Ghosting - Der neue Trend am Arbeitsmarkt aus den USA

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Moin,

habe neulich einen interessanten Artikel über 'ghosting' gelesen:

https://www.linkedin.com/pulse/people-ghosting-work-its-driving-companies-crazy-chip-cutter

Where once it was companies ignoring job applicants or snubbing candidates after interviews, the world has flipped. Candidates agree to job interviews and fail to show up, never saying more. Some accept jobs, only to not appear for the first day of work, no reason given, of course. Instead of formally quitting, enduring a potentially awkward conversation with a manager, some employees leave and never return. Bosses realize they’ve quit only after a series of unsuccessful attempts to reach them. The hiring process begins anew.

Das Phänomen kommt wohl aus der Welt der Dating-apps, bei der es ganz normal ist, nichts mehr zu schreiben, wenn man kein Interesse hat. Es dürfte auch in den USA etwas ausgeprägter sein als hierzulande aufgrund der hire-and-fire-Mentalität und der dortigen Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt.

Wenn ich so drüber nachdenke, dann ist es schon so, dass in meinem Bewerbungsphasen etwa 50 % der Firmen einfach gar keine Rückmeldung geben. Man wartet Wochen und Wochen und es kommt einfach nichts. Dementsprechend kann ich es auch verstehen, wenn das Bewerber jetzt genauso machen und sich einfach nicht mehr rühren. Ich meine, es dauert 2 min, dass sich ein HR Mensch die mailadresse raussucht und eine Standardabsage rausschickt.
Ich persönlich habe das noch nie gemacht und immer brav auf Mails geantwortet und bin zur Arbeit erschienen. Für mich ist es wohl eine gewisse Art des Respekts, auf Nachrichten zu antworten. Außerdem brennt man beim ghosting dann wohl alle Brücken hinter sich ab, sodass man bei einer zweiten Bewerbung gar nicht mehr in die engere Auswahl kommt. Wenn man dann noch in einer relativ überschaubaren Branche arbeitet, in der jeder jeden kennt, dann ich es kaum nachvollziehen, warum man so etwas machen sollte.
Da wir uns hier im Forum größtenteils in Akademikerkreisen bewegen, erwarte ich nicht, dass das Phänomen hier ausgeprägt ist, aber mich interessiert es:

Habt ihr schon mal ghosting der Arbeitswelt betrieben oder habt ihr es erlebt?
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Einer meiner Freunde in Berkeley ist zu irgendeinem neuen Semester einfach nicht mehr aufgetaucht, ohne der Universität davon etwas zu sagen. War allerdings PhD Student der Computer Science, dementsprechend war klar warum.
 
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In Deutschland dürfte das nicht-Erscheinen am ersten Arbeitstag ja gar nicht so möglich sein. Hat die Firma dann nicht Anspruch auf Schadensersatz?
 

parats'

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Einer meiner Freunde in Berkeley ist zu irgendeinem neuen Semester einfach nicht mehr aufgetaucht, ohne der Universität davon etwas zu sagen. War allerdings PhD Student der Computer Science, dementsprechend war klar warum.

Was wäre denn der Grund? Google X-Lab?
 
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In Deutschland dürfte das nicht-Erscheinen am ersten Arbeitstag ja gar nicht so möglich sein. Hat die Firma dann nicht Anspruch auf Schadensersatz?
Mag in der Theorie stimmen, nur willst du wirklich wegen ner 08/15 Stelle vor Gericht ziehen?

Das selbe gilt ja auch, wenn jemand kündigt und danach "krank" ist. Klar kann man den zum Amtsarzt schicken o.ä. und hätte da vielleicht ne solide Chance, aber am Ende kriegt die Firma ggf irgendwelche Peanuts und landet potentiell in den Medien.
Hatte auf der Arbeit mal ne Kollegin die in der Probezeit gekündigt hat und zusammen mit der Kündigung ihre Zugangskarte abgegeben hat und dann die 2 Wochen "krank" war. Offensichtlicher geht es ja nicht, aber denke der Kosten/Nutzen Tradeoff hält sich einfach in Grenzen und deswegen tut man dann nix.
 
