Langeweile am Arbeitsplatz

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Hallo zusammen,

Mir drückt ein bisschen der Schuh und ich wollte mir hier etwas Input holen.

Zu meiner Situation:
Ich habe letztes Jahr mein Studium beendet und bin jetzt auch mal im Berufsleben angekommen. Ich arbeite seit letztem Jahr in einem Pharmafirma in einem Labor. Meine Kollegen und mein Chef sind super, da kann ich mich echt nicht beschweren. In diesem Labor gibt es keine Routineaufgaben, sondern wir arbeiten quasi nur auf Zuruf und auftragsweise. Meistens werden wir aktiv, wenn in der Produktion was schief geht oder Kunden sich beschweren. Das kann man allerdings nie planen, sodass es sein kann, dass wir wochenlang nichts zu tun haben und uns nur selbst verwalten. Dann auf einmal bekommen wir ne Mail oder einen Anruf und können uns vor Arbeit gar nicht mehr retten. Von einem Tag auf den anderen und ohne Vorwarnung. Meistens treten die Probleme auch nicht einzeln auf, sondern gesammelt, sodass mehrere Aufträge auf einmal kommen. Dann muss es oft auch noch schnell gehen und wir stehen unter Zeitdruck. Es ist aber auch nicht so, dass ich während der auftragsreichen Zeit 12 Stunden schieben muss. Das kriegt man auch während eines normalen 8-9 Stunden Tag hin. Ich bin jetzt einige Zeit in der Stelle und habe gemerkt, dass sich dieses Muster "Auftragsflaute - viele Aufträge - Auftragsflaute" immer wieder abwechselt, meistens 2 Monate viel Arbeit, 1 Monat wenig Arbeit.
Insgesamt gefällt mir die Arbeit sehr gut, weil es eben keine Routinearbeit ist, sondern jeder Auftrag eine andere Vorgehensweise erfordert und man mit ständig neuen Sachen konfrontiert wird. Man hat außerdem mit vielen verschiedenen Leuten zu tun.
Der Zeitdruck ist für mich kein Problem, es sind eher die Phasen, in denen ich nichts zu tun habe.

Das Problem:
Ich komme mit den Phasen nicht klar, in denen wir keine Aufträge haben und uns nur selbst verwalten. Ich habe es damals schon beim Bund gelernt, dass Zeit absitzen für mich das Schlimmste überhaupt ist. Lieber habe ich zu viel zu tun als zu wenig. Klar, ein bisschen im Internet surfen und sich um private Dinge kümmern ist auch mal nett, aber das kann sich doch nicht wochenlang hinziehen. Vor allem, wenn man in einem Großraumbüro mit einer anderen Abteilung sitzt und alle anderen wie fleißige Bienen hin- und hersausen und ich mich fast schlecht fühle, nur rumzusitzen. Ich habe dann immer das Gefühl, dass ich so tun muss, also wäre ich beschäftigt. Ich frage dann schon immer bei den Kollegen und meinem Chef nach, ob ich was tun kann, aber meistens haben die dann genauso wenig zu tun wie ich.
Natürlich bleiben immer wieder Sachen liegen und diese hebt man sich dann für eine Auftragsflaute auf. Allerdings hat man diese irgendwann auch nach 2 Wochen abgearbeitet.
Eine Zeit lang habe ich mir eingeredet, dass ich für die Anwesenheit bezahlt werde und falls etwas passiert, bin ich an Ort und Stelle und kann aktiv werden. Aber das hat mir auch nur bedingt weitergeholfen, weil man immer noch die langen Zeiten im Büro absitzen muss und ins Grübeln kommt. Ich habe mir Fragen gestellt, ob ich hier richtig bin und ob ich das richtige mache. Ich habe mich über andere arbeitsintensivere Stellen informiert, meinen Lebenslauf aktualisiert usw...Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt schon den Job wechseln sollte, denn schließlich bin ich gerade erst ein Jahr dabei und das wird sicherlich Nachfragen in Bewerbungsgesprächen nach sich ziehen.
In so einer Auftragsflaute komme ich dann mit einer dermaßen schlechten Laune nach Hause und fühle mich nicht ausgelastet von der Arbeit. Mein direkter Kollege, der schon 5 Jahre in dem Labor arbeitet, scheint keine Probleme mit der Situation zu haben. Mit seiner entspannten, südamerikanischen Art sagt er mir, dass "man doch was für sich machen kann" in der Auftragsflaute.
Mein Chef weiß um die Arbeitslage im Team, denn ich habe seine alte Stelle übernommen, als er zum Chef befördert wurde.

