit" gönnen, um danach die Disziplin wieder schätzen zu können - und anders herum.
Ich denke, wir befinden uns alle zwischen diesen beiden Extremen von Ratio und Emotio. Welches Extrem einem mehr zusagt, welches Prinzip man sich zum Ideal setzt, wird jeder für sich selbst entscheiden müssen - aber man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass es eben - in Reinform unerreichbare - "Ideale" sind.
"A standard maxim [...], which could be constantly looked to, constantly labored for, and even though never perfectly attained, constantly approximated."
- Abraham Lincoln
Dieses Zitat verwende ich hier zwar im falschen Kontext, aber ich finde es passt sehr gut. Das Leben besteht nunmal aus nichts als Kompromissen.
Es gibt kein Schwarz und kein Weiß, nur helles und dunkles Grau.
Ich kann diesen Standpunkt immer wieder für mich persönlich bestätigen - auch z.B. bei StarCraft/im Internet. Es bereitet mir große Freude, wenn ich sehe, dass meine Kampagne nach zwei Jahren immer noch von rund 40 Leuten pro Monat gezogen wird. Ich freue mich wenn ich von mir erstellte Websites besuche.
Aber ich freue mich ebenso wenn ich nach einem anstrengenden (Schul-) Tag bei ein paar Stunden Broodwar entspannen kann oder am Wochenende Spass auf einer Party habe.
Zweimal Freude, einmal ausgelöst durch Wissen, das andere Mal durch Spass. Und ich will keines von beiden missen.
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