Original geschrieben von sHaO-LiNg
Prinzipiell stimm ich dir ja zu, aber du scheinst eins zu vergessen: Die deutsche Universität ist keine Berufsschule. Die deutsche Universität ist eine akademische Institution.
Für jemanden wie mich z.B., der überhaupt kein Interesse daran hat, sich auch nur über praktische Qualifikation den Kopf zu zerbrechen, ist ein Bachelor-Studium völlig ungeeignet.
Auch mit einem Kombi-Bachelor kann ich nicht die Fächerung eines Magister-Studiums erreichen, ganz zu schweigen vom Niveau.
Denn was nützt es bitte, gerade diejenigen, die sich mehr für wissenschaftliche als berufliche Bildung interessieren, erstmal trotzdem mit den anderen in ein Boot zu setzen, wo sie dann zu "Qualifikationen" gedrängt werden, die ihnen nur ein Klotz am Bein sind?
Man hätte das ganze System dualisieren sollen (Oberschule und Hochschule), dann wär für jeden was dabei und jeder könnte sich nach seinen Vorstellungen und Möglichkeiten einordnen. Höhe Anforderungen für wissenschaftliche Studiengänge? Kein Ding, aber BA/MA-Grütze herzunehmen und Einheitsbrei draus zu machen, war typisch politisch, typisch dumm.
Genau dieselbe Einfältigkeit hat uns bereits das Gymnasium kaputt gemacht, das inzwischen folgerichtig von denselben Grießhirnen abgeschafft werden soll.
Armes Deutschlend, Pseudo-Bildungsland.
Gerade das vergesse ich eben nicht. Man muss trennen zwischen Bachelor/Master-Abschlüssen und dem Hochschulsystem als solchem. Du sagst es ja selber in einem späteren Post. Die Universität ist eher für die wissenschaftliche Ausbildung gedacht. Eine Berufsqualifizierung ist das, was von FHs geleistet werden sollte. Ich will hier mit Sicherheit nicht (wieder) eine Uni-vs-FH-Debatte vom Zaun brechen, aber Fakt ist, dass wissenschaftliches Arbeiten an der FH (fast) nicht stattfindet. Hier geht es um Berufsvorbereitung, Praxisnähe. Die FH versteht sich auch nicht als wissenschaftlich bildende Institution. Das will sie nicht leisten und das kann sie auch nicht leisten. Und das sollte sie auch meiner Meinung nach nicht leisten.
Im Rahmen einer Einführung von Bachelor/Master hätte man die FHs massiv stärken sollen. Die besten akkreditierten Bachelorstudiengänge wurden (bin nicht mehr ganz up-to-date, aber vor nem halben Jahr war das bei weitem so) alle von FHs angeboten. Du bist eher ein Einzelfall. 80-90% aller Studenten lernen nicht des Lernens wegen, sondern für einen guten Abschluss, um eine Chance zu bekommen, einen guten Job zu bekommen. Mackiavelli ist mit seinem Post das beste Beispiel dafür.
Original geschrieben von Mackiavelli
@ BigBadWolf: Gutes posting und du magst Recht darin haben. Es wird nun aber jeder der das Zeug dazu hat den Master anstreben, um nicht sofort bei den "unter 50%" oder wie immer man das nennt zu landen.
Ich machs genauso, ich werde nicht ohne Master nach Hause gehen. Mein Fach interessiert mich aber kaum und ich will auch NIEMALS was wissenschaftliches machen, ich will einfach solide dastehen und das geht mit nem bachelor nicht. Das ich die gelernten Inhalte später sowieso nicht brauche, ist mir bewusst. Ich bin auch nicht an der uni um was zu lernen, oder klüger zu werden, sondern einzig und alleine um so viele credit-points abzugreifen, dass am Ende ein Abschluss dabei herausspringt.
Ich finde das überhaupt nicht schlimm! Ich finde es sogar gut, dass er so ehrlich ist. Er will den Master nur machen, weil er ihn machen MUSS, um im Rennen um die besseren Arbeitsplätze einen Schritt nach vorne zu machen. Oder zumindest an der gleichen Stelle zu bleiben (Stichwort Bildungsinflation). Wenn der Großteil der Leute ehrlich zu sich ist, dann wird er genau das, was Mackiavelli schreibt, einsehen – sie machen nicht den Abschluss, weil sie interessiert an den Inhalten sind, sondern weil sie den Abschluss brauchen. Wenn es ersteres wäre, dann könnten sie sich nämlich auch selber bilden.
