Target II Salden und Leistungsbilanz

Benrath

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Naja weniger Lohnbescheidenheit wäre eins. Auch wenn das nicht zwingend Politik ist.
Mehr Staatsinvestitionen ins Ausland :D Ein Gratis Urlaub für alle auf Staatsfinanzierung.
Die Deutsche Bundesbank hat doch jetzt fast ne Miarden Cash auf Täsch. Solle sie mal was kaufen davon so Norwegische Nationalfond Style.
 
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Never4: Was meinst Du mit "geldtheoretischer Kindergarten"? Hast Du da eine eigene Meinung, oder hast Du etwas gegen den Begriff Fiat-Money? Bist Du Geldtheorie gosu? Asking for a friend.

Meine Meinung beruht eher auf gesundem Menschenverstand, wenn Benrath das oft mit „haha, VWL1“ anders darstellen will.
Geld kann (nicht aktiv) beliebig vermehrt werden, auf Basis von Krediten und den _darauf hinterlegten Sicherheiten_.

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Dazu bitte Stuart Enghofer und Otto Steiger lesen.
 

Benrath

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Also ich empfehle dir eher den Kurs hier:
https://www.coursera.org/learn/mone...utm_source=linkshare&utm_campaign=eyzsD2QGsYg

Da gibts später mal ein interessantes Beispiel wie es abläuft, wenn du einen Kredit aufnimmst um z.B. ein Hause zu kaufen. Welche Bilanzbewegungen das beinhaltet und wo das Geld eigentlich herkommt.

Sonst können die anderen dich erneut versuchen zu überzeugen. Wenn das bisher nicht geschafft wurde dann halt nicht :deliver:

Ich weiß immer noch nicht was mir das Beispiel sagen soll. Die Geschäftbank leiht sich also einfach %EK um den Kredit abzusichern und 100 Mio Geld wurde den Schuldner erstellt. Auf dem Bild passiert mit seinem EK ja gar nichts. und die 50 EK bei der GB sind schon von Anfang an da, oder da ist irgendwas schlecht beschrieben. Wenn für dich die Möglichkeit der Bank sich einfach das fehlende EK zum Leitzins zu leihen, nicht die Möglichkeit ist beliebig Geld in den Kreislauf zu setzen, dann weiß ich nicht was Geldschöpfung sonst sein soll.
 

Deleted_228929

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Sonst können die anderen dich erneut versuchen zu überzeugen. Wenn das bisher nicht geschafft wurde dann halt nicht :deliver:
Mir würde es schon reichen, wenn er mal meine Frage beantworten könnte:

Welche Pfänder ich jetzt bei der KfW hinterlegt habe um meinen Studienkredit zu kriegen, wüsste ich übrigens immer noch gerne. Aber das scheint wohl keinen zu interessieren. :heul:
 

Benrath

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Ich nehms mir immer noch vor den Kurs mal zu Ende zu hören ^^, aber auf der anderen Seite hab ich mich mit Financial Economics aber auch nichts mehr zu tun.
 
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Ich denke wir hatten irgendwann geklärt, dass das nur dann wirklich relevant wird, wenn ein Euroland ausscheiden will?
 

Benrath

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Jungs lass euch doch nicht so trollen....
 

Benrath

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Ich habe TARGET2 sehr gut verstanden (anders als z.B. der Amateurökonom Hans-Werner Sinn). Deshalb weiß ich auch, dass die Behauptung, negative Salden könnten durch die Überweisung von Geld getilgt werden, Unsinn ist. Die Salden entstehen dadurch überhaupt erst, wie ich an anderer Stelle bereits hinreichend erläutert habe.

Wenn die Italiener 100 Mrd € von ihren Banca Italia Konten auf deutsche Bank Konten überweisen würde das Saldo kleiner werden. Also ja eigentlich größer weil gerade negativ, aber Sprachgebrauch usw...

Oder wie siehst du das?

Nein, dieser Vorgang führt dazu, dass der Saldo (betragsmäßig) noch größer wird. Das habe ich doch alles im entsprechenden Thread lang und breit erklärt.

