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Das Beispiel mit der Chirurgin war ungünstig von dir gewähltDas ist tatsächlich die richtige und entscheidende Frage. Und ich habe darauf keine Patentantwort, ich habe einfach sehr viel Glück gehabt. Wahrscheinlich würde ich eine Tätigkeit, die mir gar keine Freude macht fürs gleiche Gehalt nicht meiner jetzigen Tätigkeit für die Hälfte vorziehen.
@Utility
Das geht eben nicht in allen Jobs. Eine Herzchirurgin kann nicht nach 6 Stunden während einer Herz OP einfach nach Hause gehen. Ich kann eine komplexe Fusionsanmeldung nicht einfach auf beliebig viele Kollegen aufteilen, weil das unwirtschaftlich wäre - alle müssten 100% drin sein und entsprechend 100% Zeit aufwenden, würden am Ende aber nur 1/3 davon einbringen und entsprechend nur 1/3 in Rechnung stellen.
Chirurgen sind Handwerker und gerade da kann man die Arbeit hervorragend aufteilen. Bei erwartbar zeitlich umfangreichen Operationen (z.B. HNO, die regelmäßig acht Stunden oder länger dauern) lösen sich die OP-Teams ab. Aber ich verstehe deinen Punkt: Jobs, die einen hohen Grad an Einarbeitung in einen speziellen Fall benötigen, können nicht ohne weiteres auf mehrere Köpfe verteilt werden und begleiten einen auch nach Ende der offiziellen Arbeitszeit. Das ist auch der Grund, warum ich nach dem Biologiestudium Krankenpfleger geworden bin: ich gehöre zu den Leuten, die nach Dienstende abschalten wollen.
Um bei dem Beispiel mit den Medizinern zu bleiben: ein Chirurg hat eine Baustelle (z.B. eine Oberschenkelhalsfraktur), behebt das Problem mit einem routinemäßigen Eingriff und geht dann nach Hause/wendet sich dem nächsten Fall zu. Ein Internist muss sich bei einem Patienten erst mal in eine Krankengeschichte einarbeiten, um alle Zusammenhänge erfassen zu können - das kann nicht mal eben abgegeben werden.
Für mich ist diese Familienfixiertheit halt etwas unverständlich. Wie gesagt war mein Vater nie vor 19 Uhr zuhause und wir haben ein super Verhältnis. Als ob ihr es alle gefeiert hättet, wenn euer alter Herr ab 17 Uhr am Fliesentisch gehockt hätte und euch vom bw spielen abgehalten hätte Und wenn überhaupt geht es doch nur um die ersten paar Jahre. Spätestens nach der Einschulung werden die Gleichaltrigen zunehmen wichtiger und ab der Pubertät schämen sich eure Kinder für euch und sind um jede Minute froh, die ihr auf der Arbeit seid (nicht zu ernst nehmen plz)
Du betrachtest das Ganze aus der Perspektive des Kindes. Natürlich kann ein Kind sich großartig mit seinem Vater verstehen, auch wenn dieser nur eine Stunde am Abend mit der Familie zusammen ist. Oder nur einmal pro Woche, z.B. bei getrennt lebenden Eltern.
Mein Anspruch als Vater ist aber ein anderer: ich möchte an der Entwicklung und Erziehung meiner Kinder gleichberechtigt teilhaben. Das geht nicht als Alleinernährer der Familie, der um sieben aus dem Haus geht und erst zum Abendbrot wieder kommt. Ob meine Kinder das so toll finden, ist mir an dieser Stelle ziemlich egal - mein Ziel ist es, ein guter Vater zu sein, nicht ein guter Kumpel.
Das mit der Work-Life-Balance ist ja schön und gut, aber mich hatte mehr interessiert, ob ihr das Gefühl habt, selbst unflexibel (oder zumindest Teil einer unflexiblen Generation) zu sein.
Definitiv
Edit: wobei ich auch einer Generation angehöre, die sich das erlauben kann. In Zeiten, in denen viele Branchen mit massiven Nachwuchsproblemen zu kämpfen haben (insb. handwerkliche Betriebe) müssen die AGs einem den Puder in den Arsch blasen.
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