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die ganzen verantwortungsbewussten konsumenten wie sie z.b. hier in der regel zu finden sind zu verteufeln ist einfach absurd.
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Mal deinen Post hervorgehoben, da wir anscheinend in vielen Bereichen ziemlich ähnlich denken - der Satz bereit mir größere Probleme. Interessant für mich ist deine Perspektive, du gehörst anscheinend zu den Leuten, die sich als Konsument bezeichnen, während ich wohl eher für den langweiligeren Teil stehe. Bitte im Kontext deiner Sätze darüber - von wegen Schwangeren und besoffenen Fahrern - sehen.
Ich habe persönlich aufgrund mehrer Faktoren ziemlich lange gebraucht, um Drogen im allgemeinen halbwegs tolerieren zu können. Jeder "Konsument" (egal wer das nimmt) war für mich ziemlich lange geistig der absolute Abschaum der Menschheit und führte zu teils extremen Spannungen mit meinen besten Jugendfreunden.
Der Grund war relativ simpel: Mein Vater war in einem ähnlichen Beruf wie du tätig, allerdings in einem sogenannten Übergangsheim, das wohl Drogenkranken und andere Leute den Übergang zwischen Geschlossener und normalen Leben erleichtern sollte. Dort ist ein Typ da wieder rückfällig geworden / wurde zu früh entlassen / hatte einen psychotischen Schub, den er sich - Engelstrompete sei dank - selbst zugesetzt hat. Das Ende vom Lied war ein durchgedrehter 2-Meterschrank, ein Betreuer mit Messerstich, einer mit gebrochener Nase und mein Vater mit
erheblichen neuroligischen Schäden (Epillepsie, temporären Lähmungen), die durch Würgen entstanden sind. Lässt sich leicht sagen, dass "so was halt passiert", bis es dir selbst passiert, die Folgen spüren wir in der Familie heute noch mehr als deutlich. Hier noch irgendeine Empathie für experimentierfreudige Leute, egal wie aufgeklärt, zu empfinden ist wirklich hart. Ich verstehe es daher auch, dass meine Eltern mir Drogenverteufelung deluxe eingepflanzt haben, der Vorfall prägt einfach. Mittlerweile sind sie da auch liberaler geworden, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Da der Vorfall passiert ist als ich ca. 8 Jahre alt war, habe ich den ganzen Vorfall erst über Jahre hinweg völlig verstanden. Entsprechend "entsetzt" war ich, als die ersten Freunde mit ~14-16 Gras geraucht haben und verstand so gar nicht, was an so etwas der Reiz sein kann. Insbesondere, da es zwei der Drogenbrüder direkt geschafft haben 3-4 Jahre lang fast dauerbekifft zu sein. Endete in mehrfach abgebrochenen Ausbildungen (nicht durch eigenen Wunsch), keinem Führerschein, dann Führerscheinverlust usw. Bis heute kriegen beide nix auf die Reihe und denken sich nix bekifft durch die Gegend zu fahren.
Dauerte bei mir bis zum/nach dem Abitur, bis ich tatsächlich halbwegs normale Leute fand, die Drogen "verantwortungsbewusst" konsumierten und ich mir auch selbst irgendwie bewusst geworden bin, dass das übliche Partysaufen nichts großartig anderes ist. Prävention gab's auf dem breiten Land nur von wirklich bescheuerten Polizisten, die gar nix auf die Reihe brachten.
Um die Geschichte bischen abzukürzen: Stehe einer Legalisierungsdebatte immer mit schlechtem Bauchgefühl gegenüber. Die rein rationellen Argumente ziehen imo, es ist mir klar, dass die Unterscheidung legal und illegal immer schwammig ist, gerade da sich die Effekte der Drogen nicht immer klären lassen, es medizinisch wertvolle Einsatzbereiche gibt und so weiter und so fort.
Was mich beim Alkohol halbwegs beruhigt ist, dass die meisten mit dem ersten Hangover schnell kapieren, dass es eine Rechnung gibt und es nicht ohne weiteres so einfach ist abzurutschen. Natürlich nur ein Scheinargument, aber persönlich beruhigt mich das immer wieder und ist wohl auch der Hauptgrund warum der Alkoholkonsum über die Jahre immer weniger wurde.
Beunruhigend ist eher dieser Angebereffekt, dem ich leider auch häufig unterliege - Rauscherfahrungen sind oft zu positiv und man vergisst das ganze negative außenrum sehr schnell. Würde mir hier auch imo mehr Ehrlichkeit wünschen, so viele "verantwortungsbewusste" Konsumenten kenne ich tatsächlich nicht, noch würde ich es mir anmaßen jemanden hier nur aufgrund eines halbwegs intelligent formulierten Posts als verantwortungsvoll zu bezeichnen; tatsächlich lese ich aus vielen "informierten" Posts eher eine Rechtfertigung / Verteidigung des eigenen Verhaltens raus (nicht falsch verstehen, das ist keine Anklage). Durch Kombination mit RL-Kennenlernen mancher User ergibt sich dann eher ein Bild, das den Eindruck erheblich entkräftet.
Imo sollte jemand, der wirklich verantwortungsvoll ist, weniger über die Schiene "aber andere Drogen wie Alkohol/Nikotin" argumentieren, sondern tatsächlich vollständig erklären können, wie schwer die Folgen sein könnten und auch ehrlich mit sich selbst sein - so ganz 100% kontrollierbar ist es meist nicht. Daher wäre ich auch etwas vorsichtig irgendwen als Langweiler abzustempeln, weil er die Nebenwirkungen befürchtet. Es ist imo völlig legitim nach dem Satz "kann Psychosen auslösen" zum Schluss zu kommen, dass man nicht alles legalisieren / ausprobieren sollte.
Nochmals: keine Anklage unterstellt.