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Mit der Spieltheorie läuft es folgendermaßen: Nuklearstrategen nehmen die Spieltheorie als Denkmuster für die Abschreckungspolitik gegenüber der Sowjetunion: sobald wir unwachsam sind, hinter die uns, da wir das gleiche tun würden und die das wissen. In diesem Modell baut man das Denken und Verhalten des anderen in den eigenen Plan ein.
Ich hab mir jetzt die ersten 10 Minuten dieses kommunitaristischen Propagandafilms angeguckt, auf mehr hatte ich keine Lust.
Wie die Auswirkung der Spieltheorie in den Prognosen von Politikwissenschaftlern dargestellt wird, ist allerdings vollkommen falsch, weshalb ich dem hier vehement widersprechen will.
Ich möchte kurz die beiden dominierenden Theorien der Internationalen Beziehungen erläutern:
Das ursprüngliche Erklärungsmodell ist der Neorealismus: Aufgrund der Anarchie, die im internationalen System herrscht (es gibt keine verbindliche Rechts(durch)setzungsinstanz) können Staaten einander nicht vertrauen. Jeder Staat muss jederzeit befürchten angegriffen zu werden, und wird daher, falls er die Möglichkeit hat, einen anderen Staat anzugreifen, um damit seine Sicherheit zu erhöhen, dieses tun. Kooperation zwischen Staaten ist nur kurzfristig möglich, beispielsweise um sich vor einem Dritten zu schützen.
Dies war also die dominierende Theorie im kalten Krieg, die auch von vielen Politikberatern vertreten wurde. Wie wir sehen, hat das ganze mit der Spieltheorie allerdings wenig zu tun.
Jetzt kommt die Spieltheorie (und die Idee, dass Staaten auch nach ökonomischen Vorteilen streben) ins Spiel und setzt den Neoliberalismus dagegen: Staaten können zum gegenseitigen ökonomischen Vorteil miteinander kooperieren. Das diese Kooperation funktionieren kann, beweist die Spieltheorie: Nehmen wir beispielsweise das Gefangenendilemma. Spielt man es einmal, werden beide nicht kooperieren, in der Hoffnung, dass der Andere kooperiert. Spielt man es als Endlosspiel mit der Möglichkeit beider Spieler, sich abzusprechen, besteht die Chance, dass beide kooperieren, um auch aus der Kooperation in Zukunft Vorteile zu ziehen. Kooperieren Staaten mehrmals in Folge miteinander und Schaffen dabei effektive Kontrollmechanismen, um Nichtkooperation zu erkennen und zu bestrafen, entstehen daraus internationale Institutionen.
Damit haben wir also die theoretische Grundlage geschaffen für Organisationen wie die UNO, EU, OSZE, etc., damit also auch die Grundlage für Rüstungskontrolle und Entspannung, und das völlig unmöglich ohne die Spieltheorie. Eine Welt, in der nicht mehr vollkommene Anarchie herrscht, sondern diese durch Verträge und Institutionen mehr und mehr verrechtlicht wird, ist damit auch eine sehr viel friedlichere Welt.
Soviel zur Spieltheorie, deren Auswirkung einfach vollkommen ins Gegenteil verkehrt wird. Zur Freiheit kann sich Claw äußern, oder ihr lest nochmal John Locke...