Lösungsansätze:
Ja, natürlich will ich das nicht auf mir sitzen lassen und etwas ändern.
Ich habe meinen Chef schon mehrmals angesprochen und er hat sich dann noch irgendwelche Arbeiten aus den Fingern gesaugt, die man aber auch relativ schnell erledigen kann. Bald stehen Umstrukturierungen an, ich hoffe es ändert sich etwas an der Situation.
Weiterhin habe ich Anfang des Jahres mit online Kursen für Data Science angefangen, die vom Arbeitgeber bezahlt und zertifizert werden. Die Kurse sind recht zeitaufwendig und benötigen etwa 20-50 Stunden pro Kurs. Das war für mich der erste Lichtblick, weil ich endlich wieder etwas sinnvolles in den Auftragsflauten machen konnte ohne das es irgendwas privates war. Allerdings würde ich lieber die tatsächliche Arbeit machen und mich darin weiter verbessern.

Ja, danke fürs Lesen erstmal. Ich trage das schon länger mit mir herum und wollte es endlich mal loswerden. Wie geht ihr mit solchen Phasen um? Was würdet ihr in meiner Situation tun? Gleich den Job wechseln?
 
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Nach deiner Beschreibung klingt es für mich persönlich eher nicht allzu tragisch muss ich sagen. Ich kann völlig nachvollziehen, wenn einem „arbeitslose“ Zeit auf das Gemüt schlägt. Zeit absitzen und nur anwesend sein wäre für mich auch der Horror auf Dauer. Allerdings sagst du ja selbst, dass es ein ungefähres 2:1-Verhältnis von „Viel zu tun mit Stress“ zu „Gar nichts zu tun mit Langeweile“ ist. Was ich selber jetzt nicht als besonders schlimm empfinden würde denke ich (wenn auch in der Form selbst noch nicht erlebt). Ich kann nach sehr langer Berufstätigkeit nur sagen, dass ich es mittlerweile auch als entspannend empfinden kann, wenn ausnahmsweise mal nicht die Hölle los ist im Job. Bin zwar ganz bei dir, dass mehr Beschäftigung besser ist als wenig, aber imho braucht der Mensch (subjektiv) auch mal ruhigere Phasen auf der Arbeit. Mag nach etwa einem Jahr anders aussehen als nach zehn Jahren, aber wenn du durchgehend nur reinbutterst wird es irgendwann ebenfalls belastend und du sehnst dich nach dem nächsten Urlaub. Was imho genauso uncool ist. Aber das ist natürlich nur meine Ansicht, jeder ist da ja verschieden. Wenn du wie du schreibst die Möglichkeit hast, dich innerhalb der Arbeitszeit fortzubilden, halte ich das für eine saugute Option. Bringt dir „auf dem Papier“ vermutlich sogar mehr als die Arbeit selbst (und deine Sorge ist ja zumindest auch, dass es für den Lebenslauf schlecht aussehen könnte, jetzt schon die Stelle zu wechseln, dem wirkst du damit imho doppelt entgegen). Unterm Strich kommt es meiner Ansicht nach natürlich auf die Arbeitszufriedenheit insgesamt an. Wenn ich bei dir jetzt lese, dass Firma/Kollegen/Chef/Arbeit wenn sie da ist allesamt gut sind, und nur die „leeren“ Phasen ein Problem darstellen, dann würde ich an deiner Stelle versuchen diese Phasen möglichst gut zu füllen (wie gesagt durch offizielle Fortbildungen, Selbstfortbildung oder halt auch im schlimmsten Falle durch private Organisation) und ansonsten deine Arbeit so gut erledigen wie du es halt kannst. Wenn du aber selber wirklich denkst, dass es dir mit dieser anscheinend dauerhaften Arbeitssituation nicht gut geht, dann mach etwas Neues/Anderes. Habe ich selbst zumindest schon öfter gemacht und es nicht bereut. Du verbringst Zuviel Zeit auf der Arbeit um die nur zu „ertragen“ imho.
 