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Mag in der Theorie stimmen, nur willst du wirklich wegen ner 08/15 Stelle vor Gericht ziehen?

Wenn das einer macht, nicht. Aber wenn das zum Trend wird ja, allein schon zur Abschreckung. Für ein Unternehmen ist ein Gerichtsverfahren deutlich weniger aufreibend als für eine Privatperson.
 
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In Deutschland dürfte das nicht-Erscheinen am ersten Arbeitstag ja gar nicht so möglich sein. Hat die Firma dann nicht Anspruch auf Schadensersatz?

du musst als ag einen konkreten schaden nachweisen, die hürden dafür sind relativ hoch.
 
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Kenne so etwas in Deutschland nur aus prekären Hilfsjobkreisen. Da scheint das aber häufiger vorzukommen, laut der Erzählungen.
 
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Wenn das einer macht, nicht. Aber wenn das zum Trend wird ja, allein schon zur Abschreckung. Für ein Unternehmen ist ein Gerichtsverfahren deutlich weniger aufreibend als für eine Privatperson.
"Trend" scheint mir aber auch hochgegriffen. Wenn man mal die Zahlen betrachtet im Artikel ist die Rede von einer Firma die 200 Leute/Jahr einstellt und 4 kamen dann nicht...ärgerlich aber sicher noch kein krasser Trend, den man dringend stoppen muss.

Bei den Bewerbungsgesprächen ist zwar von 50% die Rede, aber da dürfte der AG auch schlechte Karten haben.
 

manischExzessiv

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Lol Trend. Erst seit neuestem na klar. Das machen Menschen schon seit immer. Das einzige was sich geändert hat ist, dass man jetzt ein neumodisches Wort dafür verwendet, nämlich "Ghosting".
 

Asel

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Du meinst wohl rechtswirksam, oder? Ja, uU. wird eine solche Klausel die AGB-Kontrolle nicht passieren. Die Arbeitsgerichte erkennen allerdings grundsätzlich das Interesse des AG an, eine solche Klausel zu vereinbaren. Was die Frage der Wirksamkeit einer solchen Klausel mit Cicas Post zu tun haben soll erschließt sich mir nicht. Würde deshalb erstmal bei Asels Post bleiben.
 

TheGreatEisen

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# Asel

Warum sollte die Vertragsstrafe unwirksam sein? Dem AG entsteht doch vielfach ein Schaden durch die unbesetzte Position, etwa weil ein Projekt nicht realisiert werden kann und/oder weil der recruiting-Prozess Kosten verursacht, etwa durch Einschaltung von Headhuntern usw. Pacta sunt servanda, warum sollte dieser eherne Grundsatz hier keine Geltung finden?
 
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# Asel

Warum sollte die Vertragsstrafe unwirksam sein? Dem AG entsteht doch vielfach ein Schaden durch die unbesetzte Position, etwa weil ein Projekt nicht realisiert werden kann und/oder weil der recruiting-Prozess Kosten verursacht, etwa durch Einschaltung von Headhuntern usw. Pacta sunt servanda, warum sollte dieser eherne Grundsatz hier keine Geltung finden?
Direkt am ersten Tag wieder kündigen, 2 Wochen Krankschreiben lassen - kommt das selbe bei raus?
 

Asel

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Den Arbeitgeber durch einen "Unfall" verschwinden - kommt das selbe bei raus? Relevanz?
 

Benrath

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# Asel

Warum sollte die Vertragsstrafe unwirksam sein? Dem AG entsteht doch vielfach ein Schaden durch die unbesetzte Position, etwa weil ein Projekt nicht realisiert werden kann und/oder weil der recruiting-Prozess Kosten verursacht, etwa durch Einschaltung von Headhuntern usw. Pacta sunt servanda, warum sollte dieser eherne Grundsatz hier keine Geltung finden?

Wir meinen doch eigentlich alle dasselbe. Wenn der AG wirklich einen Schaden, kann er das natürlich machen. Aber einfach nur die Klausel ohne den Schaden zu belegen geht anscheinend nicht?

ka ob ich rechtmäßig oder wirksam oder whatever meinte.

