Tja, wo anfangen?
Vielleicht damit, dass die Mehrheit der Männer ein Problem mit zu(?) schnellem Kommen beim Sex hat. Wenn man sich halbwegs vertrauenerweckende Studien dazu durchliest, liegt der Großteil der Sex-erfahrenen Männer (und auch der Durchschnitt) irgendwo zwischen 2 und 5 Minuten Penetration. Das ist also das Ziel.
Zwischeneinschub: Alles Gesagte gilt genauso für Mann-Mann-Sex und in vielerlei Hinsicht auch für Frau-Frau-Sex oder Sonstiges, mir war das nur zu aufwändig das sprachlich überall anzupassen.
Aus Sicht der Psychologie (ja, ich bin Psychologe, allerdings kein Therapeut) kann ich dir erstmal Mut nehmen und dir dann wieder welchen geben: Seit Jahrzehnten rätselt die Forschung, warum viele Männer einen vorzeitigen Samenerguss haben und was man dagegen tun kann. Und seit Jahrzehnten sind die Ergebnisse bescheiden. Die meisten medikamentösen und psychotherapeutischen Ansätze wirken insgesamt relativ schwach und nicht für alle. Und je heftiger die Ausgangslage, desto schwieriger die Behandlung. Fast alle erfolgversprechenden therapeutischen Behandlungen verlangen beiden Partnern echt viel ab und können der Frau den Rest geben: Start-/Stopp, viel (teils sexuelle, teils nicht sexuelle) Zärtlichkeit strikt ohne Penetration um die Konditionierung Zärtlichkeit --> Samenerguss zu löschen, etc.
Was sind die aktuellen Annahmen über die Ursachen?
Es gibt da immer noch längst keine Einigung. Klar ist nur: Psyche und Physis lassen sich nicht komplett trennen. Soweit ich informiert bin, gehen zurzeit aber die meisten von einer Kombination aus ziemlich simpler Konditionierung (psychisch) und einer (noch längst nicht erschöpfend verstandener) "Fehlschaltung" von Nerven im besten Stück und der Serotonin-Verarbeitung aus. Nebenher sagen auch noch viele: Schneller Samenerguss ist keine Störung, sondern evolutionär erwünscht: Auch ganz kurzer Verkehr reicht zum Nachwuchs-Zeugen (schau dich nur mal in der Tierwelt um).
Der psychische Part ist -- Achtung, natürlich versimplifiziere ich -- schnell erklärt, es ist ein simpler Teufelskreis (bzw. zwei): Je stärker die Angst, schnell zu kommen (den Partner nicht so befriedigen zu können wie man das will), desto schneller kommt man. Nur wenn es dem Partner egal wäre, wie schnell man kommt, hätte man da gute Chancen, rauszukommen. Die Realität sieht anders aus: Der (loyale, liebende, feste) Partner will den Betroffenen nicht verletzen und sagt in der Regel erstmal nichts Negatives dazu, sondern Ermutigendes: "Hey, beim nächsten Mal wird's bestimmt besser!" Beim nächsten Mal wird's aber nicht besser, und so lässt die Lust des Partners immer weiter nach. Der Partner leidet selbst drunter, ist noch dazu hilflos. Der Betroffene merkt das und gerät unter noch mehr Druck. Andere Arten von sexuellem Kontakt kriegen unweigerlich den Anstrich "das machen wir nur, weil 'richtiger' Sex nicht geht" und werden dadurch extrem unsexy. Undsoweiter.
So weit, so düster die Ausgangslage. Was also kann man tun?