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Ich arbeite bei einer großen gelben deutschen Bank die nicht fusioniert und habe exakt das gleiche Problem wie du. Was ich versuche ist Aufgabenbereiche von verwandten Abteilungen/Teams abzufischen und in die Arbeitsprozesse zu integrieren, bzw eine Doppelrolle in zwei Teams zu belegen. Je nach Flexibilität des Unternehmens ist sowas evtl gerne gesehen oder aber absolut überhaupt nicht und streng verboten. Bei mir ist es zweites weswegen ich mich auch nach einem neuen Job umschaue.
Man muss hier auch etwas an seine Gesundheit denken. Nicht jeder kommt damit klar lange Phasen Langeweile zu überbrücken und der Stress daraus kann dich genauso kaputt mache wie Stress aus zuviel Arbeit.

Daher mein Vorschlag: schlag deinem Chef vor zusammen mit ihm eine Ebene höher zu gehen und guck das du so zusätzliche Aufgaben bekommst die mehr als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind. Wenn die dem nicht nachkommen können oder wollen wäre es fahrlässig weiter auf der Stelle zu sitzen.
Ich würde mich da auch nicht mit einer eventuellen Umstrukturierung in X Monaten vertrösten lassen. Das Problem hier ist ja ein strukturelles da Ressourcen nicht effizient genutzt werden und zumindest aus meiner Erfahrung schleicht sich das auch in die Arbeitskultur mit ein. D.h. da gibt es dann irgendeine Umstrukturierung aber die langjährigen Mitarbeiter kommen gar nicht damit klar mal durchgehend Arbeiten zu müssen. Bei mir fallen die schon stöhnend zusammen wenn es wirklich mal 4 stunden/Tag arbeit gibt.
Das ist nur noch lächerlich :ugly:
 

parats'

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Ich würde die Zeit auf der Arbeit für die persönliche Entwicklung nutzen. Die Data Science Kurse sind doch schon mal was, dazu lernst Du noch Python und R und schon bist du auf dem Niveau von 80% der Data Scientists und wechselst den Arbeitgeber.
 

Benrath

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Klingt jetzt auch eher nach einem Luxusproblem. Wenn dir langweilig ist, kann ich mir für dich bestimmt was ausdenken, was du mir programmieren kannst :D
 

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Guest
ist bei mir exakt genau so vom arbeitsaufbau aber ich finds herrlich. also die stressigen phasen ab und an tun wirklich gut, aber wenn es mal paar wochen nichts gibt, ist es doch genial? muss allerdings sagen, dass ich da vielleicht irgendwie komisch bin, aber ich habe noch nie langeweile gehabt. kA was das ist, insbesondere mit internet. allein mit jede zeitung lesen, youtube, wikipedia und reddit kriegt man nen tag gut rum, dann kannst du dich noch fortbilden wenn du bock hast, halt irgendwelche aufsätze oder fachbücher lesen, kaffee trinken, mit den kollegen schnacken usw. usf. nichts zu tun zu haben ist das beste, wenn mir jemand anbieten würde niemals etwas zu machen und dafür dasselbe gehalt zu bekommen, würde ich es sofort annehmen - auch wenn ich zu denselben zeiten auf der arbeit sein müsste :deliver:
 