Wenn jetzt aber eh die meisten einfach nur „studieren“, um später in die Wirtschaft zu gehen (das ist fraglos der Fall), dann macht es nur Sinn, diesen Aspekt in der Lehre verstärkt zu fokussieren. Und hier sehe ich die Aufgabe der FHs. Allerdings werden sich eben die Unis die Butter nicht vom Brot nehmen lassen. Das wird einfach nicht passieren, obwohl es so viel sinnvoller wäre. Eine Konkurrenz zwischen FHs und Unis, die beide genau das gleiche anbieten (einen verschulten Bachelor), bringt niemandem etwas!
Was die Unis angeht: Seitdem um die 40% eines Jahrgangs auf das Gymnasium gehen, seitdem nicht mehr (nur) die Top 10% eines Jahrgangs an die Unis gehen, genau seit diesem Zeitpunkt ist – wie du bemerkt hast – der Sinn der Universität untergraben worden. Die Universität soll keine Berufsvorbereitung für eine immer mehr verlangende Wirtschaft leisten. Warum auch? Ich sage es nochmal – nur die Methoden, die an der Universität vermittelt werden, werden tatsächlich im Job benötigt. Methoden des Wissenserwerbs, des selbstregulierten Lernens, der Kommunikation. Wenn natürlich im Zuge einer BA/MA-Umstellung einfach nur die ersten 6 Semester des Diplom-Studienganges auf die 6 BA-Semester umgeschlagen werden, bringt das nichts. Das ist allerdings kein Problem der Abschlüsse, sondern der Umsetzung! Hier sollten FHs mehr ins Spiel kommen.
Original geschrieben von Comeondieyoung
Aber darum geht es doch auch, diejenigen die tatsächlich auch am Lernen interessiert sind, für die ist der Bachelor nur ein weiterer Verdummungsprozess und man steht qualitativ schlechter da als zuvor, was besonders bei Geisteswissenschaften, eine Disziplin die ernsthaft betrieben eine gute Allgemeinbildung vorraussetzt, sehr negativ ist.
Ja und Nein – du hast zwar größtenteils recht, wenn du mit einem „ernsthaften“ Studium der Geisteswissenschaften argumentierst, aber die Frage ist: Wozu? Wozu brauche ich dieses Wissen? Warum muss ich mir das Wissen an der Universität im Rahmen eines Abschlusses aneignen? Gerade bei den Geisteswissenschaften gilt das Argument, dass nur die gelernten Methoden für den späteren Beruf relevant sind. Wenn du sie – wie du es nennst – ernsthaft betreiben willst, dann ist auch der wissenschaftlich orientierte Master das Richtige für dich. Glaube aber nicht, dass auch nur 30% eines geisteswissenschaftlichen Studiengangs ein Interesse daran haben... Die meisten wollen studieren NICHT des Faches und seiner Inhalte wegen, sondern weil sie später einen Job wollen! Dafür brauch es keinen Master.
Original geschrieben von Fragman[XiC]
Also ich kann auch nur von mir persönlich sprechen.. aber ich sehe mich nach 6 semestern bachelor NICHT vernünftig "gebildet"...
Tja, ganz ehrlich – ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich nach fünf Jahren vernünftig „gebildet“ fühlen würdest.
Original geschrieben von Devotika
Tja, scheinst kein analytisches Denkvermögen zu besitzen. Inwiefern sollte sich an dem bildungstechnischen Rüstungswettlauf etwas ändern? Man nimmt halt den Kandidaten mit der besseren Quali. Wenn alle gebildeter werden, nimmt man immer noch den mit der besseren Quali. Die Überqualifizierung ist das Ergebnis der Konkurrenz in dieser Gesellschaft, nicht der Gestaltung der Abschlüsse.
Im Übrigen kann man garnicht gebildet genug sein, ich sehe da also keine Geldverschwendung.
Die Finanzkrise ist ein gutes Beispiel. Zusätzliche Bildung hätte allen Bankmitarbeitern geholfen, eher zu reagieren.
Natürlich ändert sich an dem bildungstechnischen Rüstungswettlauf nichts. Das habe selbst ich mit meinen beschränkten analytischen Fähigkeiten bereits gemerkt. Allerdings wurde dieser mit Einführung des BA/MA-Systems zumindest teilweise aufgehalten oder verlangsamt. Ein weiterer Schritt sind rigorose Zugangskontrollen zu den Master-Studiengängen UND eine sinnvolle Gestaltung des Bachelors, so dass dieser wirklich eine Berufsqualifizierung erreicht und damit von der Wirtschaft angenommen wird. D.h. eben, dass nicht einfach nur eine Um-Etikettierung stattfindet, sondern auch inhaltliche Änderungen vorgenommen werden. Und Methoden in den Vordergrund gestellt werden. Wenn Leute mit einem Bachelor von der Wirtschaft angenommen werden, macht es für sie überhaupt keinen Sinn mehr, einen Master zu machen. Wenn aber JEDER einen Master machen kann, dann wird ihn auch jeder machen – einfach, weil alle denken, dass sie sonst gefickt sind im Bildungswettlauf. Entsprechend wäre es das dümmste, was passieren könnte, wenn alle den Master machen könnten. Denn dann hätte man auch auf das BA/MA-System verzichten können. Vielleicht denkst du den Punkt einfach nochmal zu Ende.