Es heißt übrigens der Saldo, nicht das Saldo. :fu: :troll:

Wo genau hast du das erklärt? Und warum würde es größer werden?
 

Deleted_228929

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Wo genau hast du das erklärt? Und warum würde es größer werden?
Hier: https://starcraft2.ingame.de/forum/...stungsbilanz?p=6637102&viewfull=1#post6637102

Kurzversion: ZBG, das von der italienischen ZB geschaffen wird, stellt eine Forderung an diese dar. Wenn es nach Deutschland überwiesen wird, bekommen deutsche WiSu eine ZB-Forderung an Italien = TARGET2 geht D geht hoch, in Italien runter.

TARGET2-Salden können nicht mit Geld getilgt werden. Sie entstehen durch Geldübertragungen. Sie können nur reduziert werden, wenn Geld in die umgekehrte Richtung fließt, zum Kauf von Wertpapieren oder Gütern.
 

Benrath

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Ok ich geh daccord und mein Beispiel war schlecht. Dann geht's aber an sich in erster Linie nicht um den Flow der Güter, sondern nur des Geldes. Wir verkaufen nur auch noch dafür Güter an Italien und Co.

Unabhängig davon, ob wir deutschen jetzt wirklich Häuser in Italien kaufen würde, könnten wir auch einfach 100 Mrd auf Konten in Italiern parken. Dann würde der Saldo kleiner werden.
 

Deleted_228929

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Unabhängig davon, ob wir deutschen jetzt wirklich Häuser in Italien kaufen würde, könnten wir auch einfach 100 Mrd auf Konten in Italiern parken. Dann würde der Saldo kleiner werden.
Ja, stimmt. Das Geld müsste in der Tat nichtmal zum Kauf von irgendwas überwiesen werden. Es kann auch einfach auf Girokonten liegen gelassen werden.
 

Benrath

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Das zeigt dann, dass es überhaupt nicht klar ist, ob das Target II Saldo nur durch das generelle Leistungsbilanzdefizit verursacht wird oder weil aus anderen Ländern Geld in Deutschland geparkt wird. Vermutet wird eher ersteres. An sich ändert sich dadurch nichts. Die EZB müsste bei einem Italien Exit eventuell die Forderung an die ITA ZB abschreiben, aber unsere würde bestehen bleiben. Dann hätten wir die deutsche ZB aber eigentlich Geld geschenkt bekommen und real wurde nichts aus Deutschland "weggeschickt".
 

Deleted_228929

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Das zeigt dann, dass es überhaupt nicht klar ist, ob das Target II Saldo nur durch das generelle Leistungsbilanzdefizit verursacht wird oder weil aus anderen Ländern Geld in Deutschland geparkt wird. Vermutet wird eher ersteres.
Da braucht man nicht viel vermuten. Man muss nur die Zahlen anschauen. Und der TARGET2-Saldo ist in den seltensten Fällen groß mit dem Saldo der LB korreliert.

https://www.bis.org/publ/work393.pdf (Grafik S. 7)

Zwischen 2012 und 2015 sind die TARGET-Salden sogar gesunken, woraus sich eine negative korrelation zwischen LB und TARGET2 ergibt. Ab 2015 sind sie wieder gestiegen, was aber primär am QE lag.

Man muss sich ja nur Italien oder Österreich anschauen, dann sollte jeder sofort sehen, dass TARGET2 und LB nicht notwendigerweise irgendwas miteinander zu tun haben.

"Real weggeschickt" wurde aus Deutschland natürlich der Nettoexport der letzten Jahre. Ob die dadurch aufgebauten Forderungen einbringlich sind, hängt von der (zukünftigen) Güterproduktion des Auslandes ab - nicht davon, ob die Forderungen nun in Form von TARGET oder irgendwelchen "fungiblen Anleihen" vorliegen.
 

Benrath

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Scheint ja ein gutes Paper zwar bisschen älter, aber mit anschaulichen Beispielen was auf den Bilanzen der GB und ZB passiert.

