Natürlich ist die Erkenntnis nur subjektiv möglich, aber sie beansprucht intersubjektive Gültigkeit. Wenn ich sage, dass etwas schön ist, meine ich damit nicht, dass es nur für mich schön ist, als wenn ich etwa sage, dass diese oder jene Eissorte mir besonders zusagt, sondern ich erhebe damit den Anspruch, dass dieses Urteil allgemeine Gültigkeit besitzt und somit auch von anderen Menschen geteilt werden müsse.
Im Übrigen würde ich davon abraten, den Aspekt der Schönheit hier überzubewerten, da sie als eindimensionale Darstellung der Komplexität des Sachverhalts nicht gerecht wird. Mit dem Anspruch der Schönheit ist der Zweck eines Kunstwerks ja keineswegs erfüllt - sie ist für viele Zwecke sicherlich ein dienliche und erwünschte Voraussetzung, aber keineswegs spezifisch genug, um einzig anhand dessen zu beurteilen, ob ein Kunstwerk für einen bestimmten Zweck die adäquate Wahl ist; manchen Zwecken wäre sie sogar abträglich und viele Kunstwerke sollen überhaupt nicht schön sein.
Original geschrieben von Watchful_Eye
Wenn du sagst, es gibt einen "guten" und einen "schlechten" Geschmack, dann sagst du damit ja aus, dass Geschmack objektiv bewertbar ist.
Nein, tue ich nicht. Diese Äußerung war auf den persönlichen Geschmack bezogen, der gut oder schlecht sein kann insofern, als dass er ausgebildet oder eben verkümmert sein kann. Anders ausgedrückt: Man wird nicht mit einem guten Geschmack geboren, sondern erlangt ihn mit der Zeit. Jenachdem, welche Ansprüche man verfolgt und wieviel Mühe man hineinsteckt, ist einem dabei auch mehr oder weniger Erfolg beschieden, so dass man schlussendlich bei einem besseren oder schlechteren Ergebnis, eben einem guten oder schlechten Geschmack ankommt. (Die Veranlagung ist in dieser Betrachtung mal außen vor gelassen, obwohl sie sicherlich auch eine Rolle spielt.)
Original geschrieben von Watchful_Eye
Jetzt ist die Frage, wie machst du das? Nach welchem Qualitätsmaßstab gehst du vor? Was macht ein Kunstwerk "gut" oder "schlecht"?
Es gibt kein "gutes" oder "schlechtes" Kunstwerk, sondern lediglich ein Kunstwerk, das gut oder schlecht den Zweck erfüllt, für den es gedacht ist.
Gerade im historischen Kontext spricht man gerne von "großen" Kunstwerken, worunter sicher zum einen stilbildende Merkmale, zum anderen besondere handwerkliche und künstlerische Vollendung, zu einem gewissen Grad aber sicherlich auch eine gewisse Willkür zu verstehen sind.