Reform des Sexualstrafrechts

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Nur Ja heißt Ja beim Sex
In Schweden gilt seit heute das umstrittene neue Gesetz zu Sex und Vergewaltigung. Es stuft Geschlechtsverkehr ohne ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten als Vergewaltigung ein.

Ich frage mich allerdings, wie das das Problem der Beweisbarkeit löst, da ja meist ein Wort gegen das andere steht.
 
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So eine Gesetzgebung "löst" gar nichts und öffnet Missbrauch schlicht Tür und Tor. Wir enden de-facto in einem Wort-gegen-Wort Szenario in dem reine Willkür zu Urteilen führt. Wenn man auf die Unschuldsvermutung in einem Rechtsstaat irgendwas gibt, müsste dann in jedem Fall ein Freispruch für den Beschuldigten ausgesprochen werden, sofern keine weiteren Beweise existieren, und das ist sicherlich nicht Ziel dieser Veränderung, ganz im Gegenteil.
 
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So eine Gesetzgebung "löst" gar nichts und öffnet Missbrauch schlicht Tür und Tor. Wir enden de-facto in einem Wort-gegen-Wort Szenario in dem reine Willkür zu Urteilen führt. Wenn man auf die Unschuldsvermutung in einem Rechtsstaat irgendwas gibt, müsste dann in jedem Fall ein Freispruch für den Beschuldigten ausgesprochen werden, sofern keine weiteren Beweise existieren, und das ist sicherlich nicht Ziel dieser Veränderung, ganz im Gegenteil.

Sehe ich genauso. Aber wie kann durch dieses Gesetz die Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt werden? Da gibt es doch in Schweden sicher übergeordnete Gesetze (wenn nicht zuletzt EU-Recht), die das sicherstellen sollten?
 

Benrath

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Ich würd mal sagen es gilt weiterhin in dubio pro reo, aber man kann sich nicht mehr mit der Ausrede "sie lag einfach nur da" rausreden, weil Passivität nun als "Nein" gewertet wird. An der Aussage gegen Aussage Thematik ändert es imo nix. Aber z.B. könnte es ja Filmmaterial geben (wie auch immer entstanden) aus dem klar wird, dass die Frau es nur über sich hat ergehen lassen. Dann könnte man eventuell schlechte Karten haben, wenn man gerade auf dem devoten Trip war und die Frau einen in die Pfanne hauen möchte. Das passiert aber wahrscheinlich in 0 Fällen.
 
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So eine Gesetzgebung "löst" gar nichts und öffnet Missbrauch schlicht Tür und Tor. Wir enden de-facto in einem Wort-gegen-Wort Szenario in dem reine Willkür zu Urteilen führt.
Kannst du mal erklären, inwiefern dieses Gesetz "Missbrauch Tür und Tor öffnet"? Wort gegen Wort stand in solchen Fällen vorher oft und das wird auch weiterhin so sein. Daran ändert sich nichts.
Aber wie Benrath imo zutreffend sagt, kann sich ein Täter nun nicht mehr auf die Behauptung zurückziehen, ihm sei aufgrund der Passivität des Opfers nicht klar gewesen, was er da tat. Insbesondere muss er in einer zweifelhaften Situation eben etwas dafür arbeiten, bis er davon ausgehen darf, dass er den Willen der Frau beachtet.

Hier mal ein paar Fälle, wo so ein Gesetz möglicherweise dazu führen könnte, dass ein offensichtliches Unrecht bestraft wird, wo unser Strafgesetzbuch augenscheinlich zu kurz greift.
Nur damit man sich mal klar macht, was für Menschen man schützt, wenn man eine solche Gesetzesverschärfung lächerlich macht.

Der Mann soll zuvor seine Lebensgefährtin und eine Freundin aus der Wohnung geworfen haben, um ungestört mit der damals 15-Jährigen zu sein. [...]
Das Mädchen hatte ausgesagt, sie habe alles über sich ergehen lassen, weil sie sich gegen den alkohol- und drogenabhängigen Mann nicht wehren konnte. Zudem gab die heute 18-Jährige an, sie habe aus Angst vor einem Gewaltausbruch des Mannes gehabt. [...]
Nur einmal soll sie gesagt haben: "Nein, ich will nicht."
[...]
Vielmehr habe die Richterin das freisprechende Urteil unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung mit dem Fehlen eines Nötigungsmittels und dem Fehlen einer schutzlosen Lage begründet.
hthttps://rp-online.de/panorama/deu...urteil-im-vergewaltigungsprozess_aid-14094617
Nach den Feststellungen erschien der Angeklagte nach einem Streit mit der Nebenklägerin, seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau, an deren Wohnung. Nachdem er sich dort Einlass verschafft hatte, erschoss er mit der Äußerung "Wenn du nicht mit mir redest, dann muss er sterben" oder "Dann erschieße ich den M." den dort anwesenden M. K., einen guten Freund der Nebenklägerin. Sodann richtete er seine Pistole auf diese und sagte, sie sei die nächste, wenn sie jetzt nicht mit ihm komme bzw. rede. Die Nebenklägerin erklärte sich hierzu bereit und verließ mit dem Angeklagten aus Furcht davor, ebenfalls erschossen zu werden, die Wohnung. Die beiden fuhren mit dem Auto zu einem Hotel. Während der Fahrt erwiderte die Nebenklägerin aus Angst auf die Bemerkung des Angeklagten, er liebe sie, sie liebe ihn auch, und umfasste seine Hand mit der ihren. In dem Hotel betraten die beiden ein Zimmer. Spätestens nunmehr entschloss sich der Angeklagte, den Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin auszuüben. Er forderte sie auf, sich zu entkleiden, zog sich ebenfalls aus und legte die Pistole zu seinen Kleidern. Er fragte sie sodann, ob er nochmals mit ihr schlafen könne. Die Nebenklägerin befand sich nach wie vor in Angst, was der Angeklagte erkannte. Sie antwortete deshalb, dies sei okay. Sodann kam es zum Oral-, Vaginal- und Analverkehr. Da die Nebenklägerin danach nicht aufhörte zu weinen, verließ der Angeklagte das Zimmer; er stellte sich noch am selben Tage der Polizei.
[...]
Demgegenüber genügt es nicht, dass das Opfer aufgrund der früher zu anderen Zwecken angewendeten Gewalt oder ausgesprochenen Drohung noch Angst empfindet, der Täter dies erkennt und zur Umsetzung seiner nunmehr gefassten Absichten ausnutzt, ohne indes ausdrücklich oder konkludent unter Bezugnahme auf die ursprüngliche Gewalt oder Drohung eine neue Drohung zum Ausdruck zu bringen.
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/12/3-385-12.php
An einem Abend im Sommer 2009 äußerte der Angeklagte gegenüber A. N. in der gemeinsamen Ehewohnung den Wunsch, mit ihr den Analverkehr auszuüben. Obwohl sie sein Ansinnen entschieden ablehnte, holte der Angeklagte eine Fettcreme aus dem Badezimmer und begab sich zu A. N., die sich bereits auf einer Schlafcouch im Wohnzimmer zum Schlafen niedergelegt hatte. Als der Angeklagte erneut kundtat, jetzt den Analverkehr durchführen zu wollen, lehnte A. N. dies wiederum ab und fügte hinzu, dass eine Ausübung des Analverkehrs gegen ihren Willen eine Vergewaltigung sei. Der Angeklagte gab A. N. daraufhin zu verstehen, dass sie sich nicht so anstellen solle und zog ihr die Schlafanzughose herunter.

A. N. sah in dieser Situation keine Möglichkeit mehr, sich dem Willen des Angeklagten zu widersetzen. Für den Fall einer Gegenwehr rechnete sie mit Schlägen. Außerdem befürchtete sie, dass dann die beiden gemeinsamen Kinder erwachen und ebenfalls Opfer von Tätlichkeiten des Angeklagten werden könnten. Der Angeklagte vollzog nun mit der weinenden und sich vor Schmerzen windenden A. N. den Analverkehr bis zum Samenerguss.
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/11/4-561-11.php
a) Nach den zu diesem Fall getroffenen Feststellungen sprach der Angeklagte im "Ausbauhaus" eines größeren Anwesens in Z. im November 2000 die zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alte K. B. darauf an, ob er sie als Modell für ein Tattoo zeichnen dürfe. Nachdem das Mädchen sein Einverständnis erklärt hatte, forderte er es auf, "sich mit auseinander gestellten Beinen und an der Wand abgestützten Armen mit dem Gesicht zur Wand zu stellen." Das Mädchen kam dieser Aufforderung nach. Kurze Zeit später trat der Angeklagte - von K. B. unbemerkt - hinter sie, zog ihr plötzlich und für sie völlig unerwartet die Jogginghose und den Slip herunter; er drang von hinten mit seinem erigierten Penis ohne Kondom in ihre Scheide ein und führte den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durch. Er wusste, dass dies gegen den Willen des "paralysierten Mädchens" geschah. Hierbei nutzte er plangemäß den Umstand, dass beide in dem Anwesen allein waren, sowie das Überraschungsmoment aus.
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte K.B. unter Ausnutzung einer Lage, in der das Mädchen seiner Einwirkung schutzlos ausgeliefert gewesen ist, genötigt hat, die Vollziehung des Beischlafs zu dulden.
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/11/4-445-11.php
 
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Gustavo

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So ein Gesetz gibt es seit 4 Jahren in Kalifornien und ich habe noch nichts über irgendwelche Auswirkungen gelesen, egal welcher Art. Das sagt mir dass es vermutlich nicht allzu viele gab. Kann sein dass das in Schweden anders aussehen wird, aber ich würde erst mal nicht darauf wetten.
 

