Sammelantwort ticor/dschosch:
Ich würde sagen es sind im wesentlichen drei: ökonomische Gründe, genetisch/epi-genetische disposition, sozial-tradierte disposition. Ihre relative Stärke dürfte meiner subjektiven Einschätzung nach in der Reihenfolge in der ich sie nannte abnehmen.
Worauf ich mich bei den nordischen Ländern bezog ist, dass dort das empowerment der weiblichen Gesellschaftsmitglieder weltweit deutlich am stärksten ausgeprägt ist. D.h. es gibt schon seit längerem ordentliche Vorbilder und Beispiele für Frauen mit Erfolg und in relevanten Positionen. Ebenso ist dort die Erziehung sehr egalitär, Pippi Langstrumpf sei hier als altes Paradebeispiel aus Schweden genannt. Entsprechend erscheint es plausibel, dass der Einfluss einer klischeehaften Erziehung in diesen Ländern, gegenüber z.B. DE oder CH, relativ geringer ist. Der ökonomische Druck einen gut bezahlten Job anzunehmen dürfte allerdings z.B. in DE/CH ähnlich groß oder klein wie in den nordischen Ländern, bzw. nicht krass unterschiedlich.
Nun ist es aber trotzdem so, dass gerade dort, wo sowohl ökonomischer Druck, als auch gesellschaftliche Prägung am ehesten als so geframed erscheinen, dass eine vollständig freie Persönlichkeitsentfaltung möglich erscheint, die Frauen stärker in Richtung Klischee zu neigen scheinen. Und genau das ist es was mich zu dem Schluss bringt, dass dieser dritte Faktor hier ausschlaggebend erscheint.
Ich würde behaupten, dass gesellschaftlich konstruierte Rollenbilder in den nordischen Ländern eine merklich geringere Rolle spielen als in DE, ja.
Es stellt sich imho weniger die Frage wie man optimal sozialisieren soll, als vielmehr was wir als Gesellschaft wollen. Wollen wir die Gleichstellung in dem Sinne, dass Frauen und Männer jeweils näherungsweise 50% aller gesellschaftlichen Aufgaben wahrnehmen––unabhängig von der Aufgabe? Oder wollen wir eine Gleichberechtigung in der jeder grundsätzlich gleich behandelt wird, aber eine Ungleichverteilung entsprechend nicht als Problem aufgefasst wird. Beides Gleichzeitig führt imho zu einem schlecht bis gar nicht aufzulösenden Zielkonflikt.
Die unselige Debatte um Führungspositionen in Politik und Konzernen illustriert das sehr schön. Es ist gerade in Parteien die paritätisch aufstellen für Frauen lächerlich einfach eine Position mit Verantwortung einzunehmen. Dieser Umstand wird dadurch erzeugt, dass Frauen dort, wie auch in Konzernspitzen, stark unterrepräsentiert sind und eine Quotierung entsprechend den Wettbewerb (nehmen wir mal an, dass Mauschelei keine Rolle spielt) um die Plätze auf der Frauenseite entspannt und auf der Männerseite verschärft.
Zumindest unter ein paar halbwegs plausiblen Annahmen weicht das das Leistungsprinzip auf und führt zu Rechtfertigungsdruck.
Ich bin selbst der Meinung, dass eine Gleichverteilung, bzw. das Repräsentationsprinzip nach dem ein Gremium die Gesellschaft wiederspiegeln sollte, vor allem für politische und sonstige gesellschaftsunmittelbare Ämter eine Rolle spielt und auch sinnvoll ist. Für Konzerne sehe ich eher das Leistungsprinzip vorne. Allerdings lässt sich gerade bei Großkonzernen argumentieren, dass diese durch ihre Größe auch gesellschaftsrelevant werden.
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass es auf das Gleichstellungsprinzip hinausläuft, weil es auch für leistungsorientierte Frauen ein krasser Affront ist wenn die üblichen Verdächtigen der Singen/Klatschen-Fraktion ihnen durch Quotierung o.ä. gleichgestellt werden.
In Parteien liegt es, wie ich glaube, v.a. daran, dass Parteiarbeit typisch männlich konnotierte Eigenschaften erfordert. Durchsetzungsvermögen, Streitlust, Machtorientierung, Korpsgeist/Loyalität in kleinen Gruppen, Hinterfotzigkeit (letzteres ist wohl auch weiblich konnotiert, ist aber in der Politik auch wichtig)
Going full circle: Meine Erfahrungen auch mit sehr sehr guten Studentinnen sagen mir, dass Frauen häufig genug zwar technisch problemlos in der Spitze mitspielen, aber entweder zu harmoniebedürftig und/oder zu wenig ehrgeizig und selbstbewusst sind, um wirklich auf den ersten Platz zu kommen. Die Präferenz für soziale Berufe konnte ich nicht wirklich "testen" da es quasi ausschließlich VWL Studis waren, allerdings sagt mein Eindruck, dass sich auch das tendenziell in der Praxis bestätigt. Zumindest sind die eher technischen Disziplinen in BWL/VWL tendenziell eher eine Männerdomäne, während Marketing und HR eher von Frauen dominiert wird. Ist aber wirklich nur eine Tendenz.
tldr: Hauptsache keine Dummschwätzer oder Dünnbrettbohrer in Führungspositionen. Wenn's dann 'ne Frau ist, ist es mir auch wurscht.