Die rechtlichen Feinheiten hier diskutieren ist auch etwas gaga. Es ging dem TE wohl um das Phänomen an sich. In akademischen Jobs seh ich das Problem auch weniger, weil einen das verfolgen würde. Die mögliche Vertragsstrafe ist da noch das kleinste Problem, falls sich jemand tatsächlich die Mühe macht es durchzusetzen.
 
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Im öffentlichen Dienst bekommt man häufig den Arbeitsvertrag erst am ersten Arbeitstag vorgelegt. Entsprechend ist es dort ziemlich folgenlos möglich einfach einen Job nicht anzutreten. Dazu haben viele Institutionen im öD auch eine (meistens von leitenden Funktionen) verordnete Angst vor Gerichtsprozessen und lassen sich dadurch auch recht easy ausspielen. Habe mir häufig genug gewünscht es wäre anders, weil so vollkommen gewinnbare Sachen nicht ausgefochten wurden.
 
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Aber einfach nur die Klausel ohne den Schaden zu belegen geht anscheinend nicht?

Der einzige Grund, warum es solche Klauseln gibt, nicht nachweisen zu müssen, dass ein Schaden entstanden ist.
Die Klauseln sind auch legitim, denn sie benachteiligen einen Vetragspartner nicht einseitig, da sie bilateral formuliert sind und sind an die Erfüllung der Vertraglich zugesicherten Leistung gekoppelt, ehrlich gesagt ist das in vielen Branchen absolut üblich.
 
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Guest
ich glaube niemand streitet ab, dass vertragsstrafen generell möglich sind, sonst gäbe es ja so vorschriften wie den §339 BGB nicht. ob sie im konkreten fall eine seite einseitig benachteiligen evtl. gegen AGB-vorschriften verstoßen, sittenwidrig sind o.Ä. (hängt zB auch von der höhe der strafe ab), ist im einzelfall zu entscheiden. darüber hier abstrakt zu diskutieren ist in der tat müßig.

ghosting als thema auf dem arbeitsmarkt ist mir ehrlichgesagt noch nie untergekommen und dürfte in deutschland aufgrund des vielfach stärker regulierten AG/AN verhältnisses auch allerhöchstens ein randphänomen bleiben.
 

Benrath

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Dann hab ich wohl was gelernt, aber sonst #2 an heator
 
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ob sie im konkreten fall eine seite einseitig benachteiligen evtl. gegen AGB-vorschriften verstoßen, sittenwidrig sind o.Ä. (hängt zB auch von der höhe der strafe ab), ist im einzelfall zu entscheiden. darüber hier abstrakt zu diskutieren ist in der tat müßig.

Darum ging es auch gar nicht, sondern darum, dass Benrath meinte:
"Aber einfach nur die Klausel ohne den Schaden zu belegen geht anscheinend nicht?".

Und natürlich geht das, denn das ist sogar der Zweck der Vertragsstrafe.
 
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"Trend" scheint mir aber auch hochgegriffen. Wenn man mal die Zahlen betrachtet im Artikel ist die Rede von einer Firma die 200 Leute/Jahr einstellt und 4 kamen dann nicht...ärgerlich aber sicher noch kein krasser Trend, den man dringend stoppen muss.

In Deutschland gab's laut statistik letztes jahr 1,1 tote je 100 einwohner pro jahr, das erklärt schon mal 2 der 4 die nicht aufgetaucht sind.
:deliver:

Btah spoiler: Dieser post war primär als scherz gedacht, langatmiges erklären warum ich falsch liege ist daher unnötig.
 
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www.Team-ScT.de
Wer ghosting betreibt, egal ob im Job oder in einer Beziehung muss einfach dumm und egoistisch sein.
 

Photon

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In Deutschland dürfte das nicht-Erscheinen am ersten Arbeitstag ja gar nicht so möglich sein. Hat die Firma dann nicht Anspruch auf Schadensersatz?

Durchaus möglich, auch in der Probezeit.
Hatte damals im Altersheim angefangen (nicht für jeden) und wieder gekündigt, da zu schlimm.
Antwort war: "Danke für die Meldung! Sonst erscheinen die Leute einfach nicht mehr!"

Also, ghosting scheint schon eine gewisse Praxis zu haben.
 
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