Die Finanzkrise ist übrigens das denkbar ungünstigste Beispiel für deine Thesen. Mit BILDUNG, die an der Uni erworben wird, hat sie nämlich rein gar nichts zu tun. Aber ausführen will ich das jetzt nicht...
Original geschrieben von Dekonstruktion
Es geht doch beim Master wirklich nicht darum, dass man berufsrelevantes Wissen erwirbt. Entscheidender ist doch vielmehr, dass man in der Auseinandersetzung mit anspruchsvollen wissenschaftlichen Problemen wächst. Natürlich kann man in einem Fach wie Bwl in den ersten 4-6 Semestern das berufsrelevante Handwerkszeug lernen, was fehlt ist jedoch die eindringliche Beschäftigung mit den Inhalten. Gerade beim Bachelor wird ja die Lektüre von Originaltexten immer mehr von Lehrbüchern abgelöst. Das führt zwar eineseits zu schnellerer Aufnahme von Inhalten, aber es fehlt die Sperrigkeit der Klassiker. Doch gerade an schwierigen Texten lernt man eigenständig zu denken, verschiedene Positionen gegeneinander auszuspielen etc. Dies sollte eigentlich auch in der Wirtschaft noch unabdingbar bleiben. Bescheuert mutet es daher an, wenn selbst mittelmäßie Unis wie Paderborn mit strengster Quotenregelung versuchen, aus dem Master ein Privileg für eine Gruppe der lucky few zu machen. Quoten von 10-20 Prozent entsprechen ja sonst eher der Anzahl von Promotionsstudenten nach dem Diplom/Magister.
Ich bin der Überzeugung, dass man in den ersten sechs Semestern genügend Methodenwissen anhäufen kann, um in der Wirtschaft zumindest anfangs zu bestehen. Alles weitere kommt dann im Job. Oder die Wirtschaft soll sich selbst kümmern (was sie mit Trainee-Programmen etc. auch schon tut). Ich bin wirklich davon überzeugt, dass man mit seinen Aufgaben wächst, auch mit den Aufgaben, die man im Beruf übernimmt.
Original geschrieben von Dekonstruktion
Aber abseits von WiWi bringt doch der Abschluss des Bachelors nahezu nichts. Er ist sicher besser als ein Vordiplom, aber was bringt ein Bachelorbiologe/Physiker/Philosoph?
Ich würde behaupten, dass in der Mehrzahl der Studienfächer ein Bachelor ausreichend ist. In Naturwissenschaften ist es eine zweischneidige Sache. Wie gesagt – ich halte viele Leute nach einem Diplom- oder sogar Promotionsstudium (Bio/Chemie) für deutlich überqualifziert in Bezug auf ihre spätere Arbeit. Ich lehne mich vielleicht ein Stück zu weit aus dem Fenster, aber ich denke, für viele Jobs würde wahrscheinlich auch in den Naturwissenschaften ein dreijähriges Studium ausreichen. Nicht, wenn einfach nur eine Um-Etikettierung stattfindet, aber wenn die Inhalte überarbeitet werden, dann schon. Ich kenne mehrere Leute, die mit ihrem Bachelor in Molekularbiologie ganz gute Stellen gefunden haben. Aber das war eben auch ein Studiengang, wo nicht mehr in den ersten zwei Jahren die Namen irgendwelcher Mose und Farne gelernt wurde, so wie im Bio-Diplomstudium. Sondern es wurde sehr viel Wert auf praktisches Arbeiten gelegt. Das reicht...
Original geschrieben von Fragman[XiC]
Artikel 12 : freie Berufswahl
Darum kann sich auch jeder hanswurst in jeden Studiengang einklagen.
So ein Dummfug. Kann ich mich jetzt auch bei McKinsey einklagen, wenn die mich nicht wollen? Wer etwas will, aber nicht schafft, der hat halt einfach nicht das Zeug dazu. So einfach ist das. Rechtliche Winkeladvokaterei ist in diesem Fall einfach fehl am Platze und geht völlig an der Realität vorbei. Wir leben nicht in einer „Wünsch dir was“-Welt.