Ich beschwöre mal den Clawg herauf: Was ist "sinnvoll"?
Sind Künstler "sinnvoll"? Behinderte? Kinder? Alte? Erkrankte? Die Liste ist endlos.
Auch Arbeitslose sind immer noch überwiegend in der Lage, wieder zu arbeiten und einen Teil beizutragen. Zudem sollten mMn Menschen entscheiden dürfen, ob sie arbeiten oder nicht. Sie sollten dann natürlich mit den materiellen Konsequenzen leben, verhungern lassen muss man sie deswegen aber nicht. (und so teuer ist es nicht, jemanden nicht verhungern zu lassen.)
Ein Sozialstaat ist bezahlbar, sofern die Wirtschaft grundsätzlich profitabel ist und der Staat genug Steuern einnimmt.
Keinen Sozialstaat zu haben, sorgt im Regelfall nur für Extremismus und Gewalt. Beispiel aus der dt. Geschichte: Die Weimarer Republik. Da hat man ein paar halbherzige Versuche hin zum Sozialstaat unternommen, die wurden während der Krise 29 - 32 allesamt über Bord geworfen. Ergebnis: Leute hungern, haben keine Jobs und verrecken. Folge: Leute wählen KPD und NSDAP.
Klar, damals war der Staat an sich disfunktional und die Demokratie hatte sich auch noch nicht in den Köpfen festgesetzt, das ändert aber nichts daran, dass man mit Sozialabbau immens vorsichtig sein muss. Armut erzeugt Hass. Es ist günstiger für die Stabilität eines Staates, wenn er seine Armen durchfüttert, als wenn er die Armen sich selbst überlässt - erst recht in einer Demokratie.
Wir werden uns zwangsläufig hin zur Star Trek Economy bewegen. Wie gesagt, es wird noch lange dauern, aber es wird passieren.
Das wäre natürlich traumhaft. In Star Trek haben sich die Menschen aber überwiegend von ihrer Gier verabschiedet. Und das wird auf unserem schönen Planeten so schnell nicht passieren. Erst recht nicht, wenn durch Gier Vorteile herausspringen.
Aber über Utopien in diesem Rahmen zu reden ist müßig. Es ist wichtig, Utopien zu formulieren, und ich glaube, dass die Utopie der Wissensgesellschaft eine durchaus schöne ist. Nur gilt es davor, vor der eigenen Haustüre zu kehren.
@topic: Generell hat der Kapitalismus immensen Wohlstand in einigen Ländern erzeugt. Er hat aber auch Gräben vertieft, was in der Natur der Sache liegt. Solange die grundlegenden Wirtschaftskreisläufe nach dem heutigen Prinzip laufen, muss der Kapitalismus fortbestehen. Ich glaube nicht, dass man "per Dekret" eine andere Wirtschaftsform aufoktroyieren kann, erst recht nicht im Zeitalter der Globalisierung.
Und im Grunde böte der Kapitalismus auch genügend Stabilität, um eine Angleichung zwischen Arm und Reich zu erreichen. Diese halte ich persönlich für notwendig, um langfristig den sozialen Frieden zu wahren. Eine rein utilitaristische Sichtweise negiert die Bedürfnisse einzelner Personen, was in der Summe zu einer diffusen Masse der Unzufriedenheit führen kann. Und das halte ich für höchst gefährlich.
Im Idealfall ist kein Krakenstaat nötig, um das zu erreichen. Aber das setzt voraus, dass Menschen von sich aus einsehen, dass übermäßige Ungleichheit mehr Probleme erzeugt als sie löst.
edith: zum post unter mir:
Zwei Dinge:
1. Umdenken bezüglich des Wertes von Arbeit. Langfristig wird immer weniger Arbeit nötig sein, um den Wohlstand zu erhalten, sofern man mit den Ressourcen vernünftig umgeht. Daraus folgt, dass "unnütze" Arbeit schädlich wird. Nun könnte man einfach so weitermachen und die "unnützen" Bildungsverlierer durchfüttern. Oder man könnte versuchen, langfristige Konzepte für eine Arbeitswelt zu entwickeln, die offener angelegt ist. Was ich meine: Menschen erwerben Grundqualifikationen, talentiertere / bessergestellte Menschen legen was drauf. Die mit den Grundqualifikationen sind - sofern das Bildungssystem endlich modernisiert wird - durchaus "verwertbar". Stichwort Digitalisierung. Da schläft immenses Potenzial. Die, die höhere Bildung erlangen, werden zwangsläufig die Karrieren machen. Ganze Gesellschaftsschichten abzuschreiben, erzeugt aber nur Ärger. Siehe oben.
2. Umdenken bezüglich des Wertes von Bildung. An 1. angelehnt: Derzeit ist Bildung primär "Ausbildung", wobei leider ziemlich diffus verfahren wird. Das Schulsystem ist chaotisch und marode, das Gleichgewicht zwischen Schularten und Sektoren ist passé. Die Unis sind größtenteils Ausbildungsbetriebe 2.0, was nicht die Funktion von Unis sein kann. Ich plädiere für eine Erweiterung des Einflussbereichs von Fachhochschulen und die Einführung von Berufsakademien für Berufsfelder, die im realen Leben nicht in der akademischen Blase stattfinden. (Lehramt, BWL als Beispiele)
Unis sollten elitärer werden, gleichzeitig sollten die o.g. genannten Alternativen für Menschen mit Abitur aufgewertet werden. Und es sollte weitaus realistischer vermittelt werden, dass unser Wirtschaftssystem nicht drölftausend Kulturwissenschaftler braucht.
Ein riesiges Problem ist, dass in vielen Bundesländern die unteren Schularten weggekippt sind / abgeschafft wurden. Jeder kennt ja die Story von dem Handwerksbetrieb, der nur noch Abiturienten einstellt, weil die anderen zu unfähig sind. Und da ist leider was dran. Wenn da nicht was getan wird, schießt man eine ganze Generation ins Abseits.
Aber das ist ein ziemlicher Brocken bzgl. der Komplexität, weil da auch andere gesellschaftliche Prozesse zum Tragen kommen.