Benrath

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Kannst du mal erklären, inwiefern dieses Gesetz "Missbrauch Tür und Tor öffnet"? Wort gegen Wort stand in solchen Fällen vorher oft und das wird auch weiterhin so sein. Daran ändert sich nichts.
Aber wie Benrath imo zutreffend sagt, kann sich ein Täter nun nicht mehr auf die Behauptung zurückziehen, ihm sei aufgrund der Passivität des Opfers nicht klar gewesen, was er da tat. Insbesondere muss er in einer zweifelhaften Situation eben etwas dafür arbeiten, bis er davon ausgehen darf, dass er den Willen der Frau beachtet.

Hier mal ein paar Fälle, wo so ein Gesetz möglicherweise dazu führen könnte, dass ein offensichtliches Unrecht bestraft wird, wo unser Strafgesetzbuch augenscheinlich zu kurz greift.
Nur damit man sich mal klar macht, was für Menschen man schützt, wenn man eine solche Gesetzesverschärfung lächerlich macht.


hthttps://rp-online.de/panorama/deu...urteil-im-vergewaltigungsprozess_aid-14094617

https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/12/3-385-12.php

https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/11/4-561-11.php

https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/11/4-445-11.php

Immer wieder krass zu lesen, was es für Arschlöcher gibt, und das die aktuelle Rechtslage wohl doch nicht ausreicht, wenn z.B. der 2. und 3. Fall dadurch nicht abgedeckt sind...
 
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saistaed hat ne PN. Ich hoffe, ich konnte ihm seine Fragen zu meinem Standpunkt halbwegs beantworten.

Für 'ne öffentliche Diskussion rotzt mir tzui in letzer Zeit einfach zu viel unkonstruktive Adhominemscheiße ins Forum. Da rede ich mit den Leuten die an einer ernsthaften Diskussion interessiert sind, lieber privat.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Immer wieder krass zu lesen, was es für Arschlöcher gibt, und das die aktuelle Rechtslage wohl doch nicht ausreicht, wenn z.B. der 2. und 3. Fall dadurch nicht abgedeckt sind...

und was ändert sich wenn nunmehr der beschuldigte angibt, dass die frau laut und deutlich ja ja ja gesagt hätte und die frau das bestreitet? soweit sie, wie in den vorliegenden fälle, aus angst o.Ä "gelähmt" war und keinen widerstand geleistet hat - es also an jeglichen physischen vergewaltigungsspuren mangelt - steht wieder aussage gegen aussage und der beschuldigte / angeklagte muss in dubio pro reo freigesprochen werden. es ändert einfach nichts und das sollte man auch nicht erwarten.

fischer hat sich dazu mE sehr verständlich und auch für laien nachvollziehbar geäußert, da gibt es nicht wesentlich mehr zu sagen.
https://www.zeit.de/gesellschaft/ze...lstrafrecht-nein-heisst-nein-fischer-im-recht

Die Frage ist: Was davon soll als "Vergewaltigung"/Nötigung wirklich strafbar sein? Und wie beweisen wir das? Und welchen genauen Wert und Inhalt und welche Halbwertszeit hat der Wille? Andreas Zielcke hat in seinem eingangs zitierten Beitrag in der SZ vom 23. Juni resigniert ausgeführt:
"Kein Wunder, dass manche Länder noch den Tatbestand der ‚Vergewaltigung durch Täuschung’ kennen, etwa das britische Recht oder auch das israelische. In Israel wurde ein Muslim, der einer Jüdin vor dem Sexualakt vorgemacht hatte, er sei ebenfalls ein Jude, wegen Vergewaltigung verurteilt. Die Frau schwor, sie hätte sich nie mit ihm eingelassen, hätte er seine Identität offenbart."

Na gut, Herr Zielcke, lassen wir das mit der "Identität" aus Religion einmal außer Betracht. Man muss gar nicht zu den jüdischen Identitäten reisen. Ein Blick ins Reichsstrafgesetzbuch 1871 reicht. Dort stand in Paragraf 179 Abs. 1 RStGB:
"Wer eine Frauensperson zur Gestattung des Beischlafs dadurch verleitet, dass er eine Trauung vorspiegelt, oder einen anderen Irrthum in ihr erregt oder benutzt, in welchem sie den Beischlaf für einen ehelichen hielt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft."
Das war zu der Zeit, als nachts keine LED das kalte Schlafgemach erleuchtete. Da krabbelte in der Finsternis der Knecht ins Bettchen, griff zu und flüsterte: "Ich bin der Bauer."
Paragraf 179 Reichsstrafgesetzbuch: Ein früher Höhepunkt des Feminismus? Warum, denken Sie, liebe Leser/innen, hat man den Tatbestand einige Jahrzehnte später auf den Müll geworfen? Weil es nicht auf "Motive" und Irrtümer, sondern auf den wirklichen Willen ankommt. Weil der "Zugang zur Vagina" eben nicht behandelt werden sollte wie der zu einem Schatzkästlein der Tugend, sondern wie eine Willensschranke lebendiger Menschen. Weil es nicht um "Sittlichkeit" geht, sondern um Selbstbestimmung. Es ist bedrückend zu erleben, dass abgedrehte Fraktionen eines so genannt "feministisch" definierten Bestimmungsrechts inzwischen wieder da angelangt sind, wo wir vor 150 Jahren einmal losgegangen sind.
 
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saistaed hat ne PN. Ich hoffe, ich konnte ihm seine Fragen zu meinem Standpunkt halbwegs beantworten.

Für 'ne öffentliche Diskussion rotzt mir tzui in letzer Zeit einfach zu viel unkonstruktive Adhominemscheiße ins Forum. Da rede ich mit den Leuten die an einer ernsthaften Diskussion interessiert sind, lieber privat.

Hau ihn lieber auf die Ignore und schreibs hier rein, hätte mich auch interessiert.
 

Benrath

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und was ändert sich wenn nunmehr der beschuldigte angibt, dass die frau laut und deutlich ja ja ja gesagt hätte und die frau das bestreitet? soweit sie, wie in den vorliegenden fälle, aus angst o.Ä "gelähmt" war und keinen widerstand geleistet hat - es also an jeglichen physischen vergewaltigungsspuren mangelt - steht wieder aussage gegen aussage und der beschuldigte / angeklagte muss in dubio pro reo freigesprochen werden. es ändert einfach nichts und das sollte man auch nicht erwarten.

fischer hat sich dazu mE sehr verständlich und auch für laien nachvollziehbar geäußert, da gibt es nicht wesentlich mehr zu sagen.
https://www.zeit.de/gesellschaft/ze...lstrafrecht-nein-heisst-nein-fischer-im-recht

Ich hab ja gesagt, dass es nichts am Aussage gegen Aussage Problem ändert, aber zumindest muss man sich wohl seine Aussage als Mann besser zurecht legen.

Also beim Fall der Analvergewaltigung wunderts mich ja schon, dass das nicht als Vergewaltigung zählt. Der Sachverhalt scheint ja nicht bestritten. Was hätte die Frau denn anders machen sollen?
 
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Das deutsche sexualstrafrecht gehört dringend mal verschärft. Sexualstraftäter haben meines wissens nach auch die höchste rückfallquote. Dafür sind die strafen viel zu lasch und man kommt mit viel zu viel durch.
 
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und was ändert sich wenn nunmehr der beschuldigte angibt, dass die frau laut und deutlich ja ja ja gesagt hätte und die frau das bestreitet? soweit sie, wie in den vorliegenden fälle, aus angst o.Ä "gelähmt" war und keinen widerstand geleistet hat - es also an jeglichen physischen vergewaltigungsspuren mangelt - steht wieder aussage gegen aussage und der beschuldigte / angeklagte muss in dubio pro reo freigesprochen werden. es ändert einfach nichts und das sollte man auch nicht erwarten.
Wenn der Täter so clever ist, seine Aussage so zurechtzulegen und sich nie zu widersprechen, dann ist im schlimmsten Fall also der alte Status Quo erreicht. Im anderen Falle hat er vielleicht durch seine Schilderung den Sachverhalt anders dargestellt oder er lässt sich durch dritte anders wiedergeben und man hat eine rechtliche Basis für eine Verurteilung, die moralisch notwendig wäre. Außerdem gibt es aus meiner Sicht noch nen anderen Aspekt: Sex mit hochalkoholisierten Menschen wird dadurch kritischer. Zumindest ist es schwierig, die Behauptung eines klaren "Ja" ernst zu nehmen, wenn das Opfer zu dem Zeitpunkt bewiesenermaßen 3 Promille hatte.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Ich hab ja gesagt, dass es nichts am Aussage gegen Aussage Problem ändert, aber zumindest muss man sich wohl seine Aussage als Mann besser zurecht legen.

Also beim Fall der Analvergewaltigung wunderts mich ja schon, dass das nicht als Vergewaltigung zählt. Der Sachverhalt scheint ja nicht bestritten. Was hätte die Frau denn anders machen sollen?

naja ohne ein großer experte im strafrecht zu sein, aber soweit ich mich entsinne muss die gewalt oder die drohung mit der gewalt zu einem bruch des entgegenstehenden willens im zeitpunkt der tat führen. wenn sie zwar vorher nein sagt, beim ansetzen zur tat aber nach außen hin konkludent sagt "ja gut dann mach halt", nutzt er die drohung mit gewalt eben nicht mehr zum bruch der willens. ist aber alles dasselbe problem, niemand kann in irgendwelche köpfe reingucken, wer was denkt oder warum was macht ist für keinen ersichtlich und daher erst recht nicht überprüfbar.
worte sind ebensowenig nachprüfbar. entsprechend ist nichts davon eine gute grundlage zur entscheidungsfindung.

@ticor
also "sie wollte es auch herr richter" ist ca die älteste ausrede der welt. ich denke nicht, dass es dazu einen besonders cleveren angeklagten braucht und damit ist keine maßnahme geeignet irgendwas am status quo zu ändern.

@outsider
gar keine angst vor applaus aus der falschen ecke? ich dachte es ist ganz ganz furchtbar schlimm, wenn man etwas mit der afd zusammen fordert?
 

Benrath

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naja ohne ein großer experte im strafrecht zu sein, aber soweit ich mich entsinne muss die gewalt oder die drohung mit der gewalt zu einem bruch des entgegenstehenden willens im zeitpunkt der tat führen. wenn sie zwar vorher nein sagt, beim ansetzen zur tat aber nach außen hin konkludent sagt "ja gut dann mach halt", nutzt er die drohung mit gewalt eben nicht mehr zum bruch der willens. ist aber alles dasselbe problem, niemand kann in irgendwelche köpfe reingucken, wer was denkt oder warum was macht ist für keinen ersichtlich und daher erst recht nicht überprüfbar.
worte sind ebensowenig nachprüfbar. entsprechend ist nichts davon eine gute grundlage zur entscheidungsfindung.

Hast du den Text gelesen?

An einem Abend im Sommer 2009 äußerte der Angeklagte gegenüber A. N. in der gemeinsamen Ehewohnung den Wunsch, mit ihr den Analverkehr auszuüben. Obwohl sie sein Ansinnen entschieden ablehnte, holte der Angeklagte eine Fettcreme aus dem Badezimmer und begab sich zu A. N., die sich bereits auf einer Schlafcouch im Wohnzimmer zum Schlafen niedergelegt hatte. Als der Angeklagte erneut kundtat, jetzt den Analverkehr durchführen zu wollen, lehnte A. N. dies wiederum ab und fügte hinzu, dass eine Ausübung des Analverkehrs gegen ihren Willen eine Vergewaltigung sei. Der Angeklagte gab A. N. daraufhin zu verstehen, dass sie sich nicht so anstellen solle und zog ihr die Schlafanzughose herunter.

A. N. sah in dieser Situation keine Möglichkeit mehr, sich dem Willen des Angeklagten zu widersetzen. Für den Fall einer Gegenwehr rechnete sie mit Schlägen. Außerdem befürchtete sie, dass dann die beiden gemeinsamen Kinder erwachen und ebenfalls Opfer von Tätlichkeiten des Angeklagten werden könnten. Der Angeklagte vollzog nun mit der weinenden und sich vor Schmerzen windenden A. N. den Analverkehr bis zum Samenerguss.

Der Typ sagt mehrmals "wir machen jetzt anal" sie sagt jedes mal "Nein" und es ist wohl recht klar, dass da kein konkludentes Einverständnis ihrerseits vorliegt. Muss sie dann noch mal "Nein" sagen, wenn er in Ihr drin ist?

Meinetwegen bracuhs ja kein neues Strafrecht, aber eine verständliche Begründung warum das keine Vergewaltigung ist, fehlt mir schon.
 
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...dann ist im schlimmsten Fall also der alte Status Quo erreicht.
Nein, im schlimmsten Fall kennt der Täter die Rechtslage und erzwingt mittels der selben Methode mit der er heute ein Schweigen/Stillhalten erzwingt, dann ein Einverständnis. Und wenn das ein lautes, schriftliches oder digitales Einverständnis ist, dann hat die Vergewaltigte Person unter Umständen nun noch 'ne Oma die mit ihrem Hund vorm Fenster vorbei lief während sie mit der Knarre am Kopf lauthals "Jaaa, Jaaa oh bitte fick mich richtig hart!" stöhnen musste. Oder irgend eine App/Formularbestätigung (kA. was es da in Schweden bald für Auswüchse geben wird). Ganz große Klasse vor Gericht, wenn Du nicht nur Deine Story glaubhaft verkaufen musst, sondern auch noch nachweisen musst, dass Dein Einverständnis erzwungen war, ggf. trotz Zeugen der für die Gegenseite aussagt.
Auf der anderen Seite konditioniert eine solche Rechtssprechung Frauen ja regelrecht darauf, sich nicht zu wehren und still zu sein um das Risiko für sich zu senken noch Gewalt zu erfahren (die dann aber ggf. Spuren verursachen würde, die im Prozess zu einem Urteil führen), denn sie wiegen sich in der trügerischen Sicherheit, kein "Ja!" bedeute man könne den Täter belangen. Aber das kann man halt nicht, denn es läuft ja sowieso auf die reine Glaubwürdigkeit hinaus. Nur dass nun tendenziell noch weniger reine Fakten für die Frau vorliegen werden, weil sie im Zweifel eben lieber still hält.

Das ist die eine Seite des Missbrauchs, auf Täterebene. Die andere Sache ist die, dass eine Frau schlichtweg behaupten kann, vergewaltigt worden zu sein. Der Mann konnte bisher für seine Unschuld argumentieren, dass es keine Spuren am Körper gab, er habe die Frau weder festgehalten noch geschlagen, die Nachbarn hätten einen Streit, ein lautes "Nein!" hören können. Und wenn wirklich nichts auffindbar war, verlieh das seiner Schilderung zumindest eine gewisse, wenn auch nicht endgültige Wahrscheinlichkeit. Auf solche Fakten kommt es nun aber nicht mehr an. Strafbar ist nicht mehr die Überwindung eines Widerstandes sondern das Nichtvorliegen eines Einverständnisses. Nun kann die Frau ihm während eines normalen Beischlafs 20x zärtlich "Ja nimm mich!" ins Ohr flüstern und niemand wird das hören. Nicht die Putzfrau aufm Flur die ein "Nein, bitte nicht!" vielleicht noch gehört hätte. Oder der neugierige Nachbar mit dem Ohr an der Wand. Oder die Oma beim Gassigehen. Ein paar Wochen später wenn man sich im Zoff trennt, wird daraus 'ne Vergewaltigung.

In der emotionalen Diskussion wird gern vergessen, dass es neben Vergewaltigern die durch irgendwelchen formaljuristischen Strafbarkeitslücken davon kommen eben auch einen Haufen "Vergewaltiger" gibt die unschuldig im Knast sitzen und das teils erst nach Jahren, wenn überhaupt, raus kommt.
Beispiel: https://www.focus.de/politik/deutsc...ifelt-an-der-deutschen-justiz_id_7821008.html
Und davon findet man so einige, wobei das nur die Spitze des Eisbergs ist. Vielen falsch beschuldigten "Vergewaltigern" hört man schlicht nachdem Urteil nicht mehr zu. Sexualstraftäter, fertig. Jedes Abstreiten ist ein Zeichen von Uneinsichtigkeit, Trotz, Verdrängung, Ausdruck dissozialer Persönlichkeit und und und. Wer dann keine massive Unterstützung durch Familie, gute Anwälte oder Medien bekommt, ist schlichtweg verloren.
Nun habe ich mal gelernt, dass der Staat eher eine Tat ungesühnt lassen solle als jemanden zu Unrecht zu verurteilen.

Man muss sich also schlicht fragen, richtet ein solcher Paradigmenwechsel nicht mehr Schaden an als er behebt? Hat er einen klaren Nutzen und ist er notwendig um diesen Nutzen zu erzielen oder wären andere Mittel, z.B. geänderte Formulierungen im Gesetzestext die bisher vielleicht zu unklar und eng gefasst waren. Oder höchstrichterliche Leitlinien wie in Fällen verfahren werden soll, in denen eigentlich kein vernünftiger Zweifel vorliegt, dass das eine Vergewaltigung war, aber Zeiten u. Zusammenhänge bisher zu großzügig oder zu eng interpretiert werden mussten.

Von der Argumentation die Heator bereits verlinkt hat, ganz zu schweigen.

Der erwähnte Punkt mit dem Alkohol ist im Übrigen auch nicht zu vernachlässigen. Wie soll spontaner Sex nach einer Party funktionieren (der nun wirklich absolut alltäglich ist), wenn man sich in ein juristisches Minenfeld begibt und es vor Gericht auch mal heißen kann "Jaaa, Herr XYZ, sie haben da beide rumgemacht und sicherlich wirkte das Verhalten der Frau ABC wie eine Einwilligung auf Sie, aber auf Grund des Alkoholkonsums kann von einer rechtswirksamen Einwilligung keine Rede sein!". Wir begrüßen Sie in ihrem ruinierten Leben als zukünftiger Sexualstrafäter!". Zumal es nicht nur Alkohol sein muss, es gibt mehrere Wege eine Einwilligung im Nachhinein anzufechten, die nun zumindest theoretisch zur Verfügung stehen würden. Und in jedem Fall wo eine Frau damit durch kommt, hatte der Mann schlicht absolut keine Chance. Sie sagte Ja, er hörte Ja, beide vollzogen Sex, Gericht entscheidet auf Grund irgendwelcher Umstände, dass das Ja aber doch nicht so gültig sei wie angenommen. Arschkarte. Wie man Ernsthaft solchen Spielraum für Interpretation in ein Rechtssystem stricken will, welches im Grunde darauf ausgelegt ist, dass die Bürger die sich dem System fügen sollen, eben auch ein verlässliches Vertrauen in die Spielregeln haben, ist mir schlicht schleierhaft.
 
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@Saistaed

Das Problem bei diesen aufgezeigten fällen ist, dass der gemeine Leser nichts vom Revisionsrecht versteht. Denn die aufgezeigten Fälle belegen allein nicht, dass es eine Strafbarkeitslücke gebe und dass am Ende der Täter nicht bestraft wurde. Wenn das LG als Tatsacheninstanz unzureichende Feststellungen trifft etwa über die innere Tatseite, dann muss die Entscheidung aufgehoben und zurückverwiesen werden.

Zu bgh 4 StR 445/11 Fischer in seiner Stellungnnahme im Rechtsausschuss:

Übrig bleibt allein die letzte aller Möglichkeiten: Das „überraschende“ Vornehmen einer sexuellen Handlung des Täters am Opfer.
Was kann dies sein? In gewiss mehr als 95 Prozent der Fälle wird es sich um Unverschämtheiten und Grenzüberschreitungen handeln (Berührungen, „Grapschereien“), die schon durch Überwindung der ersten, reflexhaften Gegenbewegung zu „Gewalt“-Handlungen im Sinn von § 177 Abs. Nr. 1 werden. Ein Tatopfer, dass sich nicht vor Gewalt durch den Täter fürchtet, nicht eingeschüchtert oder angststarr ist und sich dennoch gegen körperliche Zudringlichkeiten des „Täters“ über einen nennenswerten Zeitraum in keiner Weise sträubt, wird sich in der Tat fragen lassen (müssen), worauf seine „Opfer“-Position beruht haben könnte.
Die Annahme, eine Person (die nicht eingeschüchtert, nicht krank, nicht abhängig, nicht bedroht usw. ist) könne während der gesamten Dauer eines „Sexualverkehrs bis zum Samenerguss“ ununterbrochen so „überrascht“ sein, dass ihr zur Abwendung des Ereignisses nichts als ihr „entgegenstehender Wille“ bleibe (BGH, 4StR445/11), begründet eher Zweifel an der Genauigkeit der Feststellungen [...]

Übrig bleibt, wie stets, die Fallgruppe des „Überraschungsmoments“ (Beispiel 7).
Der DJB zitiert hierfür die Entscheidung 4 StR 445/11 des Bundesgerichtshofs. Dort forderte ein „Akt-Maler“ sein Modell auf, sich an die Wand zu stellen. Dann führte er „überraschend den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss“ durch. Das Tatopfer war „wie paralysiert“; der Täter nutzte „planmäßig aus, dass er mit dem Opfer allein in dem Anwesen war“.
Auch dieser Beispielsfall taugt im Ergebnis nicht zum Beleg einer „Lücke“: Von permanenter „Überraschung“ kann bei einem – doch immerhin minutenlangen – Geschehen kaum (noch) die Rede sein; vor allem aber beruhte die Duldung schon nach den Feststellungen auf dem – dem Täter bekannten“ „paralysiertem“ Zustand des Tatopfers und seiner Vorstellung, mit dem Opfer „allein zu sein“. Dies ist ein Fall des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

https://www.bundestag.de/blob/357200/18bdafafc324ec0f4c09a339a13753ce/fischer-data.pdf
 
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Natürlich ist das allein kein Beleg für eine Strafbarkeitslücke im Gesetz. Ich habe bewusst "augenscheinlich" geschrieben. Die Situation ist (insbesondere im Recht) eigentlich immer komplizierter, als es sich dem Laien ohne Weiteres erschließt. In diesem Zusammenhang danke ich für die Fischer-Quelle, die meinem Verständnis nochmals auf die Sprünge geholfen hat.

Es mag sein, dass das eigentliche Problem in diesen Fällen darin besteht, dass das zuständige Landgericht die Tatsachen mangelhaft festgestellt hat. In einer politischen Diskussion um Strafbarkeitslücken sollten als Beispiele nur rechtskräftig ausverhandelte Fälle herhalten. Insofern wäre es wünschenswert, wenn wir wüssten, wie es in den benannten Fällen im Anschluss an die Revision letztlich ausging. (Soweit ich weiß, wird in so einem Fall an das LG rückverwiesen, um die Tatsachen aufzuklären?)
Mir fehlt leider das Know-How, um das auf die Schnelle zu recherchieren. Aber hier könnte sich imo auch die Gegenseite mal bemühen so im Sinne einer produktiven Diskussion.
Auch Fischer behauptet zwar gerne kursorisch, dass alle Beispiele, die im Namen der Strafbarkeitslücke vorgetragen werden, im Grunde rechtlich falsch gelöst wurden, äußert sich aber selten zu den Details.

Darum bleibt mir hier nur der Rückgriff auf seine allgemeinen Ausführungen:
Eine Person A will von einer Person B, dass diese entweder sexuelle Handlungen von A „duldet“ oder selbst sexuelle Handlungen an A ausführt. [...] Wie soll Person A Person B dazu bringen, gleichwohl zu tun, was sie will? Hierzu gibt es – abschließend – vier verschiedene
Möglichkeiten:
[...]
[3] Oder Person A weiß, dass Person B sich in einer Lage befindet, in
welcher sie möglichen Gewalteinwirkungen nichts entgegensetzen
könnte, und sich deshalb den Forderungen fügen wird.
[4] Oder – Möglichkeit vier – Person A „tut es einfach“ trotzdem.
Aus der von dir zitierten Anhörung.

Erstmal zu 3:
Hier scheiden sich doch imo schon die Geister: Was bedeutet, dass Person B einer möglichen Gewalteinwirkung nichts entgegensetzen könnte?
Der BGH führt in dem dritten von mir zitierten Beschluss Dinge aus wie:
So hat sich das Landgericht in beiden Fällen nicht mit eventuell gegebenen Fluchtmöglichkeiten von A. N. auseinandergesetzt. [...]
Konkrete Feststellungen zu den räumlichen Gegebenheiten in der Wohnung und zum Schließzustand der Türen hat das Landgericht nicht getroffen. [...]
Zudem hätte sich das Landgericht auch eingehend mit der Frage befassen müssen, ob es A. N. in zumutbarer Weise möglich war, durch Schreie oder andere Geräusche fremde Hilfe zu erlangen. [...]
Ob und inwieweit ihre Befürchtungen tatsächlich berechtigt waren und sie deshalb - worauf es hier maßgeblich ankommt - auch bei objektiver Betrachtung keine Möglichkeit hatte, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen, hat das Landgericht nicht geprüft, obgleich hierzu Anlass bestand. [usw.]
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/11/4-561-11.php

Man kann sich jetzt darauf zurückziehen, dass das LG eben hätte besser herausarbeiten müssen, dass das Opfer sich tatsächlich in einer schutzlosen Lage befand. Aber was ist denn nun, wenn die Lage gar nicht objektiv schutzlos war?
Die Kritik an unserem Vergewaltigungsparagraphen zielte doch gerade darauf ab, dass es auf all diese Dinge überhaupt nicht ankommen sollte, weil nichts davon dazu geeignet ist, den Täter zu exkulpieren, solange nur klar ist, dass die Frau ihren Unwillen deutlich gemacht und der Täter trotzdem sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen hat. Beides ist in dem vorliegenden Fall unstreitig. Trotzdem kriegt ein Landgericht es nicht hin, den Täter ohne Rechtsfehler zu verurteilen. Ist das nun wirklich der Fehler des Landgerichts oder vielleicht doch ein Fehler des Gesetzes?

Und noch zu 4:
Die Möglichkeiten eins bis drei sind von § 177 Abs. 1 StGB zuverlässig erfasst (unten Ziffer 4). Der Streit geht also nur um die Möglichkeit vier. Insoweit gibt es wiederum – abschließend – nur drei Möglichkeiten:
[...]
-Wenn der Täter eigene Handlungen am Opfer ausführen will, die eine auch nur minimale Zeitdauer von „Duldung“ erfordern, kann er das „Nein“ des Opfers gleichfalls nur überwinden, wenn er eines der
drei Nötigungsmittel einsetzt.
Fischer meint hier wohl etwas wie: Wenn die Frau versucht sich zu entziehen (eben nicht zu dulden), muss der Täter Gewalt anwenden, um sie daran zu hindern (bspw. festhalten)?
Was ist denn, wenn die Frau sich aus welchen Gründen auch immer eben gerade nicht entzieht? Hat sie damit dann konkludent in die sexuelle Handlung eingewilligt?
Mir ist das Argument hier nicht klar.
Sicherlich gibt es Fälle, wo anfänglicher Widerstand doch noch einer konkludenten Einwilligung weicht und es mag nicht immer ganz trivial sein, solche Fälle von strafbewährten Fällen der sexuellen Nötigung abzugrenzen. Ich gehe aber davon aus, dass sich diese Abgrenzung in der Regel recht eindeutig aus der Situation ergibt. Und falls es Zweifel gibt, darf dem potentiellen Täter imo durchaus zugemutet werden, sich der Einwillung gesondert zu versichern.
 
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Nein, im schlimmsten Fall kennt der Täter die Rechtslage und erzwingt mittels der selben Methode mit der er heute ein Schweigen/Stillhalten erzwingt, dann ein Einverständnis. Und wenn das ein lautes, schriftliches oder digitales Einverständnis ist, dann hat die Vergewaltigte Person unter Umständen nun noch 'ne Oma die mit ihrem Hund vorm Fenster vorbei lief während sie mit der Knarre am Kopf lauthals "Jaaa, Jaaa oh bitte fick mich richtig hart!" stöhnen musste. Oder irgend eine App/Formularbestätigung (kA. was es da in Schweden bald für Auswüchse geben wird). Ganz große Klasse vor Gericht, wenn Du nicht nur Deine Story glaubhaft verkaufen musst, sondern auch noch nachweisen musst, dass Dein Einverständnis erzwungen war, ggf. trotz Zeugen der für die Gegenseite aussagt.
Hä? Wenn der Täter mit der neuen Rechtslage ein Einverständnis erzwingen konnte, hätte er es auch mit der alten tun können. Deine ganzen Ausführungen gehen also komplett am Thema vorbei. Mein Punkt war, dass ein Einverständnis zu erzwingen schwieriger ist als ein Schweigen/Stillschweigen zu erzwingen. Siehst du das anders?

Auf der anderen Seite konditioniert eine solche Rechtssprechung Frauen ja regelrecht darauf, sich nicht zu wehren und still zu sein um das Risiko für sich zu senken noch Gewalt zu erfahren (die dann aber ggf. Spuren verursachen würde, die im Prozess zu einem Urteil führen), denn sie wiegen sich in der trügerischen Sicherheit, kein "Ja!" bedeute man könne den Täter belangen. Aber das kann man halt nicht, denn es läuft ja sowieso auf die reine Glaubwürdigkeit hinaus. Nur dass nun tendenziell noch weniger reine Fakten für die Frau vorliegen werden, weil sie im Zweifel eben lieber still hält.
Mal wieder irgendwelche haltlosen Behauptungen. Opfer (ich finde es bescheuert, dass das als Mann/Frau-Gespräch und nicht als Täter/Opfer-Gespräch läuft) sind in solchen Fällen reaktionslos aufgrund Panik/Starre wasauchimmer, und mit Sicherheit nicht, weil man irgendwelche Gesetzesauslegungen innerlich im Kopf rumgeht, während sich jemand an deinen Geschlechtsteilen vergeht. Das wird ja immer abstruser was du hier aufbaust.

Der erwähnte Punkt mit dem Alkohol ist im Übrigen auch nicht zu vernachlässigen. Wie soll spontaner Sex nach einer Party funktionieren (der nun wirklich absolut alltäglich ist), wenn man sich in ein juristisches Minenfeld begibt und es vor Gericht auch mal heißen kann "Jaaa, Herr XYZ, sie haben da beide rumgemacht und sicherlich wirkte das Verhalten der Frau ABC wie eine Einwilligung auf Sie, aber auf Grund des Alkoholkonsums kann von einer rechtswirksamen Einwilligung keine Rede sein!". Wir begrüßen Sie in ihrem ruinierten Leben als zukünftiger Sexualstrafäter!". Zumal es nicht nur Alkohol sein muss, es gibt mehrere Wege eine Einwilligung im Nachhinein anzufechten, die nun zumindest theoretisch zur Verfügung stehen würden. Und in jedem Fall wo eine Frau damit durch kommt, hatte der Mann schlicht absolut keine Chance. Sie sagte Ja, er hörte Ja, beide vollzogen Sex, Gericht entscheidet auf Grund irgendwelcher Umstände, dass das Ja aber doch nicht so gültig sei wie angenommen. Arschkarte. Wie man Ernsthaft solchen Spielraum für Interpretation in ein Rechtssystem stricken will, welches im Grunde darauf ausgelegt ist, dass die Bürger die sich dem System fügen sollen, eben auch ein verlässliches Vertrauen in die Spielregeln haben, ist mir schlicht schleierhaft.
Du baust hier irgendwelche Strohhäuser und argumentierst dich in Rage. Kann ich auch: Ist es nicht begrüßenswert, dass Alkoholleichen nicht mehr sexuell missbraucht werden können? Früher wäre das 1a möglich gewesen: "Er/Sie hat sich ja nicht gewehrt!" ist dann eben keine ausreichend gute Begründung mehr. Ich würde das begrüßen.
Dass zwei angetrunkene trotzdem noch einvernehmlichen Sex haben dürfen sollten ist klar, und ich akzeptiere deine Beschreibungen nicht als tatsächlich reale Gefahr. Also nicht mehr, als es jetzt schon der Fall ist.
 
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Du liegst faktisch schlicht falsch. Eine "Alkoholleiche" ist bereits nach derzeitiger Rechtslage "vergewaltigt" wenn man sie besteigt, da hier klar das Ausnutzen einer Hilflosigkeit vorliegt.

Ich stimme Dir eben nicht zu, dass das Erzwingen eines Einverständnisses schwieriger ist, wenn ich die Mittel habe, jemanden von Widerstand bei einer Vergewaltigung abzuhalten (was eine der krassesten Verletzungen der Selbstbestimmung eines Menschen ist), dann habe ich automatisch die Mittel, ihn auch zu einer Zustimmung zu zwingen. Oder glaubst Du ernsthaft, Opfer lässt sich lieber vergewaltigen als erschießen, aber lieber erschießen als lauthals "Jaa ich will!" zu schreien oder 'ne App zu bedienen?

Dein allerletzter Satz ist das was zählt: Ein Paradigmenwechsel erreicht nichts, was nicht schon jetzt der Fall ist. Die verlinkten Urteile sind imho alle krasse Fehlurteile (und wie angemerkt wissen wir nicht, in welcher Form sie letztlich nach Revision Rechtsgültigkeit erlangten, noch kennen wir die genaue Beweisführung und das Auftreten der Beteiligten vor Gericht) die so nach meinem Rechtsempfinden nicht hätten gesprochen werden dürfen. Aber eben auch schon nach aktuellem Recht. Ich halte es für ziemlich waghalsig zu behaupten, man müsse nur aus NeinHeisstNein ein JaHeisstJa machen und schön wären die alle im Bau gelandet. Da glaube ich nicht dran und sehe dafür auch kein Indiz.

Was man tun sollte, und da bin ich wohl mit der Mehrheit einer Meinung, ist, sich irgendwelche Lücken in Formulierungen oder Interpretationsspielräumen genau ansehen, ob es dort wirklich eine Strafbarkeitslücke gibt. Und falls ja, formuliert man die Gesetze konkreter oder Fasst Spielräume enger oder weiter je nach Bedarf. Jeder der sich einem anderen Menschen Gewalt antut, gehört bestraft. Idealerweise, alle wird man niemals belangen können, da es ein perfektes Recht nicht gibt.

Ich halte den Grundsatz: "Wenn jemand etwas nicht will, soll er es so kundtun, dass nach billigem Ermessen der Gegenüber die Aussage hätte verstehen müssen!" für eine gute Lösung in der Interaktion mit anderen Menschen. Wir können nunmal keine Gedanken lesen und die Kontaktaufnahme (Flirt, Ansprache, Komplimente, Anbahnung von Sexualität) sind völlig natürliche und zum großen Teil eben auch instinktgetriebene Handlungen. Nein, das schließt keine Vergewaltigung mit ein...

Hierbei nun auf Einholung einer expliziten Einwilligung abzuzielen (zer)stört imho die natürliche Beziehung zwischen Menschen mehr als sie wirklich bringt. Bestimmte Handlungen durchführen (Aktiv fragen) oder abwarten zu müssen (explizite Einwilligung aus eigenem Antrieb) weil im Hintergrund das juristische Schafott droht wenn man es nicht tut, erscheint mir ein nicht erstrebenswerter Zustand zu sein. Denn ganz ehrlich: Ich sehe praktisch wirklich sehr sehr sehr geringen Nutzen in dieser Umstellung.
 
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Du gehst bei deiner gesamten Argumentation einfach davon aus, dass Vergewaltiger clevere Gestalten sind, die sich über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informieren, bevor sie losmarschieren und irgendwelche Frauen gegen ihren Willen bumsen.

Ich gehe davon aus, dass das Gegenteil der Fall sind und das extrem impulsgestörte Freaks sind, die nicht weiter als "Penis in Muschi derp" denken können. Wenn man von denen jetzt vor Gericht verlangt, dass sie kohärent und vernünftig darlegen, dass die Frau wirklich ernsthaft aktiv zugestimmt hat, ohne sich dabei ständig im Verlauf zu widersprechen, dann könnte das durchaus positiv auf die Psyche der Frauen auswirken. Weil der Typ nicht einfach sagen kann "die wollte doch", und schon muss die Frau sich erklären warum sie nicht rumgeturnt hat.
 
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Du gehst bei deiner gesamten Argumentation einfach davon aus, dass Vergewaltiger clevere Gestalten sind, die sich über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informieren, bevor sie losmarschieren und irgendwelche Frauen gegen ihren Willen bumsen.

Um von "sie hat nicht widersprochen" zu "sie hat zugestimmt" zu kommen, braucht man nicht gerade nen Doktor in Atomphysik. Wer für das eine nicht clever genug ist, dürfte das andere auch nicht hinbekommen und wird so auch ohne diese Regelung Probleme vor Gericht bekommen.

Und damit wären wir wieder soweit, dass so ein Gesetz für Vergewaltigungsopfer keine zusätzliche Hilfe ist, sondern eben nur den ganzen Rattenschwanz an Nachteilen mit sich bringt.
 
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Du gehst bei deiner gesamten Argumentation einfach davon aus, dass Vergewaltiger clevere Gestalten sind, die sich über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informieren, bevor sie losmarschieren und irgendwelche Frauen gegen ihren Willen bumsen.

Ich gehe davon aus, dass das Gegenteil der Fall sind und das extrem impulsgestörte Freaks sind, die nicht weiter als "Penis in Muschi derp" denken können. Wenn man von denen jetzt vor Gericht verlangt, dass sie kohärent und vernünftig darlegen, dass die Frau wirklich ernsthaft aktiv zugestimmt hat, ohne sich dabei ständig im Verlauf zu widersprechen, dann könnte das durchaus positiv auf die Psyche der Frauen auswirken. Weil der Typ nicht einfach sagen kann "die wollte doch", und schon muss die Frau sich erklären warum sie nicht rumgeturnt hat.
Ich weiss, man hasst es hier wenn jemand von praktischen Erfahrungen berichtet, aber wie viele Vergewaltiger kennst Du denn und wieviel Ahnung von praktischer Vernehmungsarbeit hast Du?

Du gehst leider von etwas viel Klischee aus. Sexualstraftaten gibt es in allen Bevölkerungsgruppen und in einem Großteil der Fälle geht es eben nicht nur um "Penis in Muschi derp" sodern ganz gezielt um Machtausübung und Demütigung. Das sind etwas komplexere Motive und wer per se annimmt, ein Vergewaltiger müsse sich ja geistig auf dem Niveau eines Neandertalers bewegen, der irrt.

Man kann daher durchaus annehmen, dass sich der IQ eines Sexualstraftäters irgendwo im Mittel der Bevölkerung bewegt, vielleicht minimal und damit völlig insignifikant darunter. Last but not least laufen Vernehmungen heute nicht mehr so ab wie in irgendwelchen Ami-Krimis wo Good Cop und Bad Cop den Verdächtigen mal eben in lauter Widersprüche verwickeln, da ist in der Regel direkt von Anfang an ein Anwalt dabei und zumindest der kennt die Rechtslage ziemlich genau. Ist ja nicht so, dass man sich auf einen Prozess nicht vorbereiten würde. Wie Arrhythmie schon sagte: Wer so dämlich ist, den verurteilt man auch nach heutigem Recht. Zumindest dürfte die Zahl der Fälle die heute auf Grund der möglicherweise bestehenden "Lücke" nicht verurteilt werden können und bei einem Paradigmenwechsel aber sicher in den Bau wandern, ziemlich gering sein. Dass der Schuss auch nach Hinten los gehen kann, hatte ich schon erwähnt und wie gesagt, muss man sich dann einfach fragen: Ist diese Änderung das richtige Mittel oder wären andere Mittel geeigneter.
 
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Natürlich ist das allein kein Beleg für eine Strafbarkeitslücke im Gesetz. Ich habe bewusst "augenscheinlich" geschrieben. Die Situation ist (insbesondere im Recht) eigentlich immer komplizierter, als es sich dem Laien ohne Weiteres erschließt. In diesem Zusammenhang danke ich für die Fischer-Quelle, die meinem Verständnis nochmals auf die Sprünge geholfen hat.

Es mag sein, dass das eigentliche Problem in diesen Fällen darin besteht, dass das zuständige Landgericht die Tatsachen mangelhaft festgestellt hat. In einer politischen Diskussion um Strafbarkeitslücken sollten als Beispiele nur rechtskräftig ausverhandelte Fälle herhalten. Insofern wäre es wünschenswert, wenn wir wüssten, wie es in den benannten Fällen im Anschluss an die Revision letztlich ausging. (Soweit ich weiß, wird in so einem Fall an das LG rückverwiesen, um die Tatsachen aufzuklären?)
Mir fehlt leider das Know-How, um das auf die Schnelle zu recherchieren. Aber hier könnte sich imo auch die Gegenseite mal bemühen so im Sinne einer produktiven Diskussion.
Auch Fischer behauptet zwar gerne kursorisch, dass alle Beispiele, die im Namen der Strafbarkeitslücke vorgetragen werden, im Grunde rechtlich falsch gelöst wurden, äußert sich aber selten zu den Details.
In den gezeigten Fällen wissen wir - soweit ersichtlich - nicht wie es denn nun anschließend nach Zurückweisung ausgegangen ist, da die anschließenden Urteile nicht veröffentlicht sind. Mag sein, dass etwa das LG Essen im Beispielsfall BGH 4 StR 561/11 die nötigen Feststellungen getroffen hat und den Angeklagten nun auch wegen Vergewaltigung verurteilte und eine (möglicherweise) eingelegte Revision beim BGH durch einstimmigen Beschluss verworfen wurde. Klarheit könnten hier nur die Prozessbeteiligten bringen.

Im Übrigen ist auch der BGH nicht unfehlbar. Soweit ersichtlich hat der 4. Senat des BGH im Fall BGH 4 StR 561/11 bei Auslegung des Tatbestandsmerkmals "schutzlose Lage", welche dem LG als Rechtsmaßstab mitgegeben wurde, eine sehr objektivierte Sicht angenommen (andererseits: dass sich das Opfer subjektiv nur einer schutzlosen Lage ausgesetzt fühlt, reichte nach ganz herrschender Meinung ohnehin nicht), welche sich mit der rechtlichen Auffassung anderer Senate nicht in jedem Detail gedeckt hat. Insoweit kann man freilich vertreten, dass der BGH hier unzutreffende Maßstäbe formuliert hat. "Fehlurteile" sind auch beim BGH prinzipiell nicht ausgeschlossen. Unredlich finde ich es anhand von einzelnen divergierenden Entscheidungen auf systematische Rechtslücken zu schließen ohne sich anzuschauen, was in der Mehrzahl aller anderen Fälle tagtäglich entschieden wird.

Darum bleibt mir hier nur der Rückgriff auf seine allgemeinen Ausführungen:
Aus der von dir zitierten Anhörung.

Erstmal zu 3:
Hier scheiden sich doch imo schon die Geister: Was bedeutet, dass Person B einer möglichen Gewalteinwirkung nichts entgegensetzen könnte?
Der BGH führt in dem dritten von mir zitierten Beschluss Dinge aus wie:
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/11/4-561-11.php

Man kann sich jetzt darauf zurückziehen, dass das LG eben hätte besser herausarbeiten müssen, dass das Opfer sich tatsächlich in einer schutzlosen Lage befand. Aber was ist denn nun, wenn die Lage gar nicht objektiv schutzlos war?
Die Kritik an unserem Vergewaltigungsparagraphen zielte doch gerade darauf ab, dass es auf all diese Dinge überhaupt nicht ankommen sollte, weil nichts davon dazu geeignet ist, den Täter zu exkulpieren, solange nur klar ist, dass die Frau ihren Unwillen deutlich gemacht und der Täter trotzdem sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen hat. Beides ist in dem vorliegenden Fall unstreitig. Trotzdem kriegt ein Landgericht es nicht hin, den Täter ohne Rechtsfehler zu verurteilen. Ist das nun wirklich der Fehler des Landgerichts oder vielleicht doch ein Fehler des Gesetzes?

§ 177 (alte Fassung) StGB verlangte als Nötigungsmittel: 1. Gewalt (z.B. Schlagen, gegen die Wand pressen, Tür des Raumes verschließen) 2. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (z.B. "wenn du nicht die Beine breit machst, schlage ich dich") oder 3. Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist (Schutzlos ausgeliefert ist das Opfer, wenn es sich bei objektiver Betrachtung auf Grund physischer Unterlegenheit oder psychischer Hemmung nicht selbst verteidigen und keine entsprechende Hilfe Dritter erlangen kann und deshalb dem ungehemmten Einfluss des Täters preisgegeben ist; die Bandbreite an Beispielen kann hier endlos sein, z.B. körperlich Unterlegene, die schon in der Vergangenheit vom Täter (mit Gewalt) zum Sex gezwungen, und sich mit dem Täter allein in einer räumlichen Lage befindet).

Man muss sich generell immer bewusst sein, dass sexueller Kontakt ambivalente Situationen mit sich bringt. Sexualdelikte sind daher nicht nur von der Gesetzessystematik und der Rechtsanwendung her höchst komplex, sondern auch in der genauen Feststellung der Sachverhalte. Das ist sehr schwierig, weil man nicht dabei war und weil man nicht weiß wer was wie gedacht hat. Zeugen gibt es nur in den aller seltensten Fällen, in denen zwei Menschen sexuellen Kontakt haben.

Vor diesem Hintergrund sollte vor der Reform (der Tatbestand ist ja jetzt in grausiger Gesetzesmethodik überarbeitet) Nr.3 (Ausnutzen einer schutzlosen Lage) natürlich nicht erfüllt sein, wenn das Opfer sich in einer bloßen sozialen Abhängigkeit (Angst vor familiären Unfrieden/Isolation, Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis, Verlustängsten) befindet und sich daher aus bestimmten Gründen (eigenen psychischen Druck) dem Täterhandeln nicht entzieht. Denn dann ist das Opfer eben nicht schutzlos gestellt (und die Verteidigungsmöglichkeiten wesentlich beeinträchtigt) wie es das Gesetz erforderte. Denn man ging und kann eigentlich auch davon ausgehen, dass Erwachsenen (!, für Kinder waren die Voraussetzungen selbstverständlich von jeher anders) es möglich und auch zuzumuten ist, einfach aus dem Raum zu gehen, wenn etwa der Arbeitgeber sich ohne Gewalt und Drohung sexuell annähert und nicht aus welchen Motiven auch immer ("Wenn ich das jetzt nicht mache, werde ich vielleicht irgendwann gekündigt") den Geschlechtsverkehr über sich ergehen lässt, obwohl die Person das nicht möchte. Wir reden hier schließlich vom Strafrecht, von einem scharfen Schwert, bei Vergewaltigung mit hoher Strafandrohung - insofern sollte es offensichtlich sein, dass allein moralisch fragwürdiges Verhalten und Unverschämtheiten nicht darunter fallen sollte.

In aller Klarheit und da schließe ich mich Fischer an: Das angebliche "Opfer" muss sich in solchen Fällen durchaus fragen lassen, wieso - auch wenn sie ein "Nein" geäußert hat - den Geschlechtsverkehr über sich ergehen lässt (also bereitwillig mitmacht, weil jedes wehren, wegstoßen etc. wieder Gewalt durch den Täter wäre) und nicht stattdessen den Raum verletzt.

Und noch zu 4:
Fischer meint hier wohl etwas wie: Wenn die Frau versucht sich zu entziehen (eben nicht zu dulden), muss der Täter Gewalt anwenden, um sie daran zu hindern (bspw. festhalten)?
Was ist denn, wenn die Frau sich aus welchen Gründen auch immer eben gerade nicht entzieht? Hat sie damit dann konkludent in die sexuelle Handlung eingewilligt?
Mir ist das Argument hier nicht klar.

Er meint damit: Entweder muss der Täter 1. Gewalt anwenden, 2. mit Gefahr für Leib oder Leben drohen oder 3. bewusst eine schutzlose Lage des Opfers ausnutzen. Wann Nr.3 und warum nicht eingegriffen hat, habe ich oben dargelegt. Meiner Meinung nach ist das zutreffend und damit alles abgedeckt um Erwachsene geistig gesunde Menschen zu schützen. Und salopp formuliert: Der Penis steckt wohl kaum so plötzlich drin, ohne dass das "Opfer" seine Hose bereitwillig auszieht oder der "Täter" Nötigungsmittel einsetzt, also auch eine schutzlose Lage bewusst ausnutzt.
 

Benrath

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Also für mich Laien noch mal ganz simple. Bei unstrittigem Sachverhalft dass:
1. Frau Nein gesagt hat
2. Er einfach trotzdem weiter macht
3. Sie sich sichtlich und für Ihn erkennbar vor Schmerzen windet.

Vergewaltigung Ja/Nein?

Muss sie sich zumindest versuchen zu entziehen? Warum?
 
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Das ist ja genau der Punkt: Die Tatsache, dass man sich z.t vorher "zur wehr setzen" musste, so dass es quasi als Vergewaltigung zählte ist bizarr.

Das würde ja z.B implizieren, dass man wenn man ein Messer an den Hals gehalten bekommt sich zwischen a) wehre dich und sterbe b) lass dich vergewaltigen aber da du dich nicht gewehrt hast.. wird es nicht den Tatbestand der Vergewaltigung darstellen

Allerdings finde ich dieses "Nein heißt Nein" auch "Quatsch"


A: "Lass Sex haben!?"
B: "Nein!"
B zieht sich aus und fängt an A oral zu befriedigen; anschließend haben A & B Sex. Während dieser Zeit wurden keine Worte gewechselt

-> Vergewaltigung

"ok"
 
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Also für mich Laien noch mal ganz simple. Bei unstrittigem Sachverhalft dass:
1. Frau Nein gesagt hat
2. Er einfach trotzdem weiter macht
3. Sie sich sichtlich und für Ihn erkennbar vor Schmerzen windet.

Vergewaltigung Ja/Nein?

Muss sie sich zumindest versuchen zu entziehen? Warum?

Zu 2.: was heißt er weiter macht ? Da fängt es doch schon an. Solche Feststellungen gibt es im weiteren Sinne ähnlich vereinfacht auch bei Gerichten, wo dann (ich erinnere mich an einen BGH Fall) das Opfer „plötzlich“ im Büro des Chefs den Penis im Mund hat und ihn bis zum Samenerguss oral befriedigt. Was ist dazwischen passiert ? Dazu gibts keine Feststellungen, dann wird auch aufgehoben.

Sobald die Beine zusammen sind und auseinandergedrückt werden, haben wir doch Schon ein nötigungsmittel. Genauso wie festhalten und ausziehen oder Tür abschließen (da wird auch schutzlose Lage regelmäßig zu bejahen sein).

Klar ist das auch Vergewaltigung nach alter Rechtslage.

@phil
Es gibt kein Erfordernis, dass das Opfer sich zur Wehr setzt. Mag das ja immer behauptet werden.
Das war nach alter Rechtslage aber nie der Fall. Das ist keine Voraussetzung von Gewalt, Drohung oder ausnutzen einer schutzlosen Lage - wie hier schon oft gesagt wurde.

Was du beschreibst ist doch eine klassische Drohung. Mehr Vergewaltigung geht nicht.
 
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Das ist ja genau der Punkt: Die Tatsache, dass man sich z.t vorher "zur wehr setzen" musste, so dass es quasi als Vergewaltigung zählte ist bizarr.

Finds eher lächerlich, dass man Frauen nicht zutraut, sich wehren zu können. Solange der Typ keine Waffe dabei hat oder einen auf krassen Hooligan macht, kann die Frau sich wehren.

Dass man direkt in ne Schockstarre verfällt, nur weils ein Mann ist, ist lächerlich und auch nicht der üblichen Realität entsprechend.
 
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Dann hab ich das falsch in Erinnerung.

Letztlich kenn ich mich mit dem Thema nicht gut genug aus.

Für mich ist gefühlt eh der "interessantere" Bereich in den "Grauzonen" angesiedelt. Ich meine wenn ein Fremder eine Fremde vergewaltigt sollte die Lage (je nachdem was Untersuchungen usw.. ergeben) relativ klar sein.

Aber in Beziehungen/Partnerschaft/sexuellen Kontakten finde ich das alles viel komplizierter. Wie oft hat man schon Sex gehabt obwohl die Person erst keine "Lust" hatte und das auch verbalisiert. Relativ oft wenn man die andere Person doch "rattig" gemacht hat. Relativ normale Begebenheit.

Und was wäre dann in so einem Fall genau Sache wenn die Frau dann auf eine Vergewaltigung pocht weil sie ja am Anfang "Nein" gesagt habe?

Oder nehm ich dieses "Nein heißt Nein" einfach zu wörtlich? Vermutlich..
 
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Finds eher lächerlich, dass man Frauen nicht zutraut, sich wehren zu können. Solange der Typ keine Waffe dabei hat oder einen auf krassen Hooligan macht, kann die Frau sich wehren.

Dass man direkt in ne Schockstarre verfällt, nur weils ein Mann ist, ist lächerlich und auch nicht der üblichen Realität entsprechend.

Ich glaube da geht es eher darum, dass wehren zu "schlimmeren" als Vergewaltigung führen kann. Z.b TOD..

Also so hab ich das immer interpretiert. Also kann dahingehend deiner Logik nicht ganz folgen.


Wie es dann (individuell) passiert - keine Ahnung. Aber es könnte durchaus sein, dass "es sich über sich ergehen zu lassen" .. "sicherer" ist.. als dagegen anzukämpfen.

Da jetzt Statistiken zu bemühen ist mir zu aufwendig und dafür ist mir das Thema auch nicht wichtig genug.. aber kann es mehr als verstehen wenn man sich nicht wehrt.
 
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Aber es könnte durchaus sein, dass "es sich über sich ergehen zu lassen" .. "sicherer" ist.. als dagegen anzukämpfen.

Natürlich gibt es diese Situationen, aber die werden imo aufgebauscht und irgendwie als normal dargestellt. Im Normalfall kann man sich wehren.
 
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trollst du jetzt? Also wenn es "in der Öffentlichkeit" stattfindet glaub ich kann man durch wehren/aufmerksamkeit erregen vermutlich viel machen;

aber ich vermute mal selbst durch Fremde wird eine Vergewaltigung in 99% der Fälle irgendwo/irgendwie stattfinden wo es eher weniger Leute mitbekommen??

Und wenn es in einer Beziehung/Ehe/ bzw. unter "Sexualpartnern" stattfindet dann ist es ja quasi "1vs1" (ô.Ô)

und idR ist der Mann schon der stärkere; klar Ausnahmen gibt es immer - aber zwischen "man kann sich wehren" und "man kann sich erfolgreich wehren" ist ein ziemlich großer Unterschied (evtl der größt möglichste.. nämlich zwischen Leben & Tod)
 
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Es ist doch völlig richtig, nicht nur auf das zu schauen was passiert ist, sondern primär darauf, was nach Stand aller Informationen der wahrscheinlichste Wille aller Beteiligten war. Das Spektrum dessen, was zwei Menschen miteinander vereinbaren können ist seeeehr sehr groß. Jeglicher Sado-Maso-Sex wird ja automatisch zur Vergewaltigung, wenn man nur auf das faktische Geschehen schaut. Wichtig ist aber die Frage: Wusste der Beschuldigte, dass er sich gerade über den Willen des Opfers hinwegsetzt oder ist es glaubhaft, dass er in der Überzeugung handelte, dass genau der Ablauf das ist, was beide wollten?

Deshalb läuft es oft auf die Glaubwürdigkeit der Beteiligten hinaus. Ich hatte in der Akutpsychiatrie Borderlinerinnen, die haben sich massiv selbst verletzt, bis hin zur Verstümmelung, um ihrem "Freund" 'ne Vergewaltigung anzuhängen. Der kam nur davon, weil ihre psychiatrische Vorgeschichte bekannt war und sie das schon öfter versucht hatte. Was natürlich nicht heisst, dass er sie nicht vergewaltigt haben könnte, aber wenn es keine Zeugen gibt, muss man eben abwägen und dann ist es besser, im Zweifel jemanden davon kommen zu lassen, als jemanden unschuldig einzusperren. Und kein JaIstJa wird daran irgendwas ändern.
 
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In aller Klarheit und da schließe ich mich Fischer an: Das angebliche "Opfer" muss sich in solchen Fällen durchaus fragen lassen, wieso - auch wenn sie ein "Nein" geäußert hat - den Geschlechtsverkehr über sich ergehen lässt (also bereitwillig mitmacht, weil jedes wehren, wegstoßen etc. wieder Gewalt durch den Täter wäre) und nicht stattdessen den Raum verletzt.
Ehrlich gesagt, war das bis vor nicht so langer Zeit auch meine Auffassung. Inzwischen kann ich sie aber nicht mehr vertreten. Denn einerseits widerspricht sie imo unseren besten Erkenntnissen über menschliches Verhalten; andererseits halte ich sie auch vom Prinzip her für falsch.

Zum Ersten: Es erscheint erstmal plausibel, dass ein Opfer sich fragen lassen muss, warum es gegen seinen Willen auf minimale Maßnahmen des Selbstschutzes verzichtet (kleinste körperliche Gegenwehr oder eben Flucht). Aber wir wissen, dass menschliches Verhalten eben in den seltensten Fällen rationalen Erwägungen folgt. Es gibt zig Berichte von Opfern, denenzufolge man von einem sexuellen Angriff derart überwältigt sein kann, dass man tatsächlich gar nichts mehr tun kann: weder fliehen, noch sich widersetzen.
Kann ich persönlich das nachvollziehen? Tatsächlich kann ich das nicht. Aber ich maße mir nicht an, es wegzuwischen, nur weil ich es nicht verstehe.

Zum Zweiten: Alle empirischen Befunde mal beiseite, ich sehe schon vom Prinzip her nicht, warum man sich mit Hilfskonstruktionen wie "Ausnutzen einer Lage schutzlosen Ausgeliefertseins" herumplagen sollte. Das schutzwerte Rechtsgut ist die sexuelle Selbstbestimmung. Warum schützen wir sie nicht direkt, statt diesen Umweg zu gehen?
Ich wage mal einen Vergleich: Das Recht am Eigentum ist durch unser StGB umfangreicher geschützt als das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Wenn jemand unter meinen Augen mein Eigentum wegnimmt, genügt es völlig, dass ich sage: "Lass das, ich will nicht, dass du das nimmst." Widersetzt er sich (mit Aneignungsabsicht), dann macht er sich des Diebstahls strafbar. Setzt jemand dazu an, meine sexuelle Selbstbestimmung zu verletzen, dann war nach alter Rechtslage quasi alles unter der Schwelle des Raubs straffrei. Das war in etwa so, als würde man mir zumuten, dass ich nicht nur verbiete, dass jemand meine Sachen nimmt, sondern ihn aktiv an der Wegnahme hindern muss, z.B. indem ich sie in Sicherheit bringe.
Verdient Sacheigentum wirklich mehr Schutz als eines jeden Recht souveräner Entscheider über alle sexuellen Zugriffsrechte an seinem Körper zu sein?

Nochmal auf den Fall von oben bezogen: Wenn die Frau zweimal klar gesagt hat, dass sie keinen Analsex will, was sollte es interessieren, warum sie danach nicht fest genug die Arschbacken zugekniffen oder sich stärker gewunden hat, ob die Türen verschlossen waren, ob die Nachbarn sie hätten hören können usw.?
Es ändert nichts daran, dass der Täter sich gegen ihren erkennbaren Willen Zugriff verschafft hat und genau darin besteht der Rechtsbruch.

Es ist klar, dass man den Willen des Opfers nicht bedingungslos schützen kann: Er muss wenigstens so ausgedrückt werden, dass der Täter ihn auch erkennt (oder bei normaler Auffassungsgabe hätte erkennen müssen).
Ich sehe aber keinen stichhaltigen Grund, weshalb man höhere Hürden setzen sollte als diese.
Jede weitere Qualifizierung sollte imo nur das Strafmaß betreffen. Selbstverständlich gehört jemand, der nur "einfach weitermacht" ceteris paribus weniger hart bestraft als jemand, der dabei Gewalt anwendet. Man muss ersteres auch nicht Vergewaltigung nennen. Es geht nicht um Begriffe, sondern um die Sanktion eines bestimmten Verhaltens.
 
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So einfach ist das aber nicht. Du gehst davon aus, alle Fakten definitiv und unstrittig zu kennen. Das ist vor Gericht aber nicht immer Fall.

z.B.: §15 StGB: "Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht."

Irrt der Täter über ein Tatbestandsmerkmal, handelt er nicht strafbar. Nehme ich Dir etwas weg, von dem Du behauptest es gehöre Dir, von dem ich aber annehme es gehöre Dir gar nicht, dann ist Dein "Nein!" in dem Falle völlig irrelevant, denn in meiner Betrachtung der Situation hast Du ja gar keine Rechte an dem Gegenstand auf die ich Rücksicht nehmen müsste. Ist meine Darstellung glaubwürdig, wird es auch keine Verurteilung wegen Diebstahls geben. Es ist also nicht so wie Du beschreibst, dass das Eigentum besser geschützt ist als die sexuelle Selbstbestimmung. Auch beim Eigentum ist von Belang, ob der Täter wusste oder hätte wissen müssen, dass er einen Diebstahl begeht.

Selbiges bei einer Vergewaltigung. Behauptet der Täter, das "Nein" der Frau gehöre zum üblichen Ritual zwischen den beiden, sie hätte stets gewünscht, hart durchgenommen zu werden und stehe in geradezu perverser Weise auf schmerzhafte Penetration, hätte ein Safeword gekannt aber nicht genutzt etc. pp... dann kann es durchaus möglich sein, dass die Frau exakt diesen Tatablauf auch so wollte. Dass das extrem unwahrscheinlich ist, darüber brauchen wir nicht diskutieren, aber Du kannst es nicht per se ausschließen. Und dann wäre es halt keine Vergewaltigung, obwohl der Ablauf identisch ist. Siehe Sado-Maso-Szene. Also kommt es, völlig zu Recht auf die Ermittlung des mutmaßlichen Willens der Beteiligten an (...und die Tatsache, ob der Beschuldigte diesen Willen hätte erkennen können und müssen) und nicht auf den "Vorgang an sich" in der Einzelbetrachtung.
 
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So einfach ist das aber nicht. Du gehst davon aus, alle Fakten definitiv und unstrittig zu kennen.
Warum sollte ich davon ausgehen?


Es ist also nicht so wie Du beschreibst, dass das Eigentum besser geschützt ist als die sexuelle Selbstbestimmung. Auch beim Eigentum ist von Belang, ob der Täter wusste oder hätte wissen müssen, dass er einen Diebstahl begeht.
Es ist in jedem Fall von Belang, ob der Täter wusste, was er tat. Davon bin ich in beiden Fällen ausgegangen - alles andere wäre sinnlos.
Mir erschließt sich kein Sinn hinter deinen Bemerkungen.
 
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Warum sollte ich davon ausgehen?
Du schreibst: "Wenn die Frau zweimal klar gesagt hat, dass sie keinen Analsex will...
...sich gegen ihren erkennbaren Willen..."

Das ist so klar aber nicht erkennbar.

Weil ich mit meiner Frau vereinbaren kann, ein Sexspielchen zu spielen in dem sie genau das tut und das ist nicht strafbar. Es genügt also nicht, nur auf den Vorgang zu schauen und dann aus zu sagen: "Ist doch völlig klar!". Wenn Du sagst "Ihr Wille war klar erkennbar" unterstellst Du, eine Wahrheit zu kennen, die vielleicht gar nicht immer so klar ist.

Nun kann es natürlich sein, dass der Täter das so bestätigt, "Ja Herr Richter, ich hab gemerkt, dass sie das nicht wollte und es hat mich nicht interessiert!". Dann wird der sicher auch verurteilt, auch nach jetziger Rechtslage. Die Probleme bekommen wir doch erst, wenn er sagt "Moment mal, so haben wir immer schon gefickt und die wollte das immer genau so haben!". Dann kennst Du die Wahrheit nämlich nicht mehr und musst schauen, welche Geschichte glaubwürdiger erscheint. Und dann sind wir wieder beim Punkt, an dem "JaIstJa" gar nichts bringt, weil wenn eine Partei heute lügt, kann sie das genauso auch später tun und wir sind wieder bei der Glaubwürdigkeit.
 
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Der geschilderte Sachverhalt ist der vom Gericht ermittelte. Ob der jetzt der Wahrheit entspricht oder nicht, ist irrelevant für diese Diskussion. Hier gehts doch darum, wie Sachverhalte rechtlich zu bewerten sind, nicht wie man sie ermittelt.
 
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Alles klar, jetzt kapier ich worauf Du hinauswillst. Wald, Bäume. Habe mir oben stehendes Urteil nochmal in Gänze durchgelesen, der Aspekt der Bedrohung wird ja im Grunde bejaht, aber das Vorurteil dennoch aufgehoben, weil die zur Verfügung stehenden Mittel zu Flucht, Hilfe durch Dritte oder Widerstand nicht genügend geprüft wurden. Das ist imho aber eher eine formaljuristische Rüge und kein "Freispruch". Die Unterinstanz dürfte nach Rückverweisung ähnlich geurteilt haben, nur die Begründung besser ausformuliert haben. Der Kerl ist sicher nicht unverurteilt davon gekommen möchte ich wetten.

Warum das aber nun noch unbedingt notwendig sein soll, wenn im Grunde unstrittig ist, dass der Willen des Opfers vorsätzlich gebrochen wurde, erschließt sich mir auch nicht.
 

Moranthir

GröBaZ
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Finds eher lächerlich, dass man Frauen nicht zutraut, sich wehren zu können. Solange der Typ keine Waffe dabei hat oder einen auf krassen Hooligan macht, kann die Frau sich wehren.

Dass man direkt in ne Schockstarre verfällt, nur weils ein Mann ist, ist lächerlich und auch nicht der üblichen Realität entsprechend.

Einerseits kommen diese Schockstarresituationen durchaus vor, anderseits sind durchschnittliche Frauen weak af. Wer einmal mit Frauen gesparrt hat oder gerollt ist, weiß das. Hatte genau einmal in meinem Leben ein spannendes Sparring mit einer Frau. Die war WKA Amateur-Weltmeisterin bis 80kg oso, wenn das noch unter den Begriff Frau fällt.
Sich zu wehren kann natürlich Leute abschrecken, aber wenn es hart auf hart kommt, kann es auch eine rationale Strategie der Schadenreduzierung sein, sich nicht zu wehren.

Natürlich gibt es diese Situationen, aber die werden imo aufgebauscht und irgendwie als normal dargestellt. Im Normalfall kann man sich wehren.
Ernsthafte Frage: Hast du mal mit einer Frau gekämpft?
 
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