Illusion des moralischen Niedergangs

Benrath

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Interesantes paper bzw Twitter thread, dass wir alle Fenster Opas sind die denken die Welt wird schlechter. Objektiv ändern sich aber alle anderen Indikatoren, die man zur Prüfung dieser Hypnose betrachten kann quasi nicht. Denke mal dass andere Indikatoren wie Straftaten auch eher rückläufig sind. Trotzdem glauben viele dass früher alles besser war und alle Kinder auf der Straße spielen konnten etc.

Besserer thread


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Hatte darüber vor Jahren mal ein Interview mit einem Forscher gehört, der untersucht hat, wie sicher Amerikaner sich fühlen, in welchem Umkreis ihres Hauses ihre Kinder frei spielen dürfen und wie sich das im Laufe der Zeit verändert hat. Ergebnis war wohl: Das Unsicherheitsgefühl ist deutlich gestiegen, die Freiheit der Kinder deutlich kleiner geworden, während alle relevanten Risiken deutlich gesunken sind.
Irgendwie traurig, trotzdem kann ich nicht dafür bürgen, dass es bei uns anders laufen wird. :ugly:
 
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Ohne das Paper gelesen zu haben wäre es doch sehr spannend zu wissen warum diese falsche Annahme flächendeckend auftritt und sich ein Unsicherheitsgefühl und ein gefühlter Verfall der Sitten breit macht.

Große Sozialwissenschaftler wie @Gustavo werden sicherlich fundierte Gründe parat haben, ich persönlich glaube aus einer Laienlaune heraus, dass die Art, Dichte und Verfügbarkeit von Journalismus eine gewichtige Rolle in der allgemeinen Verunsicherung spielen.

Man kann sich heute sekündlich mit Schreckensnachrichten bombardieren lassen, Influencer, Parteien und Denkfabriken ordnen je nach eigenem Gusto diese Schreckensnachricht ein, verringern oder potenzieren sie, eine Schlägerei im Schwimmbad wird zur generellen Flüchtlingsthematik hochstilisiert.

Früher gabs einmal am Tag die Tageszeitung.

(Aufbereitetes) "Wissen" ist demnach nicht zwingend Macht, sondern verunsichert, weil journalistische Aufbereitung Umstände präsentiert und nicht gleich deren Einordnung ("Schlägerei im Schwimmbad" und nicht "Schlägerei im Schwimmbad, trotzdem kontinuierlicher Rückgang von Schwimmbadschlägereien seit 1990)
 
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parats'

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Sehe ich größtenteils auch so @Schl3mIL.
Auch wenn rein objektiv unser Leben deutlich sicherer ist, nehmen wir bzw. die Menschen das in Teilen nicht so wahr. Einen Löwenanteil würde ich bei "den Medien" sehen und den Zugang zu Informationen.
 

Deleted_504925

Guest
Na alleine wenn man sieht was wir so diskutieren sieht man doch wie gut es uns geht. Unsere Großeltern hatten 1-2 Weltkriege, wird reden über Gendersternchen. Es sind nicht mehr die 90er, wo wirklich gar nix großes passiert, aber es könnte wirklich schlimmer sein, gerade aus mitteleuropäischer Sicht.
Wobei 20% AfD und Rolle rückwärts beim Klima bestimmt noch spannend werden, wir wählen die Krise einfach aktiv selbst :birb:
 
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Wobei ich noch interessant fände, ob sich gewisse "Probleme" zwischen den Schichten/Gruppen verschieben.
Beispiel: Wenn sich tausend Gangster über den Haufen schießen, interessiert das weniger als wenn 5 Gangster jeweils einen random Bürger abstechen.
 

Benrath

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Ohne das Paper gelesen zu haben wäre es doch sehr spannend zu wissen warum diese falsche Annahme flächendeckend auftritt und sich ein Unsicherheitsgefühl und ein gefühlter Verfall der Sitten breit macht.

Große Sozialwissenschaftler wie @Gustavo werden sicherlich fundierte Gründe parat haben, ich persönlich glaube aus einer Laienlaune heraus, dass die Art, Dichte und Verfügbarkeit von Journalismus eine gewichtige Rolle in der allgemeinen Verunsicherung spielen.