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Ich bin da irgendwo in der Mitte. Mal nen Tag hier und da letztlich relativ unproduktiv zu verbringen macht sicherlich Spaß, gerade nach ner stressigen Zeit. Aber das über Wochen zu machen würde mir wahrscheinlich auch nicht zusagen - weiß ich aber nicht, ist mir in meinem Job bisher noch nicht passiert.
Aber ansonsten würde ich auch sagen, wenn die Arbeit selbst und das Arbeitsumfeld cool sind und es keine Probleme mit deiner eigenen Weiterbildung gibt, dann go for it! Alternativ würde mir nur noch einfallen, hin und wieder einen Tag home office einzulegen, wenn das bei euch erlaubt ist. Zuhause rumpimmeln und nichts tun ist nämlich deutlich entspannter als am Arbeitsplatz. :troll:
 
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ist bei mir exakt genau so vom arbeitsaufbau aber ich finds herrlich. also die stressigen phasen ab und an tun wirklich gut, aber wenn es mal paar wochen nichts gibt, ist es doch genial? muss allerdings sagen, dass ich da vielleicht irgendwie komisch bin, aber ich habe noch nie langeweile gehabt. kA was das ist, insbesondere mit internet. allein mit jede zeitung lesen, youtube, wikipedia und reddit kriegt man nen tag gut rum, dann kannst du dich noch fortbilden wenn du bock hast, halt irgendwelche aufsätze oder fachbücher lesen, kaffee trinken, mit den kollegen schnacken usw. usf. nichts zu tun zu haben ist das beste, wenn mir jemand anbieten würde niemals etwas zu machen und dafür dasselbe gehalt zu bekommen, würde ich es sofort annehmen - auch wenn ich zu denselben zeiten auf der arbeit sein müsste :deliver:

raute. muss wissen wo du arbeitest damit ich mich bewerben kann.

gar kein problem mit internet eine arbeitswoche totzuschlagen. dazu kommen noch leicht ausgedehnte mittagspäuschen, interessante dinge, die man schon immer mal recherchieren wollte, ein post im bw.de forum, und schon ist der tag rum. vielleicht wird man im öffentlichen dienst darauf trainiert, zeit totzuschlagen ^^
 

ReVenger!

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Also ich finde das nicht so entspannt wie einige hier. Es mag ja mal nett sein einen entspannten Tag zu haben, oder auch mal zu Hause einen Tag mit chillen und lesen zu vergammeln, aber auf der Arbeit ist das Gefühl doch ein anderes. Die Wahl der Möglichkeiten ist doch massiv eingeschränkt und wenn man nicht gerade etwas interessantes hat, was man verfolgen will, ist Lesen auch irgendwann ermüdend. Dazu kommt halt das dauernde Gefühl eigentlich etwas tun zu sollen, gerade wenn man nicht alleine im Büro ist und der Rest der Leute etwas schafft, während man selbst nicht weiß wohin mit sich. Und ein Drittel der Arbeitszeit unzufrieden zu verbringen finde ich schon ziemlich viel.

Ich weiß ja nicht wie weit der Anfahrtsweg ist, aber ich würde zumindest versuchen auszumachen, dass ich in der Früh ins Büro komme und falls dann nichts los ist, auch wieder gehen zu dürfen. Dann kann man wenigstens den Tag frei nutzen und sich sportlich oder anderweitig verausgaben. Das Erlernen neuer Sachen lässt sich ja auch beliebig intensivieren, vor allem wenn der Arbeitgeber mitspielt. Da die Stelle ja sonst passt, würde ich es wohl erstmal mit solchen Varianten versuchen. Wenn das alles keine Zufriedenheit bringt, kann man immer noch etwas neues suchen, aber das scheint bei der Stelle ja nicht ganz das richtige zu sein.
 
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Einfach bei Wikipedia auf den Tagesartikel klicken. Da gibts so viele Verlinkungen zu interessanten Themen, da kann man locker 5-6 Stunden mit rum kriegen.

Ansonsten lieber möglichst spät kommen. Wenn die anderen Kollegen dann weg sind, kann man auch mal nen Stündchen die Augen zu machen :deliver:
 
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