AFD und Co wollen ja jetzt Gold kaufen genau
https://www.mdr.de/nachrichten/wirt...-salden-ezb-auswirkungen-deutschland-100.html

Wie stellen sie sich das denn praktisch vor? Das Geld liegt ja eigentlich bei irgendwelchen Banken, Firmen oder Privatleuten. Kann die deutsche ZB einfach mit der Forderung einkaufen gehen?

Ich kann Sinn und Co auf der einen Seite auch verstehen, dass es komisch wirkt, das ich mir in Portugal einen Kredit besorgen könnte und das Geld einfach nach Deutschland schicke, dass wir dann über das Target II Saldo implizit da mit drinhängen. Früher hätte sich sowas über den Wechselkurs und Zinsdifferentiale ausgeglichen.

In der Tat stellt sich für mich die Frage, was passieren würde wenn der Euro Raum zusammenbrechen würde. Das passiert ja nicht von heute auf morgen. Wenn ich Italiener oder Grieche wäre würde ich mein Geld auch so schnell in einen safe haven wie Deutschland schicken. Der Schweiz ist das ja auch passiert und die Griechen wollten ja auch alles wegschicken wurde aber durch Kapitalkontrollen eingefangen. Dafür wäre dann ein extrem ansteigendes Target II Saldo ein Indikator
 
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Deleted_228929

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Wie stellen sie sich das denn praktisch vor? Das Geld liegt ja eigentlich bei irgendwelchen Banken, Firmen oder Privatleuten. Kann die deutsche ZB einfach mit der Forderung einkaufen gehen?
Erstens das (private WiSu wollen offensichtlich keine "fungiblen Anleihen" südeuropäischer WiSu halten), zweitens: Die Bundesbank könnte theoretisch schon in Südeuropa auf Einkaufstour gehen und da kaufen, was nicht niet- und nagelfest ist. Auch Gold. Dadurch würde der TARGET2-Saldo c.p. sinken, da Ausländer dann deutsches ZBG kriegen. Das setzt aber voraus, dass sie dieses Geld auf ihren Konten im Ausland behalten. Wenn sie es wieder nach D transferieren, wird der Rückgang des Saldo wieder konterkariert.

€: Vor allem würde der Vorgang zu einer noch weiteren Ausweitung der Notenbankbilanzen führen. Ob das Hans-Werner wohl gutheißen würde, schließlich DRUCKEN DIE DANN JA GELD -> Machete -> Hyperinflation


Ich kann Sinn und Co auf der einen Seite auch verstehen, dass es komisch wirkt, das ich mir in Portugal einen Kredit besorgen könnte und das Geld einfach nach Deutschland schicke, dass wir dann über das Target II Saldo implizit da mit drinhängen. Früher hätte sich sowas über den Wechselkurs und Zinsdifferentiale ausgeglichen.
Das wirkt komisch für Leute, die nicht kapiert haben, dass Geld auch nur eine Forderung an irgendwen in. Der Sinn hat glaube ich bis heute nicht geschnallt, dass dieses sog. "Kreditziehen" (von dem er zumindest früher geredet hat) einfach darin besteht, dass die deutsche Seite den Zahlungseingang von ZBG akzeptiert, das nicht von der BuBa geschaffen wurde. Es ist eigentlich total banal, aber wie üblich macht Sinn daraus einen lächerlichen Bohai, bei dem natürlich auch die richtige Priese Chauvinismus nicht fehlen darf. Frei dem Motto "faule Griechen saugen uns den Saft ab".
 
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Fakt ist, dass über diesen Mechanismus Staaten und Unternehmen, die eigentlich nur schwer neue Kredite bekommen würden, fröhlich weiter einkaufen gehen können und Deutschland für diese Schulden mithaftet.
Da muss ich jetzt nicht allzusehr in komplexe Modelle abtauchen, um das problematisch zu finden.
 

Benrath

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Fakt ist, dass über diesen Mechanismus Staaten und Unternehmen, die eigentlich nur schwer neue Kredite bekommen würden, fröhlich weiter einkaufen gehen können und Deutschland für diese Schulden mithaftet.
Da muss ich jetzt nicht allzusehr in komplexe Modelle abtauchen, um das problematisch zu finden.