Man kann sich heute sekündlich mit Schreckensnachrichten bombardieren lassen, Influencer, Parteien und Denkfabriken ordnen je nach eigenem Gusto diese Schreckensnachricht ein, verringern oder potenzieren sie, eine Schlägerei im Schwimmbad wird zur generellen Flüchtlingsthematik hochstilisiert.

Früher gabs einmal am Tag die Tageszeitung.

(Aufbereitetes) "Wissen" ist demnach nicht zwingend Macht, sondern verunsichert, weil journalistische Aufbereitung Umstände präsentiert und nicht gleich deren Einordnung ("Schlägerei im Schwimmbad" und nicht "Schlägerei im Schwimmbad, trotzdem kontinuierlicher Rückgang von Schwimmbadschlägereien seit 1990)

Dafür wäre ja der Twitter thread da.


Schwimmbäder ist sonst auch kein gutes Beispiel
 

Gustavo

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Cooles Paper. Meine Intuition ist generell, dass es nicht sehr sinnvoll ist, Leute über "die Gesellschaft" als Ganzes zu befragen, weil sie davon überhaupt keine vernünftige Vorstellung haben können, also stützen sie sich auf irgendwelche gedanklichen Krücken. Mein persönlicher Favorit, der aber auch blanke Spekulation ist, ist dass wir als Gesellschaft viel sensibler geworden sind und zwar so ziemlich alle, weil uns negative Erfahrungen einfach fremder sind. Ergibt natürlich rational betrachtet keinen Sinn, den Stand der Dinge als negativer zu sehen WEIL der Standard höher wird, aber Menschen finden gute Geschichten halt häufig überzeugender als harte Zahlen.

Das sind imho alles zu große Fragen, als dass die Sozialwissenschaften dazu mit ihren heutigen Methoden wirklich gute Kausalerklärungen finden kann imho (lol @Schl3mIL), es ist aber schon interessant, dass der Gedanke des Abstiegs in Menschen ziemlich tief verankert sein muss, es aber offensichtlich nicht konstant ist wann der beginnt. In vielen Gesellschaften bis in die Neuzeit war bspw. Ahnenverehrung normal und selbstverständlich und man selbst hat immer vergeblich versucht, deren Ideal gerecht zu werden. In dem Paper beginnt der Abstieg aber quasi mit der eigenen Geburt, nicht in der grauen Vorzeit.
 
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Sarah (11), Schülerin: „Wenn ich in einem Restaurant bin, im Urlaub zum Beispiel und dann Menschen sehe, die sich am Buffet ihre Teller völlig überladen, finde ich das ganz schlimm.
Was ist daran besser, wenn ich alle 10 Minuten das Buffet blockiere, weil ich mir nachholen muss?
Dusslige Kuh.

Und gar nicht leiden kann ich, wenn sie dann auch noch die Hälfte stehen lassen. Das ist total respektlos und eine dumme Verschwendung.
Das stimmt allerdings :birb:
 
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Nee nee das ist schon ein bestimmter Typus, der das so macht, und ich kenns (jaja Anekdote blablubb) nur von Teutonen. Stehen als erste da und kloppen sich rauf was geht, ob sie's dann fressen oder nicht
 
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Bims auch immer als erstes am Buffet und kloppe mir drauf, bis der Teller randvoll ist.
Aber promise, habe noch nie was übrig gelassen :deliver:


Ganz schlimm natürlich auch so Spacken, die sich von xy nen Kilo drauf packen und dann merken, dass es ihnen nicht schmeckt. Ja dann nimm doch erstmal ein bisschen zum probieren.

ich kenns (jaja Anekdote blablubb) nur von Teutonen.
Sind meiner Erfahrung nach meist so RTL Deutsche.
Eher unten auf der sozialen Leiter, aber gerade noch hoch genug, dass man mal ne Woche im Hotel bezahlen kann.
 

parats'

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Nee nee das ist schon ein bestimmter Typus, der das so macht, und ich kenns (jaja Anekdote blablubb) nur von Teutonen. Stehen als erste da und kloppen sich rauf was geht, ob sie's dann fressen oder nicht
Erinnert mich immer an das eilige aufstehen in Flugzeugen. Am Besten noch bevor der Flieger überhaupt gelandet ist, muss alles mit Sack und Pack bereit stehen, um als erster fluchtartig die Kabine zu verlassen.
 
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Naja, besser als die, die sofort aufstehen aber NOCH NIX vorbereitet haben und dann minutenlang den Gang am Platz blockieren
 

Celetuiw

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Seh ich ganz genau so. Ich meine ich bin auch schon fast ein Greis und im Zug steht nie einer auf um mir seinen Platz zu räumen. Elendiges Pack!
 

Benrath

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Hervorragend der Bild Artikel triggert mehr als das fundierte Paper
 

parats'

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Naja, besser als die, die sofort aufstehen aber NOCH NIX vorbereitet haben und dann minutenlang den Gang am Platz blockieren
Es spricht auch nichts dagegen einfach dann aufzustehen wenn die Reihen kurz vor einem dran sind. Das reicht für Handgepäck und Jacke alle mal. Aufstehen und idlen kann direkt ins Gulag.
 
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Bonuspunkte wenn man selbst den Gangplatz hat, und die zwei Leute neben einem ab der ersten Sekunde gekrümmt an ihrem Platz stehen und einem in den Nacken atmen, weil sie zu den anderen Idioten in den Gang wollen.
 
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Cooles Paper. Meine Intuition ist generell, dass es nicht sehr sinnvoll ist, Leute über "die Gesellschaft" als Ganzes zu befragen, weil sie davon überhaupt keine vernünftige Vorstellung haben können, also stützen sie sich auf irgendwelche gedanklichen Krücken. Mein persönlicher Favorit, der aber auch blanke Spekulation ist, ist dass wir als Gesellschaft viel sensibler geworden sind und zwar so ziemlich alle, weil uns negative Erfahrungen einfach fremder sind. Ergibt natürlich rational betrachtet keinen Sinn, den Stand der Dinge als negativer zu sehen WEIL der Standard höher wird, aber Menschen finden gute Geschichten halt häufig überzeugender als harte Zahlen.

Das sind imho alles zu große Fragen, als dass die Sozialwissenschaften dazu mit ihren heutigen Methoden wirklich gute Kausalerklärungen finden kann imho (lol @Schl3mIL), es ist aber schon interessant, dass der Gedanke des Abstiegs in Menschen ziemlich tief verankert sein muss, es aber offensichtlich nicht konstant ist wann der beginnt. In vielen Gesellschaften bis in die Neuzeit war bspw. Ahnenverehrung normal und selbstverständlich und man selbst hat immer vergeblich versucht, deren Ideal gerecht zu werden. In dem Paper beginnt der Abstieg aber quasi mit der eigenen Geburt, nicht in der grauen Vorzeit.

Mein lauwarmer take (selbstverständlich, ohne etwas außerhalb des Freds gelesen zu haben) wäre, dass der Grundeffekt womöglich auch daher kommen könnte, dass sich mit der Zeit die Werte einer Gesellschaft verschieben können (und es auch tun), und somit jeder Mensch mehr oder weniger zwangsläufig in die Position kommt zu erleben, dass sich seine eigenen Werte und Überzeugungen überholen. Das wird dann als "die Jugend/Gesellschaft ist vom rechten Glauben abgefallen, alles geht den Bach runter" wahrgenommen.
Entsprechend wäre es wohl interessant zu sehen, ob dieser Effekt bei veränderungsbejahenden Menschen weniger stark ausgeprägt ist als bei Status-Quo-Bewahrern.

(Mal sehen ob das auch so im Paper steht :mond:)
 
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Afaik hast du Recht bzw. gibt es diverse Forschungen die genau diese Annahme bestätigen. Zum Zeitpunkt der Geburt ist die Welt "normal", die Ausgangsbasis, der Wertekatalog ist definiert, alles was bis zu den early 30ern hinzukommt ist die akzeptierte Neuentwicklung ist aufregend und spannend (in unserem Fall das Internet und die weitere technologische und gesellschaftliche Entwicklung), jede technologische und gesellschaftliche Neuerung die in unseren early 40ern stattfindet wird tendeziell als unnötig, Quatsch, Teufelszeug oder Blödsinn empfunden. Das glorifiziert natürlich ungerechtfertigt die Vergangenheit

In diesem Sinne:
 
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