Herbst 2013

[fN]Leichnam

Literatur-Forum
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05.10.2004
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Da war all diese Trostlosigkeit und mit Patienten aufgefüllte Leere der Krankenhäuser, in denen ich mich erholen wollte. Ich konnte nie reden, also trank ich. Und dann musste ich mehrfach deswegen ins Krankenhaus meiner Heimatstadt. Immer Anfang Winter.
Wenn am dunklen Morgen der Schnee auf uns fiel, wenn die Sonne sich verbarg und uns allen kälter wurde, dann war es Zeit für mich, ins Krankenhaus zu gehen.

Der Körper war vollkommen vergiftet und neigte sich dem Tode zu. Da musste ich dann handeln, denn sterben wollte ich nicht. Und so flocht ich mir eine dünne, kinderhafte Kreuzotter in die Laschen meines Turnschuhs. Und lief dann damit neben Nacktschnecken her. Die sind ja zu dicke, ausgestoßene Schlangenkinder. Der Arzt kam aus seinem Versteck und löste leichtlebig und unbekümmert den Boa constrictor-Schal vom Hals, den er am Morgen umgeschwungen hatte. Er gebrauchte große Mengen fast reinen Alkohols zu diesem Zweck, die er mit einem flauschigen Pinsel auf der Schuppenhaut des Tieres verteilte. Die Schlange ließ von ihm ab und umzingelte fortan den Kleiderständer/Katzenbaum im mittelgroßen Wartesaal des Krankenhauses, Auf dem Sofa vollzog ein Ärzteteam in katholischen Gewändern soeben einen Abtreibungskaiserschnitt an einer Semigeschlechtsreifen. Bereits Geborene brachten sich selbst diskret auf der Toilette in der Nähe des Mülleimers um.
 
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