Zu den Pillen:
- Dein Urologe hat dir wahrscheinlich hochdosierte (60mg) Dapoxetin ("P - r . i - l . i - g . y") verschrieben. Es wirkt ab ca. 45-60 Minuten nach Einnahme, die Wirkung hält ca. 3-4 Stunden an. Und es ist der medikamentöse Hoffnungsträger. Laut placebo-kontrollierten Studien (die die entwickelnde Pharmafirma in Auftrag gegeben hat und die von den Behörden für objektiv befunden wurden) verlängert es die Zeit bis zum Orgasmus um ein Vielfaches; zwar umso mehr, je länger man auch vorher schon konnte, aber es gibt an dem Zeug zwei besonders hoffnungsvolle Dinge: Erstens scheint es die Ausdauer auch von schwer Betroffenen auf einen bestimmten Sockel anzuheben (d.h. egal ob Leute vorher schon 20 Sekunden lang konnten oder direkt beim/vor dem Eindringen gekommen sind, mit Dapoxetin konnten sie fast alle mindestens eine bestimmte Zeit X (wo die Zeit genau lag weiß ich nicht aus dem Kopf, ich meine, es war ungefähr 1 Minute). Zweitens ging die Zufriedenheit mit dem Sex bei beiden Partnern drastisch nach oben, auch wenn die Zeit, die der Betroffene mit Medikament konnte, gar nicht so lang war. ... Ich kenne niemanden in meinem Freundeskreis, der Dapoxetin schon ausprobiert hat und, wie du schon sagst, >10 Euro pro Verkehr sind viel Geld (die halbe Dosis reicht auf Dauer oft). Von der gesetzlichen Krankenkasse kriegt man das auch nicht bezahlt.
- Ähnlich sieht's finanziell mit den bekannteren Pillen aus, die z.B. mit V oder C anfangen (und deren Namen ich hier nicht in den Mund nehme, um das LSZ bei Google nicht mit zwielichtigen Verkaufswebsites in Verbindung zu bringen). Zweck hier: Mach das Glied hart und lass ihn hart bleiben, auch nach dem Orgasmus. Was soll das bringen? --> Dass du weitermachen willst und kannst. Dann kann es der Frau nämlich wirklich ziemlich egal sein ob du schon gekommen bist. Weil sie's dann trotzdem noch besorgt kriegt, und zwar nicht nur aus "Pflichtgefühl", sondern weil du es immer noch willst. ... Auch hier kenne ich niemanden persönlich, der das ausprobiert hat.
Ganz ohne Medis muss man sich seinem Schicksal aber auch nicht ergeben!
- Ja, es gibt Frauen (in großer Zahl!), die selber total schnell kommen, die auch so "naturgeil" sind wie viele Männer.
- Sex-erfahrenere Frauen sind meistens ebenfalls bessere Sexpartner für Betroffene: Sie haben sich längst von der Wunschvorstellung verabschiedet, dass sie immer per Penetration in den Orgasmushimmel gevögelt werden -- die Mehrheit aller Frauen gibt an, dass sie beim reinen Penetrieren selten bis nie zum Orgasmus kommt --, weiß sich aber durchaus zu helfen, indem sie dem Mann z.B. ziemlich direktiv sagt, was er sonst so mit Penis, Händen, Zunge machen soll (oder den Mann das eigenständig machen lässt).
- Sex ohne Liebe hilft vielen. Wessen Sex-Selbstbewusstsein am Boden ist, hat meistens keine ONS, weil "er sich ja eh nur blamiert". Aus den Erklärungen oben ist aber hoffentlich deutlich geworden, warum die Situation in richtigen Beziehungen oft richtig eskaliert ("Wir können unsere Beziehung doch nicht vom Sex kaputtmachen lassen!" ist bestimmt ein Satz, der den meisten Betroffenen bekannt vorkommt). Am besten ist imo eine Sex-Freundschaft: Eine Konstellation, bei der von Anfang an klar ist, dass keiner von beiden eine Beziehung will, sondern beide gerne Nähe und Sex haben. In Städten findet Mann auch Frauen für sowas, Singlebörsen helfen im Zweifelsfall.
- Unabhängig von speziellen Konstellationen - mit Gummi vögeln. Das hat zwei Vorteile: Erstens nimmt das Gummi selbst schon ein bisschen Empfindlichkeit (und z.B. Durex hat Gummis, die zusätzlich etwas betäuben - natürlich nur innen). Zweitens - und viel wichtiger - kann man es der Frau verheimlichen, wenn man kommt. Und einfach weitermachen. Die Frau merkt nicht, wenn du kommst. Sie merkt es auch nicht, wenn der Schwanz nicht mehr hart ist und sie merkt drittens nicht, ob der Penis 1-2cm länger oder kürzer ist. So gewinnt man locker ne halbe oder ganze Minute und mehr. Das ist eine halbe Ewigkeit. Die Strategie kommt nicht nur der Frau zugute, sondern auch - und hier kommen wir zurück zur Psyche/Konditionierung - dem Mann: Dein Hirn lernt, dass es noch einen anderen Zustand in einer Frau gibt als "Samenerguss und fertig". Du bist eingedrungen, vögelst vor dich hin und hast dabei mittlere Lust. Dir macht es Spaß, der Frau macht es Spaß. Optimal. Der Druck wird weniger, nach und nach kannst du länger. ... Es versteht sich von selbst, dass man der Frau nichts von dem Trick erzählt.
Noch ein allgemeiner Mutmacher zum Schluss: Alle Männer, die ich kenne, können mit zunehmendem Alter länger. Ob es rein an den Hormonen liegt oder zusätzlich an Lebenserfahrung / Sexerfahrung / geringerem Stellenwert des Sex / xyz kann ich nicht sagen, ist aber auch egal.
Nach dem allgemeinen Part jetzt nochmal speziell zu dir, DirndlE:
Verdammt nochmal, krieg deinen Arsch hoch! Nein, das Problem lässt sich nicht von heute auf morgen lösen. Aber es lässt sich von heute auf morgen angehen. Du hast keine Zeit dich darum zu kümmern? Dann nimm sie dir!!
Falls du nicht weißt, wie du das machen sollst... Mach dir eine Liste mit Dingen, die du am Tag tust: Was kostet wie viel Zeit? Wie lange dauert das Aufstehen, Duschen & Fertigmachen, frühstücken, arbeiten, Mittagspause, Abendessen, Surfen im Netz, Emails-Schreiben, Zocken, Rausgehen mit Freunden, Sportmachen, usw.? Was würdest du gern zusätzlich machen? Was davon ist wie wichtig? Ist PC-Training wichtiger als im LSZ zu posten? Dann streich das LSZ und mach stattdessen PC-Training. Kannst du irgendwo kürzen? Brauchst du zwischen Weckerklingeln und Aufstehen ne halbe Stunde? Dann steh direkt auf und nutz die gewonnene Zeit. Halte dir beim Weckerklingeln vor Augen: Wenn ich liegenbleibe, dann ist die Zeit schon wieder dahin, wenn ich aber aufstehe und nützliches Ding X mache, dann wird das im Endeffekt folgende positiven Folgen haben. ... Das sind natürlich nur Beispiele, die das Prinzip verdeutlichen sollen.
Stecke dir hohe Ziele. Keine unerreichbaren und lass dich nicht entmutigen, wenn du sie nicht alle erreichst. Aber hoch genug müssen Ziele sein. (Ich habe das Gefühl, deine können noch höher sein als aktuell.) Danach konkretisiere die Ziele: Welche einzelnen Schritte, einzelnen Handlungen musst du dafür tun? Arbeite sie Schritt für Schritt ab. Wenn du bei der Durchführung Motivationsprobleme kriegst, halte dir wieder das große Ziel vor Augen, für das du dich gerade quälst.
So, bevor ich mich endgültig in Rage schreibe, schließe ich mein Posting mal ab. Ich werd wahrscheinlich wenig Zeit haben um auf Rückfragen/Kommentare einzugehen, hoffe aber, nützlichen Input gegeben zu haben.