Welche Kredite denn? Wir geben keinen Kredit und es ist wie beschrieben nicht mal klar, ob das Defizit wirklich durch Export entsteht oder einfach Geld in D gepartk wird, sieht den BIS Link, bzw. gehe ich davon aus, dass du dich wirklich damit beschäftigt haben wirst, um es zu belegen, oder?

Btw wäre das doch ohne € gar nicht so viel anders nur dass sich der Wechselkurs eventuell stärker anpassen würde. Was hats den Schweizer gebracht den Wechselkurs zu halten? 500 mrd € in der Bilanz. Die ganzen Target II Schreier würde sich auch nicht freuen wenn die Markt ohne Ende zu allem aufgewertet hätte und man nix mehr hätte exportieren können.
 
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Gelöschtes Mitglied 137386

Guest
was halten die ökonomen denn eigentlich von diesem "neuen" trend von hippieökonomen, die meinen, dass staatsschulden überhaupt kein problem sind und der staat eigentlich beliebig geld drucken kann und sich im grunde alles leisten kann, was er will?

https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-04/investitionen-moderne-geldtheorie-schulden-wohlstand-5vor8

ist diese "moderne geldtheorie" ernstzunehmen oder eher nicht? auf der einen seite finde ich es einleuchtend, dass ein staat nunmal keine schwäbische familie ist und auch nicht mit dieser stumpfen "keine schulden, schulden schlecht, schwarze null über alles auch wenn uns die schulen überm kopf zusammenfallen" art geführt werden kann bzw. dann so wie deutschland aktuell eifnach kaputtgespart wird.

andererseits verstehe ich bei dieser theorie nicht wirklich, wie inflation ernsthaft verhindert werden soll.
 

Deleted_228929

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Au ja, MMT. Da sehe ich Bootdiskette schon mit leuchtenden Augen vor dem PC sitzen. :D

ist diese "moderne geldtheorie" ernstzunehmen oder eher nicht? auf der einen seite finde ich es einleuchtend, dass ein staat nunmal keine schwäbische familie ist und auch nicht mit dieser stumpfen "keine schulden, schulden schlecht, schwarze null über alles auch wenn uns die schulen überm kopf zusammenfallen" art geführt werden kann bzw. dann so wie deutschland aktuell eifnach kaputtgespart wird.

andererseits verstehe ich bei dieser theorie nicht wirklich, wie inflation ernsthaft verhindert werden soll.
Ich persönlich würde einen vernünftigen Ökonom daran erkennen, dass er dir im Grunde zustimmt. Ich hatte zufälligerweise letztens die Gelegenheit mich etwas näher mit MMT zu befassen.

Kritik: http://www.thomaspalley.com/docs/articles/macro_theory/mmt.pdf

Antwort: http://www.levyinstitute.org/pubs/wp_778.pdf

Antwort auf die Antwort: http://www.thomaspalley.com/docs/articles/macro_theory/mmt_response_to_wray.pdf

Was mich am meisten davon überzeugt hat, dass das insgesamt irgendwie unausgegorener BS ist, war nicht die Kritik von Palley, sondern die Antwort von T&W. Selten ein Paper gelesen, das so viel Text mit so wenig Substanz kombiniert. Besonders beeindruckend fand ich, wie sie einfach mal jedweden nominalen Abwertungsdruck und den daraus reslutierenden Inflationsimport, den eine massive fiskalisch-monetäre Expansion im Inland längerfristig zur Folge haben könnte, einfach mal komplett ignorieren und dazu exakt nichts schreiben.

Man hat doch stark den Eindruck, dass die MMT-Leute den FDP- und CSU-Leuten näher sind als ihnen selbst lieb ist: Unter'm Strich reden beide nämlich nur über Geld und haben zur - letztlich relevanten - realen Gütersphäre nichts zu sagen.

Randbemerkung: Schön, dass Schieritz so einen gelangweilten one pager im Fünf vor Acht schreibt, anstatt mal was tiefschürfenderes im Herdentrieb. :rolleyes:
 
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Nö, da leuchten meine Augen nicht. MMT-Vögel kenn ich genügend und sie gehen mir im Mittel hart auf den Senkel weil Sie ein Sendungsbewusstsein haben wie Konsolen-Fanboys oder PCMR-Fanboys. Egal ob man will oder nicht, jedes Gespräch wird in Richtung MMT gebogen bei gleichzeitiger vollständiger Resistenz gegen Argumente die nicht zum eigenen Narrativ passen.

Zu den von SFJ genannten Quellen könnte man noch zig weitere hinzufügen die im letzten halben Jahr geschrieben wurden, muss man aber nicht, denn man kann es recht knapp zusammenfassen.

  • Die rein technischen Behauptungen sind größtenteils zutreffend
  • Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen basieren auf teilweise aberwitzigen Annahmen
  • Der Glaube daran, dass sich mit dieser Strategie irgendetwas lösen ließe basiert auf der Annahme, dass die Regierung alles perfekt regeln kann

Ganz davon abgesehen ist es mE gar keine Geldtheorie sondern wenn, dann eine Pseudotheorie der Staatsfinanzierung und der fiskalischen Stabilisierungspolitik. "Pseudo-" weil ich aus keinem Winkel irgendetwas wirklich neues entdecken konnte, die einzige halbwegs neue Sache ist die Forderung nach dem Primat der Politik über geldpolitische Erwägungen mit dem Ziel der Senkung der Arbeitslosigkeit. Das würde ich aber eher als "politikwissenschaftlich" oder zumindest "political economy" bezeichnen und nicht als originär "monetary economics", und schon gar nicht als ökonomische Theorie.

Wie kann man es als Fließtext zusammenfassen:

Wenn wir die Finanzierungsmöglichkeiten des Staates nutzen, dann kann die Regierung einfach diejenige Nachfrage schaffen bei der Vollbeschäftigung herrscht und adverse Effekte, insb. Inflation, durch schnelles Ändern der Besteuerung ausgleichen. (Soweit ist es theoretisch denkbar, wenn auch praktisch sehr schwierig.)
Die Schulden des Staates sind irrelevant weil er sie ja sich selbst schuldet und nicht pleite gehen kann, der Außenwert der Währung ist nicht gefährdet weil die zusätzliche Nachfrage in produktive Arbeit gesteckt wird. (Auch das ist theoretisch denkbar, aber schon extrem optimistisch.)

Offensichtliche Probleme:
  • Besteuerung anpassen ist ein langwieriger Prozess der gerade im Vergleich mit Geldpolitik mindestens um den Faktor 10-100 langsamer ist wenn man keine homogene Regierung mit absoluter Mehrheit hat (oder eine Diktatur).
  • Nowcasting Inflation ist auch nicht gerade trivial, um überhaupt den Änderungsbedarf der Besteuerung theoretisch kennen zu können.
  • Zusätzlich ist der Außenwert einer Währung potentiell sehr volatil und gerade die USA sind wohl das einzige Land was sich ausrechnen kann mit so einer Strategie zumindest zeitweise durchzukommen (bzgl. des Wechselkurses, siehe die letzten zwei Jahre).
  • Anzunehmen, dass der Staat die richtige Nachfrage kennt mit der alle Arbeitslosen eine produktive Arbeit bekommen ist recht heroisch. Das ist bisher weder dem Staat noch dem Markt gelungen. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass das jetzt plötzlich besser funktionieren würde wenn man beliebig Kohle raushaut. Wahrscheinlicher ist, dass einfach Bullshit-Jobs erfunden würden.

Davon abgesehen eine Real-Betrachtung:
Was passiert effektiv im postulierten Idealfall? Das Verhältnis Gütermenge zu Geldmenge wird nicht (!) verändert und der Staat beordert die Arbeitslosen an einen produktiven Arbeitsplatz wo sie irgendwo in der Nähe ihrer theoretischen Grenzproduktivität arbeiten. Der Wechselkurs bleibt wegen der konstanten Produktivität stabil, die Schulden explodieren nicht. Das Ergebnis wäre ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht wie von Lord Keynes persönlich gemalt. Dummerweise würde halt die Regierung quasi alles entscheiden, inklusive eines arbiträren Verdrängens privater Nachfrage.

Also ist in einem Satz die große Erkenntnis von MMT:
"Wenn wir einfach alle Entscheidungsgewalt in eine Hand legen, dann wird jeder einen Arbeitsplatz bekommen, weil es eine zentrale Planungsstelle gibt die das für diejenigen erledigt die sonst keine Arbeit finden. Die monetäre Seite ist irrelevant because Fiat-Money."

Das klingt für mich ähnlich realistisch wie jede Utopie die vom perfekten Menschen ausgehend konstruiert wird. Hier eben mit der perfekten Regierung.

Zsfg.: Funktioniert nicht. Technisch korrekte Ausgangslage, gezogene Schlussfolgerungen erfordern eine perfekt funktionierende Regierung mit absoluter Mehrheit im Parlament oder eine Diktatur damit die ganzen möglichen Nebeneffekte eingedämmt werden können. Ist auch keine Theorie. Hat von allen Dingen effektiv am wenigsten mit Geld zu tun.
 

Benrath

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a hail the central planner :hail:

und ohne flachs in den Wachstumsmodellen gibts immer die optimale Central Planner Solution, was ich immer so hohl fand.
 

Benrath

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Mal wieder was neues dazu.

https://blogs.faz.net/fazit/2020/07/09/sind-target-salden-gefaehrlich-11486/

Einmal angenommen, bei der Gründung der Europäischen Währungsunion wäre vereinbart worden, den internationalen Zahlungsverkehr und die Wertpapiergeschäfte nicht von den nationalen Zentralbanken wie der Deutschen Bundesbank und der Banca d’Italia abwickeln zu lassen, sondern alleine durch die EZB im Frankfurter Ostend, die ja auch Bankgeschäfte betreibt und deren Kapital sich im Besitz der nationalen Zentralbanken befinden.

Eine etwas andere Organisation des Geldverkehrs innerhalb des Europäischen Systems der Zentralbanken hätte an der wirtschaftlichen Lage der einzelnen Euro-Staaten überhaupt nichts verändert. Deutschland hätte immer noch einen hohen Überschuss in seiner Leistungsbilanz, und Italien wäre wirtschaftlich auch nicht besser dran.

Aber etwas wäre anders: Es gäbe keine Target-Salden! Sie wären einfach nicht da! Die Salden existieren nur, weil in der Währungsunion der Zahlungsverkehr dezentral abgewickelt wird und nicht zentral. Das sollte vor allem diejenigen, die sich in Deutschland beinahe reflexartig aufregen, wenn sie von den Target-Salden hören, zumindest einen Moment zum Nachdenken darüber bringen, worüber sie sich eigentlich aufregen.

Müssten dann nicht die Target 2 Salden in etwa den kumulierten Leistungsbilanzüberschüssen entsprechen?
 

Deleted_228929

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Müssten dann nicht die Target 2 Salden in etwa den kumulierten Leistungsbilanzüberschüssen entsprechen?
Nein, weil die LB lediglich Leistungstransfers (Waren, DL, Primär- und Sekundäreinkommen) abbildet, nicht aber den Handel mit Vermögenswerten, insb. Wertpapiere. €: Siehe Österreich: TARGET negativ, LB positiv seit 20 Jahren.
 

Benrath

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Ah ok auch was gelernt, aber in dem Sinne wäre das Target II Saldo ein LB inclusive Vermögenswerte?
 
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Sehe ich das richtig, dass Target-Salden letztlich nur Ausdruck der Tatsache ist, dass man in wirtschaftlich unterschiedlich leistungsfähigen Regionen mit derselben Währung bezahlt?

Außerdem sorgt eine gemeinsame Währung dafür, dass bestimmte Preise, z.B. Löhne, sich weniger volatil verhalten, oder?
 

Deleted_228929

Guest
Ah ok auch was gelernt, aber in dem Sinne wäre das Target II Saldo ein LB inclusive Vermögenswerte?
Ich sehe keinen Sinn darin, LB, KB und TARGET zu vergleichen, weil das alles unterschiedliche Dinge misst.

TARGET2 misst Nettoströme von Zentralbankgeld. Der LB-Saldo misst Nettoströme von Leistungen, der KB-Saldo misst Nettoströme von Finanziellen Vermögenswerten. Und dann gibt es da noch die Vermögensübertragungsbilanz, welche Übertragungen nicht-finanzieller Assets misst. Ohne es jetzt nachgeschaut zu haben,sollte TARGET2 einfach Teil der KB sein.


Sehe ich das richtig, dass Target-Salden letztlich nur Ausdruck der Tatsache ist, dass man in wirtschaftlich unterschiedlich leistungsfähigen Regionen mit derselben Währung bezahlt?

Außerdem sorgt eine gemeinsame Währung dafür, dass bestimmte Preise, z.B. Löhne, sich weniger volatil verhalten, oder?
Nein. Wie gesagt, TARGET-Salden messen einfach Nettoströme von Zentralbankgeld. Ich habe das hier schonmal in (meine ich) anschaulicher Weise erklärt. Am Ende sind diese Salden nur ein Stressindikator für den Geldmarkt bzw. hat auch das APP die Salden getrieben. In jedem Fall ist der riesen Bohai, den Sinn darum gemacht hat, vollkommen übertrieben.
 
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Ja gut, aber das ist ja redundant. Es wird doch Gründe für diese Zahlungsströme zwischen Zentralbanken geben.
 

Deleted_228929

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Ja gut, aber das ist ja redundant. Es wird doch Gründe für diese Zahlungsströme zwischen Zentralbanken geben.
Keine Ahnung, was an dem Gesagten redundant sein soll. Ich hab das hier schonmal erklärt: https://starcraft2.ingame.de/forum/...stungsbilanz?p=6637102&viewfull=1#post6637102

NB: Ich habs zwar am Beispiel der Finanzierung eines Exportgeschäftes aufgezogen, aber am Ende ist unerheblich wodurch der Vorgang ausgelöst wird. Worum es geht ist: Bank in D will ZBG von Bank in GR. Das kann auch einfach ein Kredit sein, der nicht mehr verlängert wird.

Noch was Nettes von der BIZ dazu: https://www.bis.org/publ/work393.htm
 
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Dann verstehe ich deinen Einwand nicht. Denn deine Beschreibung entspricht imo ungefähr dem, worauf meine Frage abzielte.
 

Deleted_228929

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Dann verstehe ich deinen Einwand nicht. Denn deine Beschreibung entspricht imo ungefähr dem, worauf meine Frage abzielte.
TARGET (und Währungsunion allgemein) hat halt nichts mit "unterschiedlicher Leistungsfähigkeit" (gemessen in was eigentlich?) zu tun. Ich verweise gerne nochmal auf das Beispiel Österreich, oder auch Belgien, die beide ganz sicher nicht ärmer sind als Deutschland, aber einen negativen TARGET-Saldo ausweisen. Hingegen haben Zypern, Malta, Estland und Litauen, die alle relativ ärmer sind, einen positiven Saldo.

Insofern ist mir auch nicht klar, was die Volalität von irgendwelchen Preisen damit zu tun haben soll.
 
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Was ich damit meinte, ist, dass in einer gemeinsamen Währung strukturschwache Regionen nicht die Möglichkeit haben, ihre Währung abzuwerten, um konkurrenzfähiger zu werden, weil z.B. Nominallöhne sich sehr stabil verhalten.
Das müsste dann doch irgendwie immer dazu führen, dass Geld abfließt, weil die Güter und Assets so einer Region relativ teuer sind, das Geld aber relativ wertig. Daher lohnt es sich für einheimisches Kapital tendenziell mehr woanders zu kaufen oder zu investieren?

Deine Beispiele zeigen tatsächlich, dass mein Gedanke wohl zu kurz gegriffen war.

Was passiert denn mit den TARGET-Salden, wenn ein Land aus der Währungsunion ausscheidet oder sie ganz zerbricht?
Dann würde doch in deinem Beispiel etwa die Forderung gegen die BoG wertlos werden oder wenigstens massiv an Wert verlieren, oder?
 

Deleted_228929

Guest
Sorry wegen der späten Antwort...

Was ich damit meinte, ist, dass in einer gemeinsamen Währung strukturschwache Regionen nicht die Möglichkeit haben, ihre Währung abzuwerten, um konkurrenzfähiger zu werden, weil z.B. Nominallöhne sich sehr stabil verhalten.
Das müsste dann doch irgendwie immer dazu führen, dass Geld abfließt, weil die Güter und Assets so einer Region relativ teuer sind, das Geld aber relativ wertig. Daher lohnt es sich für einheimisches Kapital tendenziell mehr woanders zu kaufen oder zu investieren?

Deine Beispiele zeigen tatsächlich, dass mein Gedanke wohl zu kurz gegriffen war.
Was du beschreibst ist das realwirtschaftliche Kernproblem einer Währungsunion: Wie kann man divergierende Lohnstückkosten und Leistungsbilanz-Ungleichgewichte wieder unter Kontrolle bringen? Das ist ja nicht falsch, aber man sollte nicht den Fehler von Flassbeck machen und so tun als wäre damit alles gesagt. Wobei es empirisch afaik auch so ist, dass die Entwicklung von Einkommen und Schulden bei den Handelspartnern deutlich gewichtigere Determinanten der Exportdynamik sind als heimische Lohnkosten - da kann ich mich jetzt aber auch täuschen und müsste mal die aktuelle Literatur checken.

Natürlich können realwirtschaftliche Transaktionen auslöser für Ungleichgewichte bei TARGET sein, aber es ist mE absolut eindeutig, dass hier im monetären Bereich die Musik spielt.

Das geht jetzt eventuell etwas arg ins Detail, aber man sollte auch vorsichtig sein mit Begriffen wie "Geld wegfließen". Donald Trump z.B. erzählt ja auch gerne wie Deutschland und China die USA ganz dolle fertig machen, weil so viele Dollars an diese Länder fließen aufgrund der Handelsungleichgewichte. Tatsächlich ist es eben nicht so, dass da tatsächlich Dollars die USA verlassen. In China z.B. müssen Banken ihre Devisenguthaben bei der Zentralbank abliefern, welche davon US-Anleihen (hauptsächlich Treasuries) kauft. Und auch deutsche Exporteure und ihre Banken horten ganz sicher nicht palettenweise Greenbacks. Der legale internationale Handel funktioniert schon etwas anders als ein Drogenkartell. ;)


Was passiert denn mit den TARGET-Salden, wenn ein Land aus der Währungsunion ausscheidet oder sie ganz zerbricht?
Dann würde doch in deinem Beispiel etwa die Forderung gegen die BoG wertlos werden oder wenigstens massiv an Wert verlieren, oder?
Na ja, das ist halt die große Frage, die letztlich keiner beantworten kann solange es nicht wirklich passiert. Entweder werden die Forderungen dann in Drachmen umgerechnet, dann sind es Devisenguthaben der EZB, die entsprechend der zu erwartenden Abwertung an Wert verlieren. Oder das bleibt in Euros gebucht, dann sind es Devisenverbindlichkeiten der BoG, die durch die Abwertung der Drachme an Wert gewinnen. Im ersten Fall würde die EZB den Verlust verbuchen und der würde gemäß des Kapitalschlüssels auf die verbleibenden Euro-Notenbanken verteilt; im zweiten Fall trägt die BoG den Verlust, weil die Aufwertung ihrer Verbindlichkeiten ihr Eigenkapital auffressen würde. Weder die EZB noch die BoG wären jetzt die erste Notenbank, die mit negativem EK operiert. Der zweite Fall wäre insofern interessant als das mWn Notenbanken idR keine Verbindlichkeiten in Fremdwährung haben. Falls da jemand ein Beispiel kennt, gerne her